OLG Karlsruhe 10. Juli 2023
14 W 41/23 (Wx)
GBO §§ 39, 40

Voreintragungsgrundsatz bei WEG-Teilung durch Erbengemeinschaft

letzte Aktualisierung: 21.9.2023
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.7.2023 – 14 W 41/23 (Wx)

GBO §§ 39, 40
Voreintragungsgrundsatz bei WEG-Teilung durch Erbengemeinschaft

Es bedarf der Voreintragung der Erben gemäß § 39 Abs. 1 GBO, wenn durch Teilung des im
Eigentum einer Erbengemeinschaft stehenden Grundstücks mit nachfolgender Übertragung des
Wohnungseigentums auf die Erben in Vollzug der Aufhebung der Erbengemeinschaft eine
Wohnungseigentümergemeinschaft gebildet werden soll; § 40 Abs. 1 GBO ist auf diesen Fall weder
direkt noch analog anwendbar.

Gründe

I.
Gegenstand der Beschwerde ist eine Zwischenverfügung des Grundbuchamts Emmendingen,
mit der eine (derzeit) fehlende Eintragungsfähigkeit gerügt wird.

Die Beteiligten Ziffer 1 und Ziffer 2 sind zu je 1/2 Miterben der Erblasser H. und O. G.. Die
Erblasser sind als Eigentümer zu je gleichen Teilen des Grundstücks Flst., B. Straße, Gebäudeund
Freifläche, Landwirtschaftsfläche, Grundbuch des Amtsgerichts Emmendingen für W.,
Gemarkung W., Blatt …, eingetragen.

Am 09.01.2023 erklärten die Beteiligten Ziffer 1 und Ziffer 2 zu notarieller Urkunde des Notars
Dr. P., Urkundenverzeichnis UVZ P …, Az.: …, die Aufteilung des genannten Grundbesitzes in
Wohnungs- bzw. Teileigentum, das der Auseinandersetzung des Vermögens der
Erbengemeinschaft bzw. zur Erfüllung der in dem Testament vom 05.12.2005 des Notariats…,
Freiburg im Breisgau, Az.: …, angeordneten Auflage zur Begründung von Wohnungseigentum
dienen soll, wobei in Vollzug der Erbauseinandersetzung die Beteiligte Ziffer 1 die entstehende
Wohnung Nr. 1 und die Beteiligte Ziffer 2 die entstehende Wohnung Nr. 2 je zu Alleineigentum
erhalten sollen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Urkunden verwiesen.

Unter dem 11.01.2023 beantragten die Beteiligten Ziffer 1 und Ziffer 2 gegenüber dem
Amtsgericht - Grundbuchamt - Emmendingen den Vollzug der Teilungserklärung sowie die
Eintragung der Erbauseinandersetzung und Übergabe.

Mit Nachtrag zur Urkunde UVZ … vom 11.01.2023, auf den verwiesen wird, wurden
Sondernutzungsrechte begründet sowie deren Eintragung in das Grundbuch bewilligt und
beantragt.

Mit Schreiben vom 06.02.2023 gegenüber dem Amtsgericht - Grundbuchamt - Emmendingen,
auf das Bezug genommen wird, stellten die Beteiligten Ziffer 1 und Ziffer 2 die in der Urkunde
enthaltenen Eintragungsanträge und - unter Vorlage der Löschungsbewilligung - einen Antrag
auf Löschung einer auf dem Grundstück lastenden Grundschuld.

Am 15.03.2023 wies das Amtsgericht - Grundbuchamt - Emmendingen die Beteiligten Ziffer 1
und Ziffer 2 darauf hin, dass es zum Vollzug der Teilungserklärung der Voreintragung der
Erben bedürfe und ein Grundbuchberichtigungsantrag nicht gestellt worden sei. Außerdem
werde um Überprüfung des Aufteilungsplans und gegebenenfalls Einreichung eines neuen
Aufteilungsplans nebst ergänzender Abgeschlossenheitsbescheinigung gebeten, da im
Erdgeschossplan der Tankraum, der Heizraum und der Windfang jeweils mit der Nummer „2“
bezeichnet seien, Sondereigentum hieran jedoch nicht begründet worden sei. Auf den Hinweis
vom 15.03.2023 wird verwiesen.

Mit zweitem Nachtrag zur Urkunde UVZ … vom 31.03.2023, auf den Bezug genommen wird,
erfolgte eine entsprechende Klarstellung hinsichtlich des Sondereigentums.

Nachdem der Vertreter der Beteiligten Ziffer 1 und Ziffer 2 um eine rechtsmittelfähige
Entscheidung gebeten hatte, ist durch das Amtsgericht - Grundbuchamt - Emmendingen am
26.04.2023 eine Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO ergangen, wonach dem Antrag vom
11.01.2023 auf Vollzug der Teilungserklärung und anschließender Erbauseinandersetzung
gemäß § 39 Abs. 1 GBO der fehlende Antrag auf Voreintragung der Erben nach H. G. geb. K.
und O. G. als Hindernis entgegenstehe. Auf die Zwischenverfügung wird Bezug genommen.
Hiergegen richten sich die Beschwerden der Beteiligten Ziffer 1 und Ziffer 2 vom 26.04.2023.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, eine Voreintragung der Erben sei nach § 40
Abs. 1 GBO entbehrlich. Die beim Grundbuchamt eingereichten Anträge auf Vollzug der
Teilungserklärung und der Übertragung seien gemäß § 16 GBO verbunden und stellten einen
einheitlichen Lebenssachverhalt in Umsetzung der testamentarischen Anordnungen im Rahmen
einer einheitlichen Umsetzungsurkunde dar. Wenn die Inhaltsänderung mit einer Übertragung
verbunden sei, bedürfe es keiner Voreintragung der Berechtigten gemäß § 39 Abs. 1 GBO.
Entgegen der Ansicht des Grundbuchamts komme es für die Anwendbarkeit des § 40 Abs. 1
GBO nicht auf eine theoretische Reihenfolge in Umsetzung der zum gemeinsamen Vollzug
verbundenen Anträge an.

Das Amtsgericht - Grundbuchamt - Emmendingen hat der Beschwerde mit Beschluss vom
04.05.2023, auf den Bezug genommen wird, nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur
Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.
Die gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthafte, nicht fristgebundene Beschwerde gegen die
Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Emmendingen vom 26.04.2023 ist
zulässig, aber unbegründet.

Dem Vollzug der Teilungserklärung und anschließender Erbauseinandersetzung steht ein
Eintragungshindernis entgegen, wovon das Amtsgericht - Grundbuchamt - Emmendingen
zutreffend ausgegangen ist. Denn die Voreintragung der Erben ist gemäß § 39 Abs. 1 GBO
erforderlich.

1. Nach § 39 Abs. 1 GBO soll eine Eintragung nur erfolgen, wenn die Person, deren Recht
durch sie betroffen wird, als der Berechtigte eingetragen ist. Ist die Person, deren Recht durch
eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten, so ist die Vorschrift des §
39 Abs. 1 nicht anzuwenden, wenn die Übertragung oder die Aufhebung des Rechts eingetragen
werden soll, § 40 Abs. 1 GBO.

Im Ausnahmefall des § 40 Abs. 1 GBO wird auf die Nachvollziehbarkeit der Kontinuität der
Rechtsinhaberschaft im Grundbuch verzichtet. Dem Erben sollen Kosten für seine vorherige
Eintragung erspart bleiben. Außerdem soll die Arbeit des Grundbuchamts erleichtert werden,
indem sachlich unnötige Eintragungen, an denen keiner der involvierten Personen ein Interesse
hat, erspart werden; zugleich soll die Übersichtlichkeit des Grundbuchs durch den Verzicht auf
sofort gegenstandslos werdende Eintragungen verbessert werden. Die Bestimmung des § 40
Abs. 1 GBO ist als Ausnahme vom Grundsatz des § 39 Abs. 1 GBO eng auszulegen; das
schließt allerdings eine entsprechende Anwendung auf rechtsähnliche Sachverhalte nicht
grundsätzlich aus (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 25.09.2013 - 15 W 1799/13, Rn. 10,
juris).

Die Voreintragung des Erben kann nur bei Eintragung der Übertragung oder Aufhebung des
Rechts, nicht aber bei sonstigen Eintragungen, unterbleiben (Schöner/Stöber Grundbuchrecht,
16. Aufl. 2020, Rn. 142c, beck-online).

Die Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum – gleichgültig ob nach § 3 WEG oder nach § 8
WEG – stellt keine Übertragung, sondern eine Inhaltsänderung dar, so dass die Voreintragung
des Erben notwendig ist (h.M. vgl. nur BeckOK GBO/Zeiser, 49. Edition, Stand: 28.04.2023,
§ 40 Rn. 19, beck-online; Kroiß/Horn/Solomon, Nachfolgerecht, 2. Aufl. 2019, GBO, § 40, Rn.
11, beck-online; Meikel/Böttcher, GBO, 11. Aufl. 2015, § 40, Rn. 28; a. A. Volmer in:
Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht - Kommentar, 8. Aufl. 2019, § 40 GBO, Rn. 17, juris).
Zur Begründung von Wohnungseigentum bedarf es einer Erklärung des Alleineigentümers,
wonach das Grundstück in Miteigentumsanteile aufgeteilt wird und mit jedem Anteil das
Sondereigentum an Wohnungen oder nicht zu Wohnzwecken bestimmten Räumen verbunden
wird. Diese Erklärung bewirkt die Teilung des Vollrechts und enthält somit eine dingliche
Verfügung über ein Recht an einem Grundstück (Spang in: Herberger/Martinek/Rüßmann/
Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., Stand: 15.03.2023, § 8 WEG Rn. 4, juris).
Der teilende Eigentümer muss zum Zeitpunkt des Vollzugs der Teilung als solcher im
Grundbuch eingetragen sein (Spang, a. a. O., § 8 WEG Rn. 6, juris; Bärmann/Pick/Baer, WEG,
20. Aufl. 2020, § 8 Rn. 2, beck-online).

Gemäß § 9a Abs. 1 Satz 2 WEG entsteht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (erst) mit
Anlegung der Wohnungsgrundbücher; dies gilt auch im Fall des § 8 WEG. Die
Teilungserklärung ist bis zur Anlegung der Wohnungsgrundbücher frei widerruflich (vgl. KG
Berlin, Beschluss vom 08.12.2015 - 1 W 518/15, Rn. 19, juris; Spang, a. a. O., § 8 WEG Rn. 5).

2. Gemessen an diesen Anforderungen ist eine Voreintragung der Erben nach § 39 Abs. 1 GBO
grundbuchrechtlich erforderlich. In dem hier vorliegenden Fall der Bildung einer
Wohnungseigentümergemeinschaft durch Teilung des im Eigentum einer Erbengemeinschaft
stehenden Grundstücks mit nachfolgender Übertragung des Wohnungseigentums auf die Erben
in Vollzug der Aufhebung der Erbengemeinschaft verbleibt es bei dem in § 39 Abs. 1 GBO zum
Ausdruck kommenden Grundsatz der Grundbuchklarheit; auf die Nachvollziehbarkeit der
Kontinuität der Rechtsinhaberschaft im Grundbuch kann nicht verzichtet werden.

a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 GBO sind nicht erfüllt. Denn die
Teilung des Grundstücks und Bildung von Wohnungseigentum stellt nach der zutreffenden
herrschenden Meinung, der sich der Senat anschließt, eine Rechtsveränderung und keine
Aufhebung des Eigentums dar. Das (Allein)Eigentum wird nicht aufgehoben, sondern in eine
andere Eigentumsform umgewandelt.

b) Soweit vertreten wird, einer Voreintragung bedürfe es nicht, wenn die Übertragung
gleichzeitig mit einer Inhaltsänderung erfolge (vgl. hierzu BeckOK-GBO/Zeiser, 49. Edition,
Stand: 28.4.2023, § 40 Rn. 19, beck-online, m.w.N.), kann offenbleiben, ob dieser Ansicht zu
folgen ist. Denn diese Konstellation liegt hier nicht vor, worauf das Amtsgericht -
Grundbuchamt - Emmendingen zutreffend hingewiesen hat. Zur Entstehung des
Wohnungseigentums bedarf es - wie dargelegt - der Anlegung der Wohnungsgrundbücher; der
Antrag nach § 8 WEG muss also im Grundbuch vollzogen werden. Damit ist das Anlegen der
Wohnungsgrundbücher konstitutiv für das Entstehen des Wohnungseigentums. Nach der
vertraglichen Gestaltung soll ausweislich der notariellen Urkunde vom 09.01.2023 die
Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft gerade dadurch erfolgen, dass das jeweilige
Wohnungseigentum auf die Beteiligte Ziffer 1 und Ziffer 2 übertragen wird. Dies setzt
wiederum voraus, dass das Wohnungseigentum vorher entstanden sein muss. Es fehlt daher an
der Gleichzeitigkeit. Dass die Anträge nach § 16 GBO verbunden sind, ist in diesem
Zusammenhang ohne Belang.

c) Eine entsprechende Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO auf die vorliegende Konstellation
kommt nicht in Betracht, da es an einer hinreichenden Ähnlichkeit mit den gesetzlich geregelten
Fällen fehlt. Es liegt auch kein Fall vor, in dem die Rechtsprechung eine analoge Anwendung
bejaht hat, wie etwa bei einem Antrag auf Eigentumsumschreibung auf einen der Erben und
einer gleichzeitig beantragten Eintragung einer der Finanzierung dienenden Grundschuld (vgl.
hierzu auch OLG Hamm, Beschluss vom 25.11.2022 - I-15 W 114/22, Rn. 17, juris).

d) Im Übrigen muss der Eigentümer - wie dargelegt - bei einer Teilung nach § 8 WEG wie hier
grundsätzlich voreingetragen sein.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG.
Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Karlsruhe

Erscheinungsdatum:

10.07.2023

Aktenzeichen:

14 W 41/23 (Wx)

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

GBO §§ 39, 40