In-sich-Geschäfte des Testamentsvollstreckers
letzte Aktualisierung: 23.12.2022
OLG Köln, Beschl. v. 5.10.2022 – 2 Wx 195/22
BGB §§ 181, 2205, 2216
In-sich-Geschäfte des Testamentsvollstreckers
1.
Der Erblasser kann den Testamentsvollstrecker jedoch von den Beschränkungen des
2. Die Befreiung des Testamentsvollstreckers von den Beschränkungen des
ausdrücklich erfolgen; sie kann auch konkludent vorgenommen werden. Eine konkludente
Befreiung kann einer letztwilligen Verfügung gegebenenfalls im Wege der Auslegung entnommen
werden.
3. Enthält ein Testament keine Ausführungen zu den Befugnissen des Testamentsvollstreckers, ist
jedoch ein Miterbe zum Testamentsvollstrecker berufen, so kann die Auslegung des Testaments
eine Befreiung von den Beschränkungen des
Miterben zum Testamentsvollstreckers ein besonderer Vertrauensbeweis zum Ausdruck kommt
(Bestätigung von BGH, Urt. v. 29.04.1959, V ZR 11/58,
G r ü n d e :
I.
Als Eigentümer des im Rubrum näher bezeichneten Grundstücks sind seit dem 13.09.1999
der Beteiligte und zwei weitere Personen in Erbengemeinschaft eingetragen. Die
Erblasserin, Frau Y. geborene X., hatte in ihrem privatschriftlich abgefassten, am
18.05.1998 eröffneten Testament vom 20.09.1994 die vorgenannten Personen zu ihren
Erben berufen und ohne weitere Ausführungen den Beteiligten zum Testamentsvollstecker
ernannt; wegen der Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindliche Kopie Bezug
genommen (Bl. 55 f.).
In notarieller Urkunde vom 21.02.2022 hat der Beteigte in seiner Eigenschaft als
Testamentsvollstrecker den Grundbesitz an sich selbst zu einem Kaufpreis von 23.000,-- €
verkauft sowie Auflassung und Bewilligung des Eigentumswechsels erklärt (Bl. 3 ff.). Der
Notar hat die Urkunde mit Schriftsatz vom 10.05.2022 unter Beifügung u.a. eines
Testamentsvollstreckerzeugnisses zum Vollzug eingereicht.
Mit „Zwischenverfügung“ vom 02.06.2022 hat der Grundbuchrechtspfleger den Antrag
unter Verweis auf
gebeten (Bl. 12). Der Beteiligte hat dazu Stellung genommen und ein Wertgutachten
vorgelegt (Bl. 22 ff.).
Mit am 31.08.2022 erlassenem Beschluss vom 29.08.2022 hat der
Grundbuchrechtspfleger unter Verweis auf die Zwischenverfügung den Antrag
zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es seien keine
Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Wille der Erblasserin auf eine Befreiung von den
Beschränkungen des
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten vom 13.09.2022 (Bl. 62 f.), der das
Grundbuchamt nicht abgeholfen hat (Bl. 64 f.).
II.
Die nach
der Sache vorläufigen Erfolg. Das Grundbuchamt hat den Umschreibungsantrag zu
Unrecht unter Berufung auf
Zwar ist im Ausgangspunkt zutreffend, dass
auf den Testamentsvollstrecker Anwendung findet (allg. Meinung, BGH, Urteil vom
29.04.1959, V ZR 11/58,
§ 181 Rz. 3). Indes besteht für den Erblasser die Möglichkeit, den Testamentsvollstrecker
vom Verbot des Selbstkontrahierens zu befreien („soweit ihm nicht ein anderes gestattet
ist“). Dabei muss die Gestattung nicht ausdrücklich erfolgen; sie kann auch kon-kludent
vorgenommen werden, was der letztwilligen Verfügung im Wege der Auslegung
entnommen werden kann, wobei in formeller Hinsicht im Falle eines privatschriftlichen
Testaments dessen Vorlage mit Eröffnungsvermerk
genügt (Senat, Beschluss vom 21.11.2012, 2 Wx 214/12,
Düsseldorf, Beschluss vom 14.08.2013, I-3 Wx 41/13,
Testament hat die Erblasserin zu den Befugnissen des Testamentsvollstreckers keine
Ausführungen gemacht. Dennoch ergibt die Auslegung hier eine Befreiung vom Verbot des
Selbstkontrahierens aufgrund des Umstandes, dass die Erblasserin in der Person des
Beteiligten einen Miterben zum Testamentsvollstrecker berufen hat. Der Bundesgerichtshof
hat insoweit ausgeführt:
„Wenn ein Miterbe zum Testamentsvollstrecker ohne besondere Beschränkung (§ 2208
BGB) berufen und daher mit der Auseinandersetzung unter den Miterben und mit der
Verwaltung des Nachlasses betraut ist (
natürlicher Interessenwiderstreit; in der Berufung durch den Erblasser liegt jedoch ein
besonderer Vertrauensbeweis, der grundsätzlich die Annahme rechtfertigt, der Erblasser
habe trotz des bestehenden Interessenwiderstreits dem Berufenen in weitem Umfang auch
den Abschluß von Rechtsgeschäften mit sich selbst gestattet. Daß überhaupt irgendein
Interessenwiderstreit vorhanden ist, macht also das Selbstkontra-hieren des
Testamentsvollstrecker-Miterben noch nicht unzulässig. Und zwar kann grundsätzlich
davon ausgegangen werden, daß der Erblasser dem Miterben durch seine Ernennung
zum Testamentsvollstrecker alle diejenigen Rechtsgeschäfte mit sich selbst vorzunehmen
gestattet hat, die im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses (§ 2216 BGB)
liegen, wobei jedoch an die Ordnungsmäßigkeit strenge Anforderungen zu stellen sind.
Insofern besteht ein enger inhaltlicher Zusammenhang zwischen
Andererseits ist ein In-sich-Geschäft des (erbenden oder nichterbenden)
Testamentsvollstreckers, das gegen das Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung des
Nachlasses (§ 2216 BGB) verstößt, selbst dann unwirksam, wenn es etwa einmal vom
Willen des Erblassers gedeckt sein sollte; so insbesondere ein Eigenerwerb weit unter
Wert, falls nicht etwa ein dahingehendes Vorausvermächtnis vorliegt. Denn jenes Gebot
der Ordnungsmäßigkeit als solches kann auch der Erblasser nicht außer Kraft setzen (§
2220 BGB), seine etwaige Gestattung des Selbstkontrahierens wäre daher insoweit
unwirksam, und die Regelvorschrift des
(BGH, a.a.O.; zustimmend MünchKomm-BGB/Zimmermann, 9. Aufl. 2022, § 2205 Rz. 89;
Grüneberg/Weidlich, BGB, 81. Aufl. 2022, § 2205 Rz. 25).
Dem schließt sich der Senat an. Zudem verweist die Beschwerde zu Recht darauf, dass
die Erblasserin einen Verkauf insoweit in den Blick genommen hatte, als es im Testament
heißt: „Der Erlös von dem Verkauf soll wie folgt verteilt werden.“ Anhaltspunkte, die
entgegen dem angeführten Grundsatz die Annahme rechtfertigen würden, die Erblasserin
habe den Beteiligten als zum Testamentsvollstrecker bestellten Miterben von einem
Erwerb durch Selbstkontrahieren ausschließen wollen, sind nicht ersichtlich.
Daraus ergibt sich, dass dem Antrag entgegen der Auffassung des Grundbuchamtes nicht
der Umstand entgegengehalten werden kann, dass es sich um ein In-sich-Geschäft des
Beteiligten handelt.
Vielmehr wird das Grundbuchamt als Ausprägung der Ordnungsmäßigkeit des Geschäfts
zu prüfen haben, ob es sich um ein dem Testamentsvollstrecker untersagtes – teilweise –
unentgeltliches Geschäft handelt oder nicht (§ 2205 Satz 3 BGB). Dabei gilt Folgendes:
Unentgeltlich ist eine Verfügung des Testamentsvollstreckers über einen
Nachlassgegenstand dann, wenn dem aus dem Nachlass hingegebenen Vermögenswert
objektiv keine oder keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht und er subjektiv das
Fehlen oder die Ungleichwertigkeit der Gegenleistung erkannt hat oder bei
ordnungsgemäßer Verwaltung hätte erkennen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.2016,
IV ZR 342/15,
Grundbuchverfahren allerdings in der Regel nicht in der Form des § 29 Abs. 1 GBO
beweisen. In diesen Fällen wird der Nachweis auch im Freibeweisverfahren zugelassen
(vgl. Demharter, GBO, 32. Aufl. 2021, § 52 Rn. 23 f.). Hier bietet sich in diesem
Zusammenhang eine Prüfung auf der Grundlage einer Würdigung des eingereichten
Wertgutachtens an.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Voraussetzungen für die Zulassung der
Rechtsbeschwerde sind nicht erfüllt.
III.
Für künftige Verfahren sieht es der Senat als sachdienlich an, das Grundbuchamt im
Hinblick auf die hier ergangene „Zwischenverfügung“ auf Folgendes hinzuweisen:
Eine Zwischenverfügung muss eine klare Angabe des Mittels oder der Wege zur
Beseitigung des Vollzugshindernisses enthalten, um dem Antragsteller eine sachgerechte
Entscheidung über die weitere Wahrung seiner Rechte zu ermöglichen. Sie muss deshalb
klar darlegen und aufzeigen, auf welche Weise und mit welchen Mitteln der Antragsteller
die vom Grundbuchamt angenommenen Hindernisse beseitigen und damit sein
Antragsbegehren zum Erfolg führen kann (Senat, a.a.O.; OLG Frankfurt, Beschl. vom 29.
6. 1998 - 20 W 144/98 -
14 Wx 11/04 -
Rn. 451; Demharter, GBO, 32. Aufl. 2021, § 18 Rn. 31). Die hier ergangene
„Zwischenverfügung“ genügt diesen Anforderungen nicht, da sie offen lässt, auf welche
Weise der Beteiligte das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis
beseitigen könnte. Gegenstand einer Zwischenverfügung darf nicht – wie hier indes
geschehen - die Anregung einer Antragsrücknahme sein, weil darin nicht die zum Erfolg
des Antrages führende Behebung des vom Grundbuchamt angenommenen Hindernisses
läge. Hält das Grundbuchamt den Antrag wegen eines nicht behebbaren Hindernisses für
unbegründet, so kann aus Gründen der Gewährung rechtlichen Gehörs ein Hinweis
entsprechend
Grundbuchamtes zu
wäre, auf eine Beseitigung des Hindernisses durch Vorlage von Genehmigungen der
Miterben (
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Köln
Erscheinungsdatum:05.10.2022
Aktenzeichen:2 Wx 195/22
Rechtsgebiete:
Testamentsvollstreckung
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
In-sich-Geschäft
Grundbuchrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BGB §§ 181, 2205, 2216