Anwendbarkeit des § 27 Abs. 1 BauGB im Umlegungsverfahren
letzte Aktualisierung: 6.4.2022
VG Ansbach, Urt. v. 21.10.2021 – AN 17 K 20.01814
BauGB §§ 25 Abs. 1 Nr. 1, 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 u. 2
Anwendbarkeit des
1. Im Rahmen der Abwendungsbefugnis bzgl. eines gemeindlichen Vorkaufsrechts muss sich
der Käufer nicht auf ein bestimmtes Vorhaben festlegen, wenn der Bebauungsplan eine Vielzahl
zulässiger Vorhaben gestattet. Vielmehr genügt es, wenn er sich zu (irgend-)einem
bauplanungsrechtlich zulässigen Vorhaben verpflichtet; für diese Verpflichtung ist angesichts der
Kürze der Zeit nicht Voraussetzung, dass das Vorhaben bereits entsprechend der Detailtiefe eines
Bauantrags konkretisiert ist. Denn die Vorschrift des § 27 BauGB gewährleistet (nur) die
Grundstücksverwendung im Rahmen der bauplanungsrechtlichen Vorgaben.
2. In der Lage, die zweckentsprechende Grundstücksnutzung auszuüben, ist der Käufer i. S.
d. § 27 Abs. 1 S. 1 BauGB, wenn er das Vorhaben tatsächlich, rechtlich und wirtschaftlich
umsetzen kann. Hierfür bedarf es der Glaubhaftmachung durch den Käufer, ein expliziter
(Finanzierungs-)Nachweis ist im Rahmen der Abwendungserklärung nicht erforderlich. Die
Gegenansicht, welche eine Sicherung der Durchführungsverpflichtungen, etwa durch eine
Unterlassungsdienstbarkeit zugunsten der Gemeinde oder die Vereinbarung eines durch
Auflassungsvormerkung gesicherten Ankaufsrechts bei Verstoß fordert, ist mit Blick auf den
Wortlaut des § 27 Abs. 1 S. 1 und die verhältnismäßig kurze Zeitspanne, innerhalb derer die
Abwendung erklärt werden muss, abzulehnen.
(Leitsätze der DNotI-Redaktion)
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
1.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO
die statthafte Klageart, wenn sich die Klägerin als Käuferin eines Grundstückes gegen die Ausübung
eines gemeindlichen Vorkaufsrechts nach den §§ 24 ff. BauGB als privatrechtsgestaltenden
Verwaltungsakt wendet (Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr (BKL), BauGB, 14. Aufl. 2019,
§ 28 Rn. 2, 21).
2.
Die zulässige Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 11. August 2020 ist
rechtswidrig, verletzt die Klägerin in ihren Rechten und ist daher aufzuheben, § 113 Abs. 1
Satz 1 VwGO.
Durch die rechtswirksam erklärte Abwendung des Vorkaufsrechts gemäß
durch die Klägerin mit Erklärung vom 20. November 2020 entfallen rückwirkend die Rechtswirkungen
dessen Ausübung und damit auch der neue Kaufvertrag mit der Gemeinde. Dies führt
jedoch nicht zur Erledigung der Ausübung des Vorkaufsrechts als Verwaltungsakt im Sinne des
§ 43 Abs. 2 BayVwVfG, sondern lediglich zu dessen Rechtswidrigkeit (Reidt in BKL, BauGB,
14. Aufl. 2019, § 27 Rn. 8; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger (EZBK), BauGB,
142. EL Mai 2021, § 27 Rn. 52; a.A. wohl Jarass/Kment, BauGB, 2. Aufl. 2017, § 27 Rn. 6, die
allerdings trotz Erledigung des ausgeübten Vorkaufsrechts inkonsequent eine Anfechtungsklage
gegen dieses für statthaft halten, weil im Rahmen dieses Rechtsbehelfs über die Wirksamkeit
der Abwendung zu entscheiden sei). Das ist auch unter dem Gesichtspunkt effektiven
Rechtsschutzes sachgerecht, da die Klägerin als Käuferin, folgte man der Gegenansicht, den
Rechtsstreit nach Erklärung der Abwendung nach § 27 BauGB für erledigt hätte erklären müssen,
um dann anschließend, sollte sich die von der Rechtmäßigkeit ihres Bescheids ausgehende
Beklagte naheliegender Weise weigern, das zur Überwindung der Grundbuchsperre
nach § 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB erforderliche Negativattest des § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB auszustellen,
eine diesbezügliche Verpflichtungsklage hätte erheben müssen. Daher und angesichts
der Systematik der §§ 24 ff. BauGB liegt es näher, die Abwendung nach § 27 BauGB als
negatives Tatbestandsmerkmal in die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ausübung des gemeindlichen
Vorkaufsrechts zu integrieren – von den Fällen des
HansOLG, U.v. 11.7.2012 – 1 U 1/11 Baul – juris Rn. 45 zu dem damit einhergehenden prozessualen
Vorteil, dass die Grundbuchsperre allein durch das rechtskräftige Aufhebungsurteil
überwunden werden kann).
a)
Die Beklagte hatte hinsichtlich des streitgegenständlichen Kaufvertrages vom 23. Juni 2020 für
das Grundstück FlNr. ******* (UR-Nr.*********) zwischen dem Freistaat Bayern als Verkäufer und
der Klägerin als Käuferin mit Bescheid vom 11. August 2020 zunächst fristgerecht gemäß § 28
Abs. 2 Satz 1 a.F. i.V.m. § 234 Abs. 1 BauGB das besondere gemeindliche Vorkaufsrecht aus §
25 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ausgeübt. Das besagte Grundstück unterfällt dem räumlichen Geltungsbereich
des Bebauungsplans „*************************** – 2. Änderung“, ortsüblich bekannt gemacht
am 25. Juni 2018. Zudem hat die Beklagte mit ihrer Vorkaufssatzung vom 28. Februar
2019 ein Vorkaufsrecht u.a. an dem streitgegenständlichen Grundstück begründet (§ 2 der Vorkaufssatzung
i.V.m. dem in Bezug genommenen Lageplan), womit die Voraussetzungen des §
25 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfüllt waren. Zweifelhaft war hingegen, ob die Ausübung des besonderen
Vorkaufsrechts, wie es die § 25 Abs. 2 Satz 1, § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB fordern, zusätzlich
durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt war. Die Definition des Wohls der Allgemeinheit
ist kontextabhängig anhand der Ziele zu gewinnen, die mit den einzelnen Tatbeständen der
Vorkaufsrechte aus § 24, § 25 BauGB verfolgt werden (BayVGH, B.v. 24.4.2020 – 15 ZB
19.1987 – juris Rn. 17). Die Ausübung des Vorkaufsrechts zur Beschaffung von Gewerbe- und
Industriegrundstücken ist dabei grundsätzlich zulässig, jedoch darf die Gemeinde das Vorkaufsrecht
nicht ausüben, um dadurch eine zulässige, aber von ihr nicht gewünschte Nutzung zu verhindern.
Will der Käufer das streitgegenständliche Grundstück selbst zur Betriebsansiedlung
nutzen, bleibt wenig Raum für Gründe des öffentlichen Wohls. Letztlich kann die Entscheidung
dieser Frage aber dahinstehen, da die Klägerin jedenfalls rechtswirksam gemäß § 27 BauGB
die Abwendung des Vorkaufsrechts erklärt hat (Grziwotz in Spannowsky/ Uechtritz, BeckOK
BauGB, 52. Ed. 1.2.2021, § 24 Rn. 24).
b)
Mit ihrem am 20. November 2020 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben hat die Klägerin
form- und fristgerecht die Abwendung des Vorkaufsrechts nach § 27 BauGB erklärt. Die Abwendungserklärung
musste gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1, § 28 Abs. 2 Satz 1 a.F., § 234 Abs. 1
BauGB binnen zwei Monaten (nach der Reform des § 28 Abs. 1 Satz 1 BauGB sind es drei Monate)
nach Mitteilung des Kaufvertrags an die Gemeinde erfolgen. Diese Frist hielt die Klägerin
zwar nicht ein, da der Beklagten der Inhalt des Kaufvertrages bereits am 20. Juli 2020 mitgeteilt
worden war. Jedoch wurde auf ihren Antrag vom 18. September 2020 hin mit Bescheid der Beklagten
vom 13. Oktober die Zweimonatsfrist um zwei weitere Monate bis zum 20. November
2020 gemäß
Schriftform in entsprechender Anwendung des
BKL, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 27 Rn. 4).
Schließlich erfüllt die Abwendungserklärung der Klägerin auch die materiellen Voraussetzungen
des
kann, wenn die Verwendung des Grundstücks nach den baurechtlichen Vorschriften
oder Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bestimmt oder mit ausreichender Sicherheit
bestimmbar ist, der Käufer in der Lage ist, das Grundstück binnen angemessener Frist
dementsprechend zu nutzen und er sich hierzu vor Ablauf der (verlängerten) Frist verpflichtet.
aa)
Die Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit der Verwendung des Grundstücks richtet sich bei Vorliegen
eines dem Vorkaufsrecht zugrundeliegenden einfachen oder qualifizierten Bebauungsplans
nach dem durch diesen aufgestellten Zulässigkeitsrahmen (Stock in EZBK, BauGB, 142. EL Mai
2021, § 27 Rn. 16; s.a. Reidt in BKL, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 27 Rn. 2). Der das streitgegenständliche
Grundstück erfassende Bebauungsplan „****************************– 2. Änderung“ in
der Fassung der zweiten Änderung setzt hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ein Gewerbegebiet
im Sinne des § 8 BauNVO fest und sieht für das Maß der baulichen Nutzung unter anderem
eine Grundflächenzahl von 0,8, eine maximalen Traufhöhe von 12 m und eine maximale
Firsthöhe von 15 m vor. Des Weiteren sind u.a. Baugrenzen festgesetzt sowie hinsichtlich der
Bauweise, dass die zulässigen Hausformen eine Länge von 50 m überschreiten dürfen. Nicht
Teil des Bebauungsplans sind etwaige Festsetzungen zu einem Minimum an zu überbauender
Grundstücksfläche oder der gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO grundsätzlich mögliche Ausschluss
nach
Lagerplätzen.
bb)
Die Käuferin hat sich auch zu einer Verwendung des Grundstücks entsprechend der Vorgaben
des Bebauungsplans binnen angemessener Frist verpflichtet und dargelegt, hierzu in der Lage
zu sein.
(1)
Ist wie hier für die bauliche Nutzung des vorkaufsgegenständlichen Grundstücks durch einen
qualifizierten Bebauungsplan ein Zulässigkeitsrahmen aufgespannt, so kann dem Käufer darüber
hinaus nicht abverlangt werden, dass er bestimmte zulässige, aber der Gemeinde nicht
genehme Nutzungsarten nicht ausübt oder er bestimmte, planungsrechtlich nicht festgesetzte
Untergrenzen hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung oder der Bauweise einhält. Hat die
Gemeinde einen dahingehenden Willen, so muss sie den Bebauungsplan entsprechend fassen
oder gegebenenfalls anpassen, vgl. etwa § 1 Abs. 5 BauNVO und § 16 Abs. 4 BauNVO. Der
Käufer muss sich darüber hinaus nicht auf ein bestimmtes Vorhaben festlegen, wenn der Bebauungsplan
eine Vielzahl zulässiger Vorhaben gestattet, vielmehr genügt es, wenn er sich zu
(irgend-)einem bauplanungsrechtlich zulässigen Vorhaben verpflichtet; für diese Verpflichtung
ist angesichts der Kürze der Zeit nicht Voraussetzung, dass das Vorhaben bereits entsprechend
der Detailtiefe eines Bauantrags konkretisiert ist. Die Vorschrift des § 27 BauGB gewährleistet
die Grundstücksverwendung im Rahmen der bauplanungsrechtlichen Vorgaben, aber eben nur
diese und rechtfertigt keine weitere Einschränkung des gegebenen Zulässigkeitsrahmens durch
außerhalb dessen liegende Verwendungswünsche der Gemeinde (Stock in EZBK, BauGB,
142. EL Mai 2021, § 27 Rn. 38 f.; s.a. die neueste, bisher nur als Pressemitteilung vorliegende
Rechtsprechung des BVerwG, U.v. 9.11.2021 – 4 C 1.20 zu einem Vorkaufsrecht nach § 24
Abs. 1 Nr. 4 BauGB). Sonstige Vorgaben zur Verwendung des Grundstücks im Sinne des § 27
Abs. 1 Satz 1 BauGB kann im Falle des besonderen Vorkaufsrechts nach § 25 Abs. 1 Nr. 1
BauGB allerdings auch die Vorkaufssatzung der Gemeinde enthalten, was hier aber nicht der
Fall ist.
Die Angemessenheit der Frist, innerhalb derer der Käufer die versprochene Nutzung umsetzen
muss, ist nicht starr festgelegt, sondern ist anhand der Umstände des Einzelfalls objektiv zu bestimmen,
also insbesondere anhand des abgeschätzten Zeitraums für Planung, Finanzierung,
Genehmigung und Durchführung des Vorhabens (Stock in EZBK, BauGB, 142. EL Mai 2021,
§ 27 Rn. 28: Frist eher großzügig zu bemessen; Köster in Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 27
Rn. 7).
„In der Lage“, die zweckentsprechende Grundstücksnutzung auszuüben, ist der Käufer im
Sinne des
umsetzen kann (Reidt in BKL, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 27 Rn. 3). Hierfür bedarf es
der Glaubhaftmachung durch den Käufer, ein expliziter (Finanzierungs-)Nachweis ist im Rahmen
der Abwendungserklärung nicht erforderlich (Reidt a.a.O.; Stock in EZBK, BauGB, 142. EL
Mai 2021, § 27 Rn. 24). Die Gegenansicht, welche eine Sicherung der Durchführungsverpflichtungen,
etwa durch eine Unterlassungsdienstbarkeit zugunsten der Gemeinde oder die Vereinbarung
eines durch Auflassungsvormerkung gesicherten Ankaufsrechts bei einem Verstoß fordert,
ist mit Blick auf den Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 1 und die verhältnismäßig kurze Zeitspanne,
innerhalb derer die Abwendung erklärt werden muss, abzulehnen (zur a.A. Grziwotz in
Spannow-sky/Uechtritz, BeckOK BauGB, 52. Ed. 1.2.2021, § 27 Rn. 7). Die Gemeinde ist
gleichwohl nicht ohne jede Sicherung, da die Verpflichtungserklärung des Käufers im Rahmen
der Abwendung des Vorkaufsrechts nach
Schuldverhältnis eigener Art begründet, auf das die Vorschriften über den städtebaulichen Vertrag
entsprechend anzuwenden sind (Reidt in BKL, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 27 Rn. 4).
(2)
Diesen Maßstab zugrunde gelegt erfüllt die Abwendungserklärung der Klägerin vom 20. November
2020 die Voraussetzungen des
Umsetzung eines dem Bebauungsplan „*************************** – 2. Änderung“ entsprechenden
Vorhabens verpflichtet. Zu mehr, insbesondere dem seitens der Beklagten geäußerten
Wunsch nachzukommen, mindestens 25% der Grundstücksfläche zu überbauen, oder keine
Nutzung als Lagerplatz anzustreben, war die Klägerin nach dem oben Gesagten nicht verpflichtet.
Der Bebauungsplan setzt nämlich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung zeichnerisch
ein Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO fest. In diesem sind Lagerplätze gemäß § 8 Abs. 2
Nr. 1 Alt. 3 BauNVO allgemein zulässig. Das maximal zulässige Maß der baulichen Nutzung ist
unter anderem mit einer Grundflächenzahl (§ 19 BauNVO) von 0,8 festgesetzt, enthält jedoch
keine Mindestvorgabe für den Umfang der Bebauung, obwohl § 16 Abs. 4 BauNVO die Möglichkeit
hierzu eröffnet. Dies mag für die Beklagte im Ergebnis städtebaulich unbefriedigend sein,
jedoch hatte und hat sie die Möglichkeit, ihre Vorstellungen zur Entwicklung des Gewerbegebiets
im Rahmen der rechtlichen Vorgaben in den Bebauungsplan aufzunehmen.
Auch hält sich die Klägerin im Rahmen des durch § 1 der Vorkaufssatzung der Beklagten vom
28. Februar 2019 vorgegebenen Zwecks, was die Beklagte auch nicht in Frage gestellt hat. Die
Klägerin ist unbestritten ein in ************** ansässiges Unternehmen und würde durch die Nutzung
des streitgegenständlichen Grundstücks entsprechend den Vorgaben des Bebauungsplans
eine gewerbliche Entwicklung im Gemeindegebiet vollziehen, auch wenn sie das zu errichtende
Gebäude oder das Grundstück sodann an ein anderes, ebenfalls in ************** ansässiges
Unternehmen der Firmengruppe ****** vermietet bzw. verpachtet.
Weiter erscheint die von der Klägerin verpflichtend erklärte Umsetzungsfrist – Bauantrag binnen
zwölf Monaten nach Eigentumserwerb und Umsetzung des Vorhabens binnen drei Jahren nach
Bestandskraft der Baugenehmigung – angemessen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin
den für Planung, Finanzierung, Genehmigung und Durchführung des Vorhabens im Rahmen
des § 8 BauNVO nötigen Zeitrahmen überdehnt; sie bewegt sich mit der Umsetzungsfrist von
drei Jahren insbesondere innerhalb der Geltungsdauer einer Baugenehmigung von vier Jahren,
Die Klägerin hat auch glaubhaft gemacht, zur zweckentsprechenden Verwendung des streitgegenständlichen
Grundstücks in der Lage zu sein. Für die Glaubhaftmachung genügt es nämlich,
dass die Fähigkeit der Klägerin zur zeit- und zweckgerechten Durchführung des Vorhabens
überwiegend wahrscheinlich sein, aber nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen muss
(Stock in EZBK, BauGB, 142. EL Mai 2021, § 27 Rn. 23; Happ in Eyermann, VwGO, § 123
Rn. 51). Die Beklagte selbst hat anerkannt, dass dies für sie der Fall ist, indem sie mit Bescheid
vom 13. Oktober 2020 die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts bis zum 20. November 2020
verlängert und darin ausgeführt hat, dass die Voraussetzungen für die Verlängerung der Frist
nach Ansicht der Gemeinde vorlägen. Zentrale Voraussetzung für eine solche Fristverlängerung
aber ist nach
ist, die Anforderungen aus
der Aktenlage und der mündlichen Verhandlung kein Anlass dieser Einschätzung entgegenzutreten.
Die Klägerin kauft, verwaltet, bebaut und vermietet bzw. verpachtet Gewerbeflächen
an die ************************************, die ***************** und die ********************, ist
also überwiegend wahrscheinlich finanziell und organisatorisch fähig, ein Grundstück in einem
festgesetzten Gewerbegebiet entsprechend dem Bebauungsplan und dem Rahmen des § 8
BauNVO zu nutzen, was die Beklagte auch nicht bestreitet, sondern vielmehr befürchtet.
c)
Nach alldem ist von einer wirksamen Abwendung des Vorkaufsrechts nach
durch die Klägerin auszugehen, was zur Rechtswidrigkeit des Bescheids der Beklagten vom
11. August 2020 führt. Die Klägerin ist durch diesen Bescheid auch in ihren Rechten verletzt, da
sie als Käuferin durch das ausgeübte Vorkaufsrecht faktisch aus ihrer Position verdrängt würde,
wenn auch die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts wegen § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB,
Bayern und der Klägerin qua Gesetz erlöschen würde. Wie auch sonst ist die Lage bei einem
nicht durch Vormerkung gesicherten Vorkaufsrecht nicht anders als bei einem Doppelverkauf.
Der Verpflichtete – hier der Beigeladene – kann sich entscheiden, ob er die Ansprüche des Vorkaufsberechtigten
oder des Dritten erfüllt, wobei er dann dem jeweils anderen wegen Nichterfüllung
haftet. Vertragsrechtlich wird für diesen Fall typischerweise eine auflösende Bedingung
oder wie hier – allerdings befristet bis zum 31. März 2021 – ein Rücktrittsrecht im Vertrag zwischen
dem Verpflichteten und dem Dritten (Klägerin) vereinbart (zum Ganzen Faust in Hau/Poseck,
BeckOK BGB, 59. Ed. 1.5.2021, § 464 Rn. 9).
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Dem Beigeladenen waren gemäß § 154
Abs. 3 VwGO keine Kosten aufzuerlegen, da er keinen Antrag gestellt hat. Umgekehrt kann er
auch keine Kostenerstattung verlangen, § 162 Abs. 3 VwGO, und trägt seine außergerichtlichen
Kosten selbst.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Satz 1 VwGO i.V.m.
Entscheidung, Urteil
Gericht:VG Ansbach
Erscheinungsdatum:21.10.2021
Aktenzeichen:AN 17 K 20.01814
Rechtsgebiete:
Öffentliches Baurecht
Vorkaufsrecht schuldrechtlich, Wiederkauf
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
BauGB §§ 25 Abs. 1 Nr. 1, 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 u. 2