BGH 19. Juli 2021
NotSt(Brfg) 1/21
BeurkG § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 4; WEG § 24 Abs. 6

Mitwirkungsverbot; Sozius als vollmachtloser Vertreter; Verwalterbestellung im Umlaufverfahren

letzte Aktualisierung: 14.10.2021
BGH, Beschl. v. 19.7.2021 – NotSt(Brfg) 1/21

BeurkG § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 4; WEG § 24 Abs. 6
Mitwirkungsverbot; Sozius als vollmachtloser Vertreter; Verwalterbestellung im
Umlaufverfahren

Beurkundet ein Notar einen Vertrag, bei dem sein Sozius oder eine sonst beruflich mit ihm
verbundene Person als (gegebenenfalls vollmachtloser) Vertreter einer Vertragspartei auftritt,
verstößt er gegen das Mitwirkungsverbot aus § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG. Bei dem
Vertretergeschäft handelt es sich nicht nur um eine Angelegenheit des Vertretenen, sondern auch
des Vertreters. Ob es bei dem beurkundeten Geschäft zu (Haftungs-)Risiken für den Sozius oder
einen sonstigen Beteiligten kommt, ist dabei nicht von Bedeutung. Vielmehr ist – schon zur
Vermeidung eines „bösen Scheins“ und aus Gründen der Rechtssicherheit – eine formale
Betrachtungsweise geboten.

Gründe:

I.
Der seit 1986 als Rechtsanwalt zugelassene Kläger wurde im Jahr 2000
zum Notar bestellt.

Im Februar 2017 beurkundete er einen Vertrag über die Veräußerung einer
Eigentumswohnung (UR-Nr. 70/2017). Der Kaufpreis von 40.000
mäß Nummer 4 des Kaufvertrags fällig sein, soweit die zur vertragsgemäßen
Umschreibung erforderlichen Genehmigungen und Erklärungen - insbesondere
die Zustimmung des Verwalters - vorlagen. Der Kläger stellte den Kaufpreis mit
Schreiben vom 14. März 2017 zum 1. April 2017 fällig. Zu diesem Zeitpunkt lagen
ihm die Zustimmung der Verwalterin (UR-Nr. 73/2017) und als Nachweis über
ihre Bestellung ein im Umlaufverfahren gefasster Beschluss der an der Wohnungseigentümergemeinschaft
beteiligten vier Personen - darunter die Verwalterin
selbst - nebst darauf bezogenem Protokoll sowie eine Beglaubigung von Unterschriften
(nur) dreier Eigentümer (UR-Nr. 72/2017) vor. Nach Beglaubigung
der Unterschrift des vierten Eigentümers erfolgte die Eigentumsumschreibung
am 17. August 2017.

Anfang 2019 beurkundete der Kläger einen weiteren Vertrag über den Verkauf
einer Eigentumswohnung (UR-Nr. 11/2019), bei dem der beruflich mit ihm
verbundene Rechtsanwalt Dr. E. als vollmachtloser Vertreter der Verkäufer
auftrat. Diese hatten zuvor mitgeteilt, sie seien mit dem Inhalt des ihnen übersandten
Kaufvertragsentwurfs einverstanden, könnten zu der Beurkundungsverhandlung
jedoch aus gesundheitlichen Gründen nicht erscheinen. In der Urkunde
wurde die vollmachtlose Vertretung offengelegt. Weiter wurde folgende Erklärung
aufgenommen:

"Der Erschienene zu 1 [Anmerkung: Dr. E. ] erklärte, dass er
sich um die jeweilige Genehmigung der von ihm heute vertretenen
Partei bemühen werde, dafür aber nicht einstehen könne. Der Notar
wies darauf hin, dass bis zum Eingang der jeweiligen Genehmigung
der Vertrag schwebend unwirksam sei."

Die Verkäufer genehmigten die in ihrem Namen abgegebenen Erklärungen.
Die Vorgänge wurden dem Beklagten anlässlich einer routinemäßigen Geschäftsprüfung
der Amtsgeschäfte des Klägers bekannt. Er leitete daraufhin ein
Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein, mit dem er ihm vorwarf, zum einen
den Kaufpreis aus dem Wohnungskaufvertrag (UR-Nr. 70/2017) verfrüht fällig
gestellt und zum anderen gegen das Mitwirkungsverbot aus § 3 Abs. 1 Satz 1
Nr. 4 BeurkG (UR-Nr. 11/2019) verstoßen zu haben. Er verhängte mit Disziplinarverfügung
vom 8. Juli 2020 eine gegen den Kläger.

Auf die dagegen erhobene Klage bestätigte das Oberlandesgericht die Vorwürfe,
hob die Disziplinarverfügung aber mit der Maßgabe auf, dass gegen den
Kläger eine Missbilligung ausgesprochen werde. Dagegen wendet sich dieser mit
seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, mit der er seinen erstinstanzlich gestellten
Klageantrag, soweit er erfolglos geblieben ist, weiterverfolgen möchte.

II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Ein
Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 111b Abs. 1
Satz 1 BNotO liegt nicht vor.

1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen
Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO iVm § 64 Abs. 2 Satz 2 BDG und § 105
BNotO).

Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass der Antragsteller im Zulassungsverfahren
einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche
Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt
hat, was zudem die Richtigkeit des Ergebnisses erfassen muss (vgl. zB Senat,
Beschlüsse vom 16. November 2020 - NotZ(Brfg) 6/20, BeckRS 2020, 41913
Rn. 5; vom 23. April 2018 - NotZ(Brfg) 6/17, NJW 2018, 2567 Rn. 11 und vom
23. November 2015 - NotSt(Brfg) 5/15, DNotZ 2016, 311 Rn. 5; jeweils mwN).
Das Oberlandesgericht hat die dem Kläger vorgeworfenen Pflichtverletzungen
aber zu Recht bejaht. Die vom Kläger dagegen vorgebrachten Einwände greifen
nicht durch.

a) Zu UR-Nr. 70/2017
Gemäß § 4 der Urkunde hatte der Kläger die Pflicht, den Kaufpreis fällig
zu stellen, sobald ihm alle zur vertragsgemäßen Umschreibung erforderlichen
Genehmigungen und Erklärungen vorlagen (§ 24 Abs. 1 Satz 1 BNotO). Eine
solche Fälligkeitsbestätigung - auf die der Empfänger vertraut - muss inhaltlich
richtig sein (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 1985 - IX ZR 64/84, WM 1985, 1109,
1111). Die Mitteilung vom 14. März 2017 war jedoch falsch. Der Kaufpreis war zu
dem in dem Schreiben benannten Zeitpunkt noch nicht fällig, denn die zur Eigentumsumschreibung
erforderlichen Unterlagen lagen dem Kläger noch nicht vollständig
vor.

Die Befugnis zur Veräußerung der Eigentumswohnung hing vorliegend
von der Zustimmung eines Dritten - nämlich der Verwalterin - ab (vgl. § 12 Abs. 1
WEG). Um die Eigentumsumschreibung bewirken zu können, mussten die erforderlichen
Erklärungen - mithin auch die Zustimmung und die Legitimation der
Verwalterin - durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen
werden (§ 29 GBO). Die wirksame Bestellung der Verwalterin war im Zeitpunkt
der Fälligkeitsmitteilung jedoch nicht belegt.

aa) Über die Bestellung und Abberufung des Verwalters beschließen die
Wohnungseigentümer (§ 26 Abs. 1 Satz 1 WEG in der damals gültigen Fassung
des Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze
vom 26. März 2007, BGBl. I S. 370, 372 f, im Folgenden: a.F.; nunmehr
§ 26 Abs. 1 WEG, neugefasst durch Bekanntmachung vom 12. Januar 2021,
BGBl. I S. 34, 40, im Folgenden: n.F.). Dies geschieht entweder durch einen im
Rahmen der Wohnungseigentümerversammlung gefassten Beschluss, über den
eine Niederschrift aufzunehmen und vom Vorsitzenden (in der Regel der Verwalter,
§ 24 Abs. 5 WEG), einem Wohnungseigentümer sowie gegebenenfalls - soweit
(wie hier nicht) vorhanden - vom Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats oder
dessen Vertreter zu unterschreiben ist (§ 24 Abs. 6 Sätze 1 und 2, § 23 Abs. 1
WEG), oder - wenn keine Versammlung stattfindet - durch schriftliche Zustimmung
aller Wohnungseigentümer zu dem Beschluss (§ 23 Abs. 3 WEG a.F.; § 23
Abs. 3 WEG n.F. sieht Textform im Sinne von § 126b BGB vor).

Soweit die Verwaltereigenschaft durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde
nachgewiesen werden muss, genügt im Fall eines in der Versammlung der Wohnungseigentümer
gefassten Beschlusses die Vorlage einer Niederschrift über
den Bestellungsbeschluss, bei der die Unterschriften der in § 24 Abs. 6 Satz 2
WEG bezeichneten Personen öffentlich beglaubigt sind (§ 26 Abs. 3 WEG
a.F./§ 26 Abs. 4 WEG n.F.).

Ist der Verwalter - wie hier - durch schriftlichen Beschluss im Umlaufverfahren
bestellt worden (§ 23 Abs. 3 WEG a.F./§ 23 Abs. 3 Satz 1 WEG n.F.), ist
seine Legitimation nach nahezu einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur
durch öffentlich beglaubigte Zustimmungserklärung sämtlicher Eigentümer
(vgl. aber § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG n.F., wonach ein Mehrheitsbeschluss
genügen kann) nachzuweisen (BayObLG, NJW-RR 1986, 565 f zu der inhaltlich
gleichen damals gültigen Fassung der §§ 23 und 26 WEG; OLG Hamm, ZWE
2012, 489, 490; Otto in BeckOK GBO, 42. Edition, § 29 GBO Rn. 127b [Stand:
1. Mai 2021]; Demharter, GBO, 32. Aufl., § 29 Rn. 10; Schneider in Bauer/
Schaub, GBO, 4. Aufl., Abschnitt E Rn. 288; Volmer in Keller/Munzig, KEHE
Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 29 Rn. 64; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht,
16. Aufl., Rn. 2904b; Hügel/Elzer, 3. Aufl., § 26 WEG Rn. 182; Emmerich in Bärmann/
Pick, WEG, 20. Aufl., § 26 Rn. 121; MüKoBGB/Engelhardt, 8. Aufl., § 26
WEG Rn. 85; juris PK-BGB/Geiben, 9. Aufl., § 26 Rn. 82 [Stand: 22. September
2020]; Niedenführ in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG,
13. Aufl., § 26 Rn. 172; Erman/Grziwotz, BGB, 16. Aufl., § 26 WEG Rn. 9; Staudinger/
Häublein, BGB, Neubearbeitung 2018, § 23 WEG Rn. 229; Schultzky in
Ring/Grziwotz/Keukenschrijver, BGB, 4. Aufl., § 26 WEG Rn. 31; Sauren, WEG,
6. Aufl., § 26 Rn. 64).

Nach einer Mindermeinung genügt zum grundbuchlichen Nachweis der
Verwalterbestellung durch schriftlichen Beschluss die öffentliche Beglaubigung
der Unterschrift desjenigen, der das Zustandekommen des Beschlusses schriftlich
feststellt (Drabek/Riecke in Riecke/Schmid, WEG, 5. Aufl., § 23 Rn. 58; Staudinger/
Jacoby aaO § 26 WEG Rn. 233; Schmidt, ZWE 2015, 105, 108 f).

bb) Der Senat neigt der herrschenden Meinung zu, braucht dies im vorliegenden
Fall jedoch nicht zu entscheiden, da der Kläger unter Zugrundelegung
beider Auffassungen gegen seine Amtspflichten verstoßen hat.
Zum korrekten Nachweis der Bewilligungsbefugnis der Verwalterin hätten
nach der herrschenden Meinung die Unterschriften sämtlicher Wohnungseigentümer
öffentlich beglaubigt und dem Grundbuchamt vorgelegt werden müssen,
um die Eigentumsumschreibung zu erwirken. Dies war nicht der Fall, denn es
fehlte die öffentliche Beglaubigung der Unterschrift des Eigentümers K. .
Aber auch dann, wenn man der Mindermeinung folgte, wären die Eintragungsvoraussetzungen
des § 29 GBO vorliegend nicht erfüllt, denn dann hätten zumindest
die Unterschriften der Personen, die das Protokoll über die Feststellung des
Umlaufbeschlusses unterzeichnet haben, öffentlich beglaubigt werden müssen.
Insoweit mangelte es jedoch ebenfalls an der öffentlichen Beglaubigung der Unterschrift
des Eigentümers K. .

cc) Zweifel am Verschulden des Klägers bestehen nicht. Als Notar musste
er vielmehr über die für die Ausübung seines Berufs erforderlichen Rechtskenntnisse
verfügen (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2000 - IX ZR 279/99, BGHZ
145, 265, 275 f). Die Rechtslage ließ sich durch einen Blick in die vorstehend
aufgeführte gängige Kommentarliteratur - auch in Form von sogenannten Kurzkommentaren
- mit zumutbaren Anstrengungen ohne weiteres klären. Ein Hinweis
auf die Rechtslage und die vorzitierte Entscheidung des Bayerischen Obersten
Landesgerichts aus dem Jahr 1986 fand sich im Übrigen - entgegen der Behauptung
des Klägers - auch in der von ihm in Bezug genommenen damals aktuellen
Kommentierung von Palandt (Palandt/Wicke, BGB, 76. Aufl. <2017> § 26
WEG Rn. 19) und in dem von ihm ebenfalls zitierten Werk von Schöner/Stöber
(aaO und Rn. 2934).

b) Zu UR-Nr. 11/2019
Der Kläger hat bei der Beurkundung des Kaufvertrags zu UR-Nr. 11/2019
gegen das Mitwirkungsverbot aus § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG verstoßen.
Hiernach ist dem Notar die Mitwirkung in einer Angelegenheit einer Person, die
sich mit ihm zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden oder mit der er gemeinsame
Geschäftsräume hat, verboten.

aa) Zweck der Regelung in § 3 BeurkG - einer der zentralen Vorschriften
im notariellen Berufsrecht - ist es, bereits dem Anschein der Gefährdung von Unabhängigkeit
und Unparteilichkeit des Notars - den tragenden Prinzipien des notariellen
Berufsrechts - entgegenzuwirken (vgl. BT-Drs. 13/4184 S. 36). Die Verbote
untersagen die Mitwirkung des Notars in Fällen, in denen er aufgrund seiner
Nähe zu den Urkundsbeteiligten (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-6 BeurkG) oder zum
Gegenstand der Beurkundung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BeurkG) in Interessenkonflikte
kommen und damit nach außen zumindest der "böse Schein" entstehen
könnte, er sei nicht so unabhängig, wie man dies zu Recht von einem Amtsträger
erwartet (BT-Drs. aaO; Staudinger/Hertel, BGB, Neubearbeitung 2017, BeurkG
Rn. 269; Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 8. Aufl., § 16 Rn. 3). Der
Katalog der Mitwirkungsverbote erstreckt sich gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4
BeurkG auch auf Personen, die mit dem Notar beruflich verbunden sind. Der
Schutzzweck der Norm gebietet es, im Sinne der Stärkung des Vertrauens der
rechtsuchenden Bevölkerung in die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars
die Vorschrift nicht zu eng auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai
1984 - V ZR 13/83, NJW 1985, 2027; Gößl in BeckOGK, § 3 BeurkG Rn. 23
[Stand: 1. März 2019]; Sandkühler aaO Rn. 14).

Maßgebend ist, ob der Sozius des Notars materiell an dem zu beurkundenden
Geschäft beteiligt ist. Erforderlich ist dafür, dass seine Rechte und Pflichten,
die sich aus einem bestimmten Lebenssachverhalt ergeben, durch den konkreten
Beurkundungsvorgang zumindest faktisch unmittelbar berührt werden
(BGH, Urteil vom 25. Mai 1984 aaO - zu § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeurkG; Miermeister/
de Buhr in Frenz/Miermeister, BNotO, 5. Aufl., § 3 BeurkG Rn. 8; Gößl
aaO Rn. 22 f; Armbrüster in Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG/DONot, 8. Aufl.,
§ 3 Rn. 17; Grziwotz in Grziwotz/Heinemann, BeurkG, 3. Aufl., § 3 Rn. 7; Winkler,
BeurkG, 19. Aufl., § 3 Rn. 24). Das ist insbesondere auch der Fall, wenn der
Sozius als Bevollmächtigter oder - wie hier - als vollmachtloser Vertreter tätig wird
(OLG Celle, DNotZ 2004, 716 f; Kindler in BeckOK/BeurkG, § 3 Rn. 9 [Stand:
1. Mai 2021]; Litzenburger in BeckOK/BGB, § 3 BeurkG Rn. 12 [Stand: 1. Februar
2021]; Winkler aaO Rn. 30).

bb) Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, die vorliegend
gewählte Vertragsgestaltung schließe jegliche Risiken für sämtliche Beteiligten
aus, so dass eine Interessenkollision nicht zu besorgen sei. Maßgebend für das
Mitwirkungsverbot des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG ist, wie ausgeführt, die
Vermeidung des "bösen Scheins" für den allgemeinen Rechtsverkehr, der Notar
sei infolge der Beteiligung einer mit ihm zur Berufsausübung verbundenen Person
nicht so unabhängig, wie dies von einem Amtsträger zu erwarten ist. Ob es
bei der konkreten Gestaltung des zu beurkundenden Geschäfts zu (Haftungs-)
Risiken für den Sozius oder einen sonstigen Beteiligten kommt, ist dabei nicht
von Bedeutung. Nach dem Schutzzweck der Norm kann es - nicht zuletzt auch
im Interesse der Rechtssicherheit in der notariellen Praxis - nicht auf eine unter
Umständen schwierige und unsichere Einzelfallwürdigung der Interessenlagen
der Beteiligten ankommen. Vielmehr ist danach eine formale Betrachtung maßgeblich,
die die gebotene weite Auslegung der Bestimmung sichert.

c) Im Hinblick auf die für das einheitliche Dienstvergehen (§ 95 BNotO)
ausgesprochene Missbilligung (§ 94 BNotO) als geringstmögliche Maßnahme
bestehen ebenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.
Insoweit erhebt der Kläger auch keine Einwände.

2. Eine grundsätzliche Bedeutung der Sache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) hat
der Kläger schon nicht ordnungsgemäß dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5
Satz 2 iVm § 64 Abs. 2 Satz 2 BDG, § 105 BNotO). Sie ist aber auch nicht ersichtlich.
Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, wenn es
im konkreten Fall auf eine Tatsachen- oder Rechtsfrage ankommt, die über den
von der ersten Instanz entschiedenen Fall hinausgeht und an deren Klärung im
Interesse der Einheit oder Fortbildung des Rechts auch für vergleichbare Fälle
ein Interesse besteht (vgl. zB Senat, Beschluss vom 20. Juli 2020 - NotSt(Brfg)
2/20, RNotZ 2020, 532 Rn. 14 mwN). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage nur,
wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift
Unklarheiten bestehen. Dies ist der Fall, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof
bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich
beantwortet wird oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen
vertreten werden (vgl. Senat, Beschluss vom 13. März 2017 - NotSt(Brfg)
1/16, WM 2017, 1819 Rn. 18). Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache
ordnungsgemäß darzulegen, ist es erforderlich, die durch das angefochtene
Urteil aufgeworfene Rechtsfrage konkret zu benennen sowie ihre Klärungsbedürftigkeit
und ihre Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen im Einzelnen
aufzuzeigen. Dabei müssen insbesondere auch Ausführungen dazu gemacht
werden, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite
die Rechtsfrage umstritten ist (Senat aaO mwN).

Der Kläger macht lediglich geltend, es gebe betreffend die Auslegung und
das Verständnis des Mitwirkungsverbots des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG im
Falle der vollmachtlosen Vertretung einer Kaufvertragspartei durch eine Person,
mit der sich der Notar zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden hat - und
insoweit insbesondere für den Fall, dass der vollmachtlose Vertreter erklärt habe,
sich um die Genehmigung der Vertragserklärung bemühen zu wollen, dafür aber
nicht einstehen zu können -, sowie für den Nachweis der Verwaltereigenschaft
durch öffentliche Urkunde im Sinne von § 26 Abs. 4 WEG im Fall eines Umlaufbeschlusses
noch keine höchstrichterliche Entscheidung. Dies genügt nach den
oben aufgezeigten Grundsätzen jedoch nicht, um eine Grundsatzbedeutung darzulegen.

Dessen ungeachtet wird die Rechtslage nach den vorstehenden Ausführungen
in Rechtsprechung und Literatur weitgehend einhellig beurteilt. Nur vereinzelt
in der Literatur vertretene abweichende - hier zudem nicht entscheidungserhebliche
- oder nicht nachvollziehbar begründete Ansichten machen die
Rechtslage nicht unklar (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZR 54/09,
NJW-RR 2010, 1047 Rn. 3; BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 2009 - 1 BvR
3598/08, juris Rn. 12, insoweit nicht abgedruckt in NJW-RR 2009, 1026).
3. Schließlich liegt auch der Zulassungsgrund aus § 124 Abs. 2 Nr. 5 ZPO
nicht vor. Die Rüge des Klägers, das Oberlandesgericht habe wesentlichen Sachvortrag
nicht beachtet und sich mit den vom ihm als tragend angesehenen Erwägungen
nicht auseinandergesetzt, mithin sein rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1
GG) verletzt, greift nicht durch. Es kann auf sich beruhen, ob das Berufungsgericht
den vom Kläger als übergangen angesehenen Vortrag nicht berücksichtigt
hat, was schon deswegen zweifelhaft ist, weil grundsätzlich davon auszugehen
ist, dass die Gerichte den von ihnen entgegengenommenen Vortrag auch zur
Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben, sie aber nicht verpflichtet
sind, sich mit jedem einzelnen Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich
zu befassen (vgl. Senat, Beschluss vom 13. März 2017 aaO Rn. 13
mwN). Der mit Blick auf den ihm vorgeworfenen Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Satz 1
Nr. 4 BeurkG gehaltene Vortrag des Klägers, die Kaufvertragsparteien seien mit
dem ihnen übersandten Entwurf einverstanden gewesen, an diesem Text sei
nichts mehr verändert worden und die Verkäufer hätten den Vertrag später vorbehaltlos
genehmigt, war aus den oben erörterten Gründen bereits nicht entscheidungserheblich.

4. Weitere Zulassungsgründe macht der Kläger nicht geltend.

III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 109 BNotO, § 77 Abs. 1 BDG
iVm § 154 Abs. 2 VwGO. Eine Wertfestsetzung ist nicht veranlasst (§ 109 BNotO,
§ 78 Satz 1 BDG; Wittkowski in Urban/Wittkowski, BDG, 2. Aufl., § 78 Rn. 3).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

19.07.2021

Aktenzeichen:

NotSt(Brfg) 1/21

Rechtsgebiete:

Notarielles Berufsrecht
Beurkundungsverfahren
Grundbuchrecht
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

BeurkG § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 4; WEG § 24 Abs. 6