OLG Köln 11. Juli 2022
2 Wx 138/22
WEG § 4 Abs. 1

Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum bzgl. einer Sondernutzungsfläche

letzte Aktualisierung: 28.9.2022
OLG Köln, Beschl. v. 11.7.2022 – 2 Wx 138/22

WEG § 4 Abs. 1
Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum bzgl. einer Sondernutzungsfläche

Für die Begründung von Sondereigentum an einer im Gemeinschaftseigentum stehenden
Sondernutzungsfläche bedarf es der Einigung aller Miteigentümer in grundbuchmäßiger Form.

Gründe:

I.
Am 22.08.2002 ließ die damalige Eigentümerin des oben bezeichneten Grundstücks eine
Teilungserklärung zur Begründung von Wohnungs- und Teileigentum beurkunden (URNr.
X1/2002 des Notars A in B, Bl. 2 ff. in Band I der Grundakte zu Blatt 11301).
Eine der Einheiten ist wie folgt bezeichnet: „296/10.000 Miteigentumsanteil, verbunden mit
dem Sondereigentum an den nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen in der Ebene 0,
im Aufteilungsplan alles mit Nr. 7 bezeichnet.“ (S. 6 der Urkunde). Unter § 3 d) ist dieser
Einheit folgendes Sondernutzungsrecht zugeordnet: „Die Nutzung derjenigen
Grundstücksfläche, die in dem als Anlage 1 beigefügten Aufteilungsplan gepunktet
dargestellt und mit SNR 7 bezeichnet ist, steht allein dem jeweiligen Eigentümer des
Sondereigentums Nr. 7 des Aufteilungsplans zu, und zwar als Terrassenfläche
insbesondere für Außengastronomie.“

Unter § 9 („Änderung der Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung, Vorbehalt von
Nutzungsänderungen und baulichen Änderungen“) heißt es auszugsweise:


2. Weiterhin bleiben nach freiem Ermessen des Eigentümers vorbehalten Änderungen
bezüglich Wohnungs- und Teileigentumseinheiten, solange diese noch im Eigentum des
derzeitigen Eigentümers stehen, insbesondere:
2.1. …
2.2. …
2.3. Die Teilung eines Miteigentumsanteiles (Wohnungs-/Teileigentumseinheit und/oder
Vereinigung einer geteilten Wohnungs-/Teileigentumseinheit mit einer oder mehreren
Wohnungs-/Teileigentumseinheiten; insbesondere kann die jeweilige
Sondereigentumseinheit wiederum aufgeteilt werden bzw. eine
Wohnungseigentumseinheit in eine Teileigentumseinheit umgewandelt werden und
umgekehrt. Dieses Recht steht auch auf Dauer den künftigen Eigentümern im gleichen
Umfang zu.

3. Soweit im Zuge der vorgenannten Veränderungen rechtliche Abänderungen bezüglich
des Gemeinschaftseigentums erforderlich sind, gelten diese ebenfalls als gestattet;
insbesondere gilt als gestattet auch eine erforderliche tatsächliche Veränderung am
Gemeinschaftseigentum. Ebenso sind darüber hinausgehende tatsächliche
Veränderungen am Gemeinschaftseigentum und sich daraus ergebende Änderungen von
Teilungserklärung, Gemeinschaftsordnung und Pläne gestattet, sofern dies aus
architektonischen oder bautechnischen Gründen erforderlich ist.


Zu den vorstehend bezeichneten Änderungen ist allein der derzeitige
Grundstückseigentümer berechtigt bzw. zu den vorstehenden Punkten 2.2. und 2.3 die
jeweiligen künftigen Eigentümer und zwar mit Wirkung für und gegen alle übrigen
Miteigentümer.

Den jeweiligen Sondereigentümern bleibt das Recht vorbehalten, alle Erklärungen und
Bewilligungen abzugeben, Anträge zu stellen, die erforderlich sind, um Änderungen oder
Ergänzungen der Teilungserklärung nebst Ordnung der Gemeinschaft im Grundbuch
eintragen zu lassen.

Der jeweilige Sondereigentümer ist berechtigt zur Beschaffung etwa erforderlicher
Genehmigungen und zur Durchführung aller baulichen Veränderungen, die erforderlich
oder zweckmäßig sind, um die vorbezeichneten Änderungen oder Ergänzungen der
Teilungserklärung zu verwirklichen, und zwar auch, soweit sie das Gemeinschaftseigentum
betreffen.

Sofern infolge der tatsächlichen Veränderungen eine Änderung der Teilungserklärung
notwendig wird, sind die jeweiligen Wohnungs- und Teileigentümer verpflichtet, bei solchen
Änderungen und Eintragungen in das Grundbuch mitzuwirken. Die Kosten trägt der
veranlassende Sondereigentümer.“

Wegen aller weiteren Einzelheiten der Teilungserklärung wird auf die Urkunde verwiesen.
Der Beteiligte wurde in Blatt 11307 als Eigentümer des genannten 296/10.000
Miteigentumsanteils verbunden mit dem Sondereigentum an dem im Aufteilungsplan mit
Nr. 7 bezeichneten Teileigentum (Räume in der Ebene 0) eingetragen. Zugeordnet ist das
Sondernutzungsrecht an der Fläche, die in der Anlage 1 mit SNR 7 bezeichnet ist.
In der wegen aller weiteren Einzelheiten in Bezug genommenen Urkunde des
verfahrensbevollmächtigten Notars vom 11.04.2022 (Uvz. Nr. X2/2022, Bl. 63 ff.) hat der
Beteiligte „Änderungen zur Teilungserklärung/Unterteilung nebst Umwandlung“ erklärt und
angegeben, er wünsche das Teileigentum Nr. 7 des Aufteilungsplans in
Wohnungseigentum umzuwandeln, unter gleichzeitiger Unterteilung in drei
Wohnungseigentumseinheiten. Seine Teileigentumseinheit sei nicht gemäß den
ursprünglichen Plänen errichtet worden, sondern im Rohbau stecken geblieben. Eine
Nutzung der Sondernutzungsfläche der Einheit Nr. 7 als Terrasse habe sich wegen auf ihr
errichteter Stützpfeiler und der Freihaltung als Fußgänger-Durchgangsweg zugunsten der
Stadt B endgültig erledigt. Die nunmehr grundbuchlich nachzuvollziehenden
Veränderungen seien mithin bereits in der ursprünglichen Teilungserklärung inzident
angelegt gewesen, was sich in den weitgehenden Änderungsbefugnissen der einzelnen
Eigentümer auch niedergeschlagen habe. Diese Urkunde und eine
Abgeschlossenheitsbescheinigung hat der Notar mit Schreiben vom 12.04.2022 (Bl. 61)
bei dem Grundbuchamt eingereicht und beantragt,

a) die Eintragung der Inhaltsänderung der Teilungserklärung einschließlich der Aufhebung
des Sondernutzungsrechts sowie der Aufhebung und Neuverbindung des
Sondereigentums infolge der Unterteilung und Abspaltung sowie der Umwandlung in
Wohnungseigentum, wie jeweils in Abschnitt 2 der Urkunde aufgeführt,

b) die Anlegung zweier neuer Wohnungseigentumsgrundbücher.
Mit in Bezug genommener Verfügung vom 26.04.2022 hat die Grundbuchrechtspflegerin
Bedenken gegen den Antrag erhoben (Bl. 76). Durch Beschluss vom 23.05.2022 hat sie
den Antrag kostenpflichtig mit der Begründung zurückgewiesen, es bedürfe u.a. einer
Einigung aller Miteigentümer, was durch die Regelung im letzten Absatz des § 9 der
Teilungserklärung bestätigt werde.

Gegen den Beschluss hat der Beteiligte mit dem wegen der Einzelheiten der Begründung
in Bezug genommenen Schriftsatz des verfahrenbevollmächtigten Notars vom 31.05.2022
(Bl. 89 f.) Beschwerde eingelegt. Im Wesentlichen wird geltend gemacht, aus § 9 der
Teilungserklärung ergebe sich die Befugnis des Miteigentümers, auch rechtliche
Änderungen am Gemeinschaftseigentum erforderlichenfalls vorzunehmen, dies im Falle
der Unterteilung mit Wirkung für und gegen alle übrigen Miteigentümer. Vorliegend erfolge
eine Unterteilung unter Einbeziehung des ohnehin der Gemeinschaft entzogenen
Sondernutzungsbereichs, die zur Umsetzung der einzig existierenden baurechtlich
genehmigten Planung für die ursprüngliche Einheit Nr. 7 auch erforderlich sei. Der letzte
Absatz des § 9 sei nur als kautelarjuristische Absicherung für den Fall aufzufassen, dass
die vorstehenden Ermächtigungen als nicht durchgreifend gewertet werden sollten.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem
Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt.

II.
Die nach § 71 GBO unbefristet zulässige Grundbuchbeschwerde hat in der Sache keinen
Erfolg.

Das Grundbuchamt hat den Antrag des Beteiligten mit Recht zurückgewiesen, weil es –
wie es zutreffenden ausgeführt hat – einer Einigung aller Miteigentümer in
grundbuchrechtlicher Form bedarf.

Die Notwendigkeit einer solchen Einigung folgt aus § 4 Abs. 1 WEG, weil an der im
Gemeinschaftseigentum stehenden Sondernutzungsfläche, die der Einheit Nr. 7
zugewiesen ist, Sondereigentum begründet werden soll. Die in der Teilungserklärung vom
22.08.2002 dem einzelnen Miteigentümer eingeräumten Änderungsvorbehalte machen
eine Einigung aller Miteigentümer nicht entbehrlich. Dies gilt unabhängig davon, ob –
entsprechend der Auffassung des Grundbuchamtes – die im letzten Absatz des § 9 Nr. 3
getroffene Regelung, wonach die anderen Miteigentümer zur Mitwirkung verpflichtet sind,
einer Auslegung des ersten Absatzes des § 9 Nr. 3 im Sinne einer bereits vom teilenden
Eigentümer im Voraus erteilten Gestattung zu Änderungen der Teilungserklärung
(Änderungsvorbehalt) durch einen Miteigentümer entgegensteht:

Denn es ist schon nicht ersichtlich, dass die Gestaltung von Änderungen bezüglich des
Gemeinschaftseigentums in § 9 Nr. 3 der Teilungserklärung den hier vorliegenden Fall
umfasst. Soweit danach im Zuge von Veränderungen betreffend die Miteigentumsanteile
gemäß § 9 2.1 bis 2.3 der Teilungserklärung erforderliche rechtliche Abänderungen des
Gemeinschaftseigentums gestattet sind, liegt ein solcher Fall nicht vor. Es ist nicht
ersichtlich, dass für die beabsichtigte Teilung des betroffenen Miteigentumsanteils eine
rechtliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums, an dem das dem zu teilenden
Miteigentumsanteil zugeordnete Sondernutzungsrecht besteht, erforderlich ist. Das
Gleiche gilt, soweit eine erforderliche tatsächliche Veränderung des
Gemeinschaftseigentums gestattet ist und sofern eine aus architektonischen und
bautechnischen Gründen erforderliche tatsächliche Veränderung sowie sich daraus
ergebende Änderungen der Teilungserklärung gestattet sind. Eine solche Erforderlichkeit
ist hier ebenfalls nicht ersichtlich.

Zudem ist die Gestattung von Maßnahmen des späteren jeweiligen Miteigentümers im
ersten Absatz des § 9 Nr. 3 unwirksam, weil sie nicht der erforderlichen sachenrechtlichen
Bestimmtheit genügt; hiernach muss jedermann den Inhalt eines dinglichen Rechts
anhand der Eintragungen im Grundbuch eindeutig erkennen können (BGH, Beschluss vom
20.01.2012, V ZR 125/11, juris, Rn. 11). Insoweit bedarf es einer Angabe in der
Teilungserklärung selbst, welche konkreten Räume und Gebäudeteile von der Einwilligung
betroffen sind (BGH, Urt. v. 05.10.1998, II ZR 182/97, juris Rz. 12). Für Änderungen am
Gemeinschaftseigentum dürfen keine leichteren Anforderungen gelten, als dies bei
Änderungsvorbehalten in Bezug auf die Änderung des Inhalts von Sondernutzungsrechten
(dazu BGH, Beschluss vom 20.01.2012, V ZR 125/11, juris, Rn. 11; BGH, Beschluss vom
21.10.2016, V ZR 78/16, juris Rn. 14) der Fall ist. Eine danach erforderliche
gegenständliche Konkretisierung enthält der erste Absatz des § 9 Nr. 3 der vorliegenden
Teilungserklärung indes nicht: Denn die Formulierung „Soweit im Zuge der vorgenannten
Veränderungen rechtliche Abänderungen bezüglich des Gemeinschaftseigentums
erforderlich sind, gelten diese ebenfalls als gestattet“ lässt offen, welche konkreten Räume
oder Gebäudeteile des Gemeinschaftseigentums betroffen sein werden. Welche
rechtlichen Abänderungen bezüglich des Gemeinschaftseigentums in Bezug auf welche
Gebäudeteile erforderlich sind, war der Teilungserklärung nicht zu entnehmen.
Ob und aus welchen Gründen die mit der Teileigentumseinheit des Beteiligten verbundene
Sondernutzungsfläche nicht als Terrasse genutzt werden kann, spielt für die Frage der
Bestimmtheit des Änderungsvorbehalts keine Rolle; maßgeblich insoweit ist allein die
Abgrenzung zwischen Gemeinschafts- und Sondereigentum.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gem. § 78 Abs. 2
GBO nicht vorliegen.

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 5.000,-- €
(Regelwert nach § 36 Abs. 3 GNotKG mangels näherer Anhaltspunkte; § 42 GNotKG
findet keine Anwendung, weil Wohnungs-/Teileigentum bereits im Zusammenhang der
Teilungserklärung begründet wurde)

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Köln

Erscheinungsdatum:

11.07.2022

Aktenzeichen:

2 Wx 138/22

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht
Kostenrecht
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Erschienen in:

ZWE 2023, 78-79

Normen in Titel:

WEG § 4 Abs. 1