LG München 14. Dezember 2008
17 HKT 920/09
HGB § 17 Abs. 1

Eintragungsfähigkeit des Sonderzeichens @

315MittBayNot 4/2009
Rechtsprechung
Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht
10.     HGB § 17 Abs. 1 (Eintragungsfähigkeit des Sonder­
zeichens @)
Das Sonderzeichen @ in der Firma ist im Handelsregister
eintragungsfähig. (Leitsatz der Schriftleitung)
LG München I, Beschluss vom 15.12.2008, 17 HKT 920/09;
eingesandt von Notarin Dr. Sybille Wenner, München
Mit Anmeldung vom 11.11.2008 wurde zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet, dass die Firma geändert ist in @… oHG.
Darauf hin erließ am 17.11.2008 das Registergericht eine Zwischenverfügung, in der in Ziffer 1. mitgeteilt wurde, dass die vorgelegte
Anmeldung nicht vollzogen werden könne, weil in der Firma das
Sonderzeichen @ nicht eintragungsfähig sei. Hiergegen wendet sich
die Beschwerde.
Aus den Gründen:
Die Beschwerde ist gemäß den §§ 19, 20 FGG statthaft. Die
Beschwerde ist auch begründet.
Nach § 17 Abs. 1 HGB hat die Firma eines Kaufmannes
Namensfunktion. Die Namensfunktion setzt voraus, dass
dieses Kennzeichen wörtlich aussprechbar ist, Firmenkern
und Firmenzusatz müssen grundsätzlich eine wörtliche und
aussprechbare Bezeichnung darstellen. Aus diesem Grunde
kommt insbesondere Bildzeichen wie beispielsweise „*“,
„#“, „§“ keine namens- und somit auch keine firmenrecht­
liche Funktion zu (vgl. Krafka/Willer, Registerrecht, 7. Aufl.,
Rdnr. 214).
Sonderzeichen sind dann im Handelsregister nicht eintragungsfähig, wenn sie in ihrer Aussprache objektiv mehrdeutig
sind (vgl. Krafka/Willer, Registerrecht, Rdnr. 215, sowie
MünchKommHGB, 2. Aufl. 2005, § 18 Rdnr. 13). Dies hat
jedenfalls so lange zu gelten, als diese Zeichen eine eindeutige
Verkehrsgeltung nicht erlangt haben.
Nach der Entscheidung des BayObLG vom 4.4.2001 (NJW
2001, 2337) hatte das @-Zeichen Mitte 2001 eine solche Verkehrsgeltung nicht erreicht. Nach Auffassung der Kammer
kann es dabei sein Bewenden nicht haben. Das @-Zeichen
wird bei Domain-Bezeichnungen verwendet, wobei sich die
Funktion von Domain-Bezeichnungen häufig nicht in der
technischen Adressfunktion erschöpft, sondern hat bei entsprechender Verkehrsgeltung und Kennzeichnungskraft auch
Namensfunktion. Die zunehmende Verbreitung des Zugriffes
auf das Internet als Informations- und Kommunikationsmedium, das aus der heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken ist, führt nach Ansicht der Kammer dazu, dass das @-Zeichen mittlerweile bei einem ganz erheblichen und weiter zunehmenden Teil der angesprochenen Verkehrskreise nicht
mehr als Bildzeichen, sondern als Wortzeichen mit spezi­
fischer Bedeutung, vergleichbar den schon lange firmenüblichen Zeichen „&“ sowie „+“ aufgenommen wird (vgl. ebenso
LG Berlin, GmbHR 2004, 428 = RNotZ 2004, 412). Die Bedeutung von Kennzeichen ist nicht statisch festgeschrieben,
sondern kann einem Verständniswandel unterliegen.
Angesichts der rasanten Entwicklung des Internets und dem
damit einhergehenden allgemeinen Gebrauch der elektronischen Kommunikation per E-Mail, deren Adresse zur Bezeichnung der Domain jeweils das Zeichen @ enthält, ist dieses Sonderzeichen (englisch gesprochenes „at“) im Jahre
2009, mehr als sieben Jahre nach der Entscheidung des
BayObLG vom April 2001, im täglichen Sprachgebrauch der
Bevölkerung so verbreitet, dass heute eine eindeutige Verkehrsgeltung anzunehmen ist.
Soweit die Benutzung des @-Zeichens als solches beabsichtigt ist, handelt es sich somit, wie die allgemein anerkannten
„&“ und „+“, um ein den Verkehrskreisen bekanntes aussprechbares Sonderzeichen, also kein Bildzeichen, sondern
ein wortersetzendes Zeichen wie die Silbe „at“ (vgl. MünchKommHGB, § 18 Rdnr. 13). Etwas anderes würde nur dann
gelten, wenn lediglich eine modische Schreibweise des
Buchstabens „a“ beabsichtigt wäre, dann würde die Eintragung daran scheitern, dass bei Firmen kein Anspruch auf eine
bestimmte Schreibweise besteht.
Im vorliegenden Falle ist erkennbar aber nicht gewollt, dass
es sich um eine modische Schreibweise des Buchstabens „a“
handeln sollte, sondern erkennbar ist, dass das @-Zeichen in
seiner Bedeutung als „at“ verwendet werden soll.
Zwangsvollstreckungsund Insolvenzrecht
11.     InsO §§ 49, 89 Abs. 1; ZVG §§ 10 Abs. 1, 155 (Aus
Insolvenzmasse freigegebener Gegenstand unterliegt Voll­
streckungsverbot)
Gibt ein Insolvenzverwalter oder Treuhänder einen dem
Schuldner gehörenden Gegenstand aus der Insolvenz­
masse frei, unterliegt dieser als sonstiges Vermögen des
Schuldners dem Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1
InsO.
BGH, Beschluss vom 12.2.2009, IX ZB 112/06
Die Beteiligte zu 2 ist Miteigentümerin eines Grundstücks, verbunden
mit dem Sondereigentum an einer Wohnung und einem Tiefgaragenstellplatz. Über ihr Vermögen wurde am 8.3.2005 das (Verbraucher-)
Insolvenzverfahren eröffnet. Der im Insolvenzverfahren ernannte
Treuhänder erklärte mit Schreiben vom 11.7.2005 gegenüber der
Beteiligten zu 2 die Freigabe der Wohnungseigentumsrechte aus der
Insolvenzmasse. Die Beteiligte zu 1 ist Verwalterin der Eigentümergemeinschaft. Sie beantragte am 17.10.2005 wegen titulierter Hausgeldrückstände aus dem Jahr 2004 dieAnordnung der Zwangsverwaltung über das Wohnungseigentum der Beteiligten zu 2. Der Antrag
blieb beim AG – Vollstreckungsgericht – und beim Beschwerdegericht ohne Erfolg. Beide Gerichte stellten sich auf den Standpunkt,
dass die Zwangsvollstreckung nach § 89 Abs. 1 InsO unzulässig sei.
Ein Recht auf abgesonderte Befriedigung lehnte das Beschwerde­
gericht, dessen Entscheidung in Rpfleger 2006, 430 veröffentlicht
ist, ab. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1 ihr Begehren weiter.
Aus den Gründen:
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO
statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie bleibt in der Sache
jedoch ohne Erfolg.
Mit Recht haben die Vorinstanzen entschieden, dass der Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung nach § 89 Abs. 1
InsO unzulässig ist. Nach dieser Norm sind Zwangsvollstre­
ckungen für einzelne Insolvenzgläubiger während der Dauer
des Insolvenzverfahrens weder in die Insolvenzmasse noch in
das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig.
1.      Die von der Antragstellerin vertretene Wohnungseigentümergemeinschaft ist als Insolvenzgläubigerin (§ 38 InsO)
vom Vollstreckungsverbot des § 89 InsO betroffen. Mit ihrem
Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung betreibt sie die
Vollstreckung eines vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens
entstandenen und titulierten persönlichen Anspruchs. Sie
wäre nur dann nicht als Insolvenzgläubigerin zu behandeln,
wenn mit dem Antrag ein Absonderungsrecht verwertet werden sollte (MünchKommInsO/Breuer, 2. Aufl., § 89 Rdnr. 21;
Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 89 Rdnr. 11; HK-InsO/Kayser,


Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

LG München

Erscheinungsdatum:

14.12.2008

Aktenzeichen:

17 HKT 920/09

Rechtsgebiete:

Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht

Erschienen in:

MittBayNot 2009, 315-317

Normen in Titel:

HGB § 17 Abs. 1