Unverjährbarkeit des Zustimmungsanspruchs des Vormerkungsberechtigten
letzte Aktualisierung: 4.2.2022
BGH, Urt. v. 14.1.2022 – V ZR 245/20
BGB §§ 888, 902 Abs. 1 S. 1
Unverjährbarkeit des Zustimmungsanspruchs des Vormerkungsberechtigten
a) Der aus § 888 Abs. 1 BGB folgende Zustimmungsanspruch des Vormerkungsberechtigten ist in
entsprechender Anwendung von § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB unverjährbar.
b) Ist allerdings der durch die Vormerkung gesicherte schuldrechtliche Anspruch verjährt, kann der
vormerkungswidrig Eingetragene im Grundsatz die dem Schuldner zustehende Einrede der
Verjährung gegen den gesicherten Anspruch erheben und die Zustimmung aus diesem Grund
verweigern.
Entscheidungsgründe:
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht dem Kläger ein Anspruch auf
Zustimmung zur Löschung der Zwangssicherungshypothek gemäß § 888 Abs. 1
BGB zu. Dass die Voraussetzungen dieses Anspruchs vorlägen, habe die Beklagte
zu keinem Zeitpunkt inhaltlich in Abrede gestellt. Ohne Erfolg berufe sie
sich auf Verjährung. Der Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB sei jedenfalls in analoger
Anwendung von § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB unverjährbar, weil es sich um einen
dinglichen Rechtsverwirklichungsanspruch handele. Zwar dürfe auch der durch
die Vormerkung gesicherte Anspruch nicht verjährt sein. Eine solche Sachlage
sei hier aber nicht gegeben, weil der Auflassungsanspruch des Klägers in
unverjährter Zeit erfüllt worden sei. Schließlich lägen die Voraussetzungen einer
Verwirkung nicht vor. Infolgedessen seien auch die weiteren Anträge begründet.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus,
dass sich ein Anspruch des Klägers nur aus § 888 Abs. 1 BGB ergeben kann.
Hiernach kann derjenige, zu dessen Gunsten eine Vormerkung besteht, von dem
Erwerber eines eingetragenen Rechts oder eines Rechts an einem solchen Recht
die Zustimmung zur Eintragung oder Löschung verlangen, die zur Verwirklichung
des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs erforderlich ist. Dagegen kann
sich der Kläger nicht auf einen Grundbuchberichtigungsanspruch gemäß § 894
BGB stützen. Da die Eintragung einer Vormerkung den Eigentümer nicht an einer
Verfügung zugunsten eines Dritten hindert, wird das Grundbuch durch eine der
Vormerkung widersprechende Eintragung nicht unrichtig. Die Wirkung der Vormerkung
besteht gemäß § 883 Abs. 2 Satz 1 BGB darin, dass sie den Rechtserwerb
des Dritten dem Vormerkungsberechtigten gegenüber (also relativ) unwirksam
sein lässt, soweit der Rechtserwerb des Dritten dem Rechtserwerb des Vormerkungsberechtigten
entgegensteht, und zwar auch dann, wenn der Rechtserwerb
- wie hier - im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt (§ 883 Abs. 2 Satz 2
BGB). Abhängig von dem Inhalt des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs
ist der vormerkungswidrig Eingetragene daher gemäß § 888 Abs. 1 BGB
zur Zustimmung der Eintragung des Vormerkungsberechtigten oder zur Zustimmung
zur Löschung des vormerkungswidrig eingetragenen Rechts verpflichtet
(vgl. Senat, Urteil vom 20. Oktober 2000 - V ZR 194/99,
mwN).
2. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich
der Anspruch gemäß § 888 Abs. 1 BGB aber nicht bejahen. Wie die Revision zu
Recht rügt, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft keine Feststellungen dazu
getroffen, ob der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch besteht.
a) Die Vormerkung - bei der es sich um ein streng akzessorisches Sicherungsmittel
handelt - wäre nicht entstanden bzw. erloschen, wenn der gesicherte
Anspruch nicht bzw. nicht mehr bestünde (vgl. Senat, Urteil vom 22. Februar
2019 - V ZR 244/17,
Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB noch die weiteren mit der Klage geltend gemachten
Ansprüche gegeben. Denn § 888 Abs. 1 BGB begründet einen unselbständigen
Hilfsanspruch, der allein der Verwirklichung des durch die Vormerkung
gesicherten Anspruchs dient und dessen Bestehen voraussetzt (vgl. Senat, Urteil
vom 2. Juli 2010 - V ZR 240/09,
2015 - V ZR 202/14,
[2020], § 883 Rn. 69).
b) Möglicherweise hält es das Berufungsgericht für ausreichend, dass der
Kläger im Grundbuch als Eigentümer der Eigentumswohnung eingetragen ist. Es
führt nämlich aus, dass es auf die Verjährung des gesicherten Anspruchs nicht
ankomme, weil der Auflassungsanspruch des Klägers in unverjährter Zeit erfüllt
worden sei. Das verkennt aber die Funktion der Vormerkung. Wäre der gesicherte
Anspruch erfüllt, wäre er erloschen (
der Vormerkung trotz Fortbestehens ihrer Eintragung im Grundbuch nach
sich zöge (vgl. Senat, Urteil vom 22. Februar 2019 - V ZR 244/17, BGHZ 221,
229 Rn. 12; Urteil vom 22. November 2013 - V ZR 161/12,
Deshalb kommt es entscheidend darauf an, ob der Kläger (weiterhin) im Wege
der Erfüllung bzw. Nacherfüllung die lastenfreie Übertragung des Eigentums beanspruchen
kann. Dann wäre die Löschung der Zwangssicherungshypothek im
Sinne von § 888 Abs. 1 BGB zur Verwirklichung des (weiterhin) durch die Vormerkung
gesicherten Anspruchs erforderlich.
c) Von dem Bestehen eines solchen Anspruchs auf lastenfreie Übertragung
des Eigentums kann nicht deshalb ausgegangen werden, weil das Berufungsgericht
an anderer Stelle ausführt, die Beklagte habe die Voraussetzungen
des Anspruchs gemäß § 888 Abs.
aa) Es ist ohnehin zweifelhaft, ob sich dies auch auf den gesicherten Anspruch
bezieht. Jedenfalls wäre dessen Bestehen nicht mit Tatbestandswirkung
(§ 314 ZPO) festgestellt, weil die Behauptung des Klägers, er habe die Wohnung
durch Kaufvertrag vom 20. Oktober 1998 erworben, im Tatbestand des Berufungsurteils
als streitiges Vorbringen wiedergegeben wird. Stehen die Feststellungen
in den Entscheidungsgründen in Widerspruch zu der Darstellung in dem
Tatbestand, entfalten sie keine Bindungswirkung im Revisionsverfahren (vgl.
Senat, Urteil vom 7. November 2003 - V ZR 141/03,
vom 9. Juli 1993 - V ZR 262/91,
bb) Indem das Berufungsgericht das Bestehen des gesicherten Anspruchs
in den Entscheidungsgründen voraussetzt, wird - wie die Revision mit der
Verfahrensrüge aufzeigt - unter Verstoß gegen
übergangen. Sie hat zunächst mit Schriftsatz vom 4. Juli 2018 bestritten,
dass der Kläger einen Anspruch auf lastenfreie Übertragung des Wohnungseigentums
habe. Dies hat sie mit Schriftsatz vom 3. Januar 2019 vertieft und dar-
gelegt, dass aus ihrer Sicht erhebliche Zweifel daran bestünden, dass eine wirksame
Veräußerung stattgefunden habe; da der Voreigentümer mehrfach die Vermögensauskunft
abgegeben habe, bestehe die Vermutung, dass es sich um ein
Scheingeschäft handele. In der Berufungserwiderung hat die Beklagte erneut auf
ihr Bestreiten hingewiesen.
cc) Dieses Bestreiten der Beklagten war ausreichend. Das Berufungsgericht
verweist zwar in anderem Zusammenhang darauf, die Beklagte habe nicht
vorgetragen, dass der von dem Kläger behauptete Kaufvertrag die nachträgliche
Belastung der Eigentumswohnung mit einer Zwangssicherungshypothek vorgesehen
habe. Da aber die Beklagte an den Abreden zwischen dem Kläger und
dem Voreigentümer nicht beteiligt war, durfte sie das Bestehen des gesicherten
Anspruchs - wie geschehen - insgesamt mit Nichtwissen bestreiten (§ 138 Abs. 3
ZPO). Es ist Sache des Vormerkungsberechtigten und damit des Klägers, Bestehen
und Fälligkeit des gesicherten Anspruchs darzulegen und zu beweisen (vgl.
Senat, Urteil vom 2. Juli 2010 - V ZR 240/09,
III.
Danach kann das Urteil keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht zur
Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO).
1. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Klage nicht wegen der von
der Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung abzuweisen. Sollte dem Kläger
- seinem Vortrag entsprechend - aus dem Kaufvertrag vom 20. Oktober 1998 ein
Anspruch auf lastenfreie Übertragung des Eigentums zustehen, wäre wegen der
mit Rang vor der Zwangssicherungshypothek eingetragenen Vormerkung der
Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB gegeben, und der Klage wäre im Ergebnis zu
Recht stattgegeben worden.
a) Zunächst wäre der gesicherte Anspruch auf lastenfreie Übertragung
des Eigentums nicht verjährt.
aa) Im Ausgangspunkt darf die Beklagte als Schuldnerin eines Anspruchs
aus § 888 Abs. 1 BGB alle Einreden erheben, die dem Schuldner des durch die
Vormerkung gesicherten Anspruchs gegen den Vormerkungsberechtigten zustehen
(vgl. Senat, Urteil vom 2. Juli 2010 - V ZR 240/09,
Urteil vom 4. Dezember 2015 - V ZR 202/14,
gehört auch die Einrede der Verjährung; die Vorschrift des § 216 Abs. 1 BGB ist
auf die Vormerkung, die die Erlangung des Rechts erst vorbereiten soll, nicht
anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1988 - II ZR 92/88, NJW 1989,
220, 221, insoweit in
gesicherte schuldrechtliche Anspruch verjährt, kann der vormerkungswidrig
Eingetragene deshalb im Grundsatz die dem Schuldner zustehende Einrede der
Verjährung gegen den gesicherten Anspruch erheben und die Zustimmung aus
diesem Grund verweigern (vgl. Staudinger/Kesseler, BGB [2020], § 888 Rn. 73).
Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob das auch dann gilt, wenn der Schuldner
auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat (so die überwiegende Ansicht in
analoger Anwendung von
Staudinger/Kesseler, BGB [2020], § 888 Rn. 64 bis 66 mwN; aA Staudinger/
Gursky, BGB [2013], § 888 Rn. 54).
bb) Der gesicherte Anspruch - sein Bestehen vorausgesetzt - ist nicht verjährt;
ob die Beklagte die Einrede der Verjährung umfassend erhoben hat, so
dass sie auch auf den gesicherten Anspruch bezogen war, kann infolgedessen
dahinstehen.
(1) Der seitens des Klägers behauptete Kaufvertrag zwischen ihm und
dem Voreigentümer vom 20. Oktober 1998 unterlag dem Schuldrecht in der bis
zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (
die lastenfreie Übergabe geschuldet, stellte die im maßgeblichen Zeitpunkt des
Eigentumsübergangs eingetragene Zwangssicherungshypothek einen Rechtsmangel
dar. Infolgedessen trat durch die Übertragung des Eigentums an dem
belasteten Grundstück keine Erfüllung ein (§ 433 Abs. 1 Satz 1, § 434, § 440
Abs. 1 BGB aF; vgl. Palandt/Putzo, BGB, 61. Aufl. 2002, § 434 Rn. 8). Der fortbestehende
Erfüllungsanspruch gegen den Voreigentümer unterlag der regelmäßigen
Verjährung von 30 Jahren (§ 195 BGB aF). Diese Frist ist noch nicht abgelaufen.
(2) Daran hat sich entgegen der Ansicht der Revision durch das Inkrafttreten
des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes zum 1. Januar 2002 nichts geändert.
Zwar verjährt der Anspruch gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB
grundsätzlich in der Frist, die das ab dem 1. Januar 2002 geltende Recht für
entsprechende Ansprüche vorsieht. Maßgeblich ist insoweit aber nicht die von
der Revision herangezogene, in § 196 BGB bestimmte Frist von zehn Jahren, die
u.a. für Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück und
damit für den ursprünglichen Erfüllungsanspruch gilt, sondern die dreißigjährige
Frist des § 438 Abs. 1 Nr. 1b BGB. Auch nach geltendem Recht setzt die vertragsgemäße
Erfüllung gemäß § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB die Freiheit von Rechtsmängeln
voraus. Ist das verkaufte Grundstück im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs
mit einem Rechtsmangel behaftet, kann der Käufer gemäß § 435, § 437
Nr. 1 BGB Nacherfüllung verlangen. Gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 1b BGB beträgt die
Verjährungsfrist dreißig Jahre, wenn der Mangel der Kaufsache - wie hier - in einem
im Grundbuch eingetragenen Recht besteht. Diese Frist ist maßgeblich für
die Verjährung des Anspruchs auf Nacherfüllung, in den sich der Erfüllungsanspruch
mit der mangelhaften Lieferung umwandelt (vgl. Senat, Urteil vom
27. Februar 2015 - V ZR 133/14,
b) Ebenso wenig wäre der Anspruch des Klägers aus § 888 Abs. 1 BGB
verjährt.
aa) Nach nahezu einhelliger Ansicht ist der Anspruch aus § 888 Abs. 1
BGB in analoger Anwendung von § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB unverjährbar (vgl.
Staudinger/Kesseler, BGB [2020], § 888 Rn. 73; Staudinger/Picker, BGB [2019],
§ 902 Rn. 15; MüKoBGB/Kohler, 8. Aufl., § 888 Rn. 9 und § 902 Rn. 4;
NK-BGB/Krause, 4. Aufl., § 888 Rn. 26; Erman/Artz, BGB, 16. Aufl., § 888 Rn. 7;
BeckOGK/Hertel, BGB [15.4.2021], § 902 Rn. 31; BeckOK BGB/Eckert
[1.8.2021], § 888 Rn. 8; jurisPK-BGB/Stamm, 9. Aufl., § 888 Rn. 26; Grziwotz,
die Verjährung des Anspruchs aus § 888 Abs. 1 BGB derjenigen des gesicherten
Anspruchs folge (vgl. BeckOGK/Assmann, BGB [1.11.2021], § 888 Rn. 10; dies.,
Die Vormerkung [§ 883 BGB], 1998, S. 416).
bb) Der Senat sieht den aus § 888 Abs. 1 BGB folgenden Zustimmungsanspruch
des Vormerkungsberechtigten in entsprechender Anwendung von
§ 902 Abs. 1 Satz 1 BGB als unverjährbar an. Soweit das Urteil des IX. Zivilsenats
vom 13. Juni 2002 (IX ZR 196/01,
verstanden werden könnte, hat der IX. Zivilsenat auf Nachfrage mitgeteilt, daran
nicht festzuhalten.
(1) Ob der Zustimmungsanspruch gemäß § 888 Abs. 1 BGB der Verjährung
unterworfen sein soll, und welche Frist bejahendenfalls gelten sollte, lässt
sich dem Gesetz nicht entnehmen.
(a) Anders als bei dem Grundbuchberichtigungsanspruch (§ 894 BGB)
fehlt es an einer speziellen Norm, die die Verjährung ausschließt (vgl. § 898
BGB). Insbesondere ist § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach Ansprüche aus eingetragenen
Rechten nicht der Verjährung unterliegen, nicht direkt anwendbar, weil
die Vormerkung kein im Grundbuch eingetragenes dingliches Recht, sondern ein
Sicherungsmittel eigener Art darstellt (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Februar
2014 - V ZB 88/13,
- V ZB 123/13,
(b) Andererseits unterfällt der Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB aber auch
nicht den für den jeweiligen schuldrechtlichen Anspruch maßgeblichen Verjährungsregeln.
So regelt die hier maßgebliche Vorschrift des § 438 Abs. 1 Nr. 1b
BGB nur die Verjährung der in
ebenso wenig einschlägig ist der auf den ursprünglichen Auflassungsanspruch
anwendbare § 196 BGB, weil der Anspruch gemäß § 888 Abs. 1 BGB
nicht auf die Begründung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück
gerichtet ist, sondern lediglich sicherstellt, dass die nach dem formellen Grundbuchrecht
notwendige Bewilligung des Betroffenen (§ 19 GBO) erwirkt werden
kann (vgl. Senat, Urteil vom 2. Juli 2010 - V ZR 240/09,
Urteil vom 4. Dezember 2015 - V ZR 202/14,
spricht der Umstand, dass der Zustimmungsanspruch ein unselbständiger
Hilfsanspruch ist (vgl. oben Rn. 5), dafür, dass er jedenfalls nicht vor dem gesicherten
Anspruch verjähren kann; eine pauschale Anwendung von § 196 BGB,
wie sie die Revision für richtig hält, liegt auch aus diesem Grund fern.
(2) Die Regelungslücke ist durch die entsprechende Anwendung von
§ 902 Abs. 1 Satz 1 BGB zu füllen. Diese Norm erfasst in ihrem direkten Anwen-
dungsbereich die der Verwirklichung des eingetragenen Rechts dienenden Ansprüche
(vgl. Senat, Urteil vom 22. Februar 2019 - V ZR 136/18, NJW-RR 2019,
590 Rn. 13; Staudinger/Picker, BGB [2019], § 902 Rn. 1). Mit diesen Rechtsverwirklichungsansprüchen
ist der Zustimmungsanspruch gemäß § 888 Abs. 1 BGB
vergleichbar. Denn trotz seines akzessorischen Charakters ist er ein eigenständiger
Anspruch gegen den vormerkungswidrig Eingetragenen, der zur Durchsetzung
des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs notwendig ist (vgl. Senat,
Urteil vom 4. Dezember 2015 - V ZR 202/14,
die Vormerkung als Sicherungsmittel eigener Art anzusehen ist, verleiht sie
dem gesicherten schuldrechtlichen Anspruch in beträchtlichem Umfang dingliche
Wirkungen im Sinn einer dinglichen Gebundenheit des Grundstücks; sie bewirkt
insbesondere die relative Unwirksamkeit von sogenannten Zwischenrechten
(§ 883 Abs. 2 BGB) und sichert dem dinglichen Recht, auf dessen Einräumung
der vormerkungsgesicherte Anspruch gerichtet ist, denjenigen Rang, der ihm zugekommen
wäre, wenn es selbst bereits zur Zeit der Eintragung der Vormerkung
eingetragen worden wäre (§ 883 Abs. 3 BGB). Damit ist die Vormerkung in manchen
Beziehungen einem dinglichen Recht angenähert (zum Ganzen vgl. Senat,
Urteil vom 15. Dezember 1972 - V ZR 76/71,
es, den Zustimmungsanspruch, der ihrer Verwirklichung dient, wie die in § 902
Abs. 1 BGB geregelten Ansprüche als unverjährbar anzusehen; bestätigt wird
dies durch die Überlegung, dass der Anspruch zumindest eine gewisse Nähe zu
dem nach § 898 BGB unverjährbaren Grundbuchberichtigungsanspruch aufweist
(vgl. Staudinger/Kesseler, BGB [2020], § 888 Rn. 71).
(3) Allerdings wird sich die Unverjährbarkeit des Zustimmungsanspruchs
gemäß § 888 Abs. 1 BGB in der Praxis regelmäßig nicht auswirken, weil die Zustimmung
nicht mehr verlangt werden kann, wenn die begründete Einrede der
Verjährung gegen den gesicherten Anspruch erhoben wird (so auch Staudinger/
Kesseler, BGB [2020], § 888 Rn. 73; Staudinger/Picker, BGB [2019], § 902
Rn. 15). Anders als der Zustimmungsanspruch gemäß § 888 BGB unterliegt der
gesicherte schuldrechtliche Anspruch gemäß § 194 Abs. 1 BGB der Verjährung,
und der vormerkungswidrig Eingetragene kann im Grundsatz die dem Schuldner
zustehende Einrede der Verjährung gegen den gesicherten Anspruch erheben
und die Zustimmung aus diesem Grund verweigern (vgl. oben Rn. 14; Staudinger/
Picker, BGB [2019], § 902 Rn. 15). Daran zeigt sich, dass sich der Schutz
der Vormerkung nur im Zusammenwirken beider Ansprüche entfaltet und der
eine ohne den anderen keinen Wert hat (vgl. Krüger,
2. Im Ergebnis ebenfalls zu Recht verneint das Berufungsgericht eine Verwirkung
des Anspruchs aus § 888 Abs. 1 BGB. Da die Vormerkung aus dem
Grundbuch hervorgeht, könnte der Einwand aus § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt
der illoyalen Verspätung allenfalls in Ausnahmefällen zum Tragen kommen
(vgl. auch Senat, Urteil vom 19. März 2021 - V ZR 44/19,
Rn. 21). Die Revision zeigt schon keinen Vortrag dazu auf, dass sich die Beklagte
aufgrund eines Verhaltens des Klägers darauf eingerichtet hat, dieser werde den
Zustimmungsanspruch nicht geltend machen.
IV.
Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562
Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit im Hinblick auf den Bestand des gesicherten
Anspruchs die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
Sollte sich erweisen, dass der Zustimmungsanspruch besteht, wäre im Hinblick
auf die Feststellungsanträge zu prüfen, ob sich die Beklagte im Verzug befand;
dann könnte sich ein Anspruch dem Grunde nach aus § 280 Abs. 1 und 2, § 286
BGB ergeben (vgl. dazu Senat, Urteil vom 4. Dezember 2015 - V ZR 202/14,
Rechtsirrtum beruft, wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass
zum einen der gesicherte Anspruch nicht verjährt war und zum anderen die Unverjährbarkeit
des Zustimmungsanspruchs der herrschenden Meinung in der
Rechtsliteratur entsprach.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:14.01.2022
Aktenzeichen:V ZR 245/20
Rechtsgebiete:
Bürgschaft u.a. Personalsicherheiten
Sachenrecht allgemein
Allgemeines Schuldrecht
Grundbuchrecht
Kaufvertrag
Vormerkung
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Grundpfandrechte
BGB §§ 888, 902 Abs. 1 S. 1