Kammergericht 18. November 2022
7 U 41/21
BGB § 650u

Bauträgervertrag; Anspruch auf Zustimmung zum Vollzug der Auflassung

letzte Aktualisierung: 16.2.2023
KG, Urt. v. 18.11.2022 – 7 U 41/21

BGB § 650u
Bauträgervertrag; Anspruch auf Zustimmung zum Vollzug der Auflassung

Eine Regelung in einem Bauträgervertrag, nach der der Käufer die Zustimmung des Verkäufers zum
Vollzug der Auflassung vor vollständiger Fertigstellung mit dem erreichten Bautenstand verlangen
kann, wenn … lediglich ein geringer Kaufpreis zur Zahlung offensteht und der Verkäufer mit der
Beseitigung von Mängeln in Verzug geraten ist, ist dahingehend auszulegen, dass jedenfalls ein
offenstehender Betrag in Höhe von 8,5% des Gesamtkaufpreises noch als „geringer Kaufpreis“ im
Sinne der Vorschrift anzusehen ist.

Gründe

I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Anweisung der Notarin auf Umschreibung des Eigentums
an einer von ihr von der Beklagten gekauften Eigentumswohnung in Anspruch. Die Beklagte
verfolgt mit ihrer Widerklage von der Klägerin die Zahlung des restlichen Kaufpreises. Ferner
streiten die Parteien darum, ob ein zunächst gestellter Klageantrag erledigt ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatbestandes wird auf die tatsächlichen Ausführungen in
der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
Das Landgericht hat nach Abschluss eines Teilvergleichs der Klage mit dem hier angefochtenen
Schlussurteil stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die Klägerin habe einen Anspruch
auf Anweisung zur Umschreibung, wenn entsprechend § 10 Abs. 3 des notariellen Kaufvertrages
zwischen den Parteien das Unvermögen des Verkäufers zur Fertigstellung der Baumaßnahme
feststehe oder der Verkäufer mit der Beseitigung von Mängeln im Verzug sei. Diese
Voraussetzungen seien hier erfüllt.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie Folgendes rügt:
Es fehle an einer nachvollziehbaren Darlegung des Vorliegens von Mängeln am Sondereigentum
oder am Gemeinschaftseigentum. Auch zu konkreten Fristsetzungen hinsichtlich der
behaupteten Mängel und zu einer wirksamen Inverzugsetzung habe die Klägerin nicht
vorgetragen. Ebenso wenig sei hier davon auszugehen, dass nur ein geringer Restkaufpreis
offenstehe, weil hier noch 8% des Kaufpreises nicht bezahlt worden seien; geringfügig sei nur
ein Betrag von 2% des Kaufpreises.

Sie bestreitet, dass wesentliche Mängel am Sondereigentum der Klägerin bestünden. Auch treffe
es nicht zu, dass die Beklagte jegliche Mängelbeseitigung verweigert habe; eine solche angebliche
Verweigerungshaltung folge insbesondere nicht aus einem Gespräch am 8. Juli 2019 (vgl. Anlage
K 24), weil dort überhaupt nicht verbindlich und endgültig über eine Mängelbeseitigung in
Zukunft gesprochen worden sei. Vielmehr sei sie in der Lage, Mängel zu beseitigen, wenn diese
nachvollziehbar angezeigt würden.

Soweit die WEG bereits Mängel beseitigt habe, wofür die Erhebung der Sonderumlage spreche,
könne die Klägerin auch kein Zurückbehaltungsrecht geltend machen.
Im Übrigen sei § 10 Abs. 3 des Kaufvertrages nicht dergestalt anzuwenden, dass die Klägerin die
Übertragung des Eigentums ohne Zahlung eines dem Bautenstand - zu dem jeglicher Vortrag
fehle - entsprechenden Kaufpreises verlangen könne.

Der für erledigt erklärte Antrag der Klägerin zu Ziffer 2.a. sei wegen fehlenden
Rechtsschutzbedürfnis von vornherein unzulässig gewesen. Denn es habe zu keinem Zeitpunkt
Streit darüber bestanden, dass die Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, das Bauvorhaben
vertragsgemäß fertig zu stellen. Auch habe sich der Anspruch nicht dadurch erledigt, dass die
Prozessführungsbefugnis auf die Wohnungseigentümergemeinschaft übertragen worden sei, weil
eine Übertragung von Erfüllungsansprüchen auf die Gemeinschaft nicht wirksam erfolgen
könne.

Der Widerklageantrag sei begründet, weil das Vertragsobjekt vollständig und ohne wesentliche
Mängel fertiggestellt worden sei. Soweit vermeintlich mangelhafte Wohnungseingangstüren in
Streit stünden, mache die Klägerin wegen ihrer Wohnungseingangstür keine Rechte geltend.
Indes sei ein Beweisverfahren wegen des Blockheizkraftwerkes anhängig, da die Heizleistung
aber nicht beeinträchtigt sei, sei ein wesentlicher Mangel am Gemeinschaftseigentum
ausgeschlossen.

Die Beklagte beantragt,
das Schlussurteil des Landgerichts Berlin, Az. 33 O 320/17, vom 27. Januar 2021 abzuändern
und die Klage mit den Anträgen zu I.1. und I.2.a. abzuweisen;
sowie
die Klägerin auf die Widerklage zu verurteilen, an sie 33.048,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von
5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Widerklage zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Nach Aufrechnung mit Mängelbeseitigungskosten
betreffend das Sondereigentum verbleibe allenfalls eine Restforderung in Höhe von 10.212,46
Euro.

Ausweislich des Gesprächsprotokolls vom 8. Juli 2019 sei die Beklagte nicht willens und auch
nicht in der Lage, sich an der Mangelbeseitigung zu beteiligen. Im Übrigen verfüge die Beklagte
auch nicht mehr über ausreichende finanzielle Mittel. Im Ergebnis sei der Bau entsprechend
nach Bautenstand abzurechnen. Mangels Abnahmereife entspreche dieser dem Teilvergleich und
der Beklagten stünden keine weiteren Zahlungen bis zur Abnahmereife zu.
Im Hinblick auf den seit 1. Dezember 2020 geltenden § 9a Abs. 2 WEG sei die Gemeinschaft
der Wohnungseigentümer für die einheitliche Rechtsverfolgung im Hinblick auf das
gemeinschaftliche Eigentum zuständig. Damit habe der Klägerin der zunächst geltend gemachte
Anspruch nicht mehr zugestanden.

Die Widerklage sei mangels Abnahmereife unbegründet.

II.
A. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagten aus dem zwischen den Parteien am 1.
August 2014 geschlossenen Bauträgervertrag darauf, dass diese die Notarin Dr. H in B anweist,
die in der notariellen Urkunde vom 1. August 2014 (UR-Nr. 311/2014 der Notarin Dr. H in B)
erklärte Auflassung zu vollziehen und die Eigentumsumschreibung vorzunehmen.
1. Die Parteien schlossen am 1. August 2014 einen Bauträgervertrag über die Wohnungseinheit
Nr. 37 (176,91/10.000 Miteigentumsanteil am Grundstück Ch.) inklusive Tiefgaragenstellplatz;
sie vereinbarten hierfür einen Kaufpreis in Höhe von insgesamt 388.800,00 Euro (§ 3 des
Vertrages). Nach Abschluss des Teilvergleichs vom 4. April 2018 sind unstreitig nur die Rate für
die Fertigstellung (3,5% = 13.608,00 Euro) sowie die Rate für die Fertigstellungs-Sicherheit (5%
= 19.440,00 Euro) noch nicht von der Klägerin bezahlt.

2. Die Grundstücksübereignungspflicht beurteilt sich nach Kaufvertragsrecht (§ 433 Abs. 1
BGB). Der Auflassungsanspruch des Erwerbers entsteht grundsätzlich mit dem Abschluss eines
wirksamen Bauträgervertrages, die Fälligkeit des Übereignungsanspruchs wird jedoch
üblicherweise hinausgeschoben und von der Zahlung der geschuldeten Vergütung abhängig
gemacht (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2006 - V ZR 40/05 - juris Rn. 12).
Hier haben die Parteien in § 10 Abs. 3 Satz 1 des Bauträgervertrages vereinbart, dass die Notarin
unwiderruflich angewiesen wird, die Eigentumsumschreibung zu beantragen, wenn der
Verkäufer sie schriftlich anweist. Hierzu ist der Verkäufer gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 des
Bauträgervertrages Zug um Zug gegen Entgegennahme der Abnahmeerklärung und des
geschuldeten Kaufpreises verpflichtet. Nach § 10 Abs. 3 Satz 3 des Bauträgervertrages kann der
Käufer die Zustimmung des Verkäufers zum Vollzug der Auflassung vor vollständiger
Fertigstellung mit dem erreichten Bautenstand verlangen, wenn das Unvermögen des Verkäufers
zur Fertigstellung der Baumaßnahme feststeht, Zug um Zug gegen Zahlung des dem erreichten
Bautenstand entsprechenden Teils des Kaufpreises oder wenn lediglich ein geringer Kaufpreis
zur Zahlung offensteht und der Verkäufer mit der Beseitigung von Mängeln in Verzug geraten
ist.

Gemessen hieran hat die Klägerin den begehrten Anspruch. Denn gemäß § 10 Abs. 3 Satz 3 2.
Var. des Bauträgervertrages steht lediglich ein geringer Kaufpreis noch zur Zahlung offen (dazu
a)) und der Verkäufer ist mit der Beseitigung von Mängeln im Verzug (dazu b)).

a) Wann nur noch ein geringer Kaufpreis noch zu Zahlung offen steht, ist durch Auslegung des
Vertrages zu ermitteln, §§ 133, 157 BGB. Dabei ist zu berücksichtigen, dass wegen der weiteren
Voraussetzung des § 10 Abs. 3 Satz 3 2. Var. des Bauträgervertrages, der einen Verzug mit
Beseitigung von Mängeln voraussetzt, in der Regel gemäß § 3 Abs. 4 Unterabs. 1 lit. m) des
Bauträgervertrages jedenfalls noch die Fertigstellungsrate in Höhe von 3,5%, die nach
vollständiger Fertigstellung fällig ist, sowie im Hinblick auf § 3 Abs. 4 Unterabs. 6 des
Bauträgervertrags noch der Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5% offenstehen. Denn die
Formulierung „vollständige Fertigstellung“ ist unmissverständlich und kann, insbesondere durch
den Gebrauch des Wortes „vollständig“, bei objektiver und interessengerechter Auslegung nur
so verstanden werden, dass nicht nur sämtliche Arbeiten erbracht sein müssen, sondern auch
keine Mängel vorhanden sein dürfen bzw. sämtliche vorhandenen Mängel beseitigt sein müssen.
Dabei genügt es nicht, wenn wesentliche, die Abnahmefähigkeit im Sinne von § 640 Abs. 1 BGB
hindernde Mängel beseitigt sind. Nicht vollständig fertig gestellt ist die Leistung vielmehr nach
zutreffender, vom Bundesgerichtshof (Urteil vom 27. Oktober 2011 - VII ZR 84/09 - juris Rn.
23) bestätigter Ansicht auch bei solchen Mängeln, die der Abnahmefähigkeit nicht
entgegenstehen. Der Verkäufer muss grundsätzlich sämtliche Restmängel seiner Bauleistung
beseitigt haben (LG Heidelberg, Urteil vom 28. März 2014 - 3 O 309/13, NJOZ 2014, 663
<664>). Zuvor kann der Bauträger weder eine Fertigstellungsrate von 3,5% des Gesamtpreises
noch einen Sicherheitseinbehalt für die rechtzeitige Werkherstellung ohne wesentliche Mängel
verlangen. Dies gilt erst recht, wenn - wie hier im Hinblick auf das Blockheizkraftwerk - noch
wesentliche Mängel, sei es in Bezug auf das Sonder- oder das Gemeinschaftseigentum, bestehen
(s. OLG München, Beschluss vom 11. März 2020 - 28 U 4568/19 Bau - juris Orientierungssatz
1 und Rn. 49).

Vor diesem Hintergrund ist die Regelung des § 10 Abs. 3 Satz 3 2. Var. des Bauträgervertrages
dahingehend auszulegen, dass jedenfalls ein offenstehender Betrag in Höhe von 8,5% des
Gesamtkaufpreises noch als „geringer Kaufpreis“ im Sinne der Vorschrift anzusehen ist. Denn
anderenfalls liefe diese vertragliche Vereinbarung in aller Regel leer, obwohl die Parteien für den
Fall, dass der Verkäufer mit der Mängelbeseitigung in Verzug ist, dem Käufer - durchaus in
Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung in ähnlichen gelagerten Fällen, die
hier von einem Schutzbedürfnis des Käufers ausgeht (vgl. etwa OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.
Oktober 2016 - 19 U 108/14 - juris Rn. 32 ff.) - explizit ein Anspruch auf
Eigentumsverschaffung gewähren wollten. Gegen diese Auslegung lassen sich auch nicht die zu
§ 320 BGB ergangenen Entscheidung des OLG München (Urteil vom 13. November 2007 - 13
U 3419/07 - juris) und des OLG Karlsruhe (Urteil vom 18. Juli 2006 - 17 U 326/05 - BeckRS
2015, 11528) anführen.

Selbst wenn die Beklagte noch einen - derzeit noch nicht fälligen - Anspruch auf Zahlung von
33.048,00 Euro gegen die Klägerin hätte - was im Hinblick auf die von der Klägerin geltend
gemachten Aufrechnungen indes streitig ist - wäre dieser Betrag daher noch geringfügig im
Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 3 2. Var. des Bauträgervertrages.

b) Der Verkäufer ist jedenfalls im Hinblick auf das von ihm geschuldete Blockheizkraftwerk mit
der Mängelbeseitigung in Verzug.

aa) § 10 Abs. 3 Satz 3 2. Var. des Bauträgervertrages ist dahingehend auszulegen, dass hiervon
Fallkonstellationen erfasst sind, in denen die Wohnanlage mangels Fertigstellung noch nicht
abgenommen ist und wegen Mängeln am Bauwerk noch keine Abnahme erfolgte. Denn gemäß
§ 633 Abs. 1 BGB hat der Unternehmer dem Besteller das Werk frei von Sachmängeln zu
verschaffen, so dass der Besteller einen (Erfüllungs-)Anspruch auf Mängelbeseitigung hat, wenn
der Unternehmer das Werk nur mit Sachmängeln hergestellt hat. Im Übrigen entspricht dieses
Verständnis der vertraglichen Vereinbarung auch der Interessenlage der Parteien, denn
anderenfalls läge eine von den Parteien nicht beabsichtigte Regelungslücke gerade für den Fall
vor, dass sich Mängel am Bauwerk bereits vor Abnahme des Sonder- oder
Gemeinschaftseigentums zeigen, zu deren Beseitigung der Bauträger in der Lage ist, so dass
mangels Unvermögens § 10 Abs. 3 Satz 3 1. Var des Bauträgervertrages ausscheidet. Gegen
diese Auslegung spricht schließlich auch nicht die neuere Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs, wonach der Besteller Mängelrechte nach § 634 BGB grundsätzlich erst
nach Abnahme des Werks mit Erfolg geltend machen kann (Urteil vom 19. Januar 2017 - VII
ZR 301/13 - juris Rn. 31). Denn zum einen nimmt die vertragliche Regelung nicht nur Bezug
auf Mängelrechte und zum anderen erging diese Rechtsprechung erst nach Vertragsabschluss im
Jahr 2014.

bb) Gemäß § 5 Abs. 1 des Bauträgervertrages in Verbindung mit der Baubeschreibung für
Neubauten (UR-Nr. ...2014 der Notarin Dr. H. in B - Anlage K2) ist die Beklagte zur
Herstellung der Wohnanlage verpflichtet, bei der die Wärmeerzeugung zentral in einem
Blockheizkraftwerk mit einem zusätzlichen Spitzenlast-Gasbrennwertkessel erfolgt. Die
bezugsfertige Herstellung des Sondereigentums sollte bis zum 30. Juni 2016, die vollständige
Fertigstellung bis zum 30. September 2016 erfolgen.

Nach dem nicht substantiiert bestrittenen - die Beklagte äußert selbst, dass das
Blockheizkraftwerk „unter Umständen mit einigen Mängeln“ behaftet sein mag (Schriftsatz vom
29. September 2022 = Bd. II, Bl. 169 d.A.) - Vortrag der Klägerin (insbesondere im Schriftsatz
vom 10. Juni 2020, S. 3 = Bd. I, Bl. 150 d.A. sowie im Schriftsatz vom 9. November 2021,
S. 1 ff. = Bd. II, Bl. 98 ff.) ist das Blockheizkraftwerk von der Beklagten bislang nur mangelhaft
hergestellt. Es funktioniert nicht korrekt und ist bisher nicht im nennenswerten Umfang zur
Stromgewinnung am Netz gewesen. Die Beheizung erfolgt durch die hierfür auf Dauer nicht
ausgelegte Spitzenlasttherme. Zudem hält die Konstruktion des Blockheizkraftwerks die
Anforderungen des Schallschutzes zur oberhalb der Heizzentrale liegenden Wohneinheit B03
nicht ein. Mit diesem - im Hinblick auf den mangelnden Schallschutz insbesondere auch mit
dem von der Klägerin eingereichten Gutachten des Dr. St. vom 20. August 2021 (Anlage BB24)
unterlegten - Vortrag der Klägerin setzt sich die Beklagte nicht substantiiert auseinander.
Ebenso wenig wird dieses klägerische Vorbringen von der Beklagten mit ihrem Schriftsatz vom
11. Oktober 2022 substantiiert bestritten, wenn sie dort (S. 2) - ohne Auseinandersetzung mit
dem substantiierten Vortrag der Klägerin lediglich ausführt, „dass das Haus mittlerweile seit 6
Jahren bewohnt wird und die Heizung mit der Elektrik einwandfrei funktioniert“. Vielmehr geht
die Beklagte selbst von der Mangelhaftigkeit aus, wenn sie ausführt: „Kleinere Mängel an der
Heizungsanlage werden von der Streitverkündeten im Beweisverfahren beseitigt werden“.
Entsprechendes gilt, soweit die Klägerin auf S. 2 ihres Schriftsatzes vom 9. November 2021 (Bd.
II, Bl. 99 d.A.) unter Bezugnahme auf das Gutachten des Dr. St. vom 20. August 2021 (Anlage
BB24) vorgetragen hat, dass der erforderliche Schmutzfang im BHKW-Rücklauf nicht installiert
ist, dass die Kondensatableitung und Neutralisation nicht ordnungsgemäß abgedichtet wurde
und die Neutralisation umgebaut werden sollte, dass der Leitungsquerschnitt des BHKWLeistungskabels
mit dem Querschnitt 10 mm² installiert sein sollte und dass der Schlüssel zur
Entriegelung des Not-Stopps fehlt.

Dass es sich bei dem Mangel um einen wesentlichen Mangel handeln muss, wird in § 10 Abs. 3
Satz 3 2. Var. des Bauträgervertrages nicht vorausgesetzt. Im Übrigen stellt ein im Hinblick auf
eine fehlende Stromerzeugungsmöglichkeit ineffizient arbeitendes Blockheizkraftwerk keinen
nur unwesentlichen, sondern einen wesentlichen Mangel dar. Auch die Tatsache, dass es sich um
einen Mangel am Gemeinschaftseigentum handelt und die Wohnungseigentümergemeinschaft
sämtliche Ansprüche betreffend Mängel am Gemeinschaftseigentum an sich herangezogen hat,
ist ohne Belang. Denn § 10 Abs. 3 Satz 3 2. Var. des Bauträgervertrages unterscheidet nicht nach
Mängeln am Gemeinschafts- oder Sondereigentum.

cc) Auch kann sich die Beklagte nicht dadurch exkulpieren, dass sie „im Beweisverfahren der
ausführenden Firma, der Sch. GmbH, den Streit verkündet [hat] und diese Firma ihrerseits in
Anspruch nehmen“ wird. Denn gemäß § 278 Satz 1 BGB hat die Beklagte die mangelhafte
Herstellung des Blockheizkraftwerks durch die ausführende Firma wie eigenes Verschulden zu
vertreten.

B. Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen, die in Bezug genommen werden, auch
den Feststellungsantrag für begründet erachtet. Durch den Beschluss vom 3. Juni 2019 hat die
Wohnungseigentümergemeinschaft die Durchsetzung der auf die ordnungsgemäße Herstellung
des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte an sich gezogen und ihre alleinige
Zuständigkeit begründet. Damit wurden die einzelnen Erwerber von der aktiven Verfolgung
ihrer Rechte, soweit die ordnungsgemäße Verwaltung ein gemeinschaftliches Vorgehen
erfordert, ausgeschlossen (BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05 - juris Rn. 20 f.;
OLG Stuttgart, Urteil vom 3. Juli 2012 - 10 U 33/12 - juris Rn. 62). Bis zum 3. Juni 2019 hatte
die Klägerin ein Anspruch auf Fertigstellung des Gemeinschaftseigentums aus dem Kaufvertrag
vom 1. August 2017.

C. Die Widerklage der Beklagten ist unbegründet. Der Anspruch der Beklagten auf Zahlung der
Fertigstellungsrate sowie der Schlussrate ist jedenfalls noch nicht fällig. Denn es steht nicht fest,
dass das Objekt mangelfrei fertiggestellt ist. Dies folgt bereits daraus, dass ein wesentlicher
Mangel am Gemeinschaftseigentum besteht in Form des mangelhaften Blockheizkraftwerks (s.
dazu bereits unter A.).

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus § 97 Abs. 1 ZPO sowie aus §§ 708 Nr. 10,
711 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO für eine Zulassung der Revision liegen nicht
vor.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

Kammergericht

Erscheinungsdatum:

18.11.2022

Aktenzeichen:

7 U 41/21

Rechtsgebiete:

Allgemeines Schuldrecht
Kaufvertrag
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Bauträgervertrag und Werkvertrag
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

BGB § 650u