Kammergericht 07. August 2023
1 W 380/22, 1 W 381-383/22
WEG §§ 12, 24, 26

Löschung einer Veräußerungsbeschränkung i. S. d. § 12 WEG; Nachweis eines Aufhebungsbeschlusses

letzte Aktualisierung: 24.6.2024
KG, Beschl. v. 7.8.2023 – 1 W 380/22, 1 W 381-383/22

WEG §§ 12, 24, 26
Löschung einer Veräußerungsbeschränkung i. S. d. § 12 WEG; Nachweis eines
Aufhebungsbeschlusses

Zum Nachweis, dass die Aufhebung einer Veräußerungsbeschränkung i. S. d. § 12 WEG
beschlossen wurde, ist mindestens ein Protokollauszug erforderlich, der die Anzahl der abgegebenen
Ja- und Nein-Stimmen enthält. Eine bloße schriftliche Wiedergabe des Beschlussinhalts genügt
nicht.

(Leitsatz der DNotI-Redaktion)

Gründe

I.
Die Beteiligten begehren die Löschung der in ihren Wohnungsgrundbüchern eingetragenen
Veräußerungsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 1 WEG. Mit ihrem Antrag vom 8. Juli 2022 haben
sie eine Urkunde mit folgendem Inhalt vorgelegt:

„Auf der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft X-Weg X wurde am
5. Juli 2022 nachstehender Beschluss gefasst:

1. In den bei dem Amtsgericht Neukölln gebildeten Wohnungsgrundbüchern von B. Blätter X
bis einschließlich X ist aufgrund der Teilungserklärung eine Veräußerungsbeschränkung gemäß
§ 12 WEG eingetragen. Diese Veräußerungsbeschränkung wird nunmehr insgesamt aufgehoben.
2. Wir bewilligen und beantragen die Löschung dieser Veräußerungsbeschränkung im
Grundbuch.
3. Wir ermächtigen hiermit den Notar in Berlin Dr. RP, für die Wohnungseigentümer alle zur
Löschung der Veräußerungsbeschränkung in den Grundbüchern ggf. noch erforderlich
werdenden Erklärungen abzugeben und entsprechende Anträge bei dem Grundbuchamt zu
stellen.“

Die Urkunde ist mit zwei Unterschriften mit dem Klammerzusatz „Wohnungseigentümer“ und
einer Unterschrift mit dem Klammerzusatz „Versammlungsleiterin“ versehen. Sämtliche
Unterschriften sind öffentlich beglaubigt (UVZ-Nr. 168/2022 des Notars Dr. RP).
Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 14. Juli 2022 aufgegeben, die Bewilligung
sämtlicher Wohnungseigentümer oder das Protokoll der Wohnungseigentümerversammlung
vom 5. Juli 2022 nebst beglaubigten Unterschriften der in § 24 Abs. 6 WEG bezeichneten
Personen vorzulegen. Der Notar übersandte daraufhin das Versammlungsprotokoll in
privatschriftlicher Form.

Mit Beschwerde vom 6. Oktober 2022 wenden sich die Beteiligten zu 4 und 5 gegen die
Zwischenverfügung vom 14. Juli 2022. Sie machen geltend, gemäß § 12 Abs. 4 S. 3 WEG in
Verbindung mit § 7 Abs. 2 WEG sei die Vorlage einer Niederschrift über den
Bestellungsbeschluss, bei dem die Unterschriften der in § 24 Abs. 6 WEG bezeichneten
Personen öffentlich beglaubigt sind, erforderlich aber auch ausreichend. Die Vorlage einer
Niederschrift über den gesamten Ablauf der Wohnungseigentümerversammlung sei nicht
erforderlich, weil das Grundbuchamt das Zustandekommen des Beschlusses nicht inhaltlich zu
überprüfen habe. Die vorgelegte Urkunde vom 5. Juli 2022 sei deshalb ausreichend.
Der Senat hat den verfahrensbevollmächtigten Notar am 1. Juni 2022 darauf hingewiesen, dass
notwendiger Inhalt der Niederschrift auch die Anzahl der in der Beschlussabstimmung
abgegebenen Ja- und Neinstimmen sei.

II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 71 ff. GBO), hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Der
beantragten Eintragung steht ein Hindernis entgegen, welches das Grundbuchamt mit der
Zwischenverfügung gemäß § 18 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. GBO grundsätzlich zutreffend bezeichnet
hat. Insoweit war nur die aus dem Tenor ersichtliche Klarstellung erforderlich.

Gemäß § 12 Abs. 4 S. 1 WEG können die Wohnungseigentümer beschließen, dass eine
Veräußerungsbeschränkung nach § 12 Abs. 1 WEG aufgehoben wird. Ist ein solcher Beschluss
gefasst, kann die Veräußerungsbeschränkung im Grundbuch gelöscht werden. Zum Nachweis
der Beschlussfassung gegenüber dem Grundbuchamt verweist § 12 Abs. 4 S. 3 WEG auf § 7
Abs. 2 WEG. Danach bedarf es der Bewilligung der Wohnungseigentümer nicht, wenn der
Beschluss durch eine Niederschrift, bei der die Unterschriften der in § 24 Abs. 6 bezeichneten
Personen öffentlich beglaubigt sind, nachgewiesen ist.

Die von den Beteiligten vorgelegte Urkunde genügt diesen Anforderungen jedoch nicht.
Mit der Möglichkeit des § 7 Abs. 2 WEG, einen einzutragenden Beschluss durch Vorlage einer
Niederschrift nachweisen zu können, sollte an die bisherige Regelung zum Nachweis der
Verwalterstellung angeknüpft werden (BT-Drucks. 19/18791, S. 42). Diese ermöglicht, das
Zustandekommen des Bestellungsbeschlusses und damit die Verwaltereigenschaft durch Vorlage
einer Niederschrift über den Bestellungsbeschluss nachzuweisen. Mit dieser Niederschrift ist
nach allgemeiner Ansicht - und wie auch die Verwendung desselben Begriffes nahelegt -
diejenige gemeint, die gemäß § 24 Abs. 6 WEG über die in der Versammlung gefassten
Beschlüsse aufzunehmen ist, und die auch als Versammlungsprotokoll bezeichnet wird. Zum
Mindestinhalt des Protokolls gehört nach allgemeiner Ansicht auch das Abstimmungsergebnis,
also zumindest die abgegebenen Ja- und Neinstimmen (vgl. nur BGH, Beschluss vom 23.
August 2001 - V ZB 10/01 -; Bartholome in Hogenschurz, WEG, 3. Aufl., § 24 Rdn. 133;
Hoeck-Eisenbach in Elzer, Wohnungseigentumsrecht, Stichwort „Niederschrift“ Rdn. 3;
Hogenschurz in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl., § 24 WEG Rdn. 70; Merle in
Bärmann, WEG, 15. Aufl., § 24 Rdn. 146; Sauren, WEG, 6. Aufl., § 24 Rdn. 40; Vandenhouten
in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 24 Rdn. 66). Eine bloße
schriftlich Wiedergabe des Beschlussinhalts genügt zum Nachweis des Zustandekommens
danach nicht. Der Gesetzgeber hat die Anforderungen an den Nachweis erleichtert, indem er
genügen lässt, dass näher bezeichnete Personen in vorgeschriebener Form die objektiven
Umstände bezeugen, die auf das Zustandekommen eines Beschlusses schließen lassen. Der
Nachweis ist hingegen nicht soweit erleichtert, dass es genügen würde, wenn die in § 24 Abs. 6
WEG bezeichneten Personen bestätigen, ein Beschluss mit einem bestimmten Inhalt sei
zustande gekommen. Dies wäre gegebenenfalls die bloße Äußerung einer Rechtsansicht und als
Nachweis einer Grundbuchunrichtigkeit nicht tragfähig. Das wird auch bestätigt durch den
Wortlaut des § 26 Abs. 4 WEG, denn mit einer Niederschrift „über“ den Bestellungsbeschluss
ist offensichtlich auch die Abstimmung als solche und nicht nur die an diese geknüpfte
Rechtsfolge gemeint. Auch wenn § 7 Abs. 2 WEG insoweit einen leicht abweichenden Wortlaut
aufweist, ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber einen anderen Regelungsinhalt wollte.
Vielmehr hat er die Regelung des § 7 Abs. 2 WEG als eine Entsprechung zu § 26 Abs. 3 BGB
a.F. angesehen (BT-Drucks. a.a.O.).

Enthält die Niederschrift über den Beschluss den vorgenannten Mindestinhalt, so ist allerdings
nicht erforderlich, dass sie den gesamten Verlauf der Eigentümerversammlung, also auch die
Beschlüsse zu sonstigen Tagesordnungspunkten enthält.

Im Hinblick auf die Ausführungen des Grundbuchamts in dem Abhilfebeschluss weist der Senat
vorsorglich darauf hin, dass die angegebenen Funktionen der unterzeichnenden Personen auch
dann nicht nachgewiesen werden müssen, wenn nicht das gesamte Versammlungsprotokoll,
sondern nur ein Auszug daraus betreffend den nachzuweisenden Beschluss vorgelegt wird.
Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 78 Abs. 2 GBO zugelassen.
Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 61, 36 Abs. 3 GNotKG.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

Kammergericht

Erscheinungsdatum:

07.08.2023

Aktenzeichen:

1 W 380/22, 1 W 381-383/22

Rechtsgebiete:

Verein
Grundbuchrecht
Kostenrecht
WEG

Normen in Titel:

WEG §§ 12, 24, 26