Erbeinsetzung in einer formunwirksamen Anlage zum Testament
BGB §§ 2247, 2267
Erbeinsetzung in einer formunwirksamen Anlage zum Testament
Zur Unwirksamkeit einer Erbeinsetzung, wenn die Erben in einem eigenhändigen Testament erst durch Bezugnahme auf eine nicht die Testamentsform wahrende Anlage individualisierbar bestimmt werden.
BGH, Beschl. v. 10.11.2021 – IV ZB 30/20
Problem
Eheleute errichten ein gemeinschaftliches eigenhändiges Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Nach dem Tod beider Ehegatten bestimmten sie eine „Erbengemeinschaft aus 5 befreundeten Familien“ zu ihren Erben. Bezüglich der Namen und Adressen dieser Ehepaare verwiesen die Erblasser im Testament auf eine maschinengeschriebene Anlage, die von beiden unterschrieben war. Nach dem Tod der Ehefrau errichtete der Ehemann ein neues Testament, das seine Tochter aus erster Ehe als Alleinerbin vorsah. Nach dem Tod des Ehemanns beantragte ein in der maschinengeschriebenen Anlage des gemeinschaftlichen Testaments der Ehegatten genanntes Paar die Erteilung eines Erbscheins. Das Nachlassgericht gab dem Antrag zunächst statt, das OLG Frankfurt wies ihn jedoch auf die Beschwerde der Tochter des Ehemanns zurück. Hiergegen legten die Antragsteller Rechtsbeschwerde ein, sodass der BGH nun über den Erbscheinsantrag zu entscheiden hatte.
Entscheidung
Die Rechtsbeschwerde ist nach Ansicht des BGH unbegründet, da eine wirksame Erbeinsetzung der Antragsteller nicht erfolgt sei. Sämtliche Verfügungen des Erblassers müssten zu ihrer Wirksamkeit den Formerfordernissen des
Der BGH stellt zunächst fest, dass die bisherige Differenzierung in der Rechtsprechung zwischen zulässigen Bezugnahmen zur näheren Erläuterung der testamentarischen Bestimmung einerseits und unzulässigen ergänzenden oder inhaltsbestimmenden Bezugnahmen andererseits zu einer aus seiner Sicht zum Teil zu großzügigen Zulassung von Bezugnahmen auf nicht formwirksame Anlagen geführt habe. Ob es sich lediglich um die Auslegung des bereits formgültig erklärten, andeutungsweise erkennbaren Willens des Erblassers handelt, sei daher in drei Schritten zu prüfen. Erstens sei zu untersuchen, ob die formwirksame Verfügung für sich genommen bereits hinreichend bestimmt und somit vollständig sei. Sei dies zu verneinen, sei zweitens zu prüfen, ob die letztwillige Verfügung mehrere Auslegungsmöglichkeiten erlaube. Treffe dies zu, sei in einem dritten Schritt zu prüfen, ob ein aus der formunwirksamen Anlage folgendes Auslegungsergebnis zumindest andeutungsweise oder versteckt im Testament zum Ausdruck gekommen sei. Die Bezugnahme auf eine Anlage des Testaments lasse sich aber noch nicht als Andeutung einordnen.
Für den der Entscheidung zugrundeliegenden Fall folgt daraus nach Auffassung des BGH, dass die Erbeinsetzung unvollständig sei, da sie dem allgemeinen erbrechtlichen Bestimmtheitsgebot nicht genüge. Dieses erfordere, dass die Verfügung mit praktisch hinreichender Sicherheit Geltungsanordnung, Zuwendungsempfänger und Zuwendungsgegenstand erkennen lasse. Diese Anforderungen erfülle die Formulierung „5 befreundete Familien“ nicht. Eine Vervollständigung dieser Bestimmung durch die maschinengeschriebene Anlage sei aber auch dann nicht möglich, wenn in dem formgültigen Testament auf diese Bezug genommen werde. Der BGH begründet dies zum einen mit der Formvorschrift des
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:10.11.2021
Aktenzeichen:IV ZB 30/20
Rechtsgebiete:
Gemeinschaftliches Testament
Testamentsform
DNotI-Report 2022, 21-22
NotBZ 2022, 136-137
BGB §§ 2247, 2267