OLG München 28. Juli 1983
1 U 2602/83
BGB § 812; AGBG §§ 1, 9

Zurückforderung von Finanzierungsvermittlungsgebühren beim Bauherrenmodell

authentische Interpretation des Verordnungsgebers, des
Bundeswirtschaftsministeriums laut Schreiben vom 5.5.
1983. Wie schon Marcks in seinem Kommentar Rdnr. 3 zu § 7
MaBV ausführt, ist eine Vermischung der beiden Vorschriften (§ 3 mit § 7) in der Weise, daß zwar § 3 Abs. 1 eingehalten, jedoch von den Höchstbeträgen des § 3 Abs. 2 MaBV
abgewichen und die Differenz durch eine Bürgschaft nach
§ 7 Abs. 1 abgesichert werden soll, nicht zulässig. Der Bauträger kann nur wählen zwischen den Baufortschrittsraten
des § 3 Abs. 2 und der Bürgschaftslösung nach §,7 Abs. 1,
die aber eine Absicherung des gesamten Kaufpreises bis
zur Bezugsfertigstellung, Besitzübergabe und Löschung der
nicht übernommenen Belastungen verlangt. Demnach ist es
also auch unzulässig, schon bei Bezugsfertigkeit und Besitzübergabe nicht nur die vorletzte, sondern auch die letzte
Rate nach § 3 Abs. 2 MaBV zu verlangen und in Höhe der
letzten Rate bis zur vollständigen Fertigstellung eine Bürgschaft zu übergeben.
Je mehr das Bauherrenmodell unter dem Würgegriff von Gesetzgebung und Rechtsprechung des BFH an Reiz verliert,
wird, der gute alte Bauträgervertrag wieder zu Ehren kommen und damit auch die durch das Bauherrenmodell etwas
in den Hintergrund gedrängte MaBV verstärkte Bedeutung
erlangen. Sie bei der Vertragsbeurkundung zu beachten, —
das hat dieses Urteil deutlich gemacht — ist mindestens
auf Standesrecht gegründete Amtspflicht des Notars, der
als Träger eines öffentlichen Amtes gehalten ist, gesetzliche Vorschriften, die die Vertragsgestaltung betreffen,
auch dann zu befolgen, wenn sie vordergründig wie die
MaBV nur an einen Vertragsteil (Bauträger) gerichtet sind,
aber doch gerade den Schutz des anderen Vertragsteils
(Käufer) bezwecken.
Vertragliche Vereinbarungen unter Mißachtung der Vorschriften der MaBV zu beurkunden und lediglich einen belehrenden Hinweis auf diese Vorschriften zu geben, also etwas zu beurkunden, was im selben Atemzuge als unzulässig
erklärt wird, ist mit den Amtspflichten des Notars nicht zu
vereinbaren (§ 4 BeurkG).
Notar Dr. Christian Scheiter, Erlangen
2. BGB § 812; AGBG §§ 1, 9 (Zurückforderung von Finanzierungsvermittlungsgebühren beim Bauherrenmodell)
Der Bauherr eines Bauherrenmodells kann entrichtete Finanzierungsvermittlungsgebühren zurückfordern, wenn er
die Finanzierung nicht in Anspruch nimmt. Eine formularmäBige Abrede, wonach die genannten Gebühren auch bei
Nichtinanspruchnahme der betreffenden Leistungen zu erbringen seien, ist wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 Nr. 2
AGBG unwirksam.
(Leitsatz nicht amtlich)
OLG München, Urteil vom 28.7.1983 — 1 U 2602/83 —
Aus dem Tatbestand.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten aus ungerechtfertigter Bereicherung die Rückzahlung der gemäß Kaufvertrag und Baubetreuungsvertrag vbm 30.1.1981 (im folgenden: Vertrag) gezahlten Gebühren für die Vermittlung und Bearbeitung der Zwischen- und Endfinanzierung in Höhe von insgesamt 16.160 DM. Diese Nebenkosten sollten nach dem Vertrag unabhängig davon gezahlt werden, ob die bereitgestellten Leistungen in Anspruch genommen würden oder nicht.
Die Klägerin nahm die Zwischen- und Endfinanzierung nicht in Anspruch.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß die Abrede, wonach
die genannten Gebühren auch bei Nichtinanspruchnahme der betreffenden Leistungen zu erbringen seien, wegen Verstosses gegen § 9
Abs. 2 Nr. 2 AGBG unwirksam sei.
Die Beklagte hat entgegnet, § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG sei nicht anzuwenden;.weil eine Individualabrede vorliege.
Nach Beweiserhebung hat das Landgericht der auf Zahlung von
16.160 DM nebst 4% Zinsen hieraus seit 10. 5.1982 gerichteten Klage
stattgegeben.
Im Wege der Berufung verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Aus den Gründen:
Die zulässige Berufung der Beklagten erweist sich als unbegründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812
Abs. 1 S. 1 BGB zu.
1. Gemäß Buchst. B Nr. V 2 c und d des Vertrages i.V.m. Nr.
1 2 c und d der Anlage III hierzu hatte die Klägerin der Beklagten an „Nebenkosten" eine Gebühr für die Vermittlung
und Bearbeitung der Zwischenfinanzierung sowie der Endfinanzierung in Höhe von jeweils 8.080 DM, zusammen also
16.160 DM zu entrichten. Da die Klägerin diese Leistungen
nicht in Anspruch genommen hat, ist die Beklagte durch die
Zahlung ungerechtfertigt bereichert. Nach der unter Buchst.
C Nr. IX des Vertrags vorgenommenen Ergänzung sollte zudem die der Beklagten erteilte Vollmacht zum Abschluß von
Darlehens-, Schuld- und Finanzierungsvermittlungsverträgen sowie zur Bestellung von Grundpfandrechten (Buchst. B
Nr. III 3 i.V.m. B Nr. 11 1) erst am 1.3.1981 wirksam werden,
vorausgesetzt, daß die Gesamtfinanzierung von seiten des
Bauherrn bis dahin nicht nachgewiesen ist. Durch den
Nachweis der Gesamtfinanzierung seitens der Klägerin ist
auch der Auftrag zur Vermittlung und Bearbeitung der Zwischen- und Endfinanzierung hinfällig geworden, auch wenn
Auftrag und Vollmacht nicht notwendig dasselbe rechtliche
Schicksal teilen müssen.
Die Beklagte führt demgegenüber ins Feld, für die Zeit bis
zur endgültigen Finanzierung sei von ihr eine Leistung, und
zwar in Form ihrer Bürgschaft zu erbringen gewesen. Die Beklagte beruft sich in diesem Zusammenhang u. a. auf
Buchst. B. Nr. VII 1 des Vertrags, wo es heißt:
Bürgschaften
Da eine ordnungsgemäße Durchführung des Bauvorhabens nur möglich ist, wenn jeder einzelne Bauherr seine Zahlungsverpflichtungen
erfüllt, die er gegenüber dem Generalunternehmer und den übrigen
-- Gläubigern von Baukosten eingeht, übernimmt der Betreuer hiermit
jedem einzelnen Bauherrn gegenüber die selbstschuldnerische Bürgschaft dafür, daß die anderen Bauherren diese Verpflichtungen erfüllen.
Diese Leistung ist aber bereits anderweitig durch die Bürgschaftsgebühr für die Durchführungsbürgschaft (Sicherstellung der Finanzierung des gesamten Bauvorhabens) gemäß
Buchst. B Nr. V 2 e und Nr. VII 1 des Vertrages, die laut Nr.
1 2 e der Anlage III zum Vertrag 5.050 DM beträgt, abgegolten. Eine — von der Klägerin in Abrede gestellte — Bereitstellung liquider Mittel ist im übrigen nicht substantiiert dargetan. Soweit die Klägerin das Bestehen der Verpflichtung,
liquide Mittel bereitzustellen, zumindest für deren Beschaffbarkeit zu sorgen, behauptet, reicht das nicht hin. Selbst
wenn im übrigen, bezogen auf die Nebenleistungen, die
durch die zurückverlangten Gebühren -abgegolten sein sollten, gleichwohl Geschäftskosten entstanden sein sollten,
wären diese jedenfalls nicht annähernd in Höhe der ausgeworfenen Gebühren — jeweils zwei Prozent aus dem angeMittBayNot 1983 Heft 5/6 217


Fehl geht auch die Auffassung der Beklagten, bei den betreffenden Posten handle es sich um unselbständige Posten.
im Gesamtgefüge eines Höchstengagements. Die Auffassung der Beklagten läßt sich schon mit dem Wortlaut des
Vertrags nicht in Einklang bringen. Die gewählte Vertragsgestaltung diente insbesondere auch der Ermöglichung der
Erlangung steuerlicher Vorteile. Nach dem Vorbringen der
Beklagten hatte die „deklaratorische" Kostenaufspaltung
den Zweck, die einzelnen Positionen steuerlich wirksam geltend machen zu können, was ohne die Aufspaltung nicht
möglich wäre. Für die steuerliche Anerkennung ist aber erforderlich, daß die jeweils gewählte bürgerlich-rechtliche
Gestaltung auch ernsthaft gewollt ist (§ 6 SteueranpassungsG; vgl. auch BFHE 109, 257). Eine bestimmte vertragliche Regelung kann nicht gleichzeitig als steuerrechtlich
gewollt und als zivilrechtlich nicht gewollt angesehen werden (BGH NJW 1977, 2941295 [= MittBayNot 1977, 12/14]).
Die Beklagte muß sich an der getroffenen Regelung festhalten lassen.
Inwiefern die von der Beklagten geforderte Ermittlung einer
Bereicherung im Rahmen einer Gesamtrechnung zu einem
anderen Ergebnis führen könnte, ist nicht ersichtlich. Es
geht nur darum, ob die beiden zurückverlangten Gebühren
zu Recht bezahlt worden sind oder nicht.
2. Die bezahlten Gebühren sind nicht unabhängig von der Inanspruchnahme der Leistungen der Beklagten entstanden.
Zwar ist unter Buchst. B Nr. V 2 des Vertrags folgende Klausel enthalten:
Die Nebenkosten sind als fester Vergütungsanspruch des Baubetreuers für die von ihm nach Maßgabe dieses Vertrages zu erbringenden Leistungen vereinbart, unabhängig davon, ob,die bereitgestellten Leistungen des Baubetreuers in Anspruch genommen werden.
Diese Regelung ist aber wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG
unwirksam.
a) Es handelt sich insoweit um Allgemeine Geschäftsbedingungen im. Sinne von § 1 AGBG. Insbesondere ist die Klausel zwischen den Parteien nicht „im einzelnen ausgehandelt" worden.
Das Landgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, daß es der Beklagten nicht gelungen ist, die behauptete Individualabrede
nachzuweisen. (Wird ausgeführt.)
b) Die in dem Vertrag enthaltene Klausel ist gemäß § 9
AGBG unwirksam, weil sie die Klägerin entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
Das Landgericht hat eine Benachteiligung in diesem Sinne
fürgegeben erachtet, weil die Vertragsbedingung mit dem
wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung
des Maklerrechts, wonach der Makler Vergütung nur bei Erfolg seiner Tätigkeit verlangen könne, nicht zu vereinbaren
sei. Die Beklagte habe die Vermutung des § 9 Abs. 2 Nr. 1
AGBG nicht entkräftet.
Die Beklagte meint demgegenüber, die strittige Klausel könne nicht dem Maklerrecht zugeordnet werden. Sie habe der
Klägerin gemäß-Buchst. B Nr. VI 1 und 2 des Vertrages —
vgl. auch Buchst. B Nr. 111 — sowohl die Zwischenfinanzierung als auch die Fremdmittel der Endfinanzierung — zu
marktüblichen Bedingungen — angeboten. Im Gegensatz
zum Makler sei sie nach Anl. III a zum Vertrag bevollmächtigt worden, zur Sicherung der Durchführung des Bauvorhabens auch einen Zwischenfinanzierungsvertrag abzuschließen. Auch habe sie das Bauherrenkonto, über das gemäß
Nr. II der Anl. II zum Vertrag (Kaufpreisausweisung) ausschließlich die Abwicklung der Kaufpreiszahlung erfolgen
sollte, einzurichten gehabt.
Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Beklagte
nach dem Vertrag neben der allgemeinen Baubetreuung
weitere Nebenleistungen schuldete — vgl. insbesondere
Buchst. B Nr. V —, die jeweils gesondert vergütet werden
sollten — Nr. 12 der Anlage III zum Vertrag -, und daß es
im vorliegenden Rechtsstreit nur um die Vermittlung und
Bearbeitung der Zwischenfinanzierung sowie der Endfinanzierung geht. Dem Vertrag läßt sich jedenfalls nicht mit hinreichender Klarheit entnehmen, daß die betreffenden Gebühren sich auch auf andere Leistungen als die bezeichneten beziehen sollten. Auch wenn die vom Landgericht vorgenommene Zuordnung zum Maklerrecht nicht richtig wäre,
würde die streitige Regelung auch im Hinblick auf den in
§ 10 Nr. 7 b AGBG -. unangemessen hoher Ersatz von Aufwendungen bei Abwicklung von Verträgen — und in § 11 Nr.
5 a AGBG — Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen — enthaltenen Rechtsgedanken gegen die Generalklausel des § 9 Abs. 1 AGBG verstoßen.
Anmerkung der Schriftleitung:
Vgl. zur Unwirksamkeit einer Gebühren- und Provisionsvereinbarung in einem Bauherrenmodell-Finanzierungsvermittlungsvertrag auch OLG München MittBayNot 1982, 64; zur
Auslegung eines Vertrages betreffend Finanzierungsbearbeitung und Finanzierungsvermittlung als zusammengesetzter Vertrag vgl. BGH MittBayNot 1983, 118.
3. AGB-Gesetz §§ 3, 9; BGB §§ 1192, 1142 (Teilunwirksamkeit
einer Zweckbestimmungserklärung)
Eine vorformulierte „Sicherungszweckerklärung für Grundschulden" ist unwirksam, soweit sich der Kreditgeber ausbedingt, sämtliche gegen den Kreditnehmer bestehenden
Forderungen in den Sicherungsbereich der von einem Dritten bestellten Grundschuld einstellen zu können und damit
auch Forderungen über den Grundschuldbetrag hinaus.
(Leitsatz nicht amtlich)
OLG Hamburg, Urteil vom 15.6.1983 — 5 U 41/83 —
Aus dem Tatbestand:Die Beklagte hat der Klägerin [Bank] an ihrem Grundstück eine
Buchgrundschuld von 145 500 DM bestellt. In der Eintragungsbewilligung vom 13.5.1980 heißt es, die Grundschuld sei fällig. Sie
diente der Sicherung eines bis zum 31.5.1981 befristeten Dispositionskredites von 100 000 DM, den der Ehemann der Beklagten bei
der Klägerin aufgenommen hatte. Die von der Beklagten und ihrem
Ehemann am 12.5.1980 unterzeichnete ,,Sicherungszweckerklärung
für Grundschulden" lautet dahin, die Grundschuld diene zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche, die irgendeiner
Stelle der Klägerin aus der Geschäftsverbindung gegen den bzw. die
Kreditnehmer oder einem von ihnen zustehen. In diesem Vordruck ist
in der Spalte „Kreditnehmer" eingesetzt. „W. und/oder I. D.".
Die Klägerin hat vorgetragen, nach Fälligkeit des Dispositionskredits
von 100 000 DM sei es zwischen ihr und dem Ehemann der Beklagten
zu Verhandlungen Ober die Verlängerung des Kredits gekommen. Der
Ehemann der Beklagten habe ständig neue Kredite gewünscht, deren Höhe bis zu 330 000 DM betragen habe. Einen dem Ehemann der
Beklagten im-März 1982 übersandten Darlehensantrag über 380 000
DM habe er nicht unterzeichnet. Unstreitig ist, daß die Klägerin die
Kontoverbindung zu dem Ehemann der Beklagten am 20.4.1982 aufgekündigt hat und gegen ihn eine Forderung von 384 113,21 DM
nebst 178,65 DM Tageszinsen seit dem 9.2.1983 geltend macht.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte als Eigentümerin des Grundstückes zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung in dieses Grundstück aus der eingetragenen Grundschuld in Höhe von 145000 DM
nebst 15% Zinsen p. a. hierauf seit dem 13.5.1980 zu dulden.
Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 24.1.1983 stattgegeben.
MittBayNot 1983 Heft 516

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG München

Erscheinungsdatum:

28.07.1983

Aktenzeichen:

1 U 2602/83

Erschienen in:

MittBayNot 1983, 217-218

Normen in Titel:

BGB § 812; AGBG §§ 1, 9