Grundstückserwerb zu je ½ zur Errichtung eines Einfamilienhauses ist keine konkludente GbR-Gründung
letzte Aktualisierung: 15.7.2022
OLG Hamm, Urt. v. 6.4.2022 – 8 U 172/20
BGB §§ 125, 242, 311b Abs. 1 S. 1, 313 Abs. 1 u. 3, 705, 730, 812 Abs. 1 S. 1
Grundstückserwerb zu je ½ zur Errichtung eines Einfamilienhauses ist keine konkludente GbR-Gründung
1. Der Erwerb eines Grundstücks zu je ½ mit dem Ziel, darauf ein Einfamilienhaus zu errichten,
das künftig gemeinsam bewohnt werden soll, stellt keine konkludente Begründung einer BGBGesellschaft
dar, wenn der Zweck nicht über die Verwirklichung der Beziehung der Parteien
hinausgeht.
2. Die Vereinbarung über die Auseinandersetzung einer BGB-Gesellschaft, die die Übertragung
eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück zum Inhalt hat, bedarf zur Wirksamkeit der
notariellen Beurkundung. Die Berufung auf die Formnichtigkeit ist jedenfalls dann nicht
treuwidrig, wenn beide Parteien die Formbedürftigkeit kannten.
3. Scheitert eine nichteheliche Beziehung nach dem gemeinsamen Erwerb eines Baugrundstücks
und errichtet ein Partner nunmehr allein auf dem Grundstück ein Einfamilienhaus, kann er
anteiligen Ersatz seiner Aufwendungen nicht nach den Grundsätzen über Ausgleichsansprüche
nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft verlangen. Es verbleiben Ansprüche
wegen der Wertsteigerung des hälftigen Miteigentumsanteils des anderen Partners.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um die Übertragung eines hälftigen Miteigentumsanteils an einem
Grundstück und im Wege der Widerklage um Rückzahlung eines Darlehens.
Die Klägerin und der Beklagte führten eine nichteheliche Beziehung, in der sie mit
notariellem Kaufvertrag vom 20.04.2017 das im Klage- und Berufungsantrag bezeichnete
Grundstück zu einem Kaufpreis von 92.000 € je zur Hälfte erwarben. Sie wollten
gemeinsam ein Einfamilienhaus errichten und bewohnen. Der Beklagte beglich den
Kaufpreis für das Grundstück und gewährte der Klägerin für ihren hälftigen Anteil am
Kaufpreis ein unbefristetes Darlehen in Höhe von 46.000 €. Zur Finanzierung des
Bauvorhabens schlossen die Parteien einen Darlehensvertrag mit der Xbank über 275.000
€. Das Darlehen wurde von der Bank weitgehend ausbezahlt. Kurz nach Beginn des
Bauvorhabens scheiterte die Beziehung. Die Klägerin setzte das Bauvorhaben alleine fort
und veranlasste umfangreiche Investitionen in das Grundstück. Das inzwischen
fertiggestellte Einfamilienhaus nutzt sie alleine.
Eine von der Klägerin im Januar 2019 angestrebte Beurkundung eines notariellen Vertrags
zur Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils des Beklagten auf die Klägerin gegen
Zahlung von 46.000 € und zur Rückzahlung des vom Beklagten gewährten
Darlehensbetrags von der Klägerin an den Beklagten in Höhe von weiteren 46.000 € kam
nicht zustande.
Die Klägerin kündigte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 24.01.2019 eine aus ihrer Sicht
zwischen den Parteien bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur Errichtung des
Einfamilienhauses und forderte den Beklagten erfolglos zur „Rückäußerung“ des
Grundstücks auf. Dieser kündigte mit anwaltlichem Schreiben vom 02.04.2019 das von
ihm gewährte Darlehen und forderte die Klägerin unter Berücksichtigung einer
dreimonatigen Kündigungsfrist ebenfalls erfolglos zur Rückzahlung der 46.000 € auf.
Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, die Parteien hätten eine Gesellschaft
bürgerlichen Rechts mit dem Gesellschaftszweck „Bau eines Einfamilienhauses“
gegründet. Sie habe diese Gesellschaft gekündigt. Die Parteien hätten eine mündliche
Vereinbarung zur Auseinandersetzung der Gesellschaft getroffen, wonach der Beklagte
seinen hälftigen Miteigentumsanteil am Grundstück gegen Zahlung von 92.000 € an sie zu
übertragen habe. Eine Berufung auf die Formnichtigkeit der Vereinbarung sei treuwidrig,
weil sie wertsteigernde Investitionen in das Grundstück geleistet habe.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, seinen hälftigen Miteigentumsanteil im Grundbuch des
Amtsgerichtes Bad Oeynhausen von Grundstück01, Landwirtschaftliche-, Gebäude- und
Freifläche, Bstraße 0, zur gebuchten Größe von 1.992 qm Zug um Zug gegen Zahlung von
92.000,00 € an die Klägerin zu übertragen, vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von
2.217,45 € zuzüglich gesetzlicher Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszins ab
Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat in erster Instanz beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, die Parteien hätten keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern
eine Bruchteilsgemeinschaft gegründet. Die Parteien hätten nicht vereinbart, dass er
seinen hälftigen Miteigentumsanteil am Grundstück an die Klägerin übertragen müsse.
Jedenfalls sei eine solche Vereinbarung wegen der Formbedürftigkeit von
Grundstücksverträgen gemäß §§ 311b Abs. 1 Satz 1, 125 Satz 1 BGB nichtig.
Der Beklagte hat weiter vorgetragen, das von ihm gewährte Darlehen sei nach der
Kündigung und dem Ablauf der Kündigungsfrist zur Rückzahlung fällig.
Er hat in erster Instanz im Wege der Widerklage beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, an ihn 46.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten
über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.07.2019 zu zahlen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Sie hat hierzu vorgetragen, das Darlehen sei durch Verrechnung mit
Handwerkerleistungen erloschen. Die Parteien hätten vereinbart, dass sie das Darlehen
„durch Zahlung von Bauhandwerkerrechnungen und Leistungen der Klägerin zwecks
Errichtung des Einfamilienhauses“ verrechnen dürfe. Sie habe Handwerkerrechnungen in
Höhe von mindestens 62.217,29 € aus eigenen Mitteln bezahlt.
Dem hat der Beklagte entgegnet, dass es eine solche Verrechnungsabrede nicht gegeben
habe. Die zur Verrechnung gestellten Handwerkerrechnungen beträfen teilweise nicht das
Bauvorhaben. Außerdem habe die Klägerin die Handwerkerleistungen erst nach der
Trennung in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.
Die Klage sei unbegründet, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Übertragung des
hälftigen Miteigentumsanteils an dem Grundstück habe. Es könne dahinstehen, ob die
Parteien eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet hätten. Eine mündliche
Vereinbarung zwischen Gesellschaftern zur Übertragung eines Grundstückanteils sei nach
§§ 311b Abs. 1 Satz 1, 125 Satz 1 BGB formnichtig. Ausgleichsansprüche nach
Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft bestünden nicht, weil die Klägerin
dem Beklagten den hälftigen Miteigentumsanteil am Grundstück nicht zugewandt habe.
Demgegenüber sei die Widerklage begründet. Der Beklagte habe gegen die Klägerin
einen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens in Höhe von 46.000 € gemäß § 488 Abs.
1 Satz 2 BGB. Der Rückzahlungsanspruch sei durch Verrechnung mit
Handwerkerrechnungen nicht erloschen, weil die Klägerin eine entsprechende
Vereinbarung zwischen den Parteien nicht schlüssig dargetan habe.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches
Klagebegehren mit Ausnahme der Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten weiter
verfolgt. Sie trägt zur Begründung vor, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft
angenommen, sie hätte die Auseinandersetzungsvereinbarung zur Übertragung des
Miteigentumsanteils am Grundstück nicht schlüssig dargetan. Diese Vereinbarung sei nicht
formnichtig. Das Landgericht habe zudem übersehen, dass die Parteien in einer
langandauernden nichtehelichen Partnerschaft gelebt hätten. Der Bundesgerichtshof habe
Ausgleichsansprüche nach Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft anerkannt,
wenn ein Partner erheblich höhere Beträge zur Errichtung einer Immobilie geleistet habe.
Diese Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Fall, in dem ein Partner die Beiträge nach
Beendigung der Partnerschaft geleistet habe, zu übertragen.
Die Widerklage sei unbegründet. Das Landgericht habe verkannt, dass es nicht auf die
ursprüngliche, sondern auf die „neue Vereinbarung“ zwischen den Parteien ankomme.
Danach sollte die Rückzahlung des Darlehens und die Erstattung des vom Beklagten
gezahlten Anteils vom Kaufpreis nur gegen Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils
am Grundstück erfolgen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 10.09.2020 verkündeten Urteils des Landgerichts Bielefeld mit
dem Aktenzeichen 7 O 50/19 den Beklagten zu verurteilen, seinen hälftigen
Miteigentumsanteil an den im Grundbuch des Amtsgerichts Bad Oeynhausen von
Grundstück01, Landwirtschaftliche-, Gebäude- und Freifläche, Bstraße 0, zur gebuchten
Größe von 1.992 m² Zug um Zug gegen Zahlung von 92.000,00 € an die Klägerin zu
übertragen
und die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil. Die Klägerin habe nicht schlüssig dargetan, dass die
Parteien eine Vereinbarung zur Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils getroffen
hätten. Eine solche Vereinbarung sei jedenfalls formnichtig. Die Berufung auf die
Formnichtigkeit sei nicht treuwidrig. Ausgleichsansprüche nach der Trennung bestünden
nicht, weil die Parteien keine nichteheliche Lebensgemeinschaft geführt hätten.
Die Widerklage sei begründet. Das Landgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass
die Klägerin nicht schlüssig aufgezeigt habe, dass die Parteien eine Vereinbarung über die
Rückzahlung des Darlehens durch Verrechnung mit Handwerkerrechnungen getroffen
hätten. Die Parteien hätte auch keine neue Vereinbarung über die Rückzahlung des
Darlehens getroffen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das angegriffene Urteil (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
ZPO) und die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen und
der Widerklage stattgegeben.
1. Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Übertragung des hälftigen
Miteigentumsanteils an dem im Klage- und Berufungsantrag bezeichneten Grundstück
aufgrund einer mündlichen Vereinbarung der Parteien gemäß § 311 Abs. 1 BGB.
a) Es kann dahinstehen, ob die Parteien die umstrittene Vereinbarung zur Übertragung des
hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück getroffen haben. Das Landgericht ist
zutreffend davon ausgegangen, dass eine solche mündliche Vereinbarung formnichtig ist
(§§ 311b Abs. 1 Satz 1, 125 Satz 1 BGB).
Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück
zu übertragen, bedarf der notariellen Beurkundung (
Verstoß gegen die Formvorschrift führt zur Nichtigkeit (
Die Parteien haben unstreitig keinen Notarvertrag geschlossen. Der Beklagte hat die von
den Parteien angestrebte notarielle Beurkundung einer Grundstücksübertragung
abgelehnt. Der Entwurf des Notars aus Januar 2019 und eine etwaige mündliche
Vereinbarung der Parteien genügen nicht.
b) Die Berufung des Beklagte auf die Formunwirksamkeit ist nicht treuwidrig (§ 242 BGB).
aa) Der Gesetzgeber hat die Form des Rechtsgeschäfts der Disposition der Parteien
entzogen, so dass nach der Rechtsprechung besonders strenge Anforderungen an den
Grundsatz von Treu und Glauben zu stellen sind. Eine Berufung auf die Formnichtigkeit ist
nur ausgeschlossen, wenn die Rechtsfolgen der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts für die
betroffene Partei nicht nur hart, sondern schlechthin untragbar sind, etwa bei
Existenzvernichtung oder besonders schwerer Treuepflichtverletzung (vgl. BGH, Urteile
vom 16.07.2004, V ZR 222/03,
Ellenberger in Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 125 Rn. 22 ff.; Einsele in MüKo-BGB. 9. Aufl.,
§ 125 Rn. 58 ff.; jeweils mwN). Allerdings ist selbst dann eine Berufung auf einen Verstoß
gegen Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn beide Parteien die Formbedürftigkeit des
Rechtsgeschäfts kannten (vgl. BGH, Urteile vom 22.06.1973, V ZR 146/71, NJW 1973,
1455; vom 21.03.1969, V ZR 87/67,
BGB § 313 Nr. 23; Ellenberger in Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 125 Rn. 25; Einsele in
MüKo-BGB. 9. Aufl., § 125 Rn. 62).
bb) Nach diesen Vorgaben kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass der Beklagte
sich treuwidrig auf die Formvorschrift beruft.
Sie hat nicht aufgezeigt, dass die Nichtigkeit der Vereinbarung für sie schlechthin
untragbar ist. Etwaige von ihr getätigte Investitionen in das Grundstück – selbst im großen
Umfang – genügen hierfür nicht. Die Investitionen beruhen auf einem eigenen Entschluss
der Klägerin nach der Trennung. Außerdem ist sie ebenso wie der Beklagte hälftige
Miteigentümerin des Grundstücks und nutzt das inzwischen fertiggestellte Einfamilienhaus
alleine. Sie profitiert daher unmittelbar selbst von ihren Aufwendungen.
Ungeachtet dessen ist die Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben
ausgeschlossen. Beide Parteien kannten die Formbedürftigkeit der Übertragung des
hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück. Sie haben den gemeinsamen Erwerb des
Grundstücks vor dem Notar beurkunden lassen. Nach der Trennung wollten sie die
Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück vom Beklagten auf die
Klägerin notariell beurkunden lassen.
b) Die Klägerin kann ihr Klagebegehren auch nicht auf eine mündlich vereinbarte
Auseinandersetzung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß
aa) Die Parteien haben keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet, weil sie keinen
(konkludenten) Gesellschaftsvertrag i.S.v. § 705 BGB „zur Errichtung eines
Einfamilienhauses“ geschlossen haben.
Nach dem Vortrag der Klägerin sind die Parteien „im Hinblick auf die zukünftige
Lebensgestaltung“ übereingekommen, „gemeinsam ein Baugrundstück zu erwerben und
hierauf ein Einfamilienhaus zu errichten, das zukünftig gemeinsam bewohnt werden sollte“
(vgl. S. 2 der Klageschrift). Verfolgen die Partner – wie hier – einen Zweck, der nicht über
die Verwirklichung der Beziehung hinausgeht, bestehen grundsätzlich Zweifel an dem für
einen Gesellschaftsvertrag erforderlichen Rechtsbindungswillen. Davon abgesehen
bestand kein Bedürfnis für eine gesellschaftsvertragliche Regelung. Beide Parteien gingen
davon aus, alle Kosten hälftig aufzuteilen. Dementsprechend haben sie Verträge
abgeschlossen, wonach sie die Kosten für das Grundstück (Darlehensvertrag zwischen
den Parteien) und die Investitionen für das Einfamilienhaus (Darlehensvertrag mit der
Xbank) jeweils zur Hälfte tragen. Darin liegen eigenständige Vereinbarungen, die der
Annahme eines schlüssigen Zustandekommens eines Gesellschaftsvertrages
entgegenstehen (vgl. BGH, Urteile vom 09.07.2008, XII ZR 39/06, juris Rn. 13 ff.; vom
09.07.2008, XII ZR 179/05, juris Rn. 22).
bb) Zudem ist eine mündliche Vereinbarung über die Auseinandersetzung einer
Gesellschaft, mit der ein hälftiger Miteigentumsanteils an einem Grundstück übertragen
werden soll, formnichtig, weil das Formerfordernis des
Auseinandersetzungsvereinbarungen zwischen Gesellschaftern gilt (vgl. BGH, Urteil vom
13. 2. 1996, XI ZR 239/94,
c) Schließlich hat die Klägerin keine gesetzlichen Ausgleichsansprüche nach Beendigung
einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.
aa) Zwar kommen nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft wegen
wesentlicher Beiträge eines Partners, mit denen ein Vermögenswert von erheblicher
wirtschaftlicher Bedeutung geschaffen wurde, Ansprüche aus ungerechtfertigter
Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB) und nach den Grundsätzen über den
Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) in Betracht (vgl. BGH, Urteile vom
09.07.2008, XII ZR 39/06,
3277). Das kann etwa der Fall sein, wenn die Partner Miteigentümer einer Immobilie je zur
Hälfte sind, der eine aber erheblich höhere Beiträge hierzu geleistet hat als der andere
(vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2008, XII ZR 39/06,
bb) Die Voraussetzungen für solche Ausgleichsansprüche liegen aber nicht vor.
Die Klägerin hat nicht hinreichend dargetan, dass die Parteien vor ihrer Trennung eine
nichteheliche Lebensgemeinschaft führten. Sie ist den substantiierten Ausführungen des
Beklagten in der Berufungserwiderung, wonach dies nicht der Fall war (keine häusliche
Gemeinschaft, keine Wirtschaftsgemeinschaft, keine gemeinsame Lebensführung, keine
Kinder, kein gemeinsames Konto, Integration im jeweiligen Elternhaus, nur gelegentliche
Kontakte beim Hobby), nicht entgegengetreten. Der Vortrag des Beklagten gilt daher als
zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO).
Außerdem hat die Klägerin dem Beklagten keine „gemeinschaftsbezogene“ Zuwendung
gemacht. Der Beklagte hat seinen hälftigen Miteigentumsanteil am Grundstück selbst
erworben. Die Investitionen der Klägerin in das gemeinsame Grundstück erfolgten nach
Beendigung der Beziehung. Sie dienten nicht der Verwirklichung einer
Lebensgemeinschaft. Ohnehin kann eine Zuwendung der Klägerin an den Beklagten nicht
angenommen werden, soweit sie die Investitionen in das Grundstück mit dem
Bankdarlehen finanziert hat, das die Parteien gemeinsam aufgenommen haben. Insoweit
liegt keine einseitige Zuwendung, sondern eine gemeinsame Aufwendung vor.
Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt eine Übertragung der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs auf Zuwendungen, die erst nach Beendigung der Beziehung getätigt
werden, nicht in Betracht. Hintergrund für den Ausgleichsanspruch ist, dass der
„gemeinschaftsbezogenen Zuwendung“ die Vorstellung oder Erwartung des Zuwendenden
zugrunde liegt, dass die Lebensgemeinschaft, deren Ausgestaltung sie gedient hat, gerade
Bestand haben wird (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2008, XII ZR 179/05, juris Rn. 40, 43).
Das ist hier wegen der vorangegangenen Trennung der Parteien gerade nicht der Fall.
II. Die zulässige Widerklage ist begründet.
Der Beklagte hat gegen die Klägerin einen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens in
Höhe von 46.000 € gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB.
1. Die Parteien schlossen unstreitig einen unbefristeten Darlehensvertrag. Der Beklagte
valutierte das Darlehen in voller Höhe, in dem er den Kaufpreis für das Grundstück
beglich.
2. Der Rückzahlungsanspruch ist fällig.
a) Der Beklagte kündigte das Darlehen mit anwaltlichem Schreiben vom 02.04.2019. Die
Fälligkeit trat drei Monate nach der Kündigung ein (
b) Der Fälligkeit steht eine etwaige ursprüngliche Vereinbarung der Parteien, dass die
Klägerin das Darlehen „durch Zahlung von Bauhandwerkerrechnungen und Leistungen der
Klägerin zwecks Errichtung des Einfamilienhauses“ verrechnen durfte, nicht entgegen.
Eine solche Vereinbarung hat nach der Trennung der Parteien keine Gültigkeit mehr, weil
sich die Geschäftsgrundlage für eine solche Verrechnungsabrede – die gemeinsame
Errichtung eines Einfamilienhauses – schwerwiegend verändert hat und die Parteien eine
solche Vereinbarung nicht getroffen hätten, wenn sie das Scheitern der Beziehung
vorausgesehen hätten (§ 313 Abs. 1 BGB). Die Parteien hätten für den Fall der Trennung
vor Abschluss des Bauvorhabens die Rückzahlung des Darlehens nach den allgemeinen
Vorschriften zum Darlehensvertrag (§§ 488 ff. BGB) vorgesehen, weshalb eine
entsprechende Anpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage
angezeigt ist. Jedenfalls ist eine etwaige ursprüngliche Verrechnungsabrede durch die
Kündigung des Klägers aufgelöst worden (§ 313 Abs. 3 BGB).
c) Der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs steht auch eine etwaige nachträgliche
mündliche Vereinbarung der Parteien, dass der Rückzahlungsanspruch erst nach
Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils des Beklagten am Grundstück an die
Klägerin fällig sein soll, nicht entgegen.
Eine solche Vereinbarung ist mangels notarieller Beurkundung nach §§ 311b Abs. 1 Satz
1, 125 Satz 1 BGB formnichtig. Bei gemischten Verträgen (Übertragung eines
Miteigentumsanteils an einem Grundstück und Darlehensrückzahlung) erstreckt sich der
Formzwang auf den gesamten Vertrag, sofern dieser rechtlich eine Einheit bildet (vgl.
BGH, Urteil vom 06.12.1979, VII ZR 313/78,
Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 311b Rn. 32). Das ist der Fall, wenn die Vereinbarungen
nach dem Willen der Parteien derart voneinander abhängig sind, dass sie miteinander
„stehen und fallen" sollen (vgl. BGH, Urteile vom 06.12.1979, VII ZR 313/78, BGHZ 76,
43-50, juris Rn. 20 mwN). Von einer solchen rechtlichen Einheit ist hier auszugehen, weil
die Parteien die Rückzahlung des vom Beklagten gewährten Darlehens von der
Übertragung seines Miteigentumsanteils am Grundstück abhängig machen wollten. Das
ergibt sich ausdrücklich aus § 7 des notariellen Entwurfs aus Januar 2019. Beide
Vereinbarungen sollten also nur zusammen gelten, so dass der gemischte Vertrag
insgesamt dem Formerfordernis des
3. Der Rückzahlungsanspruch ist nicht erloschen.
Eine Verrechnung des Rückzahlungsanspruchs in Höhe von Bauhandwerkerrechnungen,
welche die Klägerin zur Errichtung des Wohnhauses beglichen hat, oder mit
Eigenleistungen, die sie hierfür erbracht hat, scheidet aus, weil nach der Trennung der
Parteien die Geschäftsgrundlage für eine solche Vereinbarung entfallen ist (s.o.).
Etwaige gesetzliche Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten wegen der
Wertsteigerung des hälftigen Miteigentumsanteils des Beklagten am Grundstück hat diese
nicht zur Aufrechnung gestellt.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Hamm
Erscheinungsdatum:06.04.2022
Aktenzeichen:8 U 172/20
Rechtsgebiete:
Unternehmenskauf
Allgemeines Schuldrecht
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Beurkundungserfordernis
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BGB §§ 125, 242, 311b Abs. 1 S. 1, 313 Abs. 1, 313 Abs. 3, 705, 730, 812 Abs. 1 S. 1