Anmeldung des Liquidators einer GmbH; Anforderungen an die Versicherung; kein Berufs- oder Gewerbeverbot im Ausland
letzte Aktualisierung: 17.10.2024
BGH, Beschl. v. 24.9.2024 – II ZB 15/23
GmbHG §§ 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, S. 3, 8 Abs. 3 S. 1, 66 Abs. 4, 67 Abs. 3 S. 1
Anmeldung des Liquidators einer GmbH; Anforderungen an die Versicherung; kein Berufs-
oder Gewerbeverbot im Ausland
Die vom Liquidator einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach § 67 Abs. 3 Satz 1, § 66
Abs. 4, § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Satz 3,
enthalten, dass er auch in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen
Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum keinem Berufs- oder
Gewebeverbot unterliegt, das dem in
vergleichbar ist.
Gründe:
I. Die Gesellschafter der Beteiligten, einer GmbH, beschlossen am
11. September 2023 die Liquidation der Gesellschaft und bestellten ihre Geschäftsführer
zu Liquidatoren. Mit notariell beglaubigter Erklärung vom gleichen
Tage meldeten diese ihre Bestellung zur Eintragung in das Handelsregister an.
In der Anmeldung versicherten sie:
"Jeder der Liquidatoren versichert - jeweils für sich im eigenen
Namen - (zum Zeitpunkt des Zugangs der Anmeldung
beim Registergericht), dass
a) keine Umstände vorliegen, aufgrund deren er nach § 6
Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 und 4 GmbHG
von dem Amt als Liquidator ausgeschlossen wäre:
Es erfolgte im Inland und Ausland noch nie eine rechtskräftige
Verurteilung wegen einer oder mehrerer vorsätzlich
begangener Straftaten, insbesondere nicht:
- wegen des Unterlassens der Stellung des Antrags auf
Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Insolvenzverschleppung),
- nach §§ 283 bis 283 d Strafgesetzbuch (wegen Bankrotts,
schweren Bankrotts, Verletzung der Buchführungspflicht,
Schuldner- oder Gläubigerbegünstigung),
- wegen der falschen Angaben nach § 82 GmbHG oder
§ 399 AktG,
- wegen der unrichtigen Darstellung nach § 400 AktG,
§ 331 HGB,
oder
- nach den §§ 263 bis 264 a oder den §§ 265 b bis
Jeder der Liquidatoren versichert weiter - jeweils für sich im
eigenen Namen -, dass ihm weder durch gerichtliches Urteil
noch durch vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde
die Ausübung eines Berufes, Berufszweiges, Gewerbes
oder Gewerbezweiges untersagt wurde; (…)"
Das Registergericht benannte mit Zwischenverfügungen vom 15. und
26. September 2023 als der Eintragung entgegenstehendes Hindernis sinngemäß,
dass es an der Versicherung fehle, wonach die Liquidatoren keinem vergleichbaren
Berufs- bzw. Gewerbeverbot in einem anderen Mitgliedstaat der
Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über
den Europäischen Wirtschaftsraum unterliegen.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten blieb ohne Erfolg.
Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die
Beteiligte ihr Eintragungsbegehren weiter.
II. Das Beschwerdegericht (OLG Celle, Beschluss vom 25. Oktober 2023
- 9 W 100/23, n.v.) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen
ausgeführt:
Die für die Versicherung der Liquidatoren gewählte Formulierung genüge
nicht den Anforderungen der § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Satz 3, § 8 Abs. 3
GmbHG. Die Versicherung müsse auch dahin gehen, dass im EU-Ausland bzw.
dem europäischen Wirtschaftsraum kein vollziehbares behördliches Berufsoder
Gewerbeverbot gegen die Anmeldenden vorliege.
Ein hinreichender Bezug zum EU-Ausland bzw. europäischen Wirtschaftsraum
ergebe sich entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht schon
aus der Versicherung, dass "a) keine Umstände vorliegen, aufgrund deren er
nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 und 4 GmbHG von dem Amt
als Liquidator ausgeschlossen wäre", weil darin eine Würdigung der Anmeldenden
enthalten sei, die dem Registergericht keine eigene Prüfung und Beurteilung
aufgrund von Tatsachen ermöglichten. Der darauffolgende Satz der Versicherung,
der den Passus "im Inland und Ausland" enthalte, beziehe sich nach
Punktation und Gliederung der Versicherung nur auf eine Verurteilung wegen
Straftaten, nicht auch auf Berufs- und Gewerbeverbote.
III. Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten hat keinen Erfolg.
1. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß
§ 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsbe-
schwerdebefugnis der Beteiligten ergibt sich daraus, dass ihre Beschwerde gegen
die Zwischenverfügungen des Registergerichts zurückgewiesen wurde (vgl.
BGH, Beschluss vom 17. Januar 2023 - II ZB 6/22,
m.w.N.).
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber unbegründet. Die Entscheidung des
Beschwerdegerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Die von den Liquidatoren der Beteiligten abgegebene Versicherung
bleibt hinter den gesetzlichen Anforderungen der § 67 Abs. 3 Satz 1, § 66
Abs. 4, § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Satz 3,
fehlt die danach erforderliche Versicherung, dass sie auch in einem anderen
Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des
Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum keinem vergleichbaren
Berufs- oder Gewebeverbot unterliegen.
a) Eine solche Versicherung der Liquidatoren ist entgegen der Auffassung
der Rechtsbeschwerde nicht schon in ihrem an den Wortlaut des § 67
Abs. 3 Satz 1 GmbHG angelehnten Passus der Versicherung enthalten, wonach
keine Umstände vorlägen, aufgrund derer sie nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2
und 3 sowie Satz 3 und 4 GmbHG von dem Amt als Liquidator ausgeschlossen
wären.
aa) Es ist allerdings streitig, ob sich eine in der Wiedergabe des Wortlauts
von § 67 Abs. 3 Satz 1 GmbHG erschöpfende Versicherung den Anforderungen
des
(1) Nach einer Auffassung genügt eine derartige Erklärung der Liquidatoren
(bzw. der Geschäftsführer nach
des
Oppenländer,
Rn. 76).
Zur Begründung wird insbesondere darauf verwiesen, dass der Bundesgerichtshof
(Beschluss vom 17. Mai 2010 - II ZB 5/10,
Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG eine Versicherung als ausreichend angesehen
habe, nach der der Geschäftsführer ”noch nie, weder im Inland noch im Ausland,
wegen einer Straftat verurteilt worden” sei. Auf § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2
GmbHG sei das insoweit übertragbar, als die Versicherung ausreiche, dass
keine Umstände vorlägen, die der Bestellung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2
GmbHG entgegenstünden.
(2) Nach der Gegenauffassung genügt die den Wortlaut des § 67 Abs. 3
Satz 1 GmbHG wiedergebende Erklärung der Liquidatoren (bzw. der Geschäftsführer
nach
Gewerbeverbot den Anforderungen des
(OLG Frankfurt,
750, 751; OLG Schleswig,
1076; Altmeppen, GmbHG, 11. Aufl., § 8 Rn. 15 f.; § 67 Rn. 12; BeckOGK
GmbHG/Heeren, Stand 1.4.2024, § 67 Rn. 35; BeckOK GmbHG/Jaeger,
Stand 1.2.2024, § 8 Rn. 19; Link in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 6. Aufl., § 8
Rn. 44; Merget in Ensthaler/Füller/Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 8 Rn. 18;
MünchKommGmbHG/Müller, 4. Aufl., § 67 Rn. 18; M.F. Müller in Michalski/
Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 4. Aufl., § 67 Rn. 15; Scholz/Karsten
Schmidt/Scheller, GmbHG, 13. Aufl., § 67 Rn. 14; Servatius in Noack/
Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 8 Rn. 16a; Trölitzsch in Oppenländer/
Trölitzsch, Praxishandbuch der GmbH-Geschäftsführung, 3. Aufl., § 11 Rn. 42;
Wicke, GmbHG, 4. Aufl. § 8 Rn. 15, § 67 Rn. 3; Wöstmann in Rowedder/Pentz,
GmbHG, 7. Aufl., § 8 Rn. 30.
Begründet wird dies insbesondere auch damit, dass das Registergericht
im Rahmen des
müsse, ob der Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand
des Verbots übereinstimme. Die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlauts
in der Versicherung beinhalte demgegenüber lediglich die eigene Bewertung
des Liquidators (Geschäftsführers), dass der Gegenstand eines etwaigen
Berufs- bzw. Gewerbeverbots nicht mit dem Unternehmensgegenstand der Gesellschaft
übereinstimme.
(3) Die zweitgenannte Auffassung ist richtig.
(a) Die Versicherung des Liquidators nach § 67 Abs. 3 Satz 1 GmbHG
hat wie die Versicherung des Geschäftsführers nach
den Zweck, dem Registergericht auf schnelle und einfache Art die Informationen
zu vermitteln, die es sich ansonsten mit erhöhtem Verwaltungsaufwand aus
dem Zentralregister selbst verschaffen müsste (BT-Drucks. 8/1347, S. 49, 34).
Sie dient mithin der Erleichterung des Anmelde- und Prüfverfahrens (BGH,
Beschluss vom 17. Mai 2010 - II ZB 5/10,
sie nicht die Auslagerung des Prüfverfahrens auf den Liquidator (Geschäftsführer).
Die Prüfung der Versicherung und insbesondere die rechtliche
Würdigung ihres Inhalts obliegt weiterhin dem Registergericht.
(b) Die Versicherung eines Liquidators, dass keine Umstände vorliegen,
aufgrund derer er nach
ausgeschlossen wäre, ist für das Registergericht nicht überprüfbar. Ihr Erklärungsgehalt
erschöpft sich in der Mitteilung der rechtlichen Bewertung des
Liquidators. Ihr lässt sich schon nicht entnehmen, ob der Liquidator (irgend-)
einem Berufs- bzw. Gewerbeverbot unterliegt. Sie lässt sowohl die Auslegung
zu, dass gegen den Liquidator kein Berufs- bzw. Gewerbevorbot verhängt wurde,
als auch die Deutung, dass er keinem Berufs- bzw. Gewerbeverbot unterliegt,
welches sich mit dem Unternehmensgegenstand der Gesellschaft i. S. v.
sondern das Registergericht zu prüfen und zu bewerten. Damit verfehlt eine
solche Versicherung ihren Zweck, dem Registergericht die zur Prüfung von Bestellungshindernissen
erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen
(vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 2010 - II ZB 5/10,
(c) Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17. Mai 2010
(II ZB 5/10,
Versicherung entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde
nicht ableiten (aA OLG Stuttgart,
13. Aufl., § 8 Rn. 30b). Der Senat hat es bei der Versicherung des Geschäftsführers,
"noch nie, weder im Inland noch im Ausland, wegen einer Straftat verurteilt
worden" zu sein, nicht als erforderlich angesehen, die in § 6 Abs. 2 Satz 2
Nr. 3 GmbHG genannten Straftatbestände in der Versicherung zusätzlich noch
im Einzelnen aufzuführen (BGH, Beschluss vom 17. Mai 2010 - II ZB 5/10,
der Versicherung, die die Katalogstraftaten einschloss. Eine derartige Versicherung
des Liquidators, etwa "noch nie … mit einem Berufs- oder Gewerbeverbot
sanktioniert worden" zu sein, steht hier nicht in Rede.
Soweit der Senat (Beschluss vom 17. Mai 2010 - II ZB 5/10, ZIP 2010,
1337 Rn. 12) den Geschäftsführer in die Entscheidung nicht tragenden Ausführungen
für verpflichtet angesehen hat, bei verbleibenden Unklarheiten über Um-
fang und Bedeutung der zu versichernden Umstände rechtliche Beratung in
Anspruch zu nehmen, lässt sich daraus nicht ableiten, er könne sich trotz möglicher
tatsächlicher Substantiierung der Versicherung auf die Wiedergabe der
Gesetzbegrifflichkeit beschränken (aA MünchKommGmbHG/Herrler, 4. Aufl.,
§ 8 Rn. 76; Ulmer/Casper in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., § 8
Rn. 39a).
bb) Da eine sich in der Wiedergabe des Wortlauts von § 67 Abs. 3 Satz 1
GmbHG erschöpfende Versicherung für sich betrachtet bereits nicht die Anforderungen
des
eines relevanten inländischen Berufs- bzw. Gewerbeverbots der Liquidatoren
erfüllt, enthält sie schon aus diesem Grund auch nicht die Versicherung, dass
die Liquidatoren auch im nach § 6 Abs. 2 Satz 3 GmbHG gleichgestellten Ausland
keinem vergleichbaren Berufs- bzw. Gewerbeverbot unterliegen.
Hinzu kommt, dass die Prüfung, ob ein Bestellungshindernis bei einem
einschlägigen ausländischen Berufs- oder Gewerbeverbot wegen einer (Teil-)
Identität mit dem Unternehmensgegenstand besteht, nach dem Willen des Gesetzgebers
gerade dann dem Registergericht überlassen bleiben soll, wenn das
Gericht Zweifel an der Richtigkeit der Versicherung hat (RegE,
BT-Drucks. 19/28177, S. 162, 160). Auch diese Einzelfallprüfung setzt allerdings
ein Minimum an tatsächlicher Substantiierung der Versicherung voraus,
da dazu zumindest das ausländische Berufs- bzw. Gewerbeverbot benannt
werden muss. Demgegenüber kann eine bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlauts
nie Anlass zu Zweifeln des Registergerichts an der "Richtigkeit" der Versicherung
geben, sofern solche Zweifel nicht gerade durch den mangelnden Tatsachengehalt
der Versicherung hervorgerufen werden. Auch in diesem letzteren
Fall wird die mit der Versicherung bezweckte Erleichterung des Anmelde- und
Prüfverfahrens allerdings verfehlt, weil durch die Substanzlosigkeit der Versicherung
dann stets weiterer registerrechtlicher Prüfungsbedarf generiert würde.
b) Auch die weitergehende von den Liquidatoren abgegebene Versicherung,
nach denen ihnen "weder durch gerichtliches Urteil noch durch vollziehbare
Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung eines Berufes, Berufszweiges,
Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagt wurde", genügt den
Vorgaben des
Beschwerdegerichts, dass sich die Versicherung nicht zu vergleichbaren Verboten
in den in § 6 Abs. 2 Satz 3 GmbHG genannten Staaten verhält, verletzt entgegen
der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht das rechtliche Gehör der
Beteiligten (Art. 103 Abs. 1 GG, § 37 Abs. 2 FamFG) und lässt auch sonst keinen
Rechtsfehler erkennen. Vielmehr belegt der in der Versicherung den strafgerichtlichen
Verurteilungen vorangestellte Passus "im Inland und Ausland"
eindrücklich, dass das Beschwerdegericht die Versicherung zutreffend interpretiert
hat. Der Versuch der Rechtsbeschwerde, die Nichterwähnung von Berufsbzw.
Gewerbeboten "aus dem europäischen Ausland" mit Unterschieden in der
Fassung von § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 einerseits und Nr. 3 GmbHG andererseits,
insofern in Nr. 2 inländische Strafgesetze genannt werden, zu erklären, geht
fehl. Denn der Auslandsbezug wird in den Sätzen 3 und 4 von § 6 Abs. 2
GmbHG in gesetzessystematisch paralleler Weise hergestellt.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:24.09.2024
Aktenzeichen:II ZB 15/23
Rechtsgebiete:
Umwandlungsrecht
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GmbHG §§ 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, S. 3, 8 Abs. 3 S. 1, 66 Abs. 4, 67 Abs. 3 S. 1