BGH 08. März 2019
V ZR 343/17
BGB §§ 1020, 745

Einheitliche Wahrnehmung der Unterhaltungspflicht nach Bestellung mehrerer Grunddienstbarkeiten; Pflicht zur anteiligen Kostentragung

letzte Aktualisierung: 7.6.2019
BGH, Urt. v. 8.3.2019 – V ZR 343/17

BGB §§ 1020, 745
Einheitliche Wahrnehmung der Unterhaltungspflicht nach Bestellung mehrerer
Grunddienstbarkeiten; Pflicht zur anteiligen Kostentragung

Sind die Berechtigten einer Grunddienstbarkeit und der Eigentümer des dienenden Grundstücks zur
gleichberechtigten Mitbenutzung des Grundstücks befugt, können sie voneinander in
entsprechender Anwendung von § 745 Abs. 2 BGB eine Regelung verlangen, dass die
Unterhaltungspflicht für die der Ausübung der Dienstbarkeit dienenden Anlagen einheitlich
wahrgenommen wird, wenn anders eine geordnete und sachgerechte Erfüllung dieser Pflicht nicht
gewährleistet ist.

Entscheidungsgründe:

I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist eine vertragliche Vereinbarung
zwischen den Parteien über die anteilige Kostentragung nicht zustande gekommen.
Zwar habe es einen Entwurf einer entsprechenden Abrede gegeben.
Dieser sei aber nicht unterzeichnet worden. Gegen die Annahme eines Vertragsschlusses
spreche somit bereits die in § 154 Abs. 2 BGB enthaltene Auslegungsregel.
Der Vertrag gelte im Zweifel als nicht geschlossen, bis die in
Aussicht genommene Beurkundung erfolgt sei. Allein der Umstand, dass die
Beklagten Teilzahlungen an den Kläger geleistet hätten, rechtfertige nicht die
Annahme eines Vertragsschlusses, zumal die Beklagten den ihnen übersandten
Abrechnungen widersprochen hätten.

Ein Zahlungsanspruch des Klägers ergebe sich auch nicht nach den
Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag. Zwar sei den Beklagten ein
Geh-, Fahr- und Leitungsrecht bestellt worden, so dass sie nach § 1020 Satz 2
BGB die Verpflichtung treffe, die auf dem Grundstück gehaltene Anlage in ordnungsgemäßem
Zustand zu unterhalten. Die abgeschlossene Haftpflichtversicherung
diene aber nicht der Unterhaltung der Anlage oder der Erfüllung von
Verkehrssicherungspflichten, sondern allein dem Interesse des Klägers als Eigentümer
der Straße im Fall einer möglichen Haftung gegenüber Dritten und
damit seiner finanziellen Absicherung im Schadensfall. Auch seien weder die
Verwaltungskosten noch die Kontoführungsgebühren Kosten, die der Unterhaltung
der Anlage dienten. Dies ergebe sich, soweit es die Zeit bis einschließlich
2014 betreffe, aus dem Leistungskatalog in § 3 Abs. 1 des zunächst abgeschlossenen
Verwaltungsvertrages. Dessen Gegenstand betreffe in weiten Teilen
vereinsinterne Angelegenheiten und Aufgaben. Er diene daher allein der
Wahrnehmung von Interessen des Klägers. Selbst wenn die Übertragung von
Verwaltungsaufgaben als Wahrnehmung der nach § 1020 Satz 2 BGB obliegenden
Pflichten verstanden würde, entspreche die Einschaltung eines Verwalters
nicht dem Willen der Beklagten. Sie hätten mit ihren Widersprüchen gegen
die Abrechnungen zum Ausdruck gebracht, dass sie mit dem Abschluss des
Verwaltungsvertrages nicht einverstanden seien. Zwar sei ein entgegenstehender
Wille des Geschäftsherrn in den Fällen des § 679 BGB unbeachtlich. Die
Voraussetzungen dieser Ausnahmeregelung lägen hier aber nicht vor.

II.
Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung
kann ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten auf eine anteilige
Tragung der noch zwischen den Parteien streitigen Kosten nicht verneint werden.
1. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass
zwischen den Parteien keine Vereinbarung über die anteilige Tragung der
streitgegenständlichen Kosten zustande gekommen ist, weil der schriftliche Vertrag
von den Beklagten nicht unterzeichnet worden ist.

a) Die Nichtunterzeichnung der Vertragsurkunde führt nach der Auslegungsregel
des § 154 Abs. 2 BGB im Zweifel zum Scheitern des Vertragsschlusses.
Die Auslegungsregel greift allerdings nicht ein, wenn die Vertragsurkunde
für die Parteien keine konstitutive Bedeutung hat, der Vertragsschluss
also nicht mit der Beurkundung steht und fällt. An einer konstitutiven Bedeutung
fehlt es etwa dann, wenn die Vertragsurkunde nur Beweiszwecken dienen soll
(vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 2008 - XII ZR 66/06, NJW 2009, 433 Rn. 27
mwN). Voraussetzung ist insoweit die Feststellung ausreichender Anhaltspunk-
te (BGH, Urteil vom 14. März 1991 - I ZR 201/89, NJW-RR 1991, 1053, 1054).
Auch wenn die Parteien den noch nicht unterzeichneten Vertrag einvernehmlich
in Vollzug setzen, können sie damit zu erkennen geben, dass der Vertrag wirksam
werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 2008 - XII ZR 66/06, NJW
2009, 433 Rn. 28).

b) Nach diesen Maßstäben ist die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts
nicht zu beanstanden. Feststellungen, die die Schlussfolgerung
zulassen, dass der Vertragsurkunde keine konstitutive Bedeutung zukommen
sollte, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Die Revision zeigt auch keinen
Vortrag auf, der in dieser Hinsicht Anhaltspunkte liefert. Ohne Erfolg verweist
sie ferner darauf, dass der Vertrag von den Parteien in Vollzug gesetzt worden
sei. Zwar ist zugunsten des Grundstücks der Beklagten eine Grunddienstbarkeit
in das Grundbuch eingetragen worden. Dies führt auch unter Berücksichtigung
des Umstandes, dass sich die Beklagten bis einschließlich 2010 entsprechend
der nicht unterzeichneten Vereinbarung an den Kosten beteiligt haben, aber
nicht zur Annahme eines gleichwohl erfolgten Vertragsschlusses. Wie sich aus
§ 2 Nr. 1 der als Anlage K 6 vorliegenden schriftlichen Vereinbarung ergibt, sollte
ab dem Jahr 2010 ein jährlicher Vorschuss in Höhe von 300 € gezahlt werden.
Aus der einmaligen Zahlung eines solchen Vorschusses kann nicht zwingend
darauf geschlossen werden, dass der Vertrag auch ohne Unterzeichnung
wirksam werden sollte.

2. Die Kostentragungspflicht der Beklagten ergibt sich jedoch aus einer
entsprechenden Anwendung von § 745 Abs. 2, §§ 748, 742 BGB. Sind die Berechtigten
einer Grunddienstbarkeit und der Eigentümer des dienenden Grundstücks
zur gleichberechtigten Mitbenutzung des Grundstücks befugt, können sie
voneinander in entsprechender Anwendung von § 745 Abs. 2 BGB eine Regelung
verlangen, dass die Unterhaltungspflicht für die der Ausübung der Dienst-
barkeit dienenden Anlagen einheitlich wahrgenommen wird, wenn anders eine
geordnete und sachgerechte Erfüllung dieser Pflicht nicht gewährleistet ist. Die
Kosten für die einheitliche Wahrnehmung der Unterhaltungspflicht tragen in einem
solchen Fall entsprechend §§ 748, 742 BGB anteilig die Dienstbarkeitsberechtigten
und der mitnutzungsberechtigte Grundstückseigentümer.

a) Dem Grundstückseigentümer steht gegen jeden Dienstbarkeitsberechtigten
aufgrund des Begleitschuldverhältnisses ein Anspruch zu, auch die Unterhaltungspflicht
gemäß § 1020 Satz 2 BGB so zu erfüllen, dass der Eigentümer
geschont wird. Das Begleitschuldverhältnis entsteht als gesetzliche Folge
der Bestellung der Dienstbarkeit und findet in den §§ 1020 bis 1023 BGB seinen
besonderen Ausdruck. Es hat dienende Funktion und umfasst die das Nutzungsrecht
begleitenden Pflichten des aus der Dienstbarkeit Berechtigten (vgl.
Senat, Urteil vom 28. Juni 1985 - V ZR 111/84, BGHZ 95, 144, 146 ff.; BGH,
Beschluss vom 30. Oktober 1986 - III ZR 10/86, NVwZ 1987, 356), aber auch
entsprechende Pflichten des Eigentümers des belasteten Grundstücks (vgl. Senat,
Urteil vom 3. Februar 1989 - V ZR 224/87, BGHZ 106, 348, 350). Diese
Pflichten bestimmen sich nach Inhalt und Zweck der Dienstbarkeit (Senat, Urteil
vom 19. September
2008 - V ZR 164/07, NJW 2008, 3703 Rn. 17 mwN). Wie die Unterhaltungspflicht
erfüllt, mithin der Leistungserfolg herbeigeführt wird, obliegt jeweils
dem Dienstbarkeitsberechtigten. Sind mehrere gleichrangige Dienstbarkeiten
bestellt, kann sich die objektive Notwendigkeit einer einheitlichen Wahrnehmung
der Unterhaltspflichten ergeben, etwa im Hinblick auf die Vielzahl der
Dienstbarkeitsberechtigten und die damit verbundene Gefahr eines unkoordinierten
Vorgehens bei der Erfüllung der Unterhaltungspflicht. Das Gesetz regelt
diesen Fall allerdings nicht.

aa) Aus § 1024 BGB lässt sich ein Anspruch auf Abschluss einer Vereinbarung
mit einer entsprechenden Regelung nicht ableiten. Die Vorschrift betrifft
unmittelbar lediglich den Konflikt mehrerer zusammentreffender Nutzungsrechte,
die nebeneinander nicht oder nicht vollständig ausgeübt werden können.
Das Verhältnis der Berechtigten zueinander hinsichtlich etwaiger Pflichten aus
den gleichrangigen dinglichen Rechten ist nicht Gegenstand der Vorschrift (NKBGB/
Otto, 4. Aufl., § 1024 Rn. 14). Die lediglich punktuelle Regelung kann zwar
unter Berücksichtigung der Gesetzgebungsgeschichte (vgl. Mugdan, Band III:
Sachenrecht, 1899, S. 271) als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens
angesehen werden, so dass grundsätzlich eine entsprechende Anwendung der
Vorschrift auf das Verhältnis der Pflichten von gleichrangigen Dienstbarkeitsberechtigten
in Betracht gezogen werden kann. Eine Analogie scheitert aber hier
daran, dass auch dem klagenden Verein als Eigentümer des Straßengrundstücks
und Anlieger ein Mitbenutzungsrecht an den Anlagen zusteht. Das Eigentum
scheidet nach allgemeiner Ansicht als sonstiges Nutzungsrecht im Sinne
des § 1024 BGB aus (vgl. Senat, Urteil vom 19. September 2008 - V ZR
164/07, NJW 2008, 3703 Rn. 25 mwN).

bb) Auch das Begleitschuldverhältnis kommt als Grundlage für einen Anspruch
des Klägers nicht in Betracht. Aus diesem können sich Nebenpflichten,
etwa leistungssichernder Art, aber auch Mitwirkungs- und Schutzpflichten ergeben
(Staudinger/Weber, BGB [2016], § 1018 Rn. 135). Insoweit mag zwar unter
bestimmten Umständen noch eine Pflicht der Beklagten zur Koordinierung der
Unterhaltungspflicht mit anderen Dienstbarkeitsberechtigten aus dem Begleitschuldverhältnis
abzuleiten sein. Der Kläger will aber die Bündelung und damit
die Wahrnehmung der Unterhaltungspflichten für alle Dienstbarkeitsberechtigten
durch ihn bei einer anteiligen Tragung der ihm entstehenden Kosten erreichen.
Für eine derartige Veränderung des Pflichtengefüges bieten die aus dem
Begleitschuldverhältnis folgenden Mitwirkungs- und Schutzpflichten keine
Grundlage.

cc) Ein Anspruch auf Abschluss einer Vereinbarung, die die einheitliche
Wahrnehmung der Unterhaltungspflicht unter anteiliger Tragung der Kosten
durch alle Nutzungsberechtigte zum Gegenstand hat, kann sich aus der entsprechenden
Anwendung von § 745 Abs. 2 BGB ergeben. Danach kann jeder
Teilhaber, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen
Gegenstands durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss geregelt ist, eine
dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung
und Benutzung verlangen.

Die entsprechende Heranziehung der für die Gemeinschaft geltenden
Vorschriften hat der Senat bei der Verteilung der Kosten der Unterhaltung und
Instandsetzung von durch den Eigentümer und den Dienstbarkeitsberechtigten
gemeinschaftlich genutzten Anlagen bejaht (Urteil vom 12. November 2004 -
V ZR 42/04, BGHZ 161, 115, 122 f.). Ebenso hat er für den Anspruch auf eine
Ausübungsregelung bei der gleichberechtigten Grundstücksnutzung durch den
Dienstbarkeitsberechtigten und den Eigentümer auf das Gemeinschaftsrecht
zurückgegriffen (Senat, Urteil vom 19. September 2008 - V ZR 164/07, NJW
2008, 3703 Rn. 26). Für den vorliegenden Zusammenhang gilt nichts Anderes.
Auch hier liegt eine der Gemeinschaft vergleichbare Lage vor, die es rechtfertigt,
für die Frage der Organisation der Unterhaltungspflicht und der Verteilung
der insoweit entstehenden Kosten die für die Gemeinschaft geltenden Vorschriften
heranzuziehen. Der Gesetzgeber hat die strukturelle Vergleichbarkeit bei
gleichrangigen Nutzungsrechten gesehen und deshalb in § 1024 BGB eine dem
Gemeinschaftsrecht nachgebildete Regelung für den Fall einer notwendig werdenden
Ausübungsregelung angeordnet (vgl. Mugdan, Band III: Sachenrecht,
1899, S. 271). Vor diesem Hintergrund bestehen im Grundsatz keine Beden-
ken, auf Regelungen des Gemeinschaftsrechts bei gesetzlich nicht geregelten
Sachverhalten, wie hier bei der Notwendigkeit einer Regelung der Erfüllung der
Unterhaltungsverpflichtungen durch mehrere gleichrangige Nutzungsberechtigte
bei einer Mitbenutzung der Anlagen durch den Eigentümer des dienenden
Grundstücks, zurückzugreifen.

b) Nach diesen Grundsätzen sind die Beklagten gegenüber dem Kläger
entsprechend §§ 748, 742 BGB zur anteiligen Tragung der Kosten verpflichtet,
weil die Wahrnehmung der Unterhaltungspflichten der Anlagen durch ihn entsprechend
§ 745 Abs. 2 BGB billigem Ermessen entspricht.

aa) Zutreffend geht das Berufungsgericht von einer Unterhaltungspflicht
der Beklagten nach § 1020 Satz 2 BGB aus. Rechtsfehlerfrei nimmt es an, dass
es sich bei der Straße und den unter ihr befindlichen Leitungen um Anlagen im
Sinne von § 1020 Satz 2 BGB handelt. Unter einer Anlage im Sinne dieser Vorschrift
ist eine für eine gewisse Dauer bestimmte, von Menschenhand zur Benutzung
des Grundstücks geschaffene Einrichtung zu verstehen (Senat, Urteil
vom 17. Februar 2006 - V ZR 49/05, NJW 2006, 1428 Rn. 7). Als solche wird
auch eine befestigte Privatstraße angesehen (Senat, Urteil vom 17. Dezember
2010 - V ZR 125/10, NJW 2011, 1351 Rn. 14). Ebenso stellen ober- oder unterirdisch
geführte Ver- und Entsorgungsleitungen und Ver- und Entsorgungsrohre,
Lichtschächte und Kanaleinrichtungen Anlagen dar (vgl. RGZ 79, 375, 379;
BeckOK BGB/Wegmann [1.11.2018], § 1020 Rn. 8; BeckOGK/Alexander
[1.1.2018], BGB, § 1020 Rn. 90). Auch steht die Mitbenutzung durch den Eigentümer
oder Dritte einem „Halten“ der Anlage durch die Beklagten als Dienstbarkeitsberechtigte
nicht entgegen (vgl. Senat, Urteil vom 12. November 2004 -
V ZR 42/04, BGHZ 161, 115, 119 ff.). Die Unterhaltungspflicht trifft nicht nur die
Beklagten, sondern auch die anderen Dienstbarkeitsberechtigten.

bb) Die einheitliche Wahrnehmung der Unterhaltungspflicht durch eine
Person entspricht im vorliegenden Fall billigem Ermessen. Die Straße und die in
ihr verlegten Leitungen dienen der Erschließung einer Wohnsiedlung und weisen
eine erhebliche räumliche Ausdehnung aus. Ihnen kommt zudem eine wesentliche
funktionale Bedeutung für die Erschließung der Wohnsiedlung zu. Angesichts
der weit über 100 Dienstbarkeitsberechtigten bedarf daher die Erfüllung
der Unterhaltungspflicht einer einheitlichen Regelung. Nur durch sie kann
sichergestellt werden, dass die Unterhaltungspflichten durch ein koordiniertes
Vorgehen ordnungsgemäß und effektiv erfüllt werden.

cc) Auch kann der klagende Verein auf der Grundlage seines revisionsrechtlich
zu unterstellenden Vortrages verlangen, dass die Unterhaltungspflichten
allein durch ihn erbracht werden. Danach hat der Kläger die Unterhaltungspflichten
für die Anlagen, zu deren Nutzung die Dienstbarkeitsberechtigten befugt
sind, seit ihrer Erstellung wahrgenommen. Nach der Bestellung der Grunddienstbarkeiten
ist diese Praxis fortgesetzt worden. Ausgehend von den Ausführungen
des Prozessbevollmächtigten des klagenden Vereins in der mündlichen
Verhandlung war beabsichtigt, dass die Dienstbarkeitsberechtigten auch
dessen Mitglieder werden und die Finanzierung der durch die Unterhaltungspflichten
entstehenden Kosten über die Mitgliedsbeiträge erfolgen sollte. Nachdem
dieses Konzept sich nicht vollständig umsetzen ließ, verblieb die Wahrnehmung
der Unterhaltungspflichten bei dem Kläger, der mit den Dienstbarkeitsberechtigten
entsprechende Vereinbarungen über die anteilige Kostentragung
abgeschlossen hat oder abschließen wollte. Sofern diese nicht zustande
kamen, scheiterte dies nicht an der Frage, dass der Kläger die Unterhaltungspflichten
wahrnimmt, sondern an Meinungsverschiedenheiten bezüglich des
Umfangs und der Höhe der umgelegten Kosten. Auch im vorliegenden Rechtsstreit
haben die Beklagten nicht geltend gemacht, dass die Erfüllung der Unterhaltungspflichten
durch den Kläger nicht sachgerecht ist oder nicht ordnungs-
gemäß erfolgt. Daher ist davon auszugehen, dass es auch unter Berücksichtigung
der Interessen der Dienstbarkeitsberechtigten billigem Ermessen entspricht,
dass der klagende Verein deren Unterhaltungspflichten wahrnimmt.
dd) Der Kläger kann von der Beklagten dem Grunde nach die anteilige
Tragung der Vergütung der beauftragten Immobilienverwaltungsgesellschaft,
der Kosten des Girokontos und der Haftpflichtversicherung verlangen.

(1) Die Beauftragung einer Immobiliengesellschaft mit der Verwaltung
der Straße stellt sich als eine billigem Ermessen entsprechende Regelung dar.
Die Erfüllung der Unterhaltungsverpflichtung bedingt hier einen erheblichen Koordinierungsbedarf
und hat auch einen nicht unerheblichen Abrechnungsaufwand
zur Folge, der die Einschaltung einer Verwaltung rechtfertigt. Dies gilt im
Grundsatz auch für die Einrichtung eines gesonderten Girokontos und den Abschluss
einer Haftpflichtversicherung, die die Risiken der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht
- sie ist Bestandteil der Unterhaltungspflicht (vgl. Senat,
Urteil vom 12. November 2004 - V ZR 42/04, BGHZ 161, 115, 122) - im Interesse
aller Nutzungsberechtigten abdeckt.

(2) Der Kläger ist nicht verpflichtet, zunächst auf den Abschluss einer
Vereinbarung entsprechend § 745 Abs. 2 BGB zu klagen, die eine entsprechende
Pflicht zur anteiligen Tragung der Kosten der drei noch streitigen Positionen
vorsieht. Der Grundstückseigentümer ist vielmehr berechtigt, auch ohne
das vorherige Zustandekommen einer solchen Regelung Maßnahmen vorzunehmen,
die billigem Ermessen entsprechen, und die entstandenen Kosten von
dem Dienstbarkeitsberechtigten zu verlangen (vgl. Senat, Urteil vom 19. September
2008 - V ZR 164/07, NJW 2008, 3703 Rn. 24 mwN).

III.
Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben; es ist aufzuheben
(§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden,
weil noch Feststellungen zur Höhe der Kostentragungspflicht zu treffen
sind. Mangels Entscheidungsreife ist die Sache daher an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat weist für die weitere
Sachbehandlung auf Folgendes hin:

1. In Bezug auf die Kosten der von dem Kläger beauftragten Immobilienverwaltungsgesellschaft
können nur die Kosten für Tätigkeiten umgelegt werden,
die im Zusammenhang mit den Unterhaltungspflichten erforderlich sind.

Die Verwaltung von Grundstücken, die nicht mit Grunddienstbarkeiten belastet
sind, oder von Vermögenswerten, die nicht im Zusammenhang mit der Unterhaltungspflicht
stehen, fällt nicht hierunter. Dies gilt auch für Mitgliedsbeiträge,
es sei denn, diese werden für die Unterhaltungspflicht der Straße verwandt.

2. Die anteilige Tragung der Kosten für die Führung des Girokontos sind
nur erstattungsfähig, wenn dieses ausschließlich für die Abwicklung von Zahlungen
genutzt wird, die mit den Unterhaltungspflichten in Zusammenhang stehen.

3. Die Kosten der Haftpflichtversicherung sind nur dann anteilig von den
Beklagten zu tragen, wenn sie das Risiko der Verletzung von Unterhaltungsund
Verkehrssicherungspflichten durch den klagenden Verein abdeckt und damit
im Ergebnis auch die Dienstbarkeitsberechtigten schützt. Hingegen besteht
eine anteilige Kostentragungspflicht nicht, soweit die Haftpflichtversicherung
Risiken erfasst, die mit den Pflichten der Dienstbarkeitsberechtigten nicht in
Zusammenhang stehen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

08.03.2019

Aktenzeichen:

V ZR 343/17

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Dienstbarkeiten und Nießbrauch
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Erschienen in:

MittBayNot 2019, 448-450
NJW 2019, 2615-2618
NotBZ 2019, 298-300

Normen in Titel:

BGB §§ 1020, 745