OLG Brandenburg 03. Juni 2019
9 UF 49/19
BGB §§ 1360a Abs. 3, 1361 Abs. 1 S. 1, 1567 Abs. 1 S. 1

Berücksichtigung nachehelicher Einkommenssteigerungen beim Trennungsunterhalt

letzte Aktualisierung: 6.12.2019
OLG Brandenburg, Beschl. v. 3.6.2019 – 9 UF 49/19

BGB §§ 1360a Abs. 3, 1361 Abs. 1 S. 1, 1567 Abs. 1 S. 1
Berücksichtigung nachehelicher Einkommenssteigerungen beim Trennungsunterhalt

Ein sogenannter Karrieresprung, der bei Berechnung des Trennungsunterhalts
unberücksichtigt bleiben muss, ist gegeben, wenn nach der Trennung bis zur Rechtskraft der
Ehescheidung das Einkommen eines Ehegatten eine unerwartete, vom Normalverlauf erheblich
abweichende Entwicklung nimmt. (Leitsatz der DNotI-Redaktion)

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um Trennungsunterhalt.
Die miteinander seit dem … September 2008 verheirateten Beteiligten leben seit spätestens
Ende 2015 voneinander getrennt. Der Antragsgegner ist mittlerweile nach … verzogen. Der
Scheidungsantrag ist seit dem 30. Mai 2018 rechtshängig.

Die Antragstellerin bewohnt seit der Trennung vom Antragsgegner mit den gemeinsamen
Kindern, der Tochter …, geboren am … 2006, und dem Sohn …, geboren am … 2014, die
Ehewohnung allein. Die Ehewohnung ist in …, … gelegen. Das darauf befindliche Einfamilienhaus
mit vier Zimmern, Küche und Bad (rd. 107 m²) wurde 1993 errichtet und ist vollständig
unterkellert, die Grundstücksgröße beträgt 763 m².

Die Tochter … ist mit dem Pflegegrad 2 zu 50 % schwerbeschädigt und pflegebedürftig. Die
Antragstellerin, von Beruf Diplom-Sozialpädagogin, hat angesichts dessen in 2011 ihre ursprüngliche
Arbeitszeit von 30 bis 35 Wochenarbeitsstunden in einer Schule und Kita auf 20
Wochenarbeitsstunden im Einvernehmen mit dem Antragsgegner begrenzt.

Der Antragsgegner ist Diplom-Wirtschaftsingenieur und als Unternehmensberater tätig. Er
hat in der Vergangenheit seine Arbeitgeber mehrfach gewechselt und ist seit Anfang 2014
bei der Firma … in … (…) beschäftigt. Im Zuge seiner beruflichen Wechsel ist auch sein
monatliches Einkommen im Laufe der Jahre stetig angestiegen. Aus seinem bei der Trennung
geltenden Arbeitsvertrag bezog er ein monatliches Grundgehalt von rd. 7.900 € zuzüglich
Sonderzahlungen i.H.v. 1,2 Monatsgehältern zuzüglich Mietzuschuss und Dienstwagen,
jeweils brutto (Arbeitsvertrag vom 25. November 2013 sowie Zusatzvereinbarung zu diesem
Arbeitsvertrag, Bl. 322 ff.). Nach der Trennung ist er innerhalb seines Betriebes mehrfach
gewechselt und erzielt mittlerweile ein deutlich höheres Einkommen; wegen der weiteren
Einzelheiten dazu wird auf die nachfolgenden Ausführungen unter II.4. Bezug genommen.
Anlässlich eines in der Vergangenheit geführten Verfahrens (Amtsgericht Bernau, Az. 6 F
839 / 15) wurde durch Beschlussvergleich vom 27. April 2016 das Zustandekommen eines
Vergleiches über Kindesunterhaltszahlungen des Antragsgegners an die gemeinsamen Kinder
sowie Trennungsunterhaltszahlungen an die Antragstellerin festgestellt. Gemäß Ziff. 11
dieser Vereinbarung war die Regelung befristet bis einschließlich August 2018, wobei auf
Basis dieser Vereinbarung auch eine Regelung über den Scheidungs- und nachehelichen
Unterhalt getroffen werden sollte; Basis für die Vereinbarung und die Gestaltung des nachehelichen
Unterhalts sollten die vorliegenden Gehaltsnachweise aus dem Jahr 2014 sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 13 ff. Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 9. Februar 2018 hat die Antragstellerin den Antragsgegner zur Zahlung
von Trennungsunterhalt ab September 2018 aufgefordert.

Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, die in 2016 geschlossene Unterhaltsvereinbarung
sei unwirksam, einerseits weil diese nach ihrer Behauptung allein unter Druck aufgrund
ihrer beengten finanziellen Situation zustande gekommen sei, andererseits weil es
sich ihrer Ansicht nach um einen unzulässigen Verzicht auf Trennungsunterhalt gehandelt
habe. Bei Abschluss dieser Vereinbarung habe ihrer Behauptung nach der Antragsgegner
sie über seine zu dieser Zeit schon erheblich gestiegenen Einkünfte nicht informiert. Im Übrigen
sei die mit der Steigerung seiner Karriere verbundene Einkommenssteigerung Teil der
familiären Planungen in der Vergangenheit gewesen, insbesondere sei auch ein Umzug an
den Ort des Arbeitgebers aus diesen Gründen geplant gewesen. Im Zuge dessen sei auch
zu berücksichtigen, dass es nach ihrer Behauptung noch in 2015 Versöhnungsversuche
auch intimer Art sowie gemeinsame Urlaube gegeben habe, weshalb es nach ihrer Ansicht
erst Ende 2015 zur Trennung gekommen sei.

Die Antragstellerin hat beantragt,
den Antragsgegner zu verpflichten, an sie ab dem 1. September 2018 jeweils im Voraus
monatlichen Trennungsunterhalt i.H.v. 2.229,00 € zu zahlen.

Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Vereinbarung aus 2016 habe auch Bindungswirkung für
die zukünftige Ausgestaltung des Trennungs- und nachehelichen Unterhaltes; er hat dazu
behauptet, dies sei von den Beteiligten auch so gewollt gewesen. Die Trennung sei Ende
2014 erfolgt. Die erst nach Trennung einsetzenden Einkommenssteigerungen dürften seiner
Auffassung nach unter Beachtung eines sogenannten (ungeplanten) Karrieresprunges unterhaltsrechtlich
keine Berücksichtigung finden. Daher müsse von seinem letzten bei Trennung
vorhandenen Einkommen unter Berücksichtigung von tariflichen Anpassungen ausgegangen
werden, um den Ehegattenunterhaltsanspruch zu bestimmen.

Mit dem am 15. Februar 2019 verkündeten Beschluss hat das Amtsgericht Bernau dem Antrag
der Antragstellerin im Ergebnis vollständig stattgegeben. Wegen der Einzelheiten der
Begründung wird auf die Ausführungen der angefochtenen Entscheidung (Bl. 508 ff. und dort
ab S. 7 der Entscheidung) Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, mit der dieser
in Wiederholung und Vertiefung seines vorangegangenen Vorbringens weiterhin insbesondere
unter Darlegung seiner einzelnen beruflichen Werdegänge nach der Trennung die Auffassung
vertritt, angesichts eines Karrieresprungs einerseits, aber auch unter Berücksichtigung
der Bindungswirkung des geschlossenen Vergleiches aus 2016 andererseits könne auf
sein erhöhtes Einkommen nach Trennung kein unterhaltsrechtlicher Rückgriff genommen
werden.

Der Antragsgegner beantragt,
den angefochtenen Beschluss abzuändern und der Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und stellt erneut eine Trennung
Ende 2014 streitig.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 3. Juni 2019 beide Beteiligten persönlich
befragt.

II.

Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde des
Antragsgegners hat teilweise Erfolg; sie ist teilweise begründet, im Übrigen unbegründet.

Der Antragstellerin steht gegen den Antragsgegner ein Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt
nach § 1361 Abs. 1 S. 1 BGB im tenorierten Umfange zu.

1. Trennungszeitpunkt

Zunächst ist festzustellen, dass sich die Beteiligten um den Jahreswechsel 2014 auf 2015
voneinander getrennt haben.

a.

Nach § 1567 Abs. 1 S. 1 BGB leben die Ehegatten getrennt, wenn zwischen ihnen keine
häusliche Gemeinschaft mehr besteht und (mindestens) ein Ehegatte sie erkennbar nicht
herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt.

Unter der Lebensgemeinschaft der Ehegatten ist primär die wechselseitige innere Bindung
der Ehegatten zu verstehen. Die häusliche Gemeinschaft umschreibt dagegen die äußere
Realisierung dieser Lebensgemeinschaft in einer gemeinsamen Wohnstätte. Die häusliche
Gemeinschaft bezeichnet nur einen äußeren, freilich nicht notwendigen Teilaspekt dieser
Gemeinschaft. Allein aus dem Nichtbestehen der häuslichen Gemeinschaft ergibt sich ein
Getrenntleben der Ehegatten daher noch nicht. Eine eheliche Lebensgemeinschaft kann
vielmehr auch dann bestehen, wenn die Ehegatten einvernehmlich eigenständige Haushalte
unterhalten, z.B. wegen unterschiedlicher Arbeitsorte oder weil ein Ehegatte einen nahen
Angehörigen in dessen Umfeld pflegt (Maurer, FamRZ 2016, 1220). Will ein Ehegatte dennoch
die Trennung im Sinne von § 1567 BGB herbeiführen, so bedarf es hierzu einer entsprechenden
Äußerung oder eines sonstigen für den anderen Ehegatten erkennbaren Verhaltens,
das unmissverständlich den Willen zum Ausdruck bringt, die eheliche Lebensgemeinschaft
nicht weiterführen zu wollen (BGH, FamRZ 2016, 1142; BGH, FamRZ 1989, 479
f.; vgl. auch BSG FamRZ 2010, 973).

Diese Voraussetzungen lagen zum Jahreswechsel 2014 / 2015 vor. Insoweit ist insbesondere
nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten bei ihrer persönlichen Befragung
vor dem Senat unstreitig, dass zu dieser Zeit die Antragstellerin von der ehewidrigen Beziehung
des Antragsgegners erfuhr, es zu einem Streit kam und sodann der Antragsgegner
erklärte, er wolle die Ehe so nicht mehr fortführen. Unstreitig ist auch, dass er wenige Tage
später (am 3. Januar 2015) nochmals in die Ehewohnung zurückkehrte und dort eine Vielzahl
seiner persönlichen Sachen (der genaue Umfang ist insoweit streitig) abholte. All dies
entspricht auch dem erstinstanzlichen beiderseitigen Vorbringen. Bereits im Rahmen der
Antragsschrift hat die Antragstellerin insoweit ausdrücklich erklärt, der Antragsgegner habe
erklärt, dass Schluss ist, er nicht wiederkommen, eine neue Freundin habe (vgl. Bl. 3 d.A.);
der Antragsgegner hat dies nachfolgend unstreitig gestellt (vgl. Bl. 126). Mit diesem unstreitigen
Verhalten und Äußerungen hat der Antragsgegner seinen unmissverständlichen Willen
zum Ausdruck gebracht, die eheliche Lebensgemeinschaft nicht weiterführen zu wollen, was
für die Antragstellerin ohne weiteres erkennbar war.

Dem steht nicht entgegen, dass der Antragsgegner nachfolgend etwa alle zwei Wochen zunächst
noch nach Hause kam. Dabei kann sogar dahingestellt bleiben, inwieweit insoweit
weiterer geschlechtlicher Kontakt zwischen den Beteiligten stattfand. Zwar mag insoweit die
Trennung von Tisch und Bett fraglich. Darauf kommt es aber nicht an, weil die Antragstellerin
bei ihrer persönlichen Befragung zum Ausdruck gebracht hat, dass sie das Verhalten des
Antragsgegners Ende 2014 als Auszug betrachtete. Dass sie vom Antragsgegner nachträglich
erfuhr, dass er es nochmals versuchen oder dass er (von der ehewidrigen Beziehung
Abstand nehme und) zu seiner Familie zurückkehre wolle. Sie selbst hat zu ihrer Gefühlswelt
erklärt, sie habe die subjektive Einschätzung gehabt, man versuche es nochmals. Subjektiv
mag insoweit das Verhalten des Antragsgegners bei der Antragstellerin die Hoffnung erweckt
haben, man könne wieder zueinander finden; die einmal vollzogene Trennung berührt dies
allein aber noch nicht. Bloße Hoffnungen der Antragstellerin beseitigen die einmal eingetretene
Trennung nicht. Selbst zeitweilige Versöhnungsversuche – die als solche durch die Antragstellerin
nicht einmal substantiiert dargetan worden sind - würden letztendlich nicht der
durch den Antragsgegner erkennbar zum Ausdruck gebrachten Abkehr von der Ehe entgegenstehen.
Dass die Antragstellerin ihrerseits ebenso von einer endgültigen Trennung zum Jahreswechsel
2014 / 2015 ausging, folgt zudem daraus, dass sie bereits mehrfach dieses Datum
als (verbindliches) Trennungsdatum benannt hat. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens –
wie der Antragsgegner nochmals im Termin von dem Senat unbestritten vorgetragen hat –
wurde im erstinstanzlichen Termin vom 11. Januar 2019 übereinstimmend als Trennungsdatum
der 30. Dezember 2014 benannt (vgl. Bl. 471 ff.). Ob damit bereits die Voraussetzungen
eines gerichtlichen Geständnisses nach § 288 Abs. 1 ZPO (§ 113 Abs. 1 FamFG) vorliegen,
von denen sich die Antragstellerin nur unter den strengen (hier nicht vorliegenden) Voraussetzungen
des § 290 ZPO (§ 113 Abs. 1 FamFG) lösen könnte, braucht nicht abschließend
entschieden zu werden. Denn konform mit dieser Erklärung war auch bereits in der ersten
mündlichen Verhandlung in der vorliegenden Sache (vergleiche die mündliche Verhandlung
vom 19. Oktober 2018 vor dem Amtsgericht, Bl. 263 ff. d.A.) durch den Antragsgegner ausdrücklich
dieses Trennungsdatum benannt, ohne dass sich die Antragsgegnerin dem widersetzt
hat. Ebenso hat aufgrund dessen zutreffend das Amtsgericht diese Tatsache als unstreitig
bewertet und im Rahmen seines unstreitigen Tatbestandes auch so aufgeführt; ein
Tatbestandsberichtigungsverfahren nach § 320 Abs. 1 ZPO (§ 113 Abs. 1 FamFG) hat die
Antragstellerin aber nicht angestrengt. Bei dieser Sachlage war aber auch für die Antragsstellerin
erkennbar, dass tatsächlich Ende 2014 die Trennung seitens des Antragsgegners
vollzogen wurde; anders sind ihre Erklärungen bzw. ihr Verhalten nicht zu verstehen.

Soweit dagegen die Beteiligten im Rahmen ihrer gemeinsamen Veranlagung übereinstimmend
gegenüber dem Finanzamt erklärt haben, die Trennung sei erst zum 1. Januar 2017
vollzogen, steht dies dem wie zuvor dargestellten Trennungsdatum Ende 2014 nicht entgegen.

Zwar ergibt sich aus einem solchen steuerlichen Trennungsdatum durchaus eine indizielle
Wirkung jedenfalls dahingehend, dass zuvor tatsächlich keine Trennung erfolgt ist (vergleiche
zur Indizwirkung auch OLG Stuttgart FamRZ 2018,1493, allerdings für den umgekehrten
Fall). Die daraus folgende Indizwirkung (gleich welcher Stärke) ist hier aber schon
deshalb beseitigt, weil beide Beteiligte bei ihrer Anhörung vor dem Senat übereinstimmend
erklärt haben, dass es sich insoweit um ein fiktives Datum gehandelt habe. Dass die Antragstellerin
nach ihrer Behauptung diese Erklärung unter Druck abgegeben habe, spielt für die
(unstreitige) Wahrheitswidrigkeit der Angabe keine Rolle.

2. Beschlussvergleich vom 27. April 2016

Das Amtsgericht hat zutreffend festgestellt, dass Trennungsunterhaltsansprüche der Antragstellerin
nicht durch die in 2016 geschlossene Vereinbarung der Beteiligten ausgeschlossen
sind. Unter Ziff. 11 dieser Vereinbarung ist ausdrücklich deren Befristung auf Ende August
2018 ausgesprochen. Ein darüber hinausgehender Ausschluss von Trennungsunterhaltsansprüchen,
der angesichts § 1614 BGB (§§ 1360a Abs. 3 BGB, 1361 Abs. 4 S. 4 BGB) auch
erkennbar unzulässig wäre, ist damit erkennbar nicht verbunden. Vielmehr enthält die Regelung
insoweit allein Absichtserklärungen, dass über nachfolgende Ansprüche noch Verständigung
herbeigeführt werden soll.

Vorsorglich sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass dem Vergleich aufgrund des Er9
reichens der Frist auch keine darüber hinausgehende Bedeutung zukommt, insbesondere
was die zugrunde zulegenden Einkommensverhältnisse der Beteiligten angeht. Soweit die
Beteiligten dabei bestimmt hatten, dass auf Basis der in 2016 geschlossenen Vereinbarung
auch eine Regelung über den Scheidungsunterhalt - insoweit ist wohl der Trennungsunterhalt
gemeint – getroffen werden sollte und dass Basis der Vereinbarung auch die Gestaltung
des nachehelichen Unterhaltes und insoweit die vorliegenden Gehaltsnachweise aus dem
Jahr 2014 sein sollen, lässt dies nicht erkennen, dass darüber hinausgehend sonstige der
üblichen Einkommensentwicklung entsprechende Einkommenssteigerungen keine Berücksichtigung
finden sollen. Insbesondere ist nicht zu erkennen, dass die Beteiligten dabei tatsächlich
eine Art Einfrieren des Unterhaltsanspruches auf dem Einkommensniveau 2014
vornehmen wollten. Ein derartiger – sehr weitgehender – Wille lässt sich bereits nicht dem
Wortlaut der entsprechenden Vereinbarung entnehmen. Auch soweit die Beteiligten dazu
Vortrag geleistet haben, ist nicht erkennbar, dass sie sich einer solchen sehr weitreichenden
Regelung bewusst waren und diese tatsächlich bestimmen wollten. Dabei wäre zudem zu
berücksichtigen, dass diese Einkommensbegrenzung sich für beide Seiten sowohl positiv als
auch negativ auswirken könnte. Sie würde nicht nur den hier tatsächlich gegebenen Verlauf,
d. h. die hohen Einkommenssteigerungen des Antragsgegners nach Trennungszeitpunkt
erfassen; umgekehrt würde dies auch die Fälle erfassen, dass beispielsweise der Antragsgegner
nach der Trennung verminderte Einkünfte erzielen würde, gleich ob dies eine Folge
rein beruflicher Gründe oder besonderer persönlicher Umstände – beispielsweise unfallbedingt
oder krankheitsbedingt – wäre. Gleiches würde im Übrigen auch auf die Einkünfte der
Antragstellerin zutreffen, soweit diese nach der Trennung höhere Einkünfte beispielsweise
über die Wiederaufnahme einer vollschichtigen Tätigkeit erzielen würde, oder umgekehrt
wenn sie ihrerseits ihre 20 Stundentätigkeit einschränken oder gar aufgeben müsste und
daher weniger Einkünfte erzielen würde. Dass die Eliminierung derartig gravierender Einkommensveränderungen
tatsächlich Grundlage der Vereinbarung der Beteiligten war und
ihrem Willen entsprochen habe, kann weder dem Wortlaut des Vertrages noch den zugehörigen
Sachvortrag der Beteiligten entnommen werden.

Damit sind auch die üblichen Einkommensveränderungen nach dem Trennungszeitpunkt für
die Bedarfsbemessung des Unterhaltsanspruchs der Ehegatten zu berücksichtigen. Nach
der Rechtsprechung des BGH sind zur Feststellung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen
grundsätzlich alle veränderten und unveränderten Einkünfte heranzuziehen, die ihm
auch nach der Trennung zufließen (vgl. BGH FamRZ 1992, 1045; BGH FamRZ 2007, 1532
ff.). An den die ehelichen Lebensverhältnisse der Beteiligten bestimmenden fortbestehenden
wirtschaftlichen Faktoren müssen sich grundsätzlich beide Eheleute auch im weiteren Verlauf
der Trennungszeit festhalten lassen, denn bei Weiterführung der Ehe hätte der andere
Ehegatte wirtschaftliche Änderungen ebenfalls mittragen müssen (Viefhues in: Herber9
ger/Martinek/Rüßmann/Weth/
Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl. Stand 2019, § 1361 BGB Rn. 47).

Auf die weitere Frage, ob der Vergleich nicht bereits von Anfang an nichtig gemäß § 138
Abs. 1 BGB war, kommt es daher nicht entscheidend ein. Im Übrigen hat die Antragstellerin
nicht einmal im Ansatz dargetan, dass sie sich in einer derartigen Drucksituation befunden
hätte, dass tatsächlich von einem – zumal bewussten – Ausnutzen einer Zwangslage durch
den Antragsgegner und damit von dem Eingreifen der Inhaltskontrolle auszugehen wäre.
Ebenso wenig kann den vertraglichen Regelungen, die den Einkommensverhältnissen der
Beteiligten jedenfalls zum Zeitpunkt Ende 2014 entsprachen, entnommen werden, dass ein
unzulässiger Verzicht auf Trennungsunterhalt – vergleiche auch die nachfolgende Berechnung
des Senates – vorliegen würde. Selbst wenn aber dabei der Antragsgegner die Antragstellerin
tatsächlich bewusst über seine erhöhten Einkünfte im Unklaren gelassen hätte,
würde dies keine Unwirksamkeit des Vertrages herbeiführen, da die Beteiligten bei Vergleichsabschluss
und daher rund anderthalb Jahre nach der Trennung bewusst auf die Einkommensverhältnisse
2014 Bezug genommen hatten. Letztendlich folgt dies zudem auch
daraus, dass die deutlich erhöhten Einkünfte des Antragsgegners für die Bemessung des
Unterhaltsanspruchs der Antragstellerin keine Berücksichtigung zu finden haben, wie nachfolgend
ausgeführt wird.

3. Einkünfte der Antragstellerin

a. Erwerbseinkünfte

Auf Seiten der Antragstellerin sind unstreitig Erwerbseinkünfte von monatlich netto 1.140 €
für die Tätigkeit in der Kita zugrunde zu legen. Angesichts des im Raum stehenden Trennungsunterhaltsanspruches
kommt es im Grundsatz nicht auf die Frage an, inwieweit die
Antragstellerin diese noch zu Zeiten des intakten Zusammenlebens ausgeübten Tätigkeit
auszuweiten hätte. Es recht gilt dies unter Berücksichtigung dessen, dass für die Antragstellerin
mit der Betreuung der Tochter … ein jedenfalls in der Vergangenheit hoher, mittlerweile
zwar verminderter, aber gleichwohl noch bestehender Pflegeaufwand verbunden ist. All dies
ist letztendlich auch außerhalb des Streits der Beteiligten.

An diesen bereits in der Senatsentscheidung vom 6. Mai 2019 enthaltenen Ausführungen ist
auch weiterhin festzuhalten.

b. Kinderpflegekrankengeld

Soweit das Amtsgericht – ohne weitere Begründung – das für … an die Antragstellerin gezahlte
Kinderpflegekrankengeld von 220 € monatlich (vergleiche Bl. 100) vollständig als Einkommen
zugerechnet hat, ist dies nicht zu beanstanden. Es handelt sich hierbei tatsächlich –
obgleich für die Kinderpflege gezahlt – um echtes unterhaltsrechtliches Einkommen der Antragstellerin.

Denn Versicherte haben Anspruch auf dieses Krankengeld, wenn sie wegen der
notwendigen Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten
Kindes der Arbeit fernbleiben, vgl. § 45 Abs. 1 S. 1 SGB V. Dies zeigt, dass hier kein besonderer
Bedarf des gepflegten Kindes gedeckt, sondern vielmehr ein Ersatzeinkommen für die
pflegende Person geschaffen werden soll.

Allerdings hat das Amtsgericht dieses Einkommen im Rahmen der unterhaltsrechtlichen Berechnung
teilweise fehlerhaft behandelt. Da das Amtsgericht die Einkünfte der Antragsstellerin
insgesamt addiert hat und erst am Ende vom Gesamteinkommen einen Erwerbstätigenbonus
abgezogen hat, hat es letztendlich auch dem Kinderpflegekrankengeld einen Erwerbstätigenbonus
zukommen lassen. Dies ist aber nicht berechtigt, da es sich eben nicht
um ein aus einer Erwerbstätigkeit erzieltes Einkommen handelt. Entsprechend sind die Berechnung
des Amtsgerichts in diesem Punkt zu korrigieren.

An diesen bereits in der Senatsentscheidung vom 6. Mai 2019 enthaltenen Ausführungen ist
auch weiterhin festzuhalten.

c. Verbindlichkeiten

Anders als noch in der Senatsentscheidung vom 6. Mai 2019 ist bei der Antragstellerin die
5%ige berufsbedingte Aufwendungspauschale zu berücksichtigen. Soweit der Antragsgegner
zuletzt vorgebracht hat, die Antragstellerin benötige das Fahrzeug gar nicht, um zur Arbeitsstelle
– die etwa 600 m entfernt liege – zu kommen, hat die Antragsstellerin dies im Rahmen
der mündlichen Verhandlung nicht bestritten. Daraus folgt aber zugleich, dass dann die Antragstellerin
sich jedenfalls auf die für allgemeine berufsbedingte Aufwendungen geltende
Pauschale berufen kann. Die Kosten des Pkws stehen dem insoweit nicht (mehr) entgegen,
weil hier demgemäß kein beruflicher Aufwand mehr veranlasst ist. Dann aber hat es bei dem
Abzug der entsprechenden Pkw-Kosten schon deshalb zu verbleiben, weil sie die Ehe geprägt
haben: Unstreitig hat die Antragstellerin bereits zu Ehezeiten einen Pkw geführt und
aufgrund eines Totalschadens diesen gegen ihren jetzigen Pkw bei entsprechender Kreditrate
ausgetauscht.

Der Antragsgegner ist dieser im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgten
Erörterung nicht mehr entgegengetreten.

d. Wohnvorteil

Das Amtsgericht hat nachvollziehbar einen geschätzten Wohnnutzen von 1.261 € für das von
der Antragsgegnerin bewohnte Haus zugrunde gelegt, der angesichts der zugehörigen Ausführungen
der angefochtenen Entscheidung (dort Seite 8 f.) auch nachvollziehbar ist. Zutreffend
ist insoweit auch, dass davon keine Belastungspositionen in Abzug zu bringen sind, da
die entsprechende Kreditrate von monatlich 724 € durch den Antragsgegner gezahlt wird.
Unzutreffend ist allerdings auch hier, dass das Amtsgericht wegen der Art seiner Berechnung
auch von dem Wohnvorteil letztendlich einen Erwerbstätigenbonus in Abzug gebracht hat;
auch dies ist entsprechend zu korrigieren.

An diesen bereits in der Senatsentscheidung vom 6. Mai 2019 enthaltenen Ausführungen ist
auch weiterhin festzuhalten.

Daraus folgen auf Seiten der Antragstellerin nunmehr folgende unterhaltsrechtliche Einkünfte:
Einkommen Antragstellerin
Erwerbseinkommen 1.140,00 €
KfZ-Kredit - 137,79 €
KfZ-Steuer - 31,23 €
ergibt 970,98 €
abzgl. 5% - 48,55 €
ergibt 922,43 €
abzgl. Erwerbstätigenbonus = 1/7 - 138,71 €
Wohnvorteil 1.261,00 €
Kinderpflegekrankengeld 220,00 €
bereinigtes Einkommen 2.264,72 €

4. Einkünfte des Antragsgegners

Der Streit der Beteiligten rankt sich im Wesentlichen darum, inwieweit die seit der Trennung
unstreitig gestiegenen Einkünfte des Antragsgegners tatsächlich noch für die Ermittlung des
Bedarfes der Ehefrau heranzuziehen sind oder ob diese insbesondere unter Beachtung eines
so genannten Karrieresprung außen vor zu bleiben haben. Dies ist anhand des Verlaufes
der beruflichen und Einkommensentwicklung des Antragsgegners erkennbar zu Gunsten
letzteren Umstandes zu entscheiden.

a.

Die für die Bemessung des trennungsunterhaltsrechtlichen Bedarfs bestimmenden Lebensverhältnisse
(§ 1361 Abs. 1 S. 1 BGB) bemessen sich primär nach den wirtschaftlichen Lebensverhältnissen
und damit den Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Abzustellen
ist mithin auf die Summe der nachhaltig prägenden finanziellen Mittel, die den Eheleuten zur
Verfügung gestanden haben. Prägend für die Lebensverhältnisse ist mithin das Einkommen,
das nachhaltig erreicht worden ist (vgl. bereits BGH FamRZ 1992, 1045).

Maßgebend für die Bestimmung der prägenden Einkünfte des Antragsgegners ist damit zunächst,
welche konkrete Tätigkeit mit welchen Einkünften der Antragsgegner bis zur Trennung
bzw. noch im Anschluss daran ausgeübt hat. Insoweit war er bei seinem jetzigen Arbeitgeber
als Segmentleiter Einzelteilfertigung beschäftigt bei einem Bruttoeinkommen von
rund 7.900 € zzgl. einiger Sondervergünstigungen. Diese Tätigkeit dauerte bis April 2015 an,
danach erfolgte ein Wechsel innerhalb des Unternehmens.

b.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bedarfsbemessung im Rahmen des Trennungsunterhalts sind
die jeweils aktuell waltenden Verhältnisse. Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von §
1578 Abs. 1 Satz 1 BGB - und damit auch der Maßstab des Trennungsunterhaltes aus §
1361 BGB - werden grundsätzlich durch die Umstände bestimmt werden, die bis zur Rechtskraft
der Ehescheidung eintreten (BGH FamRZ 2012, 281).

Nacheheliche Einkommensverbesserungen werden aber nur dann bedarfssteigernd erfasst,
wenn ihnen eine Entwicklung zugrunde liegt, die aus der Sicht zum Zeitpunkt der Rechtskraft
der Ehescheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war und diese Erwartung bereits
auch die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hatte (BGH FamRZ 1987, 459). Etwas anderes
gilt also dann, wenn die neuen Umstände auf Veränderungen nach der Trennung beruhen,
die auf einer unerwarteten und vom Normalfall erheblich abweichenden Entwicklung
beruhen (BGH FamRZ 2009, 411; OLG Hamm FamRZ 2018, 259 m.w.N.). Bei einem sog.
Karrieresprung ist das erhöhte Einkommen nicht mehr eheprägend (BGH FamRZ 2016,
199), weil bei Einkommenssteigerungen aufgrund Karrieresprungs der Ehegatte nicht bessergestellt
werden soll, als er während der Zeit des intakten Zusammenlebens stand und
aufgrund einer schon absehbaren Entwicklung ohne die Trennung stehen würde. Zur Bewertung,
ob ein solcher Karrieresprung im Rahmen des nachehelichen Unterhalts vorliegt,
wird bei Einkommensentwicklungen nach Rechtskraft der Ehescheidung darauf abgehoben,
ob sie zum Zeitpunkt der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (BGH
FamRZ 2006, 683) und diese Erwartung die ehelichen Lebensverhältnisse bereits mitgeprägt
hat (BGH FamRZ 1987, 459).

Diese zum nachehelichen Unterhalt entwickelten Grundsätze wendet der BGH bereits für die
Dauer des Getrenntlebens an. Auch beim Trennungsunterhalt ist eine Einkommensentwicklung
nur beachtlich, wenn diese aus der Sicht zum Zeitpunkt der Trennung mit hoher Wahrscheinlichkeit
zu erwarten war und diese Erwartung bereits auch die ehelichen Lebensverhältnisse
bis zur Trennung geprägt hatte. Ein Karrieresprung ist also anzunehmen, wenn
nach der Trennung bis zur Rechtskraft der Ehescheidung das Einkommen eines oder beider
Ehegatten bis zur Scheidung eine unerwartete, vom Normalverlauf erheblich abweichende
Entwicklung genommen hat, die somit für die Bestimmung des Trennungsunterhaltes nach §
1361 BGB außer Betracht bleiben muss (BGH FamRZ 1992, 1045; Clausius in: Herberger/
Martinek/Rüßmann/Weth/
Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl. Stand 2019, § 1578 BGB Rn. 44).

Die Darlegungs- und Beweislast für ein erhöhtes Einkommen i.S.e. Karrieresprungs trägt
zunächst der Antragsgegner als Unterhaltspflichtiger (allgemein dazu OLG Düsseldorf vom
2. März 2015 – 7 UF 224 /14). Steht aber – wie hier – das Vorliegen eines deutlich und ungewöhnlich
erhöhten Einkommens fest, so trägt der Unterhaltsgläubiger (hier die Antragstellerin)
die weitere Darlegungs-/Beweislast. Er trägt dann insbesondere die Beweislast dafür,
dass die neuen Verhältnisse trotzdem noch Ausdruck der früheren ehelichen Lebensverhältnisse
sind, also in welcher Weise die Änderungen bereits künftig erwartet waren und die
wirtschaftlichen Verhältnisse während der Ehe bereits mitgeprägt haben (Clausius a.a.O. Rn.
114).

c.

Der weitere Verlauf der Tätigkeiten des Antragsgegners sieht nach dessen (auch bereits
erstinstanzlich erfolgten) unbestrittenen und weitgehend belegten Vorbringen stichpunktartig
wie folgt aus:

- ab Mai 2015 Aufstieg innerhalb der GmbH als Hauptabteilungsleiter
- ab Oktober 2015 Aufstieg innerhalb der GmbH als Direktor Produktionsplanung
- ab November 2016: Aufstieg innerhalb der GmbH als Direktor Fendt Strategie.

Dabei ist zunächst deutlich zu erkennen, dass der Antragsgegner den Aufgabenbereich, den
er bei Trennung ausgeübt hatte, verlassen und in andere – deutlich verantwortungsvollere –
Tätigkeiten gewechselt ist. Solche Leistungsbeförderungen stellen aber üblicherweise einen
Karrieresprung dar (vgl. nur die Beispiele bei Clausius a.a.O. Rn. 47), so auch der Wechsel
vom Abteilungsleiter zum Hauptabteilungsleiter (vgl. für den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich
OLG München FamRZ 2007, 1897).

Zugleich hat eine deutliche Veränderung der Einkommensstruktur stattgefunden: Das Bruttoeinkommen
selbst hat sich zunächst nicht gravierend (stellt man auf regelmäßige Einkommenserhöhungen
ab, vgl. die nachfolgenden Berechnungen) verändert, wohl aber die Sonderzahlungen,
was insbesondere in Zusammenhang mit den ihm seit Mai 2015 gewährten
Bonuszahlungen und Halteprämien steht.

Bereits diese Umstände (neue Aufgabenbereiche, verantwortungsvollere Tätigkeiten, veränderte
Einkommensstruktur) sprechen indiziell deutlich für einen ungewöhnlichen, vom Normalverlauf
abweichenden Einkommensverlauf. Hinzu tritt der Umstand, dass sich der Antragsgegner
auf seine ab Mai 2015 wahrgenommene Tätigkeit erst nach der Trennung beworben
und zuvor auch ein Umzug nach dem Hauptort seiner Arbeitsstätte nach … stattgefunden
hat. Zudem spricht dafür auch, dass nach den Angaben des Antragsgegners die
Hauptabteilungsleitertätigkeit ab Mai 2015 bei der Trennung als solche innerhalb des Betriebes
noch gar nicht vorhanden war, es sich vielmehr um eine erst danach neu geschaffene
Anstellung handelte. Ferner ist auch erkennbar, dass – wenngleich wohl der Antragsgegner
noch nicht dem Vorstand des Betriebes angehört – seine Tätigkeit jedenfalls mittlerweile eng
mit dem Vorstand verknüpft wird, in dem er nach eigenen Angaben aufgrund seiner seit November
2016 ausgeübten Tätigkeit direkt diesem zuarbeitet, ein Umstand, der nach bisherigem
Stand unstreitig nicht zuvor – jedenfalls nicht bei der Trennung – vorhanden gewesen
ist. Gerade ein solches Aufrücken in die (Nähe der) Geschäftsleitung stellt aber einen typischen
Fall des Karrieresprungs dar (OLG Düsseldorf vom 2. März 2015 – 7 UF 224 /14).

All dies lässt allein den Schluss darauf zu, dass tatsächlich nach der Trennung ein ungewöhnlicher
Einkommensverlauf, verbunden mit einer jedenfalls teilweise neuen Orientierung
der beruflichen Tätigkeiten des Antragsgegners – wenngleich innerhalb desselben Betriebes
– stattgefunden hat. Soweit die Antragstellerin dem dahingehend entgegentritt, das Wechsel
innerhalb des Betriebes bereits während des ehelichen Zusammenlebens angedacht waren
und insoweit auch ein Wechsel des Wohnortes stattfinden sollte, genügt dies nicht, um diesen
ungewöhnlichen Verlauf nach der Trennung als noch dem üblichen Verlauf zuzurechnen.

Dafür wäre erforderlich, dass die Beteiligten sich tatsächlich darüber klar waren, dass der
Antragsgegner innerhalb des Betriebes binnen rund anderthalb Jahren mehrfach neue Tätigkeiten
mit neuen Bezügen aufnehmen würde, die auch deutlich in der Struktur von den
vorherigen Bezügen des Antragsgegners abweichen würden. Selbst wenn aber insoweit bereits
Gespräche und Planungen der Beteiligten stattgefunden hätten, ist zu berücksichtigen,
dass die eigentlichen Entscheidungen zu dem Wechsel erst nach der Trennung im Frühjahr
2015 usw. stattgefunden haben. Dabei ist zu bedenken sind, dass gerade auch dann, wenn
ein Wechsel in eine höhere berufliche Tätigkeit noch von weiteren Entscheidungen des Aufsteigenden
abhängt, dies regelmäßig nicht mehr dem üblichen Verlauf der Ehe zugerechnet
werden kann. Insoweit handelt es sich vielmehr um echte Neuorientierungen, die zwar möglicherweise
bereits in der Ehe angedacht, aber noch nicht entscheidend in die Wege geleitet
worden sind. Nach dem Zeitpunkt der Trennung eingetretene berufliche Beförderungen des
Unterhaltspflichtigen können aber nur dann zugunsten der Unterhaltsberechtigten berücksichtigt
werden, wenn die Einkommensverbesserungen zur Zeit der Scheidung bereits derart
wahrscheinlich waren, dass die Ehegatten ihren Lebenszuschnitt vernünftigerweise bereits
darauf einstellen konnten und dies auch tatsächlich getan haben (OLG Koblenz FamRZ
1997, 1079).

Vergleichbares gilt auch in anderen Bereichen, wenn beispielsweise erst nach der Trennung
die Bewerbung mit anschließender Beförderung in ein höheres Amt bei Beamten usw. erfolgt
oder wenn ein Nichtselbstständiger sich selbstständig macht (OLG Hamm FamRZ 2017, 38).

In solchen Fällen genügt es eben nicht, dass derartige Überlegungen bereits während des
ehelichen Zusammenlebens stattfanden oder möglicherweise auch schon gewisse Entscheidungen
in diese Richtung vorgenommen wurden; wenn die eigentlichen Grundlagen für
den Wechsel und die damit verbundenen Einkommenssteigerungen erst nach der Trennung
gelegt werden, wie dies hier der Fall ist, scheidet eine entsprechende Zurechnung zur Ehe
aus.

Ein (erfolglos gebliebener) Versöhnungsversuch – der hier nicht einmal dargetan wäre, vgl.
zuvor – ist dagegen für diese Bewertung bedeutungslos (vgl. allgemein dazu auch Viefhues
in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl. Stand 2019, § 1361
BGB Rn. 20).

An diesen bereits in der Senatsentscheidung vom 6. Mai 2019 enthaltenen Ausführungen ist
auch weiterhin festzuhalten.

d.

Anknüpfungspunkt für die Bemessung des Trennungsunterhaltes sind daher die Einkommensverhältnisse
der Beteiligten und insbesondere des Antragsgegners, wie diese bei der
Trennung vorlagen und sich üblicherweise gemäß der allgemeinen Lohnentwicklung weiterentwickelt
hätten (vgl. auch OLG Hamm FamRZ 2017, 38).

Insoweit hat es zunächst bei der Berechnung des Senates im Beschluss vom 6. Mai 2019 zu
verbleiben, wobei allerdings bei der Durchschnittsberechnung der April 2015 - der von erhöhten
Einkünften infolge einer Umzugskostenvergütung des Arbeitgebers des Antragsgegners
geprägt war – in Abweichung von der vorgenannten Senatsentscheidung auszunehmen
ist, weil dies einer Fortschreibung der ehelichen Verhältnisse entgegenstünde, weshalb der
Senat den Vormonat (5.941,59 €) fortgeschrieben hat.

Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Hortkosten für die gemeinsame Tochter ab Juli
2019 entfallen. Dem entsprechenden Vorbringen der Antragstellerin und dem entsprechenden
Hinweis des Senates ist der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung auch nicht
entgegengetreten. Insoweit sind die Aufwendungen des Antragsgegners um 51 € monatlich
ab Juli 2019 zu reduzieren.

Abweichend von den Ausführungen des Senates im Beschluss vom 6. Mai 2019 sind zudem
die Einkünfte des Antragsgegners nicht auch noch um berufsbedingte Aufwendungen von 5
% zu bereinigen. Dafür hätte der Antragsgegner im Einzelnen zu auf der Hand liegende und
nach dem vorgenannten sich auch tatsächlich ergebende Steuerrückerstattungen vortragen
müssen, was dieser unterlassen hat. Den entsprechenden Hinweisen des Senats in der
mündlichen Verhandlung vom 3. Juni 2019 hat sich der Antragsgegner nachfolgend auch
nicht mehr widersetzt.

Zu berücksichtigen ist dann noch (abweichend von den Berechnungen des Senates im Beschluss
vom 6. Mai 2019) der Erwerbstätigenbonus beim Antragsgegner.

Weitere Korrekturen sind dagegen nicht vorzunehmen.

Soweit sich der Antragsgegner in seinem letzten Schriftsatz noch darauf berufen hat, es
müsste dann noch ein Abzug der Kosten für seinen PKW und die Dienstwohnung erfolgen,
verfängt dies nicht. Diese Kostenposition fallen infolge des Umzuges nach … nicht mehr in
voller Höhe an. Dies trifft in vollem Umfange auf die Dienstwohnung, die nunmehr nicht mehr
geführt wird, zu. Aber auch das solche berufsbedingten Aufwendungen für den PKW wie
zuvor geltend gemacht (650 €) monatlich noch anfallen, ist einerseits angesichts der Verlegung
des Wohnortes an den Arbeitsplatz eher unwahrscheinlich, jedenfalls aber durch den
Antragsgegner auch nach entsprechendem Hinweis des Senates nicht weiter dargetan worden.

Der Antragsgegner wäre aber – wenn überhaupt – nur berechtigt, die insoweit konkret
anfallenden Kosten in Abzug zu bringen.

Ebenso wenig ist eine Korrektur auf Basis einer Lohnsteuerklassenänderung (von vormals III
in nunmehr I) vorzunehmen. Dafür ist zu berücksichtigen, dass jedenfalls die Fortschreibung
der Einkünfte des Antragsgegners in der Zeit 2014 / 2015 die Eliminierung der mit seinem
Karrieresprung verbundenen erhöhten Einkünfte zum Zwecke hat. Dann aber ist es nicht
gerechtfertigt, die real bei der Trennung obwaltenden Einkommensverhältnisse noch aufgrund
einer steuerrechtlichen Bereinigung weiter zu vermindern. Erst recht gilt es unter Be9
rücksichtigung dessen, dass der Antragsgegner und die Antragstellerin letztmalig 2017 gemeinsam
veranlagt wurden und daher zumindest auch noch entsprechende Steuervorteile
(Einkommensteuerrückerstattungen) zu berücksichtigen wäre, ohne dass bekannt ist, ob
bzw. in welcher Höhe diese dem Antragsgegner entsprechend in der Folgezeit zugeflossen
sind. Im Übrigen ist auch zu beachten, dass der Antragsgegner trotz der Ausführungen im
Senatsbeschluss vom 6. Mai 2019 seine Einkünfte für den Januar 2015 nicht - auch nicht in
seinem weiteren Schriftsatz vom 21. Mai 2015 - dargelegt hat, obgleich die Tatsache der
Fortschreibung der früheren Einkünfte ein für ihn günstiger und daher von ihm darzulegender
Umstand ist.

Soweit der Antragsgegner im letzten Schriftsatz sich noch dagegen gewandt hat, dass mit 3
% jährlicher Steigerung zu rechnen sei und insoweit auf die Steigerungssätze der … (Tarife)
verwiesen hat, hat der Senat darauf hingewiesen, dass der Antragsgegner nach bisherigem
Kenntnisstand diesen Tarifverträgen in der Vergangenheit - jedenfalls noch während des
Zusammenlebens – nicht unterfiel; der Antragsgegner hat dem in der mündlichen Verhandlung
nachfolgend auch nicht mehr widersprochen.

Dann ist es aber weiterhin gerechtfertigt, eine übliche Einkommenssteigerung – die gerade
unter der guten wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragsgegners mit 3 % als angemessen
erscheint – auszugehen, unabhängig davon, dass die vom Antragsgegner reklamierten
Steigerungssätze (vgl. Bl. 317) davon nur gering abweichen würden.

Nach alledem ergibt sich folgende Berechnung:

Einkommen Antragsgegner
Erwerbseinkommen ab 7/19
Apr 14 5.977,62 € 5.977,62 €
Mai 14 5.913,20 € 5.913,20 €
Jun 14 5.913,20 € 5.913,20 €
Jul 14 5.913,20 € 5.913,20 €
Aug 14 5.913,20 € 5.913,20 €
Sep 14 5.913,20 € 5.913,20 €
Okt 14 5.996,33 € 5.996,33 €
Nov 14 11.139,69 € 11.139,69 €
Dez 14 6.192,01 € 6.192,01 €
Jan 15 -

-

Feb 15 5.941,59 € 5.941,59 €
Mrz 15 5.941,59 € 5.941,59 €
Apr 15 5.941,59 € 5.941,59 €
76.696,42 € 76.696,42 €
9 UF 49/19 - Seite 18 -
monatlich 6.391,37 € 6.391,37 €
zzgl. 3% 6.583,11 € 6.583,11 €
zzgl. 3% 6.780,60 € 6.780,60 €
zzgl. 3% 6.984,02 € 6.984,02 €
zzgl. 3% 7.193,54 € 7.193,54 €
5% berufsbed. Aufw. -

-

Kindesunterhalt, Hortkosten, Hauskredit - 1.865,50 € - 1.814,50 €
ergibt 5.328,04 € 5.379,04 €
abzgl. Erwebstätigensiebtel - 761,15 € - 768,43 €
ergibt 4.566,89 € 4.610,61 €
5. Berechnung des Unterhalts
Daraus folgt folgender Trennungsunterhaltsanspruch der Antragstellerin:
bis Juni 2019 ab Juli 2019
Einkommen Antragstellerin 2.264,72 € 2.264,72 €
Einkommen Antragsgegner 4.566,89 € 4.610,61 €
Summe 6.831,61 € 6.875,33 €
Hälfte = Bedarf Astin 3.415,81 € 3.437,66 €
abzgl. eigener Einkünfte - 2.264,72 € - 2.264,72 €
Unterhalt 1.151,09 € 1.172,94 €
Die Rückstände für 10 Monate (September 2018 bis Juni 2019) ergeben 11.510,90 €.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den § 243 FamFG (i.V.m. dem Rechtsgedanken des §
92 Abs. 1 ZPO) sowie §§ 40, 51 FamGKG. Gründe für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde
bestehen nicht.

Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG):

Verkündung am 03.06.2019.

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Brandenburg

Erscheinungsdatum:

03.06.2019

Aktenzeichen:

9 UF 49/19

Rechtsgebiete:

Ehegatten- und Scheidungsunterhalt
Ehevertrag und Eherecht allgemein
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Kindes- und Verwandtenunterhalt

Erschienen in:

NJW 2019, 2482-2484

Normen in Titel:

BGB §§ 1360a Abs. 3, 1361 Abs. 1 S. 1, 1567 Abs. 1 S. 1