OLG Frankfurt a. Main 02. Februar 2022
17 U 119/20
BGB §§ 305 Abs. 1 S. 1, 307 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 3 S. 1

Keine Inhaltskontrolle von Förderbedingungen des KfW-Programms „Baukindergeld-Zuschuss“

letzte Aktualisierung: 19.5.2022
OLG Frankfurt, Urt. v. 2.2.2022 – 17 U 119/20

BGB §§ 305 Abs. 1 S. 1, 307 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 3 S. 1
Keine Inhaltskontrolle von Förderbedingungen des KfW-Programms „Baukindergeld-Zuschuss“

1. Die im Produktmerkblatt „Bauen, Wohnen, Energie“, „Baukindergeld – Zuschuss (424)“
festgehaltenen Förderbedingungen sind ungeachtet einer verwaltungsintern bestehenden
ermessenslenkenden Wirkung den Vertragsinhalt gestaltende Allgemeine Geschäftsbedingungen,
wenn auf die Förderbedingungen in den AGB und dem Merkblatt auf deren Wirkung hingewiesen
wird.
2. In Folge ihres einseitig leistungsbestimmenden Charakters unterliegen sie keiner Inhaltskontrolle.

Gründe

I.
Die Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen die Verurteilung zur (künftigen) Zahlung eines Zuschusses aus dem KfW-Programm „Baukindergeld - Zuschuss (424)“ in Höhe von insgesamt 24.000,00 €, zahlbar in 10 Jahresraten.

Der Baukindergeldzuschuss ist eine freiwillige staatliche Leistung aus Bundesmitteln, die von der Beklagten zum Zwecke der Erhöhung der Wohneigentumsquote von Familien im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrages auf Antrag gewährt wird.

Grundlage für die Bewilligungsentscheidung der Beklagten sind die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für die Beantragung und Vergabe wohnwirtschaftlicher Zuschussprodukte der KfW“ vom 14. September 2018 (Anlage B 3, Bl. 88 ff. d.A.) sowie das Produktmerkblatt „Bauen, Wohnen, Energie, Baukindergeld - Zuschuss (424)“ (im Folgenden Produktmerkblatt) zum Stand 18. September 2018 (Anlage B 1, Bl. 90 ff. d.A.). Gefördert werden soll nach dem Produktmerkblatt der „Ersterwerb von selbstgenutzten Wohnimmobilien und Wohnungen für Familien mit Kindern und Alleinerziehende mit dem Ziel der Wohneigentumsbildung“ in Höhe von 1.200,00 € jährlich für jedes minderjährige Kind über einen Zeitraum von maximal zehn Jahren. Dabei ist ausdrücklich eine Antragstellung „nur im Rahmen verfügbarer Bundesmittel möglich“, ohne dass ein Rechtsanspruch auf Förderung besteht.

Antragsberechtigt ist nach dem Produktmerkblatt jede natürliche Person, „die (Mit-) Eigentümer von selbstgenutztem Wohneigentum geworden ist“, in deren Haushalt mindestens ein minderjähriges Kind gemeldet ist, für das eine Kindergeldberechtigung besteht, soweit ein bestimmtes Haushaltseinkommen nicht überschritten wird.

Dabei führt das Produktmerkblatt im Teil 1 zur Fragestellung „Wann und wie ist der Zuschuss zu beantragen“ aus:

„Sie beantragen den Zuschuss im KfW-Zuschussportal (www.kfw.de/zuschussportal), nachdem Sie in das Wohneigentum eingezogen sind.“

Unter der Fragestellung „Wie geht es nach der Antragsstellung weiter?“ heißt es:

„Sie erhalten eine Bestätigung über den Antragseingang. Nach dieser müssen Sie Ihre Identität nachweisen (…). Um die Einhaltung der Förderbedingungen nachzuweisen und die Auszahlungen zu erhalten, laden sie die erforderlichen Nachweise im KfW-Zuschussportal hoch. Die Einhaltung der Förderbedingungen wird von der KfW anhand der im Zuschussportal hochgeladenen Nachweise geprüft.“

In Teil 2 des Produktmerkblatts (Details zur Förderung) heißt es u.a. weiter:

„Antragstellung

Der Antrag muss spätestens 3 Monate nach dem Einzug in das selbst genutzte Wohneigentum durch den (Mit-)Eigentümer gestellt werden. Es gilt das in der amtlichen Meldebestätigung angegebene Einzugsdatum.

Beim Erwerb von einer bereits selbst genutzten Wohneinheit (zum Beispiel Kauf der gemieteten Wohnung) muss der Antrag spätestens 3 Monate nach Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrags gestellt werden (…)“

Der Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder. Das jüngste Kind ist am 9. November 2017 geboren.

Nach Erwerb einer Wohnimmobilie in Stadtteil1 beantragte der Kläger am 15. Oktober 2018 online einen Zuschuss aus dem KfW-Programm „Baukindergeld - Zuschuss (424)“. Er gab dabei in der Eingabemaske des KfW-Online-Portals als Verwendungszweck des Zuschusses den „Kauf eines gebrauchten Eigenheims“ an und bestätigte aktiv durch einen Mausklick, dass er vor der Antragstellung in das Wohneigentum eingezogen sei. Ferner stimmte er den AGB und den Bedingungen des Produktmerkblatts mittels Opt-in-Funktion zu (Anlage B 2, Bl. 112 ff. d.A).

Am selben Tag bestätigte die Beklagte den Eingang des Antrags. Sie werde dem Kläger einen Zuschuss in Höhe von 24.000,00 €, zahlbar in 10 Raten von 2.400,00 € pro Jahr auszahlen, „wenn der Kläger die Einhaltung der Förderbedingungen nachweise“. Hierzu seien die entsprechenden Dokumente, u.a. eine amtliche Meldebestätigung, die sich zum Einzugsdatum verhalten solle, bis zum 30. Juni 2019 hochzuladen (Anlage B 4, Bl. 116f. d.A.).

In der Folgezeit lud der Kläger u.a. eine amtliche Meldebestätigung im Zuschussportal hoch, die als Einzugsdatum den 19. Oktober 2018 auswies (Anlage B 5, Bl. 120 d.A.). Nachdem die Beklagte die hochgeladenen Nachweise geprüft hatte, lehnte sie mit Schreiben vom 11. März 2019 (Anlage B 8, Bl. 124 d.A.) die Auszahlung des Zuschusses mit der Begründung ab, es fehlten für eine abschließende Prüfung noch Informationen; namentlich sei die Einhaltung der Produktbedingungen gemäß Produktmerkblatt noch nicht nachgewiesen. Der Kläger habe bis zum 30. Juni 2019 noch einmal die Möglichkeit, im KfW-Zuschussportal die Auszahlung zu beantragen. Mit E-Mail vom 24. April 2021 (Anlage B10, Bl. 130 d.A.) an den Prozessbevollmächtigten des Klägers führte die Beklagte aus, die Förderbedingungen seien in Person des Klägers nicht erfüllt, da der Antrag vor dem Einzug in das Wohneigentum gestellt worden sei. Eine erneute Antragstellung sei für den Kläger nicht möglich, da er vor mehr als drei Monaten in die Immobilie eingezogen sei.

Die Ablehnung der Auszahlung der Fördermittel bei verfrühter Antragstellung entsprach der ständigen Praxis der Beklagten bei vergleichbaren Sachverhalten.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, jedenfalls im Zeitpunkt der Prüfung des Antrags durch die Beklagte seien alle Unterlagen vorgelegt und die Antragsvoraussetzungen erfüllt gewesen. Ein entsprechender Vertrag sei bereits mit der Antragsbestätigung der Beklagten vom 15. Oktober 2018, die als aufschiebend bedingte Annahmeerklärung zu werten sei, zu Stande gekommen. Die aufschiebende Bedingung, den Nachweis der Förderbedingungen, habe der Kläger durch Einreichung der Dokumente geführt. Der Kläger habe aufgrund des Inhalts der Eingangsbestätigung der Beklagten darauf vertrauen dürfen, dass sein Antrag nach Eingang der erforderlichen Dokumente bearbeitet und positiv beschieden werde. Im Übrigen folge ein Anspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V. mit den Förderrichtlinien ebenso wie aus vorvertraglichem Verschulden (c.i.c.), weil die Beklagte den Kläger pflichtwidrig nicht darauf hingewiesen habe, dass der Antrag verfrüht gestellt worden sei. Das Transparenzgebot des § 307 Abs.1 S. 2 BGB sei im Hinblick auf die Ungültigkeit „vorfristiger Anträge“ verletzt. Soweit die Beklagte sich auf die Verfristung berufe, sei dies rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 242 BGB.

Der Kläger hat erstinstanzlich zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 24.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Januar 2020 zu zahlen.

Sodann hat er beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2019 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab dem Jahr 2020 jeweils 2.400,00 € pro Jahr zahlen, fällig jeweils zum 31. Dezember, erstmalig zum 31. Dezember 2020 und letztmals zum 31. Dezember 2028 jeweils nebst Zinsen in Höhe von jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem jeweils fälligen Betrag am 1. Januar des jeweils darauffolgenden Jahres.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, die Zuschussvereinbarung werde abgeschlossen, indem die Beklagte mit ihrer Bestätigung gegenüber dem Zuschussempfänger ein verbindliches Angebot auf Abschluss eines Zuschussvertrages abgebe, welches der Zuschussempfänger mit der Einreichung von Nachweisen für die Erfüllung der Fördervoraussetzungen annehme. Die Zuschussvereinbarung sei zustande gekommen, nachdem der Kläger mit Einreichung der Unterlagen erklärt habe, dass er das Baukindergeld zu den Vertragsbedingungen in Anspruch nehmen wolle. Die vereinbarten Auszahlungsvoraussetzungen seien jedoch nicht gegeben, weil der Kläger - wie die Meldebestätigung ergebe - erst am 19. Oktober 2018 und damit abweichend von den Förderbedingungen nach Antragstellung in das Wohnobjekt eingezogen sei.

Der Kläger habe im Zuge der Antragstellung im Förderportal zudem wahrheitswidrig erklärt, bereits in die Wohnimmobilie eingezogen zu sein. Dies berechtige sie gemäß § 4 der AGB zur Kündigung der Zuschussvereinbarung aus wichtigem Grund.

Auch unterliege die Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen Personen mit finanziellen Zuwendungen gefördert würden, einer weiten und im Wesentlichen nicht justiziablen Einschätzungsprärogative, deren Grenze erst überschritten sei, wenn die festgelegten Förderbedingungen sowie die darauf basierende Entscheidung über die Ablehnung einer Zuschussauszahlung gegen das Willkürverbot aus § 3 Abs. 1 GG verstießen. Die Entscheidung der Beklagten sei indessen nicht willkürlich und beruhe nicht auf sachfremden Erwägungen. Sie diene dazu, in handhabbarer Weise sicherzustellen, dass die Ausreichung der Fördermittel nicht dadurch verkompliziert werde, dass bei einer relevanten Zahl von Fällen der Erwerb der Immobilie nach Beantragung der Förderung stocke oder ganz scheitere. Das Förderprogramm sei aufgrund des erheblichen Fördervolumens ein Massenverfahren, das auf klar abgrenzbare Kriterien, deren Erfüllung im Zeitpunkt der Antragstellung überprüfbar sei, zurückgreifen müsse.

Zur ergänzenden Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte mit dem angefochtenen Urteil zur Zahlung des Zuschusses für das Jahr 2019 sowie zur zukünftigen Zahlung ab dem Jahr 2020 jeweils in Höhe 2.400,00 € unter teilweiser Zurückweisung von Nebenforderungen verurteilt.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf die begehrte Förderung aus dem zwischen den Parteien am 15. Oktober 2018 geschlossenen Vertrag zu, der mit der Erklärung der Beklagten vom 15. Oktober 2018 (Eingangsbestätigung) zustande gekommen sei. Aus verobjektivierter Sicht habe der Kläger diese Erklärung als Annahme seines Antrags auf Förderung verstehen dürfen, die unter der aufschiebenden Bedingung stehen sollte, dass der Kläger innerhalb der genannten Frist durch Hochladen einer amtlichen Meldebestätigung, der Einkommenssteuerbescheide sowie eines Grundbuchauszugs die Einhaltung der Förderbedingungen nachweise. Dies folge aus den verwendeten Formulierungen im Indikativ („beträgt", „wird ausgezahlt", „KfW zahlt Ihnen", „Sie erhalten"), die auf eine feststehende Auszahlung ebenso schließen ließen, wie der Tag des 15. Oktober 2018 als Datum der „Zusage" und nicht etwa als „vorläufige Zusage“, „Vorbescheid", „Vorabinformation" oder eine „Information zu den nächsten Schritten“ bezeichnet werde. Gestützt werde dies durch den Text des Produktmerkblatts, der von einer „Antragsbestätigung“ und nicht von einer Bestätigung des Eingangs des Antrags spreche. Ferner werde davor gewarnt, dass der Zuschussbetrag entfallen oder der Zuschuss verfallen könne, wenn der Termin zum Hochladen der Nachweise fruchtlos verstreiche. Nach allgemeinem Sprachverständnis könne aber nur etwas verfallen, was schon einmal gegeben gewesen sei.

Demgegenüber bedeuteten die Formulierung „wenn Sie die Einhaltung der Förderbedingungen nachweisen" und der Hinweis, dass die erste Zuschussrate nach Prüfung der Dokumente und positiver Entscheidung überwiesen werde, nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht, dass die eigentlich verbindliche Annahmeerklärung noch ausstehe, sondern vielmehr, dass die bereits erklärte Annahme unter der aufschiebenden Bedingung des Nachweises mittels Dokumentenuploads stehe. Dies ergebe sich daraus, dass die Beklagte schon in der Erklärung vom 15. Oktober 2018 davon spreche, dass das Produktmerkblatt und die AGB Bestandteile des Zuschussvertrags und rechtsverbindlich seien.

Der aufschiebend bedingt geschlossene Vertrag sei nach Eintritt der Bedingungen auch wirksam geworden. Bei den Bestimmungen zum Antragszeitraum handele es sich nicht um Bedingungen im Sinne von § 158 Abs. 1 BGB, mit deren Einhaltung der Vertrag stehen oder fallen solle. Es handele sich bei der Frage des richtigen Zeitpunkts für die Antragstellung nach objektivem Empfängerhorizont um eine Verfahrensfrage, welcher allein ordnende Funktion zukomme. Dies folge v.a. aus dem Förderzweck, namentlich dem Ersterwerb von Wohneigentum zur Selbstnutzung durch die Familie. Überprüft werden müsse also nur, ob erstmalig Wohneigentum erworben wird und ob das erworbene Objekt von der Familie selbst genutzt wird. Die Frage, wann der Förderantrag gestellt werde, sei für das Erreichen des Förderzwecks unerheblich.

Die Bestimmung zum Antragszeitraum sei als Allgemeine Geschäftsbedingung überdies ohnehin unwirksam. Was die Einschränkung des Zeitraums für den Antrag angehe, weiche die Regelung vom Gesetz ab, dass eine solche Einschränkung nicht kenne. Die streitgegenständliche Regelung sei in Zusammenschau mit der Regelung zum Eigentumserfordernis nicht klar und verständlich sei (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Schon in einfach gelagerten Fällen könne es dazu kommen, dass sich der Interessent nicht erschließen könne, wann er den Antrag zu stellen habe, nämlich immer dann, wenn zwischen Einzug und Eigentumserwerb mehr als drei Monate lägen, was das Landgericht näher ausführt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Sie rügt die Rechtsanwendung des Landgerichts und macht geltend, dass der Kläger die Fördervoraussetzungen nicht erfülle, denn er habe den Förderantrag am 15. Oktober 2018 und damit bevor er die Wohnimmobilie bezogen habe, gestellt.

Es handele sich bei der maßgeblichen Regelung um eine „echte Fördervoraussetzung“. Dass der Antragsteller bereits in das Wohneigentum eingezogen sein müsse, diene der Effektivität des Verfahrens, denn das Förderprogramm sei als Massenverfahren nur bei strenger Formalisierung handhabbar. Überflüssige Arbeitsschritte seien zur Wahrung der Funktionsfähigkeit des Verfahrens zu vermeiden. Zu jenen könne es aber kommen, wenn es dem Antragsteller gestattet werde, erst nach der Antragstellung in die zu fördernde Immobilie einzuziehen. Es sei nämlich nicht auszuschließen, dass der Antragsteller nach Antragstellung aber vor dem Einzug noch vom Erwerb der Immobilie absehe, was die Beklagte dann mit der Bearbeitung eines zwischenzeitlich erledigten Antrags überflüssigerweise belaste.

Die Voraussetzung „Einzug vor Antragstellung“ unterliege keiner AGB-Kontrolle, da kein Rechtsanspruch auf Erhalt des Baukindergeldes bestehe. Vielmehr handele es sich um eine freiwillige Fördermaßnahme der Bundesrepublik Deutschland. Eine Rechtsnorm, die dem Kläger einen Anspruch für die Bewilligung der Fördermittel vermittele, existiere dementsprechend nicht. Die Zuwendung erfolge lediglich auf Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigen Ermessen der Beklagten und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

Nur ausnahmsweise bestehe ein Anspruch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz durch eine Selbstbindung der Verwaltung. Ein solcher Fall liege hier indessen nicht vor, da die Förderpraxis der Beklagten ausnahmslos so gestaltet sei, dass die Förderung abgelehnt werde, wenn die Antragstellung vor dem Einzug erfolge. Entgegen der Ansicht des Landgerichts habe die rechtliche Begründung daher nicht daran anzusetzen, wie die maßgeblichen Förderrichtlinien auszulegen seien, sondern allein daran, welche Förderpraxis die Beklagte angewendet habe.

Die Förderbedingung „Einzug vor Antragstellung“ sei auch nicht willkürlich im Sinne des Art 3 Abs.1 GG. Sie beruhe nicht auf sachfremdem Erwägung, sondern diene dazu, sicherzustellen, dass der Antragsteller zur Zielgruppe der Förderung gehöre. Wohne ein Antragsteller mit seiner Familie bei Einzug bereits in der erworbenen Immobilie, nutze die Familie sie typischerweise auch dauerhaft selbst, womit der Förderzweck, Förderung von Wohnungseigentum von Familien mit Kindern zu Selbstnutzung, optimal umgesetzt werde.

Die Beklagte beantragt,

das am 11. Dezember 2020 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, Az.: 2-13 O 125/20, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens die angefochtene Entscheidung.

II.
Die zulässige Berufung ist in der Sache begründet. Unter Abänderung des angefochtenen Urteils ist die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf (künftige) Auszahlung des „Baukindergeld - Zuschusses (424)“.

Ein Vertrag über die Gewährung eines Zuschusses zum Immobilienerwerb des Klägers in Form des sog. Baukindergeldes ist auf der Grundlage der seit dem 18. September 2018 geltenden Zuschussbedingungen zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Ein Zahlungsanspruch auf vertraglicher Grundlage besteht deshalb nicht.

Es kann dahinstehen, ob die Eingangsbestätigung vom 15. Oktober 2018, wie der Kläger meint, bereits als Annahmeerklärung der Beklagten zu werten ist, oder ob es sich um eine invitatio ad offerendum (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 6. August 2021 - 4 U 18/21 -, Rn. 11, juris) mit der Maßgabe handelt, dass der jeweilige Antragsteller nunmehr die Einhaltung der Förderbedingungen nachzuweisen habe.

Jedenfalls hat die Beklagte das Zustandekommen des Vertrages unter die aufschiebende Bedingung gemäß § 158 Abs.1 BGB gestellt, dass alle Fördervoraussetzungen durch den Antragssteller eingehalten werden. Diese sind vorliegend nicht durchgängig eingehalten, da der Kläger entgegen § 2 Abs. 2 S. 1 der AGB i.V.m. dem Produktmerkblatt „den Zuschuss nicht nach Einzug in das selbst genutzte Wohneigentum gestellt hat.

Soweit das Landgericht die Einhaltung des Antragszeitpunkts (nach Einzug) nicht als Bedingung, sondern als bloße das Verfahren ordnende Vorgabe ansieht, trifft dies nicht zu. Eine aufschiebende Bedingung gemäß § 158 Abs. 1 BGB liegt nach allgemeiner Definition dann vor, wenn der Eintritt eines Rechtsgeschäfts von einem zukünftigen, ungewissen Ereignis abhängt (BGH NJW 1994, 3227, 3228 BeckRS). Bei der Bestimmung der Frage, ob eine Bedingung vorliegt, ist zu prüfen, ob die endgültige Wirksamkeit des ganzen Geschäfts nach dem Parteiwillen, der objektiv anhand von Treu und Glauben und den Erwartungen nach der Verkehrssitte zu ermitteln ist, geregelt werden soll (MüKoBGB/Westermann, 9. Aufl. 2021, BGB § 158 Rn. 11, BeckOGK/Reymann, Stand 1. März 2021, BGB § 158 Rn. 53, BeckRS).

Gemessen an diesen Grundsätzen handelt es sich bei der Festschreibung des Antragszeitpunkts um eine aufschiebende Bedingung. Die Beklagte hat zur Statuierung des Erfordernisses, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Antragstellung bereits in die Wohnimmobilie eingezogen sein muss, Gründe der Effektivität des Ausreichungsprozesses, insbesondere die Vermeidung überflüssiger Antragsbearbeitung angeführt. Diese vom Kläger nicht in Zweifel gezogenen Gründe gehen über eine bloß ordnende Funktion des Erfordernisses der Einhaltung eines Antragszeitpunkts hinaus. Es ist evident, dass die Beklagte kein Interesse daran haben kann, sich gegenüber jemanden, der die Förderbedingungen nicht einhält, zur Auszahlung verbindlich zu verpflichten, um den Vertrag dann später wegen der Nichteinhaltung der Förderbedingungen gemäß § 4 Abs.1 S 1 lit. a, Alt. 2) der AGB kündigen zu müssen. Angesichts des Massencharakters des Zuschussverfahrens ist eine strenge Formalisierung unerlässlich, um die Verfahren in angemessener Zeit zu bewältigen. In der Gesamtschau mit den weiteren, ebenfalls konstituierenden Voraussetzungen zur Auszahlung des Zuschusses handelt es sich daher bei der Bestimmung des Einzugsdatums als Fördervoraussetzung um ein konstitutives Erfordernis, welches die Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes bedingt.

Die Beklagte kann sich auch wirksam darauf berufen, dass die Antragsstellung spätestens drei Monate nach dem Einzug in das selbst genutzte Wohneigentum zu erfolgen hat. Die Bedingung ist nicht unwirksam gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.

Die im Produktmerkblatt festgehaltene Regelung stellt eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne § 305 Abs. 1 S. 1 BGB dar. Sie geht über eine lediglich verwaltungsintern wirkende Förderrichtlinie im hiesigen Kontext hinaus (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 28. Juni 2016 - XI ZR 319/14 -, Rn. 20, juris zu den Allgemeinen Bedingungen eines öffentlichen geförderten Investitionszuschusses).

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrages stellt. Von dieser Definition sind sämtliche einseitig für eine mehrfache Verwendung vorgefertigten Erklärungen des Verwenders erfasst, die den Vertragsinhalt regeln sollen (BGH, NJW 1987, 1634, 1634 BeckRS). Dazu ist es ausreichend, wenn nach dem objektiven Wortlaut bei den Empfängern den Eindruck hervorgerufen wird, es solle der Inhalt eines vertraglichen Rechtsverhältnisses bestimmt werden (BGH, NJW 1996, 2574 BeckRS).

So liegen die Dinge hier. Gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 der AGB werden die Förderregelungen der Produktmerkblätter zu echten Vertragsbedingungen erhoben. Sie sind im Zuge der Beantragung des Zuschusses zu beachten und nach § 2 Abs. 4 der AGB Voraussetzung für den Abschluss des privatrechtlichen Vertrages. Dies folgt auch aus den Angaben im KfW-Online-Portal, wonach sich der Antragsteller als „sonstige Erklärungen zum Zuschussvertrag“ damit einverstanden erklärt, dass neben den AGB die im Produktmerkblatt enthaltenen Regelungen Bestandteil des Zuschussvertrages sind.

Soweit der Senat sich im Parallelverfahren mit nicht veröffentlichtem Hinweisbeschluss vom 1. November 2021 - 17 U 118/20 - dahingehend positioniert hat, das Produktmerkblatt „stelle lediglich eine verwaltungsintern wirkende, das Ermessen lenkende Verwaltungsvorschrift dar, erfolgte diese Bewertung unter der Prämisse einer vom vorliegenden Fall abweichenden Versäumung einer Anspruchsvoraussetzung und ohne die Einordnung der Vertragsvoraussetzungen als AGB. Sollte danach der Eindruck entstanden sein, der Senat sehe in den Fördervoraussetzungen in einer der vorliegenden Konstellationen vergleichbaren keine AGB, so hält der Senat diese Auffassung nicht (mehr) aufrecht.

Die streitgegenständliche Förderbedingung unterfällt hingegen nicht der Inhaltskontrolle. Nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB sind Gegenstand der Inhaltskontrolle solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Darunter fallen Abreden, die ihrer Art nach nicht der Regelung durch Gesetz oder andere Rechtsvorschriften unterliegen, sondern von den Vertragspartnern festgelegt werden. Aus dem Anwendungsbereich scheiden daher Abreden aus, die Voraussetzungen, Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflichten unmittelbar regeln, also leistungsbestimmenden Charakter haben. Davon abzugrenzen sind Bestimmungen, die eine bereits bestehende Leistungspflicht des Verwenders einschränken, modifizieren oder aufheben. Diese unterliegen der Inhaltskontrolle (BGH, Urteil vom 24. April 1991 - VIII ZR 180/90 -, Rn. 42, juris; BGH, Urteil vom 19. November 1991 - X ZR 63/90 -, Rn. 15, juris; BGH, Urteil vom 12. Dezember 2000 - XI ZR 138/00 -, Rn. 12, juris).

Nach Maßgabe dieser Kriterien hat die streitgegenständliche Förderbedingung leistungsbestimmenden Charakter. Bereits die Entstehung der einseitig verpflichtenden Hauptpflicht der Beklagten zur Auszahlung des Zuschusses hängt ungeachtet der eingangs aufgezeigten Bewertung als Angebot oder Annahme unter einer aufschiebenden Bedingung davon ab, dass die Voraussetzungen für den Abschluss des privatrechtlichen Fördervertrags durch den Antragsteller durchgängig erfüllt werden. Dies folgt aus dem durch die Beklagte bestimmten Abwicklungsprozedere für die Auszahlung des Zuschusses, welches die Beklagte unter der Überschrift „Wie geht es nach der Antragsstellung weiter?“ beschrieben hat. Danach verschickt die Beklagte nach Antragseingang nur eine Antragsbestätigung aber keine Vertragsbestätigung. Sie behält sich zudem ausdrücklich die Prüfung der Einhaltung der Förderbedingungen für den Eintritt in den späteren Auszahlungsprozess vor. Es handelt sich daher im Kern um die privatautonom bestimmte Auswahlentscheidung des jeweiligen Vertragspartners durch die Beklagte. Für diese Sichtweise streiten überdies die eingangs benannten Gründe der Effektivität des Ausreichungsprozesses.

Ungeachtet dessen existieren auch keine gesetzlichen Vorgaben, die sich zu den auf der Antragstellerseite zu erfüllenden Voraussetzungen für den Abschluss eines Fördervertrags verhalten.

Das Baukindergeld ist Teil eines von der Bundesrepublik vorgelegten Korrekturmaßnahmenplanes nach Artikel 7 Abs. 2 der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (Verordnung (EU) Nr. 1176/2011). Es diente zuletzt der Umsetzung der Empfehlung des Rates der Europäischen Union vom 9. Juli 2019 zum nationalen Reformprogramm Deutschlands 2019 (8 ST/10158/2019/INIT). Neben der Anregung, in Deutschland stärker bezahlbaren Wohnraum zu etablieren, sind der Empfehlung keine konkreten Vorgaben zu den Fördermaßnahmen immanent.

Das bundesdeutsche Subventionsgesetz in der Fassung vom 29. Juli 1976 weist keine Vorgaben für die Förderpraxis auf. § 2 Abs. 1 Nr. 2 SubvG enthält lediglich eine an Subventionsgeber gerichtete Informationspflicht vor der Bewilligung einer Subvention dem Subventionsnehmer, diejenigen Tatsachen als subventionserheblich im Sinne des § 264 StGB mitzuteilen, die nach Richtlinien über die Subventionsvergabe für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention erheblich sind. Darüberhinausgehende Maßgaben für die Vergabe selbst enthält das Gesetz nicht.

Vor diesem Hintergrund besteht keine gesetzliche Regelung, von welcher die streitgegenständliche Förderbedingung abweichen könnte.

Die betroffene Förderbedingung genügt auch dem aus des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB folgenden Transparenzgebot. Danach kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, die Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Er muss einerseits die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner soll andererseits ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte und Pflichten feststellen können, damit er die rechtliche Tragweite der Vertragsbedingungen bei Vertragsschluss hinreichend erfassen kann und nicht von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird. Die Klausel muss deshalb nicht nur in ihrer Formulierung verständlich sein, sondern auch die mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit wie möglich verdeutlichen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 2019 - VI ZR 156/18 -, Rn. 23, juris; BGH, Urteil vom 16. Januar 2020 - IX ZR 351/18 -, Rn. 25, juris). Abzustellen ist dabei auf die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden (BGH, Urteil vom 18. Februar 2020 - VI ZR 135/19 -, BeckRS 2020, 6441, Rn. 8, beck-online m.w.N.)

Auf Grundlage dieser höchstrichterlichen Vorgaben ist die Klausel, wonach die Antragsstellung spätestens drei Monate nach Einzug in das selbst genutzte Wohneigentum zu erfolgen hat, nicht zu beanstanden. Sie richtet sich an die Eigentümer selbst genutzten Wohneigentums, in welchem ein kindergeldberechtigtes Kind gemeldet ist. Ein gesonderter Erkenntnishorizont angesichts der gesellschaftlichen Breite des förderberechtigten Personenkreises ist nicht auszumachen, so dass auf die Erkenntnismöglichkeiten eines Verbrauchers abzustellen ist. Danach enthält die Klausel in ihren tatbestandlichen Voraussetzungen keine Unklarheit. Sie ist in einfacher Sprache formuliert und richtet sich transparent direkt an den Verbraucher mit der an dieser gerichteten Frage: „Wann und wie ist der Zuschuss zu beantragen?“ Für die Einhaltung des dreimonatigen Antragszeitraums ist der Eingang des Antrags im KfW-Zuschussprotal maßgebend. Die weiteren Förderbedingungen machen deutlich, dass das Einzugserfordernis an die Vorlage einer Meldebestätigung geknüpft ist. Das Einzugsdatum ist mit dem amtlichen Meldedatum der Meldebestätigung gleichgesetzt, wie aus Teil 2 des Produktmerkblatts folgt.

Die Rechtsfolgen der Nichteinhaltung der Förderbedingung sind unschwer für den Verbraucher auszumachen. Die Fördervoraussetzung ist im Indikativ formuliert, die Beklagte hat sich zudem die Prüfung der „Nachweise“ vorbehalten. Nach den Erkenntnismöglichkeiten eines Durchschnittsverbrauchers ist somit hinreichend deutlich, dass es sich um zwingende Anspruchsvoraussetzungen handelt, deren Nichteinhaltung die Auszahlung des Zuschusses hindern.

Die Klausel enthält auch nicht deswegen eine Undeutlichkeit, weil der Interessent sich nicht erschließen könne, wann er den Antrag zu stellen habe, wenn zwischen Einzug und Eigentumserwerb mehr als drei Monate liegen. Im Hinblick auf den Antragszeitpunkt ist der Eigentumserwerbszeitpunkt, ausgewiesen durch das Datum des notariellen Kaufvertrages, und die daran anknüpfende Frist von drei Monaten nur in der Konstellation maßgebend, dass der Antragssteller eine schon selbst genutzte Wohneinheit nachträglich zu Eigentum erwirbt. In allen andern Fällen, ist das Einzugsdatum für den Lauf der Dreimonatsfrist maßgebend. Diese Differenzierung ist in Teil 2 des Produktmerkblatts unter der Überschrift „Antragstellung“ durch zwei klar getrennte Absätze deutlich vorgenommen.

Die Beklagte unterliegt schließlich auch keinem Kontrahierungszwang. Ein solcher Zwang zum Abschluss eines Zuschussvertrages ist zwar grundsätzlich anzunehmen, weil die Beklagte von der Bundesrepublik mit der Vergabe der Zuschüsse beauftragt wurde. Er besteht allerdings nur dann, wenn die Vergabeobergrenze noch nicht erreicht ist und die Voraussetzungen, an die der Staat die Vergabe der Mittel geknüpft hat, im Einzelfall erfüllt sind (vgl. hierzu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 14. September 2020 - 6 ZB 20.1652 -, Rn. 9 ff., juris; Senat, Beschluss vom 25. Januar 2021 - 17 U 110/20), was hier nicht der Fall ist.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen der Verletzung von Informations- oder Aufklärungspflichten gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 BGB i.V.m. den Grundsätzen der culpa in contrahendo (c.i.c.), weil die Beklagte ihn nicht bis zum Zeitpunkt der Antragsstellung darauf hingewiesen habe, dass der Antrag verfrüht gestellt worden sei.

Insoweit kann offenbleiben, ob zwischen den Parteien bereits durch die Registrierung des Klägers auf dem Online-Portal am 5. Oktober 2018 und die am 15. Oktober 2018 erfolgte Antragsstellung ein vorvertragliches Schuldverhältnis durch die Anbahnung eines Zuschussvertrages (§ 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB) oder durch andere geschäftlich Kontakte (§ 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB) zustande gekommen ist. Sollte ein vorvertragliches Schuldverhältnis bestanden haben, hätte die Beklagte ihre daraus folgenden Pflichten jedenfalls nicht verletzt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht bei Vertragsverhandlungen keine allgemeine Rechtspflicht, den anderen Teil über alle Einzelheiten und Umstände aufzuklären, die dessen Willensentschließung beeinflussen könnten. Vielmehr ist grundsätzlich jeder Verhandlungspartner für sein rechtsgeschäftliches Handeln selbst verantwortlich und muss sich deshalb die für die eigene Willensentscheidung notwendigen Informationen auf eigene Kosten und eigenes Risiko selbst beschaffen. Eine Rechtspflicht zur Aufklärung bei Vertragsverhandlungen auch ohne Nachfrage besteht allerdings dann, wenn der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise die Mitteilung von Tatsachen erwarten durfte, die für seine Willensbildung offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind (BGH, Urteil vom 14. September 2017 - VII ZR 307/16 -, Rn. 14, juris). Umfang und Intensität solcher Aufklärungspflichten hängen dabei zum einen vom jeweiligen Vertragstypus ab. Zum anderen kommt es auf die konkrete Verhandlungssituation an, insbesondere auf die persönlichen Umstände der Verhandlungspartner (Feldmann in: Staudinger, BGB, Stand: 2018, § 311 Rn. 124, juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen war der Hinweis der Beklagten im KfW-Online-Portal auf den Inhalt ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen und des Produktmerkblatts, dessen Erhalt sich die Beklagte vom Kläger mittels Opt-in-Funktion zudem bestätigen ließ, ausreichend, um dem Informationsbedürfnis des Klägers Rechnung zu tragen. Aus dem Inhalt der Förderbedingungen folgt deutlich, dass der Antragsteller bereits bei der Antragstellung in die Wohnimmobilie eingezogen sein muss. Dies ergibt sich aus dem Teil 1 des Produktmerkblatts aus den Erläuterungen zu den Fragestellungen „Wann und wie ist der Zuschuss zu beantragen?“. Hier ist ausdrücklich ausgeführt, dass der Antragsteller bei Antragstellung in (sein) Wohneigentum eingezogen sein muss. Die weiteren Erklärungen in Teil 2 zum Stichwort „Antragstellung“ vermitteln dem Antragsteller ebenfalls deutlich die Information, dass der Antrag nach dem Einzug zu erfolgen hat und für den zu dokumentierenden Einzug, das in der amtlichen Meldebestätigung angegebene Einzugsdatum maßgebend ist.

Eine über die Bereitstellung von vorformulierten Informationen hinausgehende gesonderte Pflicht zur Aufklärung etwa in Gestalt des Abdrucks des Produktmerkblatts in der Eingabemaske des KfW-Online-Portals oder einer vorab erteilten gesonderten E-Mail an den jeweiligen Antragssteller bestand nicht. Insoweit ist die Typizität der Vergabe wohnwirtschaftlicher Zuschussprodukte der KfW als Masseverfahren zu berücksichtigen. Eine formalisierte Informationsbereitstellung ist unter Effektivitätsgesichtspunkten unerlässlich, um die Vielzahl der Verfahren bewältigen zu können, was die Beklagte vom Kläger unwidersprochen dargelegt hat. Überdies hat sich die Beklagte einem etwaigen individuellen Informationsmehrbedürfnis der Antragsteller nicht entzogen. Wie der Fußnote des Produktmerkblatts zu entnehmen ist, bestand ein kostenfrei telefonisch erreichbares Infocenter der Beklagten.

Angesichts der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht hat der Kläger wegen der durchweg geltenden Fördervoraussetzungen keinen aus dem aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Gleichheitsgrundsatz beruhenden Anspruch auf Auszahlung des Zuschusses. Dies gilt unabhängig davon, dass der Kläger eine die Selbstbindung (Art. 20 Abs. 3 GG) auslösende abweichende Förderpraxis der Beklagten, wonach der Zuschuss auch dann gewährt werde, wenn der Antragsteller den Antrag vor dem Einzug in das selbst genutzte Wohneigentum stelle, nicht behauptet und ein solche Förderpraxis auch nicht besteht.

Mangels Hauptanspruchs besteht auch kein Anspruch auf die als Nebenforderung erhobenen Zinsen.

Die Kostentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10 S. 1, 711, 709 S. 2 ZPO.

Die Voraussetzung für eine Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Frankfurt a. Main

Erscheinungsdatum:

02.02.2022

Aktenzeichen:

17 U 119/20

Rechtsgebiete:

Allgemeines Schuldrecht
AGB, Verbraucherschutz
Beurkundungserfordernis
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

BGB §§ 305 Abs. 1 S. 1, 307 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 3 S. 1