OLG Celle 01. Dezember 2017
Not 13/17
BeurkG § 17 Abs. 2a

Anwendungsbereich des § 17 Abs. 2a S. 2 BeurkG

BeurkG § 17 Abs. 2a
Anwendungsbereich des § 17 Abs. 2a S. 2 BeurkG

§ 17 Abs. 2a Satz 2 BeurkG findet ausschließlich auf Verbraucherverträge Anwendung.

OLG Celle, Urt. v. 1.12.2017 – Not 13/17

Problem:
Gegenstand des Verfahrens war eine Disziplinarverfügung gegen einen Notar. Er hatte drei Grundstückskaufverträge beurkundet, bei denen jeweils ein Notariatsmitarbeiter als vollmachtloser Vertreter für den Verkäufer aufgetreten war. Der Verkäufer wollte an der Beurkundung nicht teilnehmen. In einem Fall stand auf der Erwerberseite eine Gemeinde. Die Dienstaufsicht warf dem Notar vor, er habe amtspflichtwidrig gehandelt und hätte nach § 17 Abs. 2a S. 2 BeurkG darauf hinwirken müssen, dass der Verkäufer durch eine Vertrauensperson vertreten werde. Mit Blick auf die Gemeinde handele es sich um einen Verbrauchervertrag.

Entscheidung:
Das OLG Celle hat die Disziplinarverfügung aufgehoben.

Nach § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 BeurkG solle der Notar bei Verbraucherverträgen darauf hinwirken, dass die rechtsgeschäftlichen Erklärungen des Verbrauchers von diesem persönlich oder durch eine Vertrauensperson vor dem Notar abgegeben würden.

Bei den Grundstückskaufverträgen handele es sich nicht um Verbraucherverträge i. S. v. § 310 Abs. 3 BGB. Danach sei ein Verbrauchervertrag ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher. Außerhalb von Verbraucherverträgen finde § 17 Abs. 2a S. 2 BeurkG keine Anwendung (so auch BNotK-RS 20/2003). Für eine Ausdehnung der Bestimmung auch auf andere Verträge gebe der Wortlaut der Bestimmung nichts her. Auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes rechtfertige nicht die Annahme, dass über den Verbrauchervertrag hinaus auch Verträge ohne Beteiligung eines Unternehmers unter die Vorschrift fallen sollten. Zwar beabsichtigte der Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren zunächst eine Ausdehnung dieser Vorschrift auch auf Verträge zwischen zwei Verbrauchern (vgl. BT-Drucks. 14/9266, S. 50 und BT-Drucks. 14/9531, S. 5 f.). Allerdings habe der Gesetzgeber in der Folgezeit von einer entsprechenden Formulierung der Bestimmung wieder Abstand genommen (BT-Drucks. 14/9633, S. 2). Die letztlich in Kraft getretene Gesetzesfassung lege nahe, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der Vorschrift explizit auf Verbraucherverträge beschränken wollte.

Auch im Übrigen habe der Notar nicht gegen seine Amtspflichten verstoßen. Zwar solle der Notar das Beurkundungsverfahren auch außerhalb von Verbraucherverträgen gemäß § 17 Abs. 2a S. 1 BeurkG generell so gestalten, dass die Einhaltung der Pflichten nach § 17 Abs. 1 und Abs. 2 BeurkG gewährleistet sei. Auch solle dadurch unter anderem verhindert werden, dass der Notar die Beteiligten durch die Heranziehung vollmachtloser Vertreter planmäßig und systematisch von der Beurkundung und damit von der Belehrung ausschließe. Ein planmäßiges Vorgehen des Notars könne in den konkreten drei Fällen aber nicht festgestellt werden. Die beanstandeten drei Beurkundungen reichten hierzu insgesamt betrachtet noch nicht aus.

Abgesehen von den Fällen eines planmäßigen oder systematischen Vorgehens begründe § 17 Abs. 2a S. 1 BeurkG kein generelles Verbot von Beurkundungen unter Heranziehung vollmachtloser Vertreter. Vielmehr bleibe eine solche Vorgehensweise zulässig, wenn sie im Einzelfall sachlich gerechtfertigt sei. Dies komme beispielsweise in Betracht, wenn der (später) vollmachtlos Vertretene selbst den Notar hierum bitte, etwa weil er sich im Ausland aufhalte. Zwar könne der Notar den Vertretenen in solchen Fällen nicht persönlich über die rechtliche Tragweite und die mit dem Rechtsgeschäft verbundenen Risiken belehren. Das könne aber zumindest bei einfach gelagerten Fällen durch die rechtzeitige Übersendung eines Entwurfs, verbunden mit der Bitte um Rücksprache im Fall von Änderungswünschen oder offenen Fragen, kompensiert werden. Im vorliegenden Fall seien diese Voraussetzungen eingehalten worden. Außerdem hatte sich der Notar zuvor jeweils beim Verkäufer erkundigt, ob dieser nicht zum Termin erscheinen wolle. Dies wurde verneint.

Auch der Vertrag mit der Gemeinde sei kein Verbrauchervertrag. Zwar könne im Grundsatz auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts als Unternehmer i. S. v. § 14 BGB auftreten. Voraussetzung sei aber, dass das Rechtsgeschäft in Ausübung einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit vorgenommen werde (§ 14 Abs. 1 BGB). Es fehle jedenfalls ein selbstständiges und planmäßiges, auf eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt. Bei dem von der Gemeinde erworbenen Grundstück handele es sich um eine kleine Fläche. Bezüge zu irgendeiner gewerblichen Tätigkeit der Gemeinde lasse der Erwerb des kleinen Teilstücks, der zur Erweiterung eines Museums gedient habe, nicht erkennen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Celle

Erscheinungsdatum:

01.12.2017

Aktenzeichen:

Not 13/17

Rechtsgebiete:

Beurkundungsverfahren

Erschienen in:

DNotI-Report 2018, 12-13

Normen in Titel:

BeurkG § 17 Abs. 2a