Bei mehreren Bewerbungen auf eine Notarstelle muss die Entscheidung der Justizverwaltung auch im Einklang mit den Belangen einer geordneten Rechtspflege stehen
letzte Aktualisierung: 15.9.2022
OLG Köln, Beschl. v. 21.6.2022 – Not 3/21
VwGO §§ 58 Abs. 2, 82 Abs. 1 S. 2, 114 S. 1, 123 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 2 S. 1; BNotO §§ 6 Abs. 1,
10 Abs. 1 S. 3, 67, 111b Abs. 1 S. 1; GG Art. 12 Abs. 1 S. 1
Bei mehreren Bewerbungen auf eine Notarstelle muss die Entscheidung der Justizverwaltung
auch im Einklang mit den Belangen einer geordneten Rechtspflege stehen
1. Wünscht ein Bewerber, der bereits Notar ist, die Verlegung seines Amtssitzes, um eine
ausgeschriebene freie Stelle einnehmen zu können, hat die Justizverwaltung bei mehreren
Bewerbungen nicht nur eine Auswahl nach
Entscheidung über die Bewerbung des bereits amtierenden Notars auch – und vorrangig – davon
ab, ob die Verlegung des Amtssitzes i. S. d.
geordneten Rechtspflege“ im Einklang steht. Bei der Beurteilung dieser Frage ist der
Justizverwaltung im Rahmen ihrer Organisationshoheit ein erheblicher, gerichtlich nur beschränkt
nachprüfbarer Entscheidungsspielraum eingeräumt.
2. Es ist vertretbar und vom Senat deshalb nicht zu beanstanden, wenn die Justizverwaltung die
Sicherstellung, dass sich auch künftig für die Stelle des Geschäftsführers einer Notarkammer
besonders geeignete Notaranwärter bewerben, als wichtigen „Belang der geordneten Rechtspflege“
bewertet.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Besetzung einer im Justizministerialblatt
Nordrhein-Westfalen vom 15. November 2020 ausgeschriebenen hauptberuflichen
Notarstelle für den Amtsgerichtsbezirk A. Die Bewerbungsfrist endete am 15. Dezember
2020.
Die heute 47-jährige Antragstellerin wohnt in B. Das die juristische Ausbildung
abschließende Staatsexamen bestand sie mit der Note „vollbefriedigend“ (10,16 Punkte).
Seit dem 1. August 2013 übt sie das Amt der Notarin im Amtsbereich B aus. Ihr Dienstalter
zum Ablauf der Bewerbungsfrist betrug 7 Jahre und 4 Monate.
Der beigeladene Mitbewerber C bestand das die juristische Ausbildung abschließende
Staatsexamen mit der Note „gut“ (12,07 Punkte). Mit Verfügung vom 7. März 2014 wurde
er in den Anwärterdienst für das Amt des Notars übernommen und war vom 1. April 2014
bis zum 25. Oktober 2015 der Notarin D in E zur Ausbildung zugewiesen. Zur Ableistung
seines zweiten Ausbildungsabschnitts des Anwärterdienstes wurde er am 26. Oktober
2015 der Geschäftsstelle der Rheinischen Notarkammer zugewiesen, wo er zunächst als
stellvertretender Geschäftsführer für die laufenden Geschäfte im Anwaltsnotariat und ab
Oktober 2017 aller laufender Geschäfte eingesetzt wurde. Ab dem 1. Juni 2018 – nach
Ernennung seines Vorgängers zum Notar – leitete der Beigeladene die Geschäftsstelle der
Rheinischen Notarkammer. Durch die dienstliche Beurteilung des Präsidenten der
Rheinischen Notarkammer vom 13. Januar 2021 wurden seine fachlichen Leistungen mit
der Note „sehr gut“ (18 Punkte) bewertet. Sein Dienstalter betrug unter Einbeziehung des
Wehr- bzw. Ersatzdienstes von 11 Monaten zum Ablauf der Bewerbungsfrist insgesamt
7 Jahre und 7 Monate.
Der Antragsgegner teilte der Antragstellerin durch Schreiben vom 4. März 2021 (Bl. 11
d.A.) mit, sie habe bei der Stellenbesetzung nicht berücksichtigt werden können. Dieser
Bescheid wurde der Antragstellerin am 9. März 2021 zugestellt und enthält keine
Rechtsbehelfsbelehrung. Der Entscheidung zugunsten des Beizuladenden und damit
gegen die Berücksichtigung der Antragstellerin liegt der Besetzungsvermerk vom
25. Februar 2021 zugrunde (Bl. 47 ff. BA). Zur Begründung wird im Wesentlich angeführt,
bei der der eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerten, allein organisationsrechtlich
und personalwirtschaftlich bestimmten Entscheidung sei zugunsten des Beizuladenden
dessen langjährige und erfolgreiche Tätigkeit als Geschäftsführer der Rheinischen
Notarkammer zu berücksichtigen. Selbst wenn dem Beizuladenden aufgrund seiner
Geschäftsführertätigkeit nur der Gleichrang mit der Antragstellerin als amtierender Notarin
eingeräumt würde, gebühre dem Beizuladenden wegen seiner besseren Eignung der
Vorzug. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Besetzungsvermerks
verwiesen.
In der Hauptsache ist am 25. Februar 2022 beim Oberlandesgericht Köln unter dem
Aktenzeichen Not 2/22 eine Klageschrift ohne bestimmten Klageantrag eingegangen, mit
der sich die Antragstellerin gegen den ablehnenden Bescheid vom 4. März 2021 wendet.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, die dem ablehnenden Bescheid zugrunde liegende
Auswahlentscheidung sei unrichtig und unzureichend begründet. Die Auswahl lasse sich
nicht mit dem verfassungsrechtlichen Geboten der Bestenauslese und dem Grundrecht
der Berufsfreiheit in Einklang bringen. Die Ermessenserwägungen seien unvollständig
bzw. jedenfalls nicht hinreichend dargelegt. Aufgrund des „Vorrückprinzips“ gebühre der
Antragstellerin als amtierender Notarin gegenüber dem Beigeladenen, der lediglich
Notaranwärter sei, der Vorzug. Bei Abfassung der dienstlichen Beurteilung des
Beigeladenen sei der Präsident der Rheinischen Notarkammer befangen gewesen. Die
Leistungen der Antragstellerin seien nicht hinreichend ermittelt und gewürdigt worden. Das
zweite Staatsexamen liege bei ihr 18 Jahre zurück, sodass diesem nur noch ein
eingeschränkter Aussagewert zukomme. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das
gesamte schriftsätzliche Vorbringen der Antragstellerin sowie ihren protokollierter Vortrag
in der Sitzung verwiesen.
Die Antragstellerin beantragt,
dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Ablauf von zwei
Wochen nach einer erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts über die Bewerbung der Antragstellerin auf die am 15. November 2020
ausgeschriebene Notarstelle in A zu untersagen, dem beigeladenen Mitbewerber die
Notarstelle zu übertragen.
Der Antragsgegner und der Beigeladene beantragen,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie verteidigen den ablehnenden Bescheid des Antragsgegners vom 4. März 2021.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vortrag der Beteiligten wird auf die Schriftsätze
nebst Anlagen verwiesen.
II.
1. Der statthafte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 S. 1
VwGO ist zulässig. Weil die Übertragung der Stelle auf den Beigeladenen vor Erlass der
Entscheidung in der Hauptsache die Verwirklichung eines etwaigen Anspruchs der
Antragstellerin auf Neubescheidung mit den Ziel, die ausgeschriebene Stelle zu erlangen,
vereiteln würde, ist die Untersagung im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123
Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 VwGO,
Köln als dem gemäß § 111 Abs. 1 BNotO für die Hauptsache zuständigen Gericht möglich.
Die am 25. Februar 2022 beim Oberlandesgericht Köln eingegangene Verpflichtungsklage
nach § 42 Abs. 1, Fall 2 VwGO hat die Klagefrist gewahrt, sodass eine
Hauptsacheentscheidung zugunsten der Antragstellerin nicht schon mangels Zulässigkeit
der Hauptsacheklage ausgeschlossen ist. Weil der ablehnende Bescheid vom 4. März
2021 keine Rechtsmittelbelehrung enthält, genügte gemäß § 58 Abs. 2 VwGO die
Einlegung der Verpflichtungsklage innerhalb eines Jahres seit Zustellung. Dass die
Klageschrift entgegen § 82 Abs. 1 S. 2 VwGO keinen bestimmten Antrag enthält, ist
unschädlich, weil es sich nur um eine Soll-Vorschrift handelt.
2. Mangels Anordnungsanspruchs ist der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung
aber unbegründet. Der Antragstellerin steht kein Anspruch auf Neubescheidung über die
Stellenvergabe zu.
Die Entscheidung des Antragsgegners, die im Justizministerialblatt für das Land
Nordrhein-Westfalen vom 15. November 2020 für den Amtsgerichtsbezirk A
ausgeschriebene Notarstelle der Antragstellerin nicht zu übertragen, ist rechtlich nicht zu
beanstanden und verletzt sie nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 2, 114 S. 1 VwGO).
Eine Ermessensausübung dürfen die Gerichte entsprechend dem Rechtsgedanken des
§ 114 S. 1 VwGO auch im Fall einer allgemeinen Leistungs- oder Unterlassungsklage
lediglich darauf überprüfen, ob das Bestehen eines Ermessens gesehen worden ist, die
gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer
dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist
(BGH, Beschluss vom 20.07.2020 – NotZ (Brfg) 5/19, juris Rn. 4). Ermessenserwägungen
können § 114 S. 2 VwGO auch noch im gerichtlichen Verfahren ergänzt werden.
Ein Fall des Ermessensnichtgebrauchs liegt nicht vor, denn der Antragsgegner hat
Ermessenswägungen angestellt. Seine Ermessensentscheidung, dem Beigeladenen
aufgrund seiner erfolgreichen und langjährigen Tätigkeit als Geschäftsführer der
Rheinischen Notarkammer gegenüber der als amtierenden Notarin tätigen
Antragsgegnerin aus organisationsrechtlichen und personalwirtschaftlichen Gründen den
Vorrang bei der Stellenvergabe einzuräumen, weist keine Ermessensfehler auf.
a) Wünscht eine Bewerberin, die – wie die Antragstellerin – bereits Notarin ist, die
Verlegung ihres Amtssitzes, um eine ausgeschriebene freie Stelle einnehmen zu können,
hat die Justizverwaltung bei mehreren Bewerbungen nicht nur eine Auswahl nach § 6
Abs. 1 BNotO zu treffen. Vielmehr hängt ihre Entscheidung über die Bewerbung des
bereits amtierenden Notars auch – und vorrangig – davon ab, ob die Verlegung des
Amtssitzes im Sinne des
Rechtspflege“ in Einklang steht. Bei der Beurteilung dieser Frage ist der Justizverwaltung
im Rahmen ihrer Organisationshoheit ein erheblicher, gerichtlich nur beschränkt
nachprüfbarer Entscheidungsspielraum eingeräumt. Dieser ist insgesamt weiter als
derjenige bei einer reinen Auswahlentscheidung nach
wird der bereits amtierende Notar nicht in seiner Berufswahlfreiheit im Sinne des Art. 12
Abs. 1 S. 1 GG, sondern durch das mögliche weitere Festhalten an seinem bisherigen
Amtssitz lediglich in der Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG), die
aufgrund der staatlichen Bindungen des Notaramts von vornherein besonderen
Beschränkungen unterliegt (BGH, Beschluss vom 25.11.2013 – NotZ (Brfg) 9/13,
b) Es ist vertretbar und vom Senat deshalb nicht zu beanstanden, wenn die
Justizverwaltung die Sicherstellung, dass sich auch künftig für die Stelle des
Geschäftsführers einer Notarkammer besonders geeignete Notaranwärter bewerben, als
wichtigen „Belang der geordneten Rechtspflege“ bewertet. Die Notarkammern üben
gemäß § 67 BNotO für die geordnete Rechtspflege wesentliche Aufgaben aus. Die
umfangreichen Aufgaben einer Notarkammer können nicht allein durch die ehrenamtlichen
Mitglieder ihrer Organe (
darauf angewiesen, dass ihre Entscheidungen durch hauptamtliche Beschäftigte der
Notarkammer vorbereitet und ausgeführt werden. Deshalb sieht § 14 Abs. 1 der Satzung
der Rheinischen Notarkammer die Bestellung eines Geschäftsführers für Personal- und
Standesangelegenheiten vor. Die Tätigkeit des Geschäftsführers wird bei der Rheinischen
Notarkammer von einem Notaranwärter ausgeübt, der aufgrund seiner Ausbildung und
Erfahrung über das notwendige Wissen über den Notarberuf und die Fähigkeiten verfügt
und der anders als ein Notar mit eigenem Amtsbereich seine voller Arbeitskraft dieser
Aufgabe widmen kann. Die Beurteilung, dass ein Geschäftsführer, der nicht Notaranwärter
ist, diese Tätigkeit nicht in gleicherweise erledigt kann und deshalb geeignete
Notaranwärter benötigt werden, fällt in den weiten Entscheidungsspielraum der
Justizverwaltung und ist nicht zu beanstanden.
c) Einem Notaranwärter darf nicht dadurch ein Nachteil entstehen, dass er langjährig im
Interesse einer geordneten Rechtspflege unter Inkaufnahme der damit regelmäßig
verbundenen längeren Anwärterzeit das Amt eines Geschäftsführers einer
Standesorganisation ausgeübt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 11.08.2009 – NotZ 4/09,
unmittelbar nach Ablauf der Mindestdauer des Anwärterdienstes mit guter Aussicht auf
Erfolg auf eine freiwerdende Notarstelle bewerben, worauf er nur deshalb verzichtet, um
die Tätigkeit als Geschäftsführer (weiter) auszuüben zu können. Damit besonders
geeignete Notaranwärter trotz der damit verbundenen Verlängerung des Anwärterdienstes
um mehrere Jahre für die Tätigkeit des Geschäftsführers einer Notarkammer gewonnen
werden können, muss ihnen als Anreiz in Aussicht gestellt werden, dass sie im Rahmen
der Gesamtabwägung in angemessenem Umfang auch Vorrang vor amtierenden Notaren
erhalten können (Bremkamp in: Frenz/Miermeister, 5. Auflage 2020, § 10 BNotO Rn. 32).
Dieser „Belang der geordneten Rechtspflege“ ist allerdings nicht allein ausschlaggebend
und darf nicht zur schematischen Bevorzugung eines (ehemaligen) Geschäftsführers einer
Notarkammer gegenüber einem Notar führen, der seinen Amtssitz verlegen möchte (vgl.
BGH, Beschluss vom 18.07.2011 – NotZ (Brfg) 1/11,
Insbesondere sind bei auffälligen, erheblichen Eignungsunterschieden der Bewerber die
Bestenauslese durchgreift (BGH, Beschluss vom 18.07.2011 – NotZ (Brfg) 1/11, ZNotP
2011, 394 ff., juris Rn. 14; BGH, Beschluss vom 22.03.2010 – NotZ 11/09, ZNotP 2010,
316 ff., juris Rn. 19). Bei der Prüfung, ob ein auffälliger, erheblicher Eignungsunterschied
besteht, kann dabei nicht entscheidend auf den Gesichtspunkt der Berufserfahrung
abgestellt werden, weil dies im Vergleich zwischen Notaranwärter und amtierendem Notar
stets zugunsten des Letzteren ausgehen würde und ein Vorrang des Notaranwärters im
Leistungsvergleich damit von vornherein ausgeschlossen wäre (BGH, Beschluss vom
11.08.2009 – NotZ 4/09,
d) Bei Anwendung dieser Grundsätze bewegt sich die vom Antragsgegner getroffene
Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen und gegen die Antragstellerin
innerhalb des der Justizverwaltung eingeräumten Ermessensspielraums und ist
hinreichend begründet worden. Bereits auf der Ebene der organisationsrechtlichen und
personalwirtschaftlichen Ermessensausübung hat der Antragsgegner dem Beigeladenen
den Vorrang eingeräumt. Er hat sich den Ausführungen des Präsidenten der Rheinischen
Notarkammer in dessen Votum vom 26.01.2021, wonach dem Beigeladenen unter
Berücksichtigung seiner „erfolgreichen und langjährigen Tätigkeit als Geschäftsführer der
Notarkammer“ (Bl. 53 BA) ), der Vorrang gebühre, ohne dass dadurch das Prinzip der
Bestenauslese verletzt werde, hat sich der Antragsgegner in vollem Umfang
angeschlossen (Bl. 56 BA) und dadurch auch die tragenden Erwägungen zu eigen
gemacht. Einer erneuten Aufführung dieser Erwägungen bedurfte es nicht. Auch durch die
Bezugnahme auf die Erwägungen des Präsidenten der Rheinischen Notarkammer ergibt
sich hinreichend deutlich, dass der Antragsgegner sich bewusst war, dass einem
Geschäftsführer einer Notarkammer nicht generell und schematisch der Vorrang gebührt,
sondern eine Ermessensentscheidung zu treffen ist. Dass das Datum, ab dem der
Beigeladene als (Haupt-)Geschäftsführer eigenverantwortlich die Geschäfte der
Rheinischen Notarkammer geführt hat, sich nicht unmittelbar aus der
Besetzungsentscheidung selbst, sondern nur aus der – allerdings ausdrücklich in Bezug
genommenen – dienstlichen Beurteilung vom 13. Januar 2021 ergibt, ist unschädlich,
zumal nach Auffassung des Senats ohnehin der gesamte Zeitraum der Tätigkeit in der
Geschäftsführung der Notarkammer zu berücksichtigen ist. Dass der Beigeladene seine
Tätigkeit bei der Geschäftsstelle der Rheinischen Notarkammer am 26. Oktober 2015
aufgenommen hat, wird in der Besetzungsentscheidung ausgeführt. Jedenfalls eine
Tätigkeit von rund fünf Jahren – wie im vorliegenden Fall – für die Notarkammer kann als
„langjährig“ gewertet werden. Ebenso wird in der Auswahlentscheidung hervorgehoben,
dass seine Tätigkeit erfolgreich war und mit der Bestnote „sehr gut“ (18 Punkte) bewertet
worden ist.
Es wird auch ausgeführt, dass und unter welchen Bedingungen dem Prinzip der
Bestenauslese gegenüber den organisationsrechtlichen und personalwirtschaftlichen
Erwägungen der Verzug gebühren muss. In einem Leistungsvergleich wird ausführlich
dargelegt, dass unter dem Gesichtspunkt der Bestenauslese ebenfalls dem Beigeladenen
der Vorrang gebührt. Ob dem zu folgen ist, kann offen bleiben. Jedenfalls besteht kein
auffälliger, erheblicher Eignungsvorsprung der Antragstellerin gegenüber dem
Beigeladenen, wenn man die Berufserfahrung außer Betracht lässt (so BGH, Beschluss
vom 11.08.2009 – NotZ 4/09,
der die juristischen Ausbildung abschließenden Staatsprüfung keine bessere Note erzielt,
ihr Dienstalter ist nicht höher und sie hat – über die beanstandungsfreie Amtsführung
hinaus – keine besondere Leistungen erbracht, die einen auffälligen, erheblichen
Eignungsvorsprung gegenüber dem Beigeladenen belegen würden.
Eine Verwaltungspraxis dahingehend, dass amtierende Notare in der Regel Vorrang vor
Geschäftsführern von Notarkammern eingeräumt wird, besteht nicht, sodass die
Auswahlentscheidung des Antragsgegners auch nicht gegen eine etwaige Selbstbindung
bei der Ermessensausübung verstoßen kann.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO, 111b Abs. 1 S. 1
BNotO. Weil es sich um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt, ist der
Verfahrenswert gemäß § 111 g Abs. 2 S. 2 BNotO auf die Hälfte des Regelwerts für das
Hauptsacheverfahren von 50.000 € (
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Köln
Erscheinungsdatum:21.06.2022
Aktenzeichen:Not 3/21
Rechtsgebiete:Notarielles Berufsrecht
Normen in Titel:VwGO §§ 58 Abs. 2, 82 Abs. 1 S. 2, 114 S. 1, 123 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 2 S. 1; BNotO §§ 6 Abs. 1, 10 Abs. 1 S. 3, 67, 111b Abs. 1 S. 1; GG Art. 12 Abs. 1 S. 1