OLG Karlsruhe 28. Februar 2023
19 W 122/21
EGBGB Art. 6, 11 Abs. 1; BGB § 1597

Beurkundung der Vaterschaftsanerkennung durch einen Notar in Kasachstan

letzte Aktualisierung: 5.6.2023
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.2.2023 – 19 W 122/21

EGBGB Art. 6, 11 Abs. 1; BGB § 1597
Beurkundung der Vaterschaftsanerkennung durch einen Notar in Kasachstan

1. Eine (hier: kasachische) Formvorschrift, nach der die staatliche Registrierung einer Vaterschaft
von einer gemeinsamen Erklärung der Eltern oder einem gerichtlichen Urteil abhängig gemacht
wird, ist nicht mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar
(Art. 6 EGBGB).
2. Die Beurkundung der Anerkennung der Vaterschaft eines in Deutschland geborenen Kindes
durch einen kasachischen Notar ist derjenigen vor einem inländischen Notar nicht ohne weiteres
gleichzustellen, weil die für eine ordnungsgemäße Belehrung erforderlichen Kenntnisse des
deutschen (Familien-)Rechts nicht unterstellt werden können.

Gründe

I.
Die Beschwerdeführerin will ihren leiblichen Vater, L. A. (andere Schreibweise: L. A. T.), geboren am
11.02.1956, in das Geburtenregister eintragen lassen.

Am 23.12.1989 wurde die Beschwerdeführerin in Kasachstan geboren. Bei der Geburt wurde die Vaterschaft
von L. A. nicht formal festgestellt. Die Mutter der Beschwerdeführerin, K. T. B., gab als Vater ihren eigenen
Vater an. Demzufolge erhielt die Antragstellerin nach kasachischen Gepflogenheiten den Namen Diana B. T.
dieses Vorgehen fand seinen Grund in der geplanten Adoption der Beschwerdeführerin.

Mit Beschluss des Exekutivkomitees des Stadtrates der Volksabgeordneten der Stadt S. vom 12.03.1991
(Register-Nr. xxx) wurde die Beschwerdeführerin durch das Ehepaar H. adoptiert. Im Zuge dessen wurde ihr
Geburtsdatum auf den 27.03.1990 geändert. Mit Wirkung vom 13.02.1997 wurde die Familie H. vom
Landratsamt R.-Kreis nach § 6 Abs. 1 StARegG in den deutschen Staatenverband eingebürgert. Am
12.05.2021 wurde die Nachbeurkundung der Geburt und Adoption in das Geburtenregister der Stadt E.
eingetragen.

Die Beschwerdeführerin beantragte zuletzt die Berichtigung ihres in der Geburtsurkunde eingetragenen
Geburtsdatums vom 27.03.1990 auf den Tag ihrer tatsächlichen Geburt, den 23.12.1989. Daneben beantragte
sie die Eintragung ihres leiblichen Vaters L. A. in die Geburtsurkunde. Dabei bezog sie sich im Besonderen auf
eine Vaterschaftsanerkennung, die dieser vor einem kasachischen Notar abgegeben hatte; dieser Erklärung
war ein DNA-Test vorausgegangen.

Mit angefochtenem Beschluss des Amtsgerichts Heidelberg vom 22.10.2021 wurde unter Zurückweisung des
weitergehenden Antrags antragsgemäß die Eintragung bezüglich des Geburtsdatums berichtigt. Bezüglich der
Eintragung des leiblichen Vaters fehle es an einer wirksamen Vaterschaftsanerkennung. Eine im Ausland
abgegebene Vaterschaftsanerkennung entfalte gemäß Art. 11 EGBGB nach dem deutschen Recht nur Wirkung,
wenn sie dem Recht des Staates entspreche, in dem sie beurkundet worden sei. Das kasachische Recht
erfordere für eine wirksame Vaterschaftsanerkennung einen gemeinsamen Antrag von Mutter und Vater im
Standesamt. Die vorgelegten Unterlagen nebst DNA-Gutachten mögen die leibliche Vaterschaft dokumentieren,
sie genügten jedoch nicht den Voraussetzungen einer in Deutschland wirksamen Vaterschaftsanerkennung. Es
liege daher keine eintragungsfähige Vaterschaft im rechtlichen Sinne vor.

Hiergegen wandte sich die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 19.11.2021 (Bl. 53 d. A.), das mit
Anwaltsschreiben vom 29.11.2021 (Bl. 77ff d. A.) ergänzt wurde. Das Amtsgericht Heidelberg half der
Beschwerde mit Beschluss vom 19.11.2021 (Bl. 95f d. A.) nicht ab.

In der Verfügung vom 21.07.2022 äußerte der Senat in der Folge Zweifel, ob der Nachweis der biologischen
Vaterschaft von Herrn L. A. ausreiche, um ihn als Vater im Geburtenregister einzutragen. Insoweit könne eine
Auseinandersetzung der Beteiligten mit den Ausführungen des Amtsgerichts zum kasachischen Recht, d. h.
den Formerfordernissen für eine wirksame Vaterschaftsanerkennung, erforderlich sein.

Hierzu nahm die Beschwerdeführerin mit Anwaltsschriftsatz vom 20.10.2022 Stellung: Ursprünglich sei zur
Eintragung des leiblichen Vaters ausreichend gewesen, dass die Kindesmutter diesen gegenüber dem
Standesamt angegeben hätte. Tatsächlich habe die leibliche Mutter der Antragstellerin bei der Geburt jedoch
den Kindesvater nicht angegeben. Den Traditionen des kasachischen Rechts entsprechend habe die
Beschwerdeführerin in der Folge einen vom Vornamen des Großvaters abgeleiteten Familiennamen erhalten.
Das Verschweigen des leiblichen Vaters sei erfolgt, weil eine Adoption angestrebt gewesen sei. Wäre der
Kindesvater bekannt gewesen, hätte es zu einer Adoption seiner Zustimmung bedurft. Dies habe im
Besonderen vermieden werden sollen. Die Antragstellerin habe zu ihren leiblichen Eltern nach hartnäckigen
Nachforschungen Kontakt aufnehmen können. Die leiblichen Eltern seien nie verheiratet gewesen und lebten
nicht zusammen. Die leibliche Mutter der Antragstellerin lebe in schwierigen sozialen Verhältnissen. Der
leibliche Vater der Antragstellerin halte sich als „tschetschenischer Staatsbürger“ dauerhaft außerhalb
Kasachstans auf.

Über Dritte sei es der Beschwerdeführerin schließlich gelungen, beide Elternteile dazu zu veranlassen, die
Eintragung des leiblichen Vaters und der leiblichen Mutter anzustreben. L. A. sei beim zuständigen Standesamt
in Kasachstan vorstellig geworden. Dort sei er mit der Begründung abgewiesen worden, dass man aufgrund der
erfolgten Adoption der Antragstellerin keine Änderungen vornehmen werde. Der Fall sei für das Standesamt
abgeschlossen. Zudem sei die Antragstellerin deutsche Staatsbürgerin, weshalb man sich für Änderungen als
nicht (mehr) zuständig ansehe. Nach Auskunft des Standesamtes sei eine Änderung vielmehr im jetzigen
Heimatstaat der Antragstellerin, also in Deutschland, nach den dort geltenden Regelungen durchzuführen.
Werde die dort erfolgte Änderung mittels übersetzter und beglaubigter Dokumente dem Standesamt in
Kasachstan angezeigt, könne die Eintragung ergänzt werden.

Daraufhin hätten beide leiblichen Eltern bei einem Notar in Kasachstan die erforderlichen Erklärungen
abgegeben. Diese seien übersetzt und beglaubigt worden sowie mit Apostille versehen worden. Das
Notariatswesen in Kasachstan sei dem in Deutschland im Wesentlichen vergleichbar. Nachdem eine
Vaterschaftsanerkennung in Deutschland vor einem Notar möglich sei, bestehe also eine tatsächlich und
rechtlich vergleichbare Situation, die sich einzig durch den regionalen Standort der Erklärung unterscheide.
Eine Anerkennung vor dem Standesamt in S. sei verweigert worden. Man sei dort nicht bereit, eine
entsprechende Erklärung des leiblichen Vaters entgegenzunehmen. Dem leiblichen Vater sei eine erneute
Reise nach Kasachstan zum Zwecke eines neuerlichen Versuchs der Anerkennung nicht zumutbar.

Die Berichtigung der Eintragung sei für die Beschwerdeführerin von überragender Bedeutung. Das Amtsgericht
selbst führe in der angefochtenen Entscheidung aus, dass die vorliegende notarielle Erklärung des Vaters,
dieselbe der Mutter und das entsprechende DNA-Gutachten die leibliche Vaterschaft belegten. Die Abweisung
des Antrags werde alleine auf eine nach kasachischem Recht formal gegebenenfalls unwirksame
Vaterschaftsanerkennung gestützt. Dabei sei nach Würdigung aller relevanten Tatsachen das Vorliegen eines
unrichtigen und damit zu berichtigenden Eintrags offenkundig. Die vorgelegten Nachweise genügten für den
Beleg der Unrichtigkeit der bestehenden Eintragung. Daher sei die Abänderung in Fortführung des Registers
durch Eintragung des leiblichen Vaters vor der erfolgten Adoption vorzunehmen und das Geburtenregister G
2/2021 des Standesamts E. entsprechend zu berichtigen.

II.
Die nach § 51 Absatz 1 Satz 1 PStG in Verbindung mit §§ 58ff FamFG zulässige, insbesondere rechtzeitig
eingelegte, Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Die Voraussetzungen für eine Berichtigung des fraglichen Registereintrags nach § 48 PStG liegen nicht vor. Es
fehlt an einem unrichtigen Registereintrag, weil hier eine wirksame Anerkennung der Vaterschaft von Seiten des
L. A. nicht gegeben ist.

Im Hinblick auf die Frage nach einer wirksamen Vaterschaftsanerkennung ist bei dem gegebenen Bezug zu
einer ausländischen Rechtsordnung Art. 11 Abs. 1 EGBGB zu beachten. Ein Rechtsgeschäft ist hiernach
formgültig, wenn es die Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen Gegenstand bildende
Rechtsverhältnis anzuwenden ist, oder des Rechts des Staates erfüllt, in dem es vorgenommen wird.

Das Vaterschaftsanerkenntnis begründet das Rechtsverhältnis (Statusverhältnis) der nichtehelichen Vaterschaft
mit Wirkung für und gegen alle mit einer Reihe vermögensrechtlicher und personenstandsrechtlicher
Rechtsfolgen (dazu im Einzelnen BGH, Beschluss vom 19.03.1975 - IV ZB 28/74, NJW 1975, 1069, beckonline).
Das Vaterschaftsanerkenntnis fällt damit als einseitiges Rechtsgeschäft in den Anwendungsbereich des
Art. 11 EGBGB (BGH, Beschluss vom 05.07.2017 – XII ZB 277/16, Rn. 20, juris; Staudinger/Winkler von
Mohrenfels (2019) EGBGB Art 11, Rn. 123; MüKoBGB/Spellenberg, 8. Aufl. 2020, EGBGB Art. 11 Rn. 171).

1. Die einschlägigen Formvorschriften des kasachischen (Familien-) Rechts - als Recht des Staates, in dem das
fragliche Rechtsgeschäft vorgenommen wurde - sind nicht eingehalten worden.

a) Das kasachische Personenstandswesen ist ausführlich in den Art. 177–274 FamGB und weiteren Normen
des Familiengesetzbuchs geregelt. Zuständig sind grundsätzlich die Standesämter am Ort des ständigen
Wohnsitzes des Antragstellers (Art. 183 Abs. 2, 184 Abs. 3, 185 Abs. 2 FamGB). Bei ständigem Wohnsitz im
Ausland sind entsprechende Anträge in den kasachischen konsularischen Einrichtungen zu stellen (Art 183
Abs. 3 FamGB). Gegen Entscheidungen personenstandsrechtlicher Art kann gemäß Art 183 Abs 4 FamGB
geklagt werden (jew. zit. n. Lorenz „Kasachstan“ S. 18ff in: Heinrich, Dutta, Ebert [Hrsg.] Internationales Eheund
Kindschaftsrecht mit Staatsangehörigkeitsrecht, Stand: 15.01.2014).

Im Einzelnen sind die Grundlagen für die staatliche Registrierung der Feststellung der Vaterschaft sind in Art.
204 FamGB geregelt:

(1) Die staatliche Registrierung der Vaterschaftsfeststellung erfolgt durch die Standesämter auf der Grundlage

1. eines gemeinsamen Antrags der Eltern des Kindes auf Feststellung der Vaterschaft;

2. eines Antrags des Vaters, wenn die Mutter des Kindes verstorben oder für tot erklärt worden, in Folge
psychischer Krankheit oder Schwachsinns für geschäftsunfähig erklärt worden, ihre elterlichen Rechte
aberkannt oder beschränkt worden sind oder der Aufenthaltsort der Mutter nicht festgestellt werden kann;

3. eines Gerichtsurteils zur Feststellung der Vaterschaft.

(2) Die Feststellung der Vaterschaft auf Antrag einer Person, die infolge psychischer Erkrankung oder
Schwachsinns für geschäftsunfähig erklärt worden ist oder auf Antrag des Vormunds dieser
geschäftsunfähigen Person ist unzulässig.

Demnach kann eine Vaterschaftsanerkennung nach kasachischem Recht nicht vor einem Notar abgegeben
werden; die Vaterschaftsanerkennung hat vielmehr regelmäßig mit Zustimmung der Mutter vor dem Standesamt
zu erfolgen (vgl. zum Ganzen Lorenz „Kasachstan“ S. 27 in: Heinrich, Dutta, Ebert [Hrsg.] Internationales Eheund
Kindschaftsrecht mit Staatsangehörigkeitsrecht, Stand: 15.01.2014, Stellungnahme der Deutschen
Botschaft vom 02.08.2019, Bl. 5 d. A.).

b) An vorbenanntem Art. 204 FamGB gemessen ist somit vorliegend von keiner wirksamen
Vaterschaftsanerkennung auszugehen. Die Erklärungen ihrer leiblichen Eltern mögen zwar vor einem
kasachischen Notar abgegeben worden sein. Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass dies die in
Art. 204 FamGB niedergelegten Voraussetzungen für eine wirksame Vaterschaftsanerkennung nicht erfüllt.
Soweit die Beschwerde ausführt, dass sich das zuständige Standesamt weigere, die Anträge entgegen zu
nehmen, verbleibt jedenfalls die in der Art. 204 Abs. 1 Nr. 3 FamGB vorgesehene Möglichkeit, eine gerichtliche
Entscheidung herbeizuführen.

c) Dieses Ergebnis ist nicht nach Art. 6 EGBGB zu korrigieren.

Eine Rechtsnorm eines anderen Staates ist hiernach nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem
Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist; sie ist
insbesondere nicht anzuwenden, wenn die Anwendung mit den Grundrechten unvereinbar ist. Dabei ist
entscheidend, ob im Einzelfall das Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts zu den Grundgedanken
der deutschen Regelung und den in ihnen liegenden Gerechtigkeitsvorstellungen in einem so schwerwiegenden
Widerspruch steht, dass seine Anwendung für untragbar angesehen werden muss (BGH, Beschluss vom
18.06.1970 - IV ZB 69/69, NJW 1970, 1503, beck-online, vgl. i.A. MüKoBGB/v. Hein, 8. Aufl. 2020, EGBGB Art.
6 Rn. 143, 197 m.w.N.).

Insoweit verkennt der Senat den Bezug des Beschwerdegegenstands zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht
(Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) der Beschwerdeführerin nicht. Auch sieht der Senat, dass sich der
Beschwerdegegenstand psychisch belastend auf die Beschwerdeführerin auswirkt. Schließlich erkennt der
Senat, dass der fragliche Registereintrag in Anbetracht des DNA-Tests objektiv unrichtig ist.

Gleichzeitig unterliegt es jedoch keinen grundlegenden Bedenken, die Vaterschaftsanerkennung besonderen
Formvorschriften zu unterwerfen. Die Formvorschriften erfüllen eine wichtige Ordnungsfunktion und dienen
letztlich der Rechtssicherheit. Die Bestimmung dieser Formvorschriften ist Sache der jeweiligen Staaten. Das in
Kasachstan von Gesetzes wegen bestimmte Prozedere trägt der Bedeutung der Vaterschaftsanerkennung
Rechnung. Soweit die Beschwerde tatsächliche Schwierigkeiten bei der Erfüllung dieser Formvorschriften ins
Feld führt, verbleibt der Beschwerdeführerin die Möglichkeit, eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen. Ein
untragbares Ergebnis vermag der Senat vor diesem Hintergrund (noch) nicht zu erkennen.

2. Auch die nach deutschem Ortsrecht maßgebende Form des § 1597 BGB ist vorliegend nicht eingehalten.

Zwar finden im gegebenen Zusammenhang beide Alternativen des Art. 11 EGBGB Anwendung, sodass auch
eine Wahrung des Ortsrechts genügen kann (vgl. AG Karlsruhe, Beschluss vom 18. April 1989 – UR III 24/89,
juris; MüKoBGB/Wellenhofer, 8. Aufl. 2020, BGB § 1597 Rn. 3 m.w.N.); die Formerfordernisse des § 1597 BGB
sind hier jedoch nicht gewahrt.

a) Die Vaterschaftsanerkennung wurde nicht vor einer deutschen Auslandsvertretung abgegeben; im Ausland
sind deutsche Konsularbeamte für Beurkundungen zuständig (BeckOGK/Balzer, 1.11.2022, BGB § 1597 Rn. 34
mit Hinweis auf §§ 2, 10 Abs. 1 Nr. 1 KonsG).

b) Zwar ist die Zuständigkeit von Notaren für die Beurkundung von abstammungsrechtlichen Erklärungen (§ 1
Abs. 1 BeurkG) im Grundsatz gegeben; auch Notare können demnach eine öffentliche Beurkundung im Sinne
des § 1597 BGB durchführen.

Im Hinblick auf ausländische Urkundspersonen sind jedoch Einschränkungen zu beachten: Auch in Staaten wie
Kasachstan, die nicht Teil des „CIEC-Übereinkommens über die Erweiterung der Zuständigkeit der Behörden,
vor denen nichteheliche Kinder anerkannt werden können“ sind, ist zwar die Beurkundung durch eine
ausländische Urkundsperson nicht generell ausgeschlossen. Allerdings muss hier die sog. Substituierbarkeit
der ausländischen Urkundsperson festgestellt werden, d. h. die ausländische Urkundsperson muss der
deutschen nach Ausbildung und Stellung gleichwertig sein (BGH, Beschluss vom 16.02.1981 - II ZB 8/80, NJW
1981, 1160, beck-online, BeckOGK/Balzer, 1.11.2022, BGB § 1597 Rn. 38).

Im Übrigen ist die Zielrichtung der fraglichen Formvorschriften zu beachten (BeckOGK/Balzer, 1.11.2022, BGB
§ 1597 Rn. 38 m.w.N.; Staudinger/Rauscher (2011) BGB § 1597, Rn. 13 m.w.N.): Der in Rede stehenden
Formvorschrift (§ 1597 BGB) kommt zunächst eine Aufklärungs- und Warnfunktion zu. Allen Beteiligten soll die
Wichtigkeit der Erklärung vor Augen geführt werden, um diese vor Übereilung zu schützen. Die Mitwirkung,
Aufklärung und Nachfragen durch die Urkundsperson sollen verhindern, dass unwirksame Anerkennungen
abgegeben werden, etwa nicht hinreichend bestimmte oder bedingte Erklärungen. Die fraglichen
Formerfordernisse erlauben dem Staat überdies ein gewisses Maß an Kontrolle zur Sicherung der
Statuswahrheit. Diese vormals recht schwach ausgestaltete Kontrollfunktion (vgl. § 44 Abs. 1 S. 3 PStG aF; § 4
BeurkG), ist durch Einführung von § 1597a BGB zum 29.7.2017 durch den Gesetzgeber stärker in den Fokus
der Beurkundung gerückt worden. Ohne die Mitwirkung der Urkundsperson kann der Erklärende eine
Wirksamkeit seiner Erklärung nicht herbeiführen. Hierdurch kann eine missbräuchliche Anerkennung verhindert
werden (BeckOGK/Balzer, 1.11.2022, BGB § 1597 Rn. 3, 4 m.w.N.).

Vor diesem Hintergrund unterliegt es im gegebenen Kontext durchgreifenden Bedenken, einen kasachischen
Notar mit einem deutschen gleichzusetzen. Es sind keine Anhaltspunkte dahin ersichtlich, dass der
kasachische Notar über Kenntnisse des deutschen (Familien-) Rechts verfügte. Gegenläufige Gesichtspunkte
ergeben sich daraus, dass es sich bei familienrechtlichen Fragestellungen um eine Spezialmaterie handelt, die
in starkem Maße von historischen und gesellschaftlichen Faktoren beeinflusst ist. In Ermangelung von
Kenntnissen des deutschen Rechts vermochte daher der kasachische Notar die Funktionen der fraglichen
Formvorschriften nicht zu erfüllen (vgl. BeckOGK/Balzer, 1.11.2022, BGB § 1597 Rn. 38). Zudem kann auf die
wesentlichen Funktionen der Formvorschriften im gegebenen Zusammenhang naturgemäß nicht verzichtet
werden (anders in gesellschaftsrechtlichen Zusammenhängen, vgl. dazu BGH, Beschluss vom 16.02.1981 - II
ZB 8/80, NJW 1981, 1160, beck-online).

3. Bei dieser Sachlage verfängt auch der Hinweis der Beschwerde auf die in anderem Zusammenhang
ergangene Entscheidung BGH, Beschluss vom 17.5.2017 – XII ZB 126/15, NJW 2017, 3152, beck-online, nicht.
Dort ist zwar allgemein ausgeführt, dass nach § 48 PStG das Gericht eine Berichtigung zu veranlassen hat,
wenn es aufgrund einer umfassenden Amtsermittlung zu dem Ergebnis gelangt, dass der Registereintrag
unrichtig ist. Aus diesen pauschalen Ausführungen kann aber nicht abgeleitet werden, dass den
Kollisionsnormen des internationalen Privatrechts in diesen Fällen keine Geltung zukommt; die Frage nach der
Unrichtigkeit wird damit im Besonderen von den Art. 11, 19 EGBGB überlagert (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss
vom 19.08.2016 – 11 W 50/16 (Wx), BeckRS 2016, 15504 Rn. 18, beck-online). Art. 11 EGBGB führt im
vorliegenden Fall - wie vorstehend ausgeführt - dazu, dass keine Unrichtigkeit im Rechtssinne anzunehmen.
Die Kollisionsnormen des internationalen Privatrechts erlauben es - wie vorstehend ausgeführt -, dass der
leibliche Vater der Beschwerdeführerin eine Vaterschaftsanerkennung vor deutschen Konsularbeamten im
Ausland abgibt.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Karlsruhe

Erscheinungsdatum:

28.02.2023

Aktenzeichen:

19 W 122/21

Rechtsgebiete:

Beurkundungsverfahren
Abstammung (incl. künstliche Befruchtung), Adoption
Deutsches IPR (EGBGB)

Normen in Titel:

EGBGB Art. 6, 11 Abs. 1; BGB § 1597