Dauer des Aufenthalts zur Begründung des „gewöhnlichen Aufenthalts“
letzte Aktualisierung: 17.01.2020
OLG Celle, Beschl. v. 12.9.2019 – 6 AR 1/19
Dauer des Aufenthalts zur Begründung des „gewöhnlichen Aufenthalts“
Unter dem „gewöhnlichen Aufenthalt“ ist der tatsächliche Lebensmittelpunkt einer natürlichen
Person zu verstehen, der mittels einer Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in der
Zeit vor seinem Tod und zum Zeitpunkt des Todes festzustellen ist. Eine Mindestdauer des
Aufenthalts ist nicht erforderlich, jedenfalls kann auch ein Zeitraum von nur einigen Wochen
ausreichend sein, einen „gewöhnlichen Aufenthalt“ zu begründen. Dies gilt insbesondere dann,
wenn der Ortswechsel dazu dient, sich in ein Pflegeheim zu begeben und mit einer Rückkehr an den
bisherigen Aufenthaltsort nicht gerechnet wird. Die Geschäftsfähigkeit eines Erblassers ist im
Verfahren der Zuständigkeitsbestimmung nicht zu klären.
geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, ohne den Willen seines gesetzlichen
Vertreters einen Wohnsitz weder begründen noch aufheben kann, ist nicht (mehr) anwendbar. § 343
FamFG a. F. stellte noch auf den Wohnsitz ab, die Neufassung der Vorschrift hingegen „nur“ auf
den „gewöhnlichen Aufenthalt“.
GRÜNDE
Der nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 (s. a. OLG Brandenburg, 9 AR 4/10, Beschluss vom 17. August 2010, zit. nach
juris) und
Gericht.
Entscheidungen zu
Beispiel OLG Karlsruhe, 9 AR 11/13, Beschluss vom 21. Mai 2013, zit. nach juris).
Unter dem „gewöhnlichen Aufenthalt“ ist der tatsächliche Lebensmittelpunkt einer natürlichen Person zu
verstehen, der mittels einer Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in der Zeit vor seinem
Tod und zum Zeitpunkt des Todes festzustellen ist. Inwieweit dabei neben dem objektiven Moment des
tatsächlichen Aufenthalts auch ein subjektives Element erforderlich ist, nämlich ein Aufenthaltswille, und
welche Anforderungen insoweit zu stellen sind, scheint nicht abschließend geklärt.
Eine Mindestdauer des Aufenthalts ist nicht erforderlich, jedenfalls kann auch - wie hier - ein Zeitraum von
nur einigen Wochen ausreichend sein, einen „gewöhnlichen Aufenthalt“ zu begründen. Dies gilt
insbesondere dann, wenn - wie hier - der Ortswechsel dazu dient, sich in ein Pflegeheim zu begeben und
mit einer Rückkehr an den bisherigen Aufenthaltsort nicht gerechnet wird.
Ob die Erblasserin zur Zeit ihres Umzugs von Peine nach Salzgitter geschäftsunfähig war, steht nicht allein
aufgrund der vom Amtsgericht Peine im Beschluss vom 29. August 2019 genannten Umstände fest (das
Protokoll der am 14. September 2018 im Wege der Rechtshilfe erfolgten richterlichen Anhörung im
Betreuungsverfahren, Ablichtung Bl. 12 d. A., spricht gegen Geschäftsunfähigkeit). Es bedarf aber dazu
auch keiner weiteren Ermittlungen.
Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, ohne den Willen seines gesetzlichen Vertreters einen Wohnsitz weder
begründen noch aufheben kann, ist nicht (mehr) anwendbar.
Wohnsitz ab, die Neufassung der Vorschrift hingegen „nur“ auf den gewöhnlichen Aufenthalt. Davon
unabhängig gilt für den vorliegenden Sachverhalt jedenfalls, dass Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit eines
Erblassers im Verfahren der Bestimmung des für ein Erbscheinverfahren zuständigen Gerichts nicht
nachzugehen ist. Es erscheint dem Senat fernliegend, allein in diesem Zusammenhang Ermittlungen
anzustellen, die umfangreich und kostenintensiv sein können, die für das weitere Verfahren
möglicherweise aber ohne Bedeutung sein werden (so auch bereits zu
27/15, Beschluss vom 6. Februar 2015, m. w. N., zit. nach juris).
Das Pflegeheim, in dem die Erblasserin verstorben ist, liegt im Zuständigkeitsbezirk des Amtsgerichts
Salzgitter mit der Folge, dass dieses für die Nachlasssache zuständig ist.
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Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Celle
Erscheinungsdatum:12.09.2019
Aktenzeichen:6 AR 1/19
Rechtsgebiete:Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Erschienen in:
FGPrax 2019, 271-272
ZEV 2020, 229-230
BGB § 8; FamFG §§ 3, 5, 343 Abs. 1