Immobilienfinanzierung durch Ehegatten; Darlehen; ehebedingte Zuwendung
letzte Aktualisierung: 5.6.2023
OLG Bremen, Beschl. v. 27.1.2023 – 4 UF 57/22
BGB §§ 313 Abs. 1, 488 Abs. 1 u. 3
Immobilienfinanzierung durch Ehegatten; Darlehen; ehebedingte Zuwendung
Stellt ein Ehegatte dem anderen Ehegatten die Mittel zur Finanzierung des hälftigen Miteigentumsanteils
an einem gemeinsamen erworbenen Hausgrundstück zur Verfügung und schließen
die Ehegatten hierzu einen schriftlichen Darlehensvertrag, so lässt dies in der Regel auch dann
darauf schließen, dass es sich nicht um eine ehebedingte Zuwendung, sondern um einen zwischen
den Ehegatten vereinbarten Darlehensvertrag handelt, wenn in der Vertragsurkunde keine
Darlehenslaufzeit und keine monatliche Ratenzahlungsverpflichtungen des Darlehensnehmers
vereinbart sind.
Gründe:
I.
Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin auf Darlehensrückzahlung in Anspruch.
Die Beteiligten, die am 2006 die Ehe miteinander geschlossen haben, leben seit
2020 voneinander getrennt. [Von der Darstellung des nachfolgenden Textes wird
aus Gründen der Anonymisierung abgesehen - die Redaktion]. Am 31.3.2009 [von der
Darstellung des nachfolgenden Textes wird aus Gründen der Anonymisierung abgesehen
- die Redaktion] vereinbarten die Beteiligten einen Ehevertrag (UR-Nr. ) und
schlossen dabei unter anderem für den Fall der Scheidung den Zugewinnausgleich
aus.
Am 4.10.2011 erwarben die Beteiligten eine in , belegene Immobilie zu einem
Kaufpreis vo Miteigentum. Am 26.10.2011 unter-
Vereinbarung heißt es unter Ziff. 2:
rin entfallenden Teils des Kaufpreises und der Renovierungskosten erhält die Darle-
In Ziff. 3 wird folgendes geregelt:
Hälfte aus dem Kaufpreis in Höhe
von EUR 725.000,-- zzgl. EUR 10.000,-- Maklercourtage = EUR 367.500,--
Für die Renovierungskosten und weitere mit dem Erwerb verbundenen Kosten wird
die Darlehenssumme
In Ziff. 4 heißt es:
Das Darlehen wird ausgezahlt, indem der Darlehensgeber den Kaufpreis an den Verkäufer
des o.g. Grundstücks vollständig auch für den Anteil der Darlehensnehmerin
bezahlt und die Baukosten vollständig auch für den Anteil der Darlehensnehmerin
Ziff. 5 sieht folgendes vor:
en entfällt, wenn der Darlehensgeber im Falle einer rechtskräftigen Scheidung
von der Darlehensnehmerin deren hälftigen Anteil an dem bezeichneten Grundstück
unentgeltlich zurückerhält. In diesem Fall sind alle Tilgungsleistungen, welche
die Darlehensnehmerin an den Darlehensgeber erbracht hat, von diesem zurückzu-
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf die Vertragsurkunde (Bl. 8
der Akte) verwiesen.
Antragsteller hat den Kaufpreis für das Grundstück an die Verkäufer gezahlt.
Er hat behauptet, auch die Maklercourtage und näher bezeichnete Renovierungskosten
für das Grundstück gezahlt zu haben.
Mit Schreiben vom 9.7.2021 (Bl. 9 der Akte) kündigte der Antragsteller das Darlehen
Bl. 7 der Akte).
Der Antragsteller hat erstinstanzlich beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, an
16.10.2021 zu zahlen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag des Antragstellers abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, dass es sich nicht um einen Darlehensvertrag handele,
sondern um eine teilweise Abänderung des zwischen den Beteiligten im Jahre 2009
geschlossenen Ehevertrags. Es handele sich der Sache nach um eine güterrechtliche
Regelung, die wegen Nichteinhaltung der Formvorschrift des
Außerdem enthalte der Vertrag eine Verpflichtung zur Übertragung von Eigentumsrechten
an einer Immobilie und sei deswegen auch wegen Nichteinhaltung der Form
des
weil der Antragsteller auf ein Akteneinsichtsgesuch der Antragsgegnerin in einem abgeschlossenen,
gegen den Antragsteller geführten Strafverfahren mit der unwahren
Behauptung, er, der Antragsteller, habe in keinem Verfahren Verwirkung gegenüber
der Antragsgegnerin geltend gemacht, reagiert habe.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 15.7.2022 hat das Amtsgericht die Antragsgegnerin
- unter konkludenter Abweisung des Antrags im Übrigen verpflichtet, an
lich ab dem 16.10.2021 zu zahlen.
Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Antragsteller habe gegen die
Antragsgegnerin einen Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta aus § 488
Abs. 1 S. 2 BGB, nachdem er das Darlehen fristgerecht zum 15.10.2021 gekündigt
und fällig gestellt habe. Die Auszahlung der Darlehensvaluta sei vorliegend dadurch
erfolgt, dass der Antragsteller Zahlungen zur Erfüllung der Verbindlichkeiten der Antragsgegnerin
an die Hausverkäufer, das Grundbuchamt und diverse Handwerker
geleistet habe. Lediglich die Zahlung der geltend gemachten Maklergebühren i.H.v.
: icht nachgewiesen.
Der Darlehensvertrag unterliege nicht den Formvorschriften des
oder des
zur Übertragung von Grundstücksrechten enthalten seien. Der Vertrag biete
in Ziff. 5 lediglich die Möglichkeit, die Rückzahlungsverpflichtung für das gewährte
Darlehen durch Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an der Immobilie abzuwenden.
Der Anspruch des Antragstellers sei auch nicht verwirkt. Soweit die Antragsgegnerin
insoweit auf schriftsätzliche Ausführungen eines Strafverteidigers des
Antragstellers in dem gegen ihn geführten Strafverfahren abstelle, seien diese für die
Annahme einer Verwirkung nicht ausreichend. Wegen der weiteren Einzelheiten wird
auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde. Zur Begründung
ihres Rechtsmittels wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Bei dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag handele es sich bei verständiger
Würdigung um eine Abänderung des von den Beteiligten im März 2009 geschlossenen
Ehevertrages, mit welchem sie für den Fall der Scheidung den Zugewinnausgleich
ausgeschlossen hatten. Ohne den Darlehensvertrag hätte die Antragsgegnerin
ihren Miteigentumsanteil an dem Haus, der den wesentlichen Bestandteil ihres Vermögens
darstelle, behalten dürfen. Aufgrund des Darlehensvertrages habe sie nunmehr
Zugewinnausgleich zu leisten, und zwar entweder durch Rückzahlung des Darlehens
oder durch Übertragung ihres Miteigentumsanteils.
Wegen des enormen Einkommensgefälles der Beteiligten und des deswegen wahrscheinlich
vorhandenen hohen Vermögens des Antragstellers sei zudem der zwischen
den Beteiligten geschlossene Ehevertrag wegen einseitiger Benachteiligung der Antragsgegnerin
sittenwidrig. Auch deswegen bestehe kein Zahlungsanspruch des Antragstellers
aus dem Darlehen.
Zudem habe das Amtsgericht übersehen, dass ein Rückzahlungsanspruch nach dem
Inhalt des Darlehensvertrages noch gar nicht fällig sei. Denn nach dem Wortlaut der
einer rechtskräftigen Ehescheidung von der Darlehensnehmerin deren hälftigen Miteigentumsanteil
unentgeltlich zurückerhalte. Da die Ehe der Beteiligten noch gar nicht
geschieden sei, fehle es an den Voraussetzungen für die Fälligkeit.
Gegen einen Darlehensvertrag spreche auch die erbrechtliche Regelung in Ziff. 6 des
Vertrages, nach dem weitere Ansprüche gegen die anderen Erben der Darlehensnehmerin
ausgeschlossen sein sollten, wenn die Darlehensnehmerin vor dem Darlehensgeber
verstirbt und ihm den Miteigentumsanteil durch Erbschaft oder Vermächtnis
zukommen lasse. Eine solche erbrechtliche Regelung sei untypisch für einen Darlehensvertrag.
Die Beschwerdeführerin vertritt ferner die Auffassung, dass es sich vorliegend nicht
um ein Darlehen, sondern um eine ehebezogene Zuwendung handele, weil keine Raten
zur Rückzahlung vereinbart worden seien und ausdrücklich ein Zusammenhang
mit einer rechtskräftigen Scheidung (in Ziff. 5) hergestellt werde. Die Voraussetzungen
für einen auf
aber nicht gegeben. Denn die streitgegenständliche Darlehensforderung falle in Anbetracht
des sonstigen Vermögens des Antragstellers für diesen kaum ins Gewicht.
Außerdem werde nach wie vor bestritten, dass die Darlehensvaluta ausgezahlt worden
sei. Der Antragsteller habe unter Verstoß gegen die Formvorschrift des § 14b
FamFG, nach der Schriftsätze und Anlagen elektronisch einzureichen seien, ohne
Erläuterung einige Kopien von Kontoauszügen in Papierform im Termin übergeben.
Das ersetze keinen ordnungsgemäßen Sachvortrag. Insbesondere sei nichts zu angeblichen
Handwerkerrechnungen vorgetragen worden.
Die Antragstellerin beantragt,
den am 15.6.2022 (tatsächlich: 15.7.2022) verkündeten Beschluss des
Amtsgerichts Bremen, Az. 60 F 1222/22 RI (tatsächlich: 60 F 1220/22
RI), abzuändern und den Antrag abzuweisen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.
II.
Die gemäß
Antragsgegnerin hat in der Sache insoweit Erfolg, als sie sich gegen einen höheren
Im Übrigen ist sie
unbegründet.
1.
Bei der zwischen den Beteiligten am 26.10.2011 geschlossenen schriftlichen Vereinbarung
handelt es sich um einen Darlehensvertrag im Sinne von § 488 Abs. 1 S.
1 BGB.
a) Der Ansicht der Antragsgegnerin, es handele sich in der Sache um eine güterrechtliche
Vereinbarung im Sinne von
durch notariellen Ehevertrag vom 31.03.2009 den Zugewinnausgleich für den Fall
der Scheidung ausgeschlossen. Anhaltspunkte dafür, dass die als Darlehensvertrag
bezeichnete schriftliche Vereinbarung vom 26.10.2011 hieran etwas ändern sollte,
sind weder der Vertragsurkunde selbst zu entnehmen noch trägt die Antragsgegnerin
irgendwelche außerhalb der Urkunde liegende Begleitumstände vor, die derartiges
nahelegen könnten. Soweit die Antragsgegnerin die Auffassung vertritt, das Darlehen
führe aus ihrer Sicht faktisch zu einem Zugewinnausgleich, weil es sich bei der Haushälfte
um den wesentlichen Bestandteil ihres Vermögens handele, vermag der Senat
dieser Argumentation nicht zu folgen. Denn der im Streit stehende Darlehensrückzahlungsanspruch
des Antragstellers betrifft nicht die Behandlung vorhandener Vermögenspositionen
der Ehegatten im Zugewinnausgleich, sondern die Frage, auf welcher
Rechtsgrundlage der Antragsteller der Antragsgegnerin die Mittel zum Erwerb ihrer
Haushälfte zugewendet hat.
b) Entgegen der von der Antragsgegnerin in der zweiten Instanz erstmals vertretenen
Auffassung handelt es sich bei der Vereinbarung vom 26.10.2011 nicht um eine eheSeite
bezogene Zuwendung, jedenfalls nicht, soweit es den Kaufpreis für die Immobilie betrifft.
aa) Grundsätzlich ist die richtige rechtliche Einordnung einer Zuwendung zwischen
Ehegatten wichtig, um zu der für einen möglichen Rückgewährsanspruch in Betracht
kommenden Anspruchsgrundlage zu gelangen. Beim Darlehen sind dies §§ 488 ff.
BGB, bei der Schenkung
die die Eheleute als Basis für das Rechtsgeschäft vereinbart haben (beispielsweise
Darlehen). Dienen dagegen Zahlungen eines Ehepartners nicht einem bestimmten
Geschäftszweck, sondern der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft, so
liegt kein eheneutrales Rechtsgeschäft, sondern eine ehebezogene Zuwendung vor.
Eine Zuwendung unter Ehegatten ist dann kein eheneutrales Rechtsgeschäft, sondern
ehebezogene Zuwendung, wenn ein Ehegatte dem anderen einen Vermögenswert
um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung, Erhaltung
oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft zukommen lässt, wobei er die
Vorstellung oder Erwartung hegt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand
haben und er innerhalb dieser Gemeinschaft am Vermögenswert und dessen Früchten
weiter teilhaben werde (BGH,
910 Rn. 23). Ein typisches Beispiel für eine Zuwendung unter Ehegatten ist die Finanzierung
des Erwerbs eines Grundstücks zu Miteigentum beider Eheleute durch einen
der Ehegatten (vgl. BGH,
der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 7. Auflage, Rn. 894). Die Einordnung der
Zuwendung ist anhand des gegebenenfalls durch Auslegung zu ermittelnden Parteiwillens
vorzunehmen. Dabei ist im Blick zu behalten, dass es sich nach der herrschenden
Meinung im Regelfall, jedenfalls bei werthaltigen Zuwendungen, um eine
ehebezogene Zuwendung handelt (BGH,
600; OLG Frankfurt,
feststellen, ist also im Zweifel von einer ehebezogenen Zuwendung auszugehen
(Wever,
setzt einen entsprechenden Rechtsbindungswillen im Sinne eines Darlehensvertrages
voraus. Die Ehegatten müssen sich insbesondere einig gewesen sein, dass das Zugewendete
zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. nach Kündigung zurückzugeben ist.
Fehlt es an einem schriftlichen Darlehensvertrag, kann die Feststellung eines entsprechenden
Rechtsbindungswillens Probleme bereiten. Die Darlegungs- und Beweislast
für sein Vorliegen trägt derjenige, der sich auf ein Darlehen beruft (Wever,
a.a.O., Rn. 900). Sind Zahlungen ausdrücklich als Darlehen deklariert worden, z.B.
auf Überweisungsträgern, ist dies ein Indiz für einen entsprechenden rechtsgeschäftlichen
Willen der Ehegatten, für dessen Vorliegen auch tatsächlich erfolgte Rückzahlungen
sprechen. Den Umständen kann jedoch etwas anderes zu entnehmen sein
(vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 2020,910; OLG Köln,
vom 5.10.1994, 3 U 219/93; Wever, a.a.O., Rn. 901).
bb) Im vorliegenden Fall stellen sich derartige Abgrenzungsprobleme - jedenfalls im
Hinblick auf den Kaufpreis der Immobilie - nicht. Denn die Beteiligten haben ihre
schriftliche Vereinbarung vom 26.10.2011 nicht nur ausdrücklich als Darlehensvertrag
bezeichnet, sondern auch formuliert, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin die
Mittel für den Erwerb ihrer Haushälfte als Darlehen zur Verfügung stellt. Weder aus
der Vertragsurkunde selbst noch aus sonstigen Umständen ergeben sich hinreichende
Anhaltspunkte dafür, dass es an einem entsprechenden Rechtsbindungswillen der
Beteiligten mangeln könnte. Ist aber ausdrücklich zwischen den Beteiligten ein Darlehen
vereinbart, kommen die Grundsätze der ehebedingten Zuwendung nicht zum
Tragen (OLG Karlsruhe,
den Fall, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin die Mittel zum Erwerb ihrer
Haushälfte tatsächlich als ehebezogenen Zuwendung hätte zukommen lassen wollen,
er dieses schlicht dadurch hätte bewirken können, dass er den Kaufpreis für das Haus
leistet (vgl. BGH,
cc) Dass der Vertrag keine Ratenzahlungen vorsieht und auch keine Regelung für
eine Rückzahlung des Darlehens trifft, steht einer Qualifizierung der Vereinbarung als
Darlehen ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass der Antragsteller das Darlehen
erst zehn Jahre nach Abschluss des Vertrages und nach der Trennung der Beteiligten
gekündigt hat. Zwar hat das OLG Celle entschieden, dass für den Fall, dass ein
Ehegatte dem anderen ein Darlehen gewährt, für das Tilgungsraten fest vereinbart
waren, dann aber im Laufe der Ehe (dort 20 Jahre) keine Ratenzahlungen geleistet
werden, die ursprünglich als Darlehen gewollte Zuwendung den rechtlichen Charakter
einer ehebedingten Zuwendung erlangen kann (OLG Celle, Urteil vom 5.10.1994, 3 U
219/93, juris). Die dort angestellten Überlegungen können aber auf den vorliegenden
Fall nicht übertragen werden. Denn der hier in Rede stehende Vertrag enthält keine
Ratenzahlungsvereinbarung. Zudem lässt die Vereinbarung vom 26.10.2011 deutlich
erkennen, dass der Antragsteller sich vor allem für den Fall der Trennung der Beteiligten
eine Rückzahlung vorbehalten wollte. Dies ergibt sich unter anderem aus Ziff. 5
der Vereinbarung, der Regelungen für das Szenario einer rechtskräftigen Scheidung
trifft. Deswegen kann allein aus dem Umstand, dass der Antragsteller bis zur Trennung
der Beteiligten das Darlehen nicht gekündigt hat, nicht der Schluss gezogen
werden, dass die ursprünglich als Darlehen bezeichnete Zuwendung zwischenzeitlich
den Charakter einer ehebedingten Zuwendung erlangt haben könnte. Die Vereinbarung
muss insofern auch vor dem Hintergrund des zwischen den Beteiligten im Jahre
2009 geschlossenen Ehevertrages gesehen werden. Dort ist unter anderem der Zugewinnausgleich
für den Fall der Scheidung ausgeschlossen worden. Insofern zeigt
sich ein roter Faden, wonach die Beteiligten einander für den Fall der Scheidung möglichst
wenig Vermögen wechselseitig zukommen lassen wollten.
dd) Zwar wäre es grundsätzlich denkbar, dass es sich bei dem Darlehensvertrag vom
26.10.2011 um eine lediglich zum Schein (
handelt, um gegebenenfalls anfallende Schenkungssteuer zu vermeiden. Denn nach
der Rechtsprechung des BFH unterliegen auch ehebezogene Zuwendungen der
Schenkungssteuer (BFH,
vom 26.10.2011 nur zum Schein geschlossen haben, um gegenüber dem Finanzamt
den Eindruck zu erwecken, der Antragsteller habe der Antragsgegnerin die
Mittel für den Erwerb der Haushälfte nicht unentgeltlich zugewendet, sondern ihr lediglich
als Darlehen zur Verfügung gestellt. Dass es sich bei der Vereinbarung vom
26.10.2011 um eine von den Beteiligten zum Zwecke der Steuerhinterziehung getroffene
Scheinabrede handelt, wird von der Antragsgegnerin aber nicht ausdrücklich
behauptet. Soweit die Antragsgegnerin erstinstanzlich vorgetragen hat, es sei dem
Antragsteller nur darum gegangen, Vermögenswerte geschickt hin und her zu verschieben,
ist dieser Vortrag insofern jedenfalls nicht ausreichend.
ee) Die weiteren unstreitigen Vereinbarungen, die der Antragsteller in engem zeitlichen
Zusammenhang mit dem hier streitgegenständlichen Vertrag geschlossen hat
[von der Darstellung des nachfolgenden Textes wird aus Gründen der Anonymisierung
abgesehen - die Redaktion], lassen zwar auf den ersten Blick ihren Sinn nicht
erkennen, begründen aber letztlich auch keine durchgreifenden Zweifel daran, dass
die Vereinbarung vom 26.10.2011 von den Beteiligten als Darlehen gewollt war.
2.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist der Darlehensvertrag auch nicht
wegen Nichteinhaltung der Formvorschrift des
der Darlehensvertrag keine Verpflichtung zur Übertragung von Grundeigentum. In
Ziff. 5 haben die Beteiligten lediglich vereinbart, dass im Falle einer Übertragung der
Haushälfte der Antragsgegnerin auf den Antragsteller das Darlehen als zurückgezahlt
gilt und der Antragsgegnerin etwaig erbrachte Tilgungsleistungen zurückzuzahlen
sind. Eine Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums an dem Grundstück ist damit
nicht verbunden.
3.
Der Höhe nach umfasst das Darlehen allerdings nur den Kaufpreis der Immobilie (Anteil
Antragsgegnerin und die Maklerkosten (Anteil Antragsgegnerin: 5.000
der Beteiligten im Hinblick auf ein Darlehen festgestellt werden. Diesbezüglich ist in
Ziff. 3 des Vertrages vorgesehen, dass die Darlehenssumme für die Renovierungskosten
und weitere mit dem Erwerb verbundene Kosten zu einem späteren Zeitpunkt
aktualisiert wird. Nicht zuletzt angesichts der Neigung der Beteiligten, wesentliche
Belange ihrer rechtlichen Beziehungen ausdrücklich und schriftlich zu regeln (vergleiche
nur die oben angesprochenen Darlehensverträge [von der Darstellung des nachfolgenden
Textes wird aus Gründen der Anonymisierung abgesehen - die Redaktion]),
dürfte diese Klausel dahingehend zu verstehen sein, dass insofern eine Nachtragsurkunde
vorgesehen war. Eine derartige Nachtragsurkunde ist indes nicht gefertigt worden,
sodass im Hinblick auf die Renovierungskosten und die weiteren mit dem Erwerb
verbundenen Kosten ein Rechtsbindungswille im Hinblick auf ein Darlehen nicht festgestellt
werden kann. Deswegen gilt im Hinblick auf die vom Antragsteller geltend
gemachten Renovierungskosten, die ausweislich der zur Akte gereichten tabellarischen
Aufstellung den Zeitraum von Anfang 2012 bis Frühjahr 2020 betreffen (vergleiche
Bl. 7 der Akte), dass es sich insofern um ehebezogene Zuwendungen handelt.
4.
Im Hinblick auf den Kaufpreis der Immobilie
ist der Antragsgegnerin die Darlehensvaluta zur Verfügung gestellt worden, und zwar
in der Form, dass der Antragsteller unstreitig (vgl. Seite 3 der Antragserwiderung vom
8.6.2022 = Bl. 37 d.A.) entsprechend der Regelung in Ziff. 4 des Darlehensvertrages
den Kaufpreis auch im Hinblick auf den Miteigentumsanteil der Antragsgegnerin an
die Verkäufer gezahlt hat.
5.
Auf die von der Antragsgegnerin aufgeworfene Fragestellung, ob trotz der in §§ 113
Abs. 1 FamFG, 130d S. -
Papierschriftsätzen oder Anlagen im Termin weiterhin möglich ist (vgl. dazu Hettenbach/
Müller,
Maklerkosten (Anteil der Antragsge
nicht mehr Streitgegenstand, nachdem das Amtsgericht den Antrag des Antragstellers
insoweit abgewiesen und dieser kein Rechtsmittel eingelegt hat.
6.
Das Darlehen ist durch die vom Antragsteller mit Kündigungsschreiben vom 9.7.2021
ausgesprochene Kündigung zum 15.10.2021 fällig gestellt worden (§ 488 Abs. 3
BGB). Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin regelt Ziff. 5 des Darlehensvertrages
nicht die Fälligkeit des Darlehens, sondern ist aus Sicht des gemäß §§ 133,
157 BGB insofern maßgeblichen objektiven Empfängerhorizonts dahingehend zu verstehen,
dass das Darlehen mit Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils der
Antragsgegnerin auf den Antragsteller als zurückgezahlt gilt.
7.
Der Rückzahlungsanspruch ist nicht verwirkt.
a)
Antragstellers auf Zugewinnausgleich geht. Der Vortrag der Antragsgegnerin, der sich
auf die Vorgehensweise des Antragstellers im Hinblick auf ihr Einsichtsgesuch in die
Akten des gegen ihn geführten Strafverfahrens bezieht, ist deswegen im vorliegenden
Verfahren unerheblich.
b) Eine Verwirkung gemäß
dieser Vorschrift setzt voraus, dass der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend
gemacht hat und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten
des Berechtigten darauf eingerichtet hat und sich auch darauf einrichten durfte, dass
dieser das Recht auch in Zukunft nicht mehr geltend machen werde (Grüneberg, in
Grüneberg, BGB, 81. Auflage, § 242 Rn. 87 mit weiteren Nachweisen). Derartiges ist
von der Antragsgegnerin nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.
8.
Der Antragsteller kann die geltend gemachten Renovierungskosten in Höhe von insvgl.
Bl. 7 der Akte), die er der Antragsgegnerin als ehebezogene
Zuwendungen hat zukommen lassen (siehe oben Ziff. I.3), nicht gemäß
unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurückverlangen.
a) Bei der Beurteilung der Frage, ob nach einer ehebezogenen Zuwendung ein Rückgewähranspruch
wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht kommt, gelten
nach der Rechtsprechung unterschiedliche Maßstäbe, je nachdem, ob die Eheleute
im gesetzlichen Güterstand gelebt haben oder ob Gütertrennung vereinbart war. Bei
gesetzlichem Güterstand legt die Rechtsprechung einen besonders strengen Maßstab
an und bringt dies zum Ausdruck, indem sie fordert, das güterrechtliche Ergebnis
müsse ohne schuldrecht
sein. Bei Gütertrennung, gegebenenfalls auch bei modifiziertem Zugewinnausgleich,
gilt ein etwas abgemilderter Maßstab, wonach die Beibehaltung der durch die Zuwendung
geschaffenen Vermögenslage dem
(Wever,
außerhalb des Güterrechts, 7. Auflage, Rn. Rn. 949 ff.). Im vorliegenden Fall haben
die Beteiligten den Zugewinnausgleich für den Fall der Scheidung durch den Ehevertrag
vom 31.03.2009 ausgeschlossen. Es kann dahinstehen, ob diese Vereinbarung
wirksam ist. Denn selbst unter Zugrundelegung einer Wirksamkeit des Ehevertrages,
also des etwas abgemilderten Maßstabes, ist festzustellen, dass es aus Sicht des
Antragstellers nicht unzumutbar wäre, wenn die Antragsgegnerin die von ihm zugewendeten
Bei
der Abwägung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Zuwendungen wegen
Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurückerstattet werden müssen, ist auch zu berücksichtigen,
dass der Partner es einmal für richtig erachtet hat, dem anderen diese LeisSeite
tungen zu gewähren. Ein korrigierender Eingriff ist grundsätzlich nur gerechtfertigt,
wenn dem Leistenden die Beibehaltung der durch die Leistung geschaffenen Vermögensverhältnisse
nach Treu und Glauben nicht zuzumuten und deshalb unbillig ist.
Das Merkmal der Unbilligkeit impliziert zugleich, dass ein Ausgleich nur wegen solcher
Leistungen in Betracht kommt, denen nach den jeweiligen Verhältnissen erhebliche
Bedeutung zukommt. Maßgebend ist eine Gesamtabwägung der Umstände des
Einzelfalles. Ob und gegebenenfalls inwieweit ein Anspruch besteht, hängt mithin insbesondere
von der Dauer der Lebensgemeinschaft, dem Alter der Parteien, Art und
Umfang der erbrachten Leistungen, der Höhe der dadurch bedingten und noch vorhandenen
Vermögensvermehrung sowie von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen
ab (BGH, Beschluss vom, 19.9.2012, XII ZR 136/10, juris Rn. 25). Dabei
gebieten es Treu und Glauben zwar nicht zwangsläufig, die Vermögenszuordnung mit
dem Hinweis auf die günstigeren Einkommensverhältnisse des Zuwendenden beizubehalten.
Wesentliche Bedeutung kommt nach Auffassung des BGH vielmehr auch
dem Umstand zu, inwieweit eine Vermögensmehrung noch vorhanden ist (BGH, Beschluss
vom, 19.9.2012, XII ZR 136/10, juris Rn. 27). Auf der anderen Seite betont
der BGH, dass auch im Fall der Gütertrennung eine angemessene Beteiligung beider
Ehegatten an dem gemeinsam erarbeiteten Vermögen dem Charakter der ehelichen
Lebensgemeinschaft als einer Schicksals- und Risikogemeinschaft entspricht (BGH,
Beschluss vom, 19.9.2012, XII ZR 136/10, juris Rn. 26). Denn die erfolgte Zuwendung
kann sich als angemessene Beteiligung des Zuwendungsempfängers an dem gemeinsam
von beiden Ehegatten vom Zuwendenden durch seine Erwerbstätigkeit,
von dem Zuwendungsempfänger durch gleichwertige Arbeit im Haushalt und bei der
Kinderbetreuung darstellen (vgl. OLG Bamberg,
der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 7. Auflage, Rn.
993).
b) Letzteres ist vorliegend der Fall. Insbesondere aufgrund des unstreitigen enormen
Einkommens- und Vermögensgefälles zwischen den Beteiligten ist es für den Antragsteller
nicht unzumutbar, wenn die Antragsgegnerin die zugewendete Finanzierung
der Investitionen in das Hausgrundstück nicht zurückgewährt, obwohl diese in Form
der Wertsteigerung ihres Miteigentumsanteils noch vorhanden sind. Der streitgegenständliche
Be
folge über ein in Relation zu
seinem Einkommen nicht von wesentlicher Bedeutung.
9.
Ein Anspruch des Antragstellers aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB (Leistungskondiktion)
scheitert daran, dass Rechtsgrund für ein Behaltendürfen der Antragsgegnerin die
ehebedingte Zuwendung als familienrechtliches Rechtsinstitut eigener Art ist (vgl.
OLG Frankfurt,
10.
Ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB (Zweckverfehlungskondiktion) scheitert
daran, dass ein solcher Anspruch voraussetzt, dass bei der Zuwendung der Fortbestand
der Ehe nicht bloß zur Rechtsgrundlage, sondern zu dem Gegenstand einer
Zweckabrede geworden ist, was positive Kenntnis, nicht bloßes Kennenmüssen von
der Zweckvorstellung des anderen Teils voraussetzt. Eine derartige Zweckverfehlung
lässt sich nicht feststellen (vgl. OLG Frankfurt,
1064).
11.
Die Kostenentscheidung beruht auf
Festsetzung des Verfahrenswertes erfolgt gemäß
12.
Dem von der Antragsgegnerin vorsorglich gestellten Antrag auf Zulassung der
Rechtsbeschwerde war nicht zu entsprechen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen
des
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des
Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin
ist die Frage, ob es sich bei der im vorliegenden Fall streitgegenständlichen Zuwendung
des Antragstellers um ein Darlehen oder eine ehebezogene Zuwendung handelt,
eine Auslegungsfrage und damit eine Einzelfallentscheidung.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Bremen
Erscheinungsdatum:27.01.2023
Aktenzeichen:4 UF 57/22
Rechtsgebiete:
Unternehmenskauf
Ehevertrag und Eherecht allgemein
Allgemeines Schuldrecht
Eheliches Güterrecht
Beurkundungserfordernis
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Grundstücksübergabe, Überlassungsvertrag
BGB §§ 313 Abs. 1, 488 Abs. 1 u. 3