BGH 22. März 2023
XII ZB 105/22
BGB § 1617; EGBGB Art. 10 Abs. 1; StAG § 4 Abs. 1

Rückwirkender Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit; Geburtsname nach Maßgabe deutschen Sachrechts

letzte Aktualisierung: 5.6.2023
BGH, Beschl. v. 22.3.2023 – XII ZB 105/22

BGB § 1617; EGBGB Art. 10 Abs. 1; StAG § 4 Abs. 1
Rückwirkender Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit; Geburtsname nach Maßgabe
deutschen Sachrechts

Erwirbt ein Kind aufgrund Anerkennung der Vaterschaft durch einen Deutschen nach § 4 Abs. 1
Satz 2 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit, führt das Kind – vorbehaltlich einer abweichenden
Rechtswahl der Sorgerechtsinhaber – gemäß Art. 10 Abs. 1 EGBGB grundsätzlich einen
Geburtsnamen nach Maßgabe deutschen Sachrechts.

Gründe:

A.
Das Verfahren betrifft die Berichtigung der Eintragung des Geburtsnamens
des betroffenen Kindes im Geburtenregister.
Die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Kindesmutter) ist ghanaische Staatsangehörige.
Nach ihrer Eheschließung in Ghana mit einem deutschen Staatsangehörigen
im Jahr 2009 trug sie zunächst dessen ... als Ehenamen.

Nachdem ihre Ehe im Jahr 2014 geschieden worden war und sie am
3. Oktober 2019 das betroffene Kind in Deutschland geboren hatte, erklärte die
Kindesmutter - vertreten durch ihre Schwester - mit
18. Oktober 2019 vor dem Superior Court of Judicature in Accra (Ghana), ihrem
durch die - vormalige - Eheschließung erworbenen Namen nunmehr ihren Geburtsnamen
hinzuzufügen, so dass ihr Familienn ...-
G.. laute. In ihrer Geburtsanzeige gegenüber dem Standesamt (Beteiligter zu 4)
vom 13. November 2019 benannte sie als Vater des betroffenen Kindes den Beteiligten
zu 2 trägt
und deutscher Staatsangehöriger ist. Weiter bestimmte sie darin, dass sich der
Familienname des Kindes nach dem Recht von Ghana richten und -W
lauten solle.

Im Mai 2020 erkannte der Kindesvater seine Vaterschaft zu dem Kind mit
Zustimmung der Kindesmutter in notarieller Form an und erklärte sich damit einverstanden,
dass das Kind nach dem Recht von Ghana den Fami ...-
W lte. Gleichwohl trug das Standesamt am 7. August 2020 das Kind mit
...-G
Nachdem die Kindeseltern im November 2020 gemeinsame Sorgeerklärungen
abgegeben hatten, haben sie im Januar 2021 beim Amtsgericht beantragt,
die Berichtigung des Geburtseintrags dahin anzuordnen, dass der Geburtsname
des Kindes ...-W... laute. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde des Kindes und seiner Eltern hat das Kammergericht
das Standesamt angewiesen, den Geburtenregistereintrag für das Kind auf den
...-W . Hiergegen richtet sich die zugelassene
Rechtsbeschwerde des Standesamts.

B.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Beschwerdegericht sie in der
angefochtenen Entscheidung zugelassen hat (§ 70 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2
FamFG iVm § 51 Abs. 1 PStG). Sie ist auch im Übrigen zulässig.
Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung
der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an
das Beschwerdegericht.

I.
Das Beschwerdegericht hat seine in FamRZ 2022, 1093 veröffentlichte
Entscheidung wie folgt begründet:

Das Geburtenregister sei gemäß § 48 PStG zu berichtigen, weil das Kind
den Familiennamen ...-W.. und nicht, wie im Geburtenregister eingetragen,
den Namen ...-G führe.

Nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB sei für die Namensbestimmung des Kindes
im Zeitpunkt seiner Geburt ghanaisches Recht maßgeblich gewesen, weil das
Kind zu diesem Zeitpunkt gemäß Art. 6 Abs. 2 der Verfassung von Ghana ghanaischer
Staatsangehöriger gewesen sei. Das ghanaische Recht verweise für die
Namensbestimmung des Kindes nicht auf das deutsche Recht zurück. Nach dem
Recht von Ghana habe die Kindesmutter dem betroffenen Kind jedenfalls durch
ihre Erklärung in der Geburtsanzeige gegenüber dem Standesamt wirksam den
aus ihrem Geburtsnamen und dem Namen des Kindesvaters zusammengesetzten
Doppelnamen ...-W.. erteilt.

An dieser wirksamen Namenserteilung habe sich dadurch, dass das Kind
anschließend durch die Anerkennung der Vaterschaft seitens des (deutschen)
Kindesvaters nach § 4 Abs. 1 Satz 2 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit erworben
habe, nichts geändert. Zwar wirke dieser Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit
auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes zurück. Deshalb sei für
die Namensführung des Kindes gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB rückwirkend
ab dem Zeitpunkt der Geburt nunmehr dessen deutsche Staatsangehörigkeit
maßgeblich. Dies führe aber nach den - hier jedenfalls entsprechend anwendbaren
- Grundsätzen, die im Fall eines Statutenwechsels aufgrund Einbürgerung
eines ausländischen Staatsangehörigen für dessen Namensführung gelten würden,
nicht dazu, dass der auf der Grundlage ghanaischen Rechts wirksam erworbene
Name des Kindes rückwirkend unwirksam geworden wäre. Vielmehr gelte
der Grundsatz der Namenskontinuität.

II.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Die Berichtigung eines abgeschlossenen Registereintrags gemäß
§§ 47, 48 PStG setzt eine von Anfang an bestehende Unrichtigkeit voraus. Unrichtig
in diesem Sinne ist jeder Eintrag, dessen Inhalt auf der Verletzung materiell-
oder verfahrensrechtlicher Vorschriften beruht. Der Begriff der Unrichtigkeit
ist weit zu verstehen und umfasst sowohl tatsächlich oder rechtlich unrichtige als
auch unvollständige Registereinträge (Senatsbeschluss vom 21. September
2022 - XII ZB 504/21 - FamRZ 2023, 27 Rn. 8 mwN).

2. Die bisher getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die von den
Antragstellern beantragte Berichtigung des Geburtseintrags.

a) Gemäß Art. 10 Abs. 1 EGBGB unterliegt der Name einer Person dem
Recht des Staates, dem die Person angehört. Nach den vom Beschwerdegericht
getroffenen und mit der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen
hat das betroffene Kind mit der Geburt die ghanaische und anschließend durch
die Anerkennung der Vaterschaft seitens des deutschen Kindesvaters gemäß
§§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit
erworben.

Ein Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 Satz 2
StAG tritt nach - soweit ersichtlich - allgemeiner, auch vom Beschwerdegericht
geteilter und zutreffender Auffassung rückwirkend mit der Geburt des Kindes ein
(vgl. etwa OVG Bremen Beschluss vom 3. Februar 2021 - 2 B 404/20 - juris
Rn. 16; VGH München Beschluss vom 11. Oktober 2017 - 19 CE 17.2007 - juris
Rn. 12; BayObLG FamRZ 2003, 310, 312; GK-StAR/Marx [Stand: 17. August
2009] § 4 StAG Rn. 154; Kau/Hailbronner in Hailbronner/Kau/Gnatzy/Weber
Staatsangehörigkeitsrecht 7. Aufl. § 4 StAG Rn. 32, 39; BeckOK Ausländerrecht/
Weber [Stand: 1. Januar 2023] § 4 StAG Rn. 17; Staudinger/Hausmann
BGB [Updatestand: 31. Mai 2021] Art. 10 EGBGB Rn. 353).

Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass sich die Namensbestimmung
gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB selbst dann rückwirkend ab dem Zeitpunkt
seiner Geburt ausschließlich nach deutschem Sachrecht richtet, wenn das Kind
mehreren Staaten angehörte (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Dezember 2021
- XII ZB 60/18 - FamRZ 2022, 421 Rn. 16).

Die rückwirkende Anwendung deutschen Sachrechts schließt es aber aus,
dass das Kind wirksam einen Geburtsnamen nach ghanaischem Sachrecht erworben
hat.

b) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts kommt auch eine
Fortgeltung des nach ghanaischem Recht gebildeten Namens entsprechend den
Grundsätzen über einen Statutenwechsel nicht in Betracht.

aa) Allerdings ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt, dass im
Fall eines nachträglichen Erwerbs einer deutschen Staatsangehörigkeit durch
Einbürgerung eines ausländischen Staatsangehörigen dessen bisherige Namensführung
fortbesteht. Denn anders als der Namenserwerb, der mit der Namenserteilung
abgeschlossen ist, kann die Namensführung als Folge tatsächlicher
Veränderung des Anknüpfungsgrundes, und zwar insbesondere bei einem
Wechsel der Staatsangehörigkeit des Namensträgers, einem Statutenwechsel
unterliegen. Dabei bestimmt sich nach deutschem Recht, ob ein Erwerb der
deutschen Staatsangehörigkeit Auswirkungen auf die Namensführung eines Betroffenen
hat. Das deutsche Recht enthält indessen keine Norm, die es ohne weiteres
erlauben würde, die Namensführung eines eingebürgerten Ausländers abweichend
von dem fremden Recht zu beurteilen, unter dem der Name erworben
wurde. Vielmehr ist das deutsche Recht von dem - ungeschriebenen - Grundsatz
der Namenskontinuität beherrscht, mit dem sowohl allgemeinen Ordnungsinteressen
als auch dem Bestreben Rechnung getragen wird, Namensänderungen
gegen den Willen des Namensträgers möglichst zu vermeiden (vgl. Senatsbeschluss
vom 19. Februar 2014 - XII ZB 180/12 - FamRZ 2014, 741 Rn. 13 ff.
mwN).

bb) Diese vom Beschwerdegericht herangezogenen Grundsätze sind hier
aber nicht, auch nicht entsprechend, anwendbar.

(1) Anders als im Fall der Einbürgerung eines ausländischen Staatsangehörigen,
bei welcher der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 16
Satz 1 StAG lediglich mit Wirkung ex nunc eintritt (vgl. GK-StAR/Marx [Stand:
9. Juni 2006] § 16 StAG Rn. 6; Hailbronner in Hailbronner/Kau/Gnatzy/Weber
Staatsangehörigkeitsrecht 7. Aufl. § 16 StAG Rn. 3), oder im Fall der Aufnahme
von Deutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG in das Gebiet der Bundesrepublik,
bei der die von der Verfassung angeordnete Gleichstellung mit deutschen
Staatsangehörigen ebenfalls lediglich eine ex-nunc-Wirkung für die Zeit ab ihrer
Aufnahme entfaltet (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 121, 305 = FamRZ 1993, 935,
938), erfolgt der - hier vorliegende - Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit
des Kindes aufgrund Anerkennung der Vaterschaft durch einen Deutschen nach
§ 4 Abs. 1 Satz 2 StAG mit Wirkung ex tunc auf den Zeitpunkt der Geburt des
Kindes zurück.

Ein rückwirkender Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit hat jedoch
- anders als ein solcher nur mit Wirkung ex nunc (vgl. dazu Senatsbeschlüsse
vom 8. Juni 1983 - IVb ZB 637/80 - FamRZ 1983, 878, 881; BGHZ 121, 305
= FamRZ 1993, 935, 938 und vom 9. Juni 1993 - XII ZB 3/93 - FamRZ 1993,
1178, 1179) - Auswirkungen auf einen bereits nach ausländischem Recht gebildeten
Namen. Denn dieser Erwerb verdrängt das vormals maßgebliche ausländische
- hier ghanaische - Namenssachrecht (Wall StAZ 2022, 225, 226 f.; Kraus
[Fachausschuss Nr. 4178] StAZ 2021, 92, 94 und [Fachausschuss Nr. 3953]
StAZ 2012, 350, 352; Henrich StAZ 1995, 284, 286; vgl. auch Hepting/Dutta Familie
und Personenstand 4. Aufl. Rn. V-579 f.). Das Personalstatut eines Kindes
im Sinne von Art. 10 Abs. 1 EGBGB ist infolge eines rückwirkenden Erwerbs der
deutschen Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 Satz 2 StAG somit von Geburt
an auf diese Staatsangehörigkeit festgelegt; dies gilt unabhängig davon, wann
die Anerkennung der Vaterschaft erfolgt ist. Rechtlich kommt es in diesem Fall
somit weder zu einem Statutenwechsel, da das deutsche Personalstatut des Kindes
von Geburt an besteht, noch zu einer Änderung des Namens, weil eine entgegen
Art. 10 Abs. 1 EGBGB nach ausländischem Recht erfolgte Namenserteilung
aus Sicht des deutschen Rechts grundsätzlich irrelevant ist (vgl. Staudinger/
Hausmann BGB [Updatestand: 31. Mai 2021] Art. 10 EGBGB Rn. 148). Vielmehr
führt gemäß Art. 10 Abs. 1 EGBGB ein Kind im Fall der Anerkennung der Vaterschaft
durch einen Deutschen ab seiner Geburt einen Namen nach Maßgabe
des - nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB vorgehenden - deutschen Sachrechts
(vgl. BayObLG FamRZ 2003, 310, 312; Staudinger/Hausmann BGB [Updatestand:
31. Mai 2021] Art. 10 EGBGB Rn. 355, 409; MünchKomm/Lipp BGB
8. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 161; Hepting/Dutta Familie und Personenstand
4. Aufl. Rn. IV-314; Grüneberg/Thorn BGB 82. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 6; Wall
StAZ 2022, 225, 226 ff.; Hepting StAZ 1998, 133, 136; Sturm StAZ 1994, 273,
278; aA BayObLG StAZ 2000, 235, 237; jurisPK-BGB/Janal [Stand: 6. März
2020] Art. 10 EGBGB Rn. 41).

(2) Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese kollisionsrechtliche Folge den
gesetzgeberischen Motiven widerspräche (vgl. dazu BT-Drucks. 12/4450 S. 36;
BT-Drucks. 13/8511 S. 77). Denn die in § 4 Abs. 1 StAG enthaltene Inbezugnahme
der deutschen Gesetze umfasst auch das Kollisionsrecht (BVerwGE 172,
109 = NJW 2021, 2669 Rn. 42). Mit dem rückwirkenden Erwerb der deutschen
Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 Satz 2 StAG beansprucht der deutsche Gesetzgeber
im Falle des Anerkenntnisses einer Vaterschaft durch einen Deutschen
die kollisionsrechtliche Personalhoheit über das Kind (Wall StAZ 2022,
225, 228). Eine - entsprechende - Anwendung der Grundsätze über einen Statutenwechsel,
wie vom Beschwerdegericht befürwortet, würde sich über dieses gesetzgeberische
Ziel unzulässig hinwegsetzen.

(3) Nichts anderes ergibt sich aus den Wertungen des mit dem Gesetz zur
Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz - KindRG) vom
16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2942) eingeführten § 1617 b Abs. 2 Satz 1 BGB.
Nach dieser Vorschrift erhält im Fall einer rechtskräftigen Feststellung,
dass ein Mann, dessen Familienname Geburtsname des Kindes geworden ist,
nicht der Vater des Kindes ist, das Kind (nur) auf seinen Antrag oder, wenn das
Kind das fünfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, auch auf Antrag des Mannes
den Namen, den die Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes geführt hat, als
Geburtsnamen. Mithin tritt im Fall einer erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung,
also im spiegelbildlichen Fall zur hier vorliegenden Vaterschaftsanerkennung, bei
dem Kind ein Wechsel seines Geburtsnamens nicht mehr ipso iure, sondern nur
noch auf Antrag des Kindes oder des Mannes ein.
Zwar hat der Gesetzgeber zur Begründung dieser Vorschrift ausgeführt,
sie breche mit einem Grundgedanken des bisherigen Rechts, denn künftig solle
das Kind - vorbehaltlich eines abweichenden Antrags - auch nach einer erfolgreichen
Anfechtung der Vaterschaft seinen Namen behalten (BT-Drucks. 13/4899
S. 91). Dieser Paradigmenwechsel im Regelungsbereich der Vaterschaftsanfechtung
rechtfertigt aber keine Übertragung auf Fälle der hier vorliegenden
Art (aA wohl Krömer StAZ 2023, 6, 7 f.). Aus der Gesetzesbegründung zu
§ 1617 b Abs. 2 BGB ergibt sich lediglich das Motiv, die vermehrt auftretenden
Fälle einer Namensänderung infolge einer erfolgreichen Anfechtung der Vaterschaft
zu regulieren. Diese im deutschen Sachrecht mit festgelegter Zielrichtung
getroffene Regelung lässt sich nicht ohne weiteres auf anders gelagerte kollisionsrechtliche
Sachverhalte, um die es hier geht, übertragen.

c) Soweit die Vaterschaftsanerkennung aufgrund des rückwirkend anzuwendenden
deutschen Namensstatuts faktisch mit einer Änderung der Namensführung
des Kindes einhergeht, hängt diese Änderung hier auch nicht von der Zustimmung
des Kindes ab. Zwar wird eine Zustimmungspflicht bei Kindern, die das
fünfte Lebensjahr vollendet haben, in entsprechender Anwendung der §§ 1617 a
Abs. 2 Satz 2, 1617 b Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 1, 1617 c Abs. 1 Satz 1 BGB
von Teilen der Literatur angenommen (so etwa Staudinger/Hausmann BGB [Updatestand:
31. Mai 2021] Art. 10 EGBGB Rn. 410 f.; Kraus [Fachausschuss
Nr. 4178] StAZ 2021, 92, 94; Hepting StAZ 1998, 133, 136). Dies kann hier aber
dahinstehen, da das betroffene Kind im Zeitpunkt der Anerkennung der Vaterschaft
erst sieben Monate alt war.

d) Auf der Grundlage deutschen Sachrechts scheidet die von den Antragstellern
begehrte Berichtigung des im Geburtenregister eingetragenen Geburtsnamens
aus.

aa) Danach bestimmt sich der Geburtsname für das betroffene Kind gemäß
§ 1617 a Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift erhält ein Kind als Geburtsnamen
den Namen seiner - wie hier - nicht verheirateten Mutter, den diese im Zeitpunkt
der Geburt des Kindes geführt hat, sofern der Mutter das alleinige Sorgerecht
zugestanden hat.

Wer Inhaber der elterlichen Sorge ist, wird - wenn keine deutsche oder in
Deutschland anzuerkennende ausländische Sorgerechtsentscheidung vorliegt -
in selbständiger Anknüpfung gemäß Art. 16 Abs. 1 des Haager Kinderschutzabkommens
(KSÜ) nach dem Sachrecht des Staates bestimmt, in dem das Kind
seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Macht das Sorgerechtsstatut die Zuweisung
der elterlichen Sorge von der Abstammung abhängig, ist diese - ebenfalls selbständig
- nach Art. 19 EGBGB anzuknüpfen (Senatsbeschluss vom 29. Juni 2022
- XII ZB 153/21 - FamRZ 2022, 1455 Rn. 11 mwN). Bei hier vorliegendem gewöhnlichem
Aufenthalt des Kindes im Inland ist deutsches Recht zur Bestimmung
der elterlichen Sorge berufen.

Nach deutschem Sachrecht hatte die (nicht verheiratete) Kindesmutter gemäß
§ 1626 a Abs. 3 iVm Abs. 1 BGB im Zeitpunkt der Geburt des Kindes die
alleinige elterliche Sorge, weil die Eltern eine Sorgeerklärung (§ 1626 a Abs. 1
Nr. 1 BGB) erst später - nach der Beurkundung des Geburtsnamens - abgegeben
haben.

Nach der Regelung des somit anwendbaren § 1617 a Abs. 1 BGB kommt
-
wie von den Kindeseltern beantragt, nicht in Betracht. Denn nach den vom Beschwerdegericht
getroffenen Feststellungen führte die Kindesmutter im Zeitpunkt
der Geburt des Kindes .. . Mit Wirkung vom 18. Oktober
2019 änderte sich der mütterliche Bezugsname nach dem insoweit anzuwenden
- Namensänderung nicht auf einer Eheschließung
oder Begründung einer Lebenspartnerschaft beruht, erstreckt sie sich
gemäß § 1617 c Abs. 2 Nr. 2 iVm Abs. 1 BGB auf das noch nicht fünf Jahre alte
Kind (vgl. MünchKommBGB/von Sachsen Gessaphe § 1617 c Rn. 24). Weil die
Geburt zum Zeitpunkt dieser personenstandsrechtlichen Änderung noch nicht
beurkundet war, hat das Standesamt die Änderung zutreffend gemäß § 35 Abs. 2
PStV in den Haupteintrag aufgenommen (vgl. Gaaz/Bornhofen/Lammers Personenstandsgesetz
5. Aufl. § 21 Rn. 20).

bb) Auch die von den Eltern nach der Beurkundung begründete gemeinsame
elterliche Sorge für das Kind bietet keine Grundlage dafür, die Eintragung
des begehrten Geburtsnamens - mittels einer Maßgabenanordnung hinsichtlich
einer vorzunehmenden Folgebeurkundung (vgl. §§ 27 Abs. 3, 49 PStG; Senatsbeschluss
vom 29. Juni 2022 - XII ZB 153/21 - FamRZ 2022, 1455 Rn. 31) - auszusprechen.
Denn auch bei gemeinsamer elterlicher Sorge kann der Geburtsname
des Kindes gemäß § 1617 b Abs. 1 iVm § 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB lediglich
nach dem Namen des Vaters oder der Mutter, nicht jedoch als Doppelname
der Eltern bestimmt werden.

cc) In diesen gesetzlichen Bestimmungen liegt auch keine Verletzung des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Kindes (Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1
GG). Zwar wird ein nicht rechtmäßig erworbener, aber von einem Menschen
in gutem Glauben tatsächlich geführter Name vom Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
umfasst, wenn er über einen nicht unbedeutenden Zeitraum
die Persönlichkeit des Trägers tatsächlich mitbestimmt hat und ein entsprechender
Vertrauenstatbestand vorliegt (BVerfG NJWE-FER 2001, 193, 194). Es ist
aber nicht zu erkennen, dass sich bei dem hier betroffenen Kleinkind in dem Zeitraum
von zehn Monaten seit seiner Geburt bis zur Eintragung seines Geburtsnamens
im Geburtenregister eine schutzwürdige soziale Identität mit dem geführten
Doppelnamen bilden konnte (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. Februar 2019
- XII ZB 130/16 - FamRZ 2019, 967 Rn. 39 und vom 13. November 2019
- XII ZB 118/17 - FamRZ 2020, 331 Rn. 31 ff.).

Ebenso wenig erfordert es der Schutz des Elternrechts (Art. 6 Abs. 2
Satz 1 GG), einen (unrechtmäßig) aus den Namen der Eltern zusammengesetzten
Kindesdoppelnamen anzuerkennen (vgl. BVerfGE 104, 373 = FamRZ 2002,
306, 307 ff.).

dd) Schließlich besteht keine unionsprimärrechtliche Pflicht nach Art. 21
AEUV zur Anerkennung des nach ghanaischem Recht gebildeten Namens
(vgl. für den europäischen Rechtsraum EuGH FamRZ 2017, 1175; FamRZ 2016,
1239; FamRZ 2011, 1486; FamRZ 2008, 2089 und FamRZ 2004, 173). Denn
dass ein Bürger der Europäischen Union in einem Nicht-Mitgliedstaat (hier:
Ghana) gegebenenfalls einen anderen Namen führen muss als in einem Mitgliedstaat
(hier: Deutschland), verbietet das Unionsrecht nicht (vgl. Hepting/Dutta Familie
und Personenstand 4. Aufl. Rn. II-469; Wall StAZ 2022, 225, 233; vgl. dazu
auch Junker Internationales Privatrecht 5. Aufl. § 13 Rn. 18).

3. Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Sie
ist gemäß § 74 Abs. 5 FamFG aufzuheben und die Sache ist nach § 74 Abs. 6
Satz 2 FamFG an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur
Endentscheidung reif ist.

Im weiteren Verfahren wird das Beschwerdegericht zu prüfen haben, ob
die von den Eltern nach Art. 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EGBGB getroffene Rechtswahl,
nach der sich die Namensbestimmung für das Kind nach ghanaischem
Recht richten soll, wirksam ist. Nach dieser Vorschrift können allerdings von vornherein
nur solche Rechtsordnungen gewählt werden, die eine den familiären Bezug
erkennbar machende Namenserteilung vorsehen. Rechtsordnungen, die
ausschließlich Eigennamen kennen oder die eine Namensbestimmung für das
minderjährige Kind in das freie Belieben der sorgeberechtigten Eltern stellen und
dabei auch die Erteilung von sogenannten Phantasienamen zulassen, können
nicht gewählt werden, da die nach solchen Regeln erfolgende Namensgebung
10 Abs. 3 EGBGB erfüllt
(vgl. Senatsbeschluss vom 29. Juni 2022 - XII ZB 153/21 - FamRZ 2022,
1455 Rn. 22 mwN). Insoweit kommt es (ausschließlich) auf den Inhalt der gewählten
Rechtsordnung, nicht hingegen darauf an, ob der konkret gewählte
Name des Kindes - wie hier - einen familiären Bezug erkennbar macht (vgl. Senatsbeschluss
vom 9. Mai 2018 - XII ZB 47/17 - FamRZ 2018, 1245 Rn. 11).
Hierzu hat das Beschwerdegericht, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, noch
keine ausreichenden Feststellungen getroffen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

22.03.2023

Aktenzeichen:

XII ZB 105/22

Rechtsgebiete:

Abstammung (incl. künstliche Befruchtung), Adoption
Deutsches IPR (EGBGB)
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Elterliche Sorge (ohne familiengerichtliche Genehmigung)

Normen in Titel:

BGB § 1617; EGBGB Art. 10 Abs. 1; StAG § 4 Abs. 1