LG Regensburg 13. Dezember 2011
7 T 419/11
BGB §§ 1908, 1821

Betreuungsgerichtliche Genehmigung der Verfügung einerBetreuerin in Erfüllung einer durch die Betreuerin als Bevollmächtigte eingegangenen Verpflichtung

225MittBayNot 3/2012
Rechtsprechung
Bürgerliches Recht
In den übrigen Fällen bleibt für den Grundschuldgläubiger
zwar die Möglichkeit, sich um die Genehmigung der Grundschuldbestellung zu bemühen (§ 1366 Abs. 1, Abs. 2 BGB).
Wegen § 1366 Abs. 4 BGB werden sich dahingehende Aktivitäten allerdings nur dann anbieten, wenn das subjektive Tatbestandsmerkmal der positiven Kenntnis zweifelsfrei erfüllt
ist. Zuvor sollte darüber hinaus geklärt werden, ob bereits
eine Genehmigung durch schlüssiges Verhalten9 erteilt wurde,
beispielsweise durch die Mitzeichnung des Sicherungsvertrags, des Darlehensvertrags oder einer Selbstauskunft.10
Bei neuen Grundschuldbestellungen sind die vom BGH aufgestellten Grundsätze dringend zu beachten. Kreditinstituten
kann nur geraten werden, im Zweifel von der Zustimmungsbedürftigkeit auszugehen.11
Der beurkundende Notar hat seit jeher eine Nachforschungspflicht, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass
das belastete Grundstück (nahezu) das gesamte Vermögen des
Verfügenden darstellt.12 Da durch die Einbeziehung der dinglichen Zinsen die Notwendigkeit der Einwilligung wahrscheinlicher wird, ist im Hinblick auf § 19 Abs. 1 BNotO13
davon auszugehen, dass dem Einwilligungserfordernis auch
von Seiten der Notare künftig noch mehr Aufmerksamkeit als
bisher entgegengebracht werden wird.
Rechtsanwalt Martin Gladenbeck, München
9 Palandt/Brudermüller, 71. Aufl., § 1365, Rdnr. 18.
10 OLG München vom 15.11.2005, 19 W 2583/05, Ziff. II. 2 c der
Entscheidungsgründe, nicht veröffentlicht.
11 Vgl. Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, Rdnr. 179.
12 BGH, Urteil vom 22.4.1975, VI ZR 90/74, BGHZ 64, 246 =
NJW 1975, 1270; Liessem, NJW 1989, 498.
13 Staudinger/Thiele, § 1365 Rdnr. 109 m. w. N.
9. BGB §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1 i. V. m. 1821 Abs. 1 Nr. 1
(Betreuungsgerichtliche Genehmigung der Verfügung einer
Betreuerin in Erfüllung einer durch die Betreuerin als Bevollmächtigte eingegangenen Verpflichtung)
Die Verfügung einer Betreuerin, die zur Erfüllung einer
durch die Betreuerin als Bevollmächtigte eingegangenen
Verpflichtung erfolgt, ist vom Betreuungsgericht zu genehmigen, wenn diese dem Betreuungsgericht noch vor
deren Eingehung angekündigt worden und deren Eingehung vom Gericht ohne weitere Maßnahmen „geduldet“
worden war.
LG Regensburg, Beschluss vom 14.12.2011, 7 T 419/11; eingesandt von Notar Jens Kirchner, München
I.
Für den Betroffenen wurde mit Beschluss des AG Freising vom
31.8.2009 vorläufige Betreuung für die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge angeordnet.
Nach Vorlage der vom Betroffenen bereits am 15.10.2007 privatschriftlich erteilten Vollmacht, mit der sowohl seine Lebensgefährtin
… als auch seine beiden Töchter … jeweils einzeln zu seiner Vertretung – u. a. auch vollumfänglich für die Vermögenssorge – bevollmächtigt wurden, und eines Attests des Hausarztes … des Betroffenen vom 29.1.2010, der bestätigte, dass der Betroffene zum Zeitpunkt
der Vollmachtserteilung ausreichend fähig gewesen sei, die Bedeutung
und Tragweite einer Betreuung zu erkennen, wurde mit Beschluss des
AG Kelheim vom 3.2.2010 der Beschluss über die Bestellung eines
vorläufigen Betreuers aufgehoben und das Betreuungsverfahren für
beendet erklärt.
Mit Überlassungsvertrag vom 24.10.2006 (Urkunde des Notars …,
URNr. …) hatte der Betroffene seinen beiden Töchtern … das Flurstück Nr. … der Gemarkung … (Grundbuch des AG … von … Blatt
…) überlassen. Dem Betroffenen wurde in der Urkunde ein lebzeitiges Wohnungsrecht vorbehalten. Für den Fall der Nichtnutzung ist
ausdrücklich von den Übernehmern eine Geldrente nicht zu bezahlen. Der Betroffene hat sich außerdem ein Rücktrittsrecht vorbehalten. Dieses ist u. a. gegeben für den Fall, dass das Grundstück vom
Erwerber ohne schriftliche Zustimmung des Veräußerers ganz oder
teilweise veräußert oder belastet wird oder auch, wenn ein Gläubiger
des Erwerbers in den Vertragsgegenstand die Zwangsvollstreckung
betreibt oder über das Vermögen des Erwerbers ein Insolvenzverfahren eröffnet oder der Antrag auf Eröffnung mangels Masse abgewiesen wird. Wohnungsrecht und Rückauflassungsvormerkungen wurden im Grundbuch in der Abteilung II unter den laufenden Nummern
5–7 eingetragen.
Der Betroffene ist an Alzheimer erkrankt, schwerhörig und fast komplett blind. Er lebt in dem Pflegheim Haus … . Die monatlichen Pflegekosten werden beglichen durch seine Rente und durch Mieteinnahmen aus einer Wohnung, die der Betroffene ebenfalls an seine beiden
Töchter übertragen hat (Urkunde des Notars …, URNr …), an der
ihm aber der Nießbrauch zusteht.
Mit Schreiben vom 23.2.2011 teilte der Notar mit, dass der Betroffene sein Wohnungsrecht nicht mehr nutze und nicht mehr nutzen
könne. Es stehe eigentlich eine umfassende Sanierung und Renovierung des Anwesens an, die einen Aufwand von über 200.000 € erfordere. Die beiden Töchter würden beabsichtigen, stattdessen das Objekt völlig neu zu erstellen. Der Kredit müsse durch ein Grundpfandrecht abgesichert werden. Die Bank werde die Finanzierung aber nur
vornehmen, wenn das Grundpfandrecht zur Absicherung des Baus
Rang vor dem Wohnungsrecht und der Rückauflassungsvormerkung
für den Betroffenen erhalte. Der Betroffene müsse zum einen dem
Neubau und der Belastung mit der Grundschuld zustimmen und zum
anderen einen Rangrücktritt des Wohnungsrechts und auch der Rückauflassungsvormerkung hinter die Grundschuld bewilligen. Für erstere von beiden Erklärungen sei eine notarielle Form nicht erforderlich, so dass diese ohne weiteres durch die Vorsorgebevollmächtigte
… abgegeben werden könnten. Etwas anderes gelte jedoch für den
Rangrücktritt selber und den entsprechenden Grundbuchvollzug.
Hierfür reiche die nicht notariell beglaubigte Vollmacht nicht aus,
und es müsse eine Betreuerbestellung erfolgen. Es sei vorgesehen, in
die Grundschuldurkunde eine eingeschränkte Zweckerklärung aufzunehmen, wonach die Bank die Grundschuld, solange die Rechte für
den Betroffenen bestünden, nur für Investitionen in das Objekt valutieren dürfe.
Das AG Kelheim äußerte Bedenken, dass die betreuungsgerichtliche
Genehmigung für den Rangrücktritt erteilt werden könne. Der Notar
nahm hierzu mit Schreiben vom 21.3.2011 Stellung.
Mit Schreiben vom 20.5.2011 legte der Notar einen Entwurf der beabsichtigten Urkunde zur „Zustimmung zur Belastungszustimmung
und Rangrücktritt“ vor, in der die Zustimmung des Betroffenen zu
Abriss des bisherigen Gebäudes und Neubau und zur Belastung mit
einem Grundpfandrecht vorgesehen war ebenso wie die Verpflichtung des Betroffenen zum Rangrücktritt mit seinem Wohnungsrecht
und seinen Rückauflassungsvormerkungen.
Die vorgesehene Vereinbarung wurde unter der URNr. … des Notars
… am 9.6.2011 unter Beteiligung der Töchter des Betroffenen sowie
der Bevollmächtigten … geschlossen. Diese Urkunde sowie je eine
Abschrift der Grundschuldbestellungen mit den URNr. … wurden
dem AG Kelheim mit Schreiben vom 15.6.2011 übersandt. Gleichzeitig wurde eine Betreuerbestellung zum Zwecke der Abgabe des
vereinbarten Rangrücktritts beantragt.
Mit Beschluss vom 18.8.2011 ordnete das AG Kelheim die Betreuung für die Aufgabenkreise Grundstücksangelegenheiten betreffend
das Grundstück Gemarkung … bis 10.8.2014 an und bestellte seine
Lebensgefährtin zur Betreuerin.
Mit Schreiben vom 19.9.2011 legte der Notar eine beglaubigte Abschrift des Rangrücktritts URNr. … vom 14.9.2011 vor und bat um
betreuungsgerichtliche Genehmigung.
Das AG Kelheim bestellte mit Beschluss vom 17.10.2011 Rechtsanwältin … als Verfahrenspflegerin. Diese teilte mit Schreiben vom
8.11.2011 mit, dass kein Einverständnis mit dem beabsichtigen Rangrücktritt von Wohnrecht und Auflassungsvormerkungen bestehe.


Rechtsprechung
Bürgerliches Recht
MittBayNot 3/2012
Mit Beschluss vom 22.1.2011 versagte das AG Kelheim die betreuungsgerichtliche Genehmigung hinsichtlich der Erklärungen der
Betreuerin … in den Urkunden des Notars … vom 9.6.2011 (URNr. …)
und vom 14.9.2011 (URNr…) betreffend die am Grundstück der
Gemarkung … (vorgetragen im Grundbuch des AG …) lastenden
Rechte des Betreuten.
Gegen diese ihm am 25.11.2011 zugestellte Genehmigungsversagung legte der Notar … mit Schreiben vom 30.11.2011, eingegangen
beim AG Kelheim am 1.12.2011, namens der Bevollmächtigten …
und des Betreuten … Beschwerde ein.
Das AG Kelheim hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Aus den Gründen:
II.
1. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Genehmigung
für die Rangrücktrittserklärungen in der Urkunde URNr. … des
Notars … war nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1 i. V. m. 1821 Abs. 1
Nr. 1 BGB zu erteilen.
a) Genehmigungspflichtig sind im vorliegenden Fall nur die
im Rahmen dieses Rangrücktritts abgegebenen Erklärungen der
Bevollmächtigten und Betreuerin.
Nicht genehmigungspflichtig sind dagegen ihre Erklärungen
im Rahmen der Urkunde vom 9.6.2011 (URNr. …), mit der sie
für den Vollmachtgeber sowohl dem Abriss und Neubau als auch
der Bestellung eines Grundpfandrechtes zustimmte, und den Betroffenen verpflichtete, mit seinem Wohnungsrecht und den
Rückauflassungsvormerkungen hinter die Grundschuld im
Rang zurückzutreten. Soweit letztere Erklärungen betroffen
sind, konnten diese durch die Bevollmächtigte im Rahmen der ihr
erteilten Vollmacht wirksam abgegeben werden. An der Wirksamkeit der Vollmachtserteilung im Jahr 2007 bestanden und
bestehen vorliegend insbesondere auch nach Vorlage der Stellungnahme des Hausarztes keine Bedenken, weswegen auch die im
Jahr 2010 angeordnete vorläufige Betreuung aufgehoben worden war. Wie im Beschwerdeschreiben zutreffend dargelegt,
bedarf die Verpflichtung zum Rangrücktritt keiner Form, insbesondere nicht der notariellen Beglaubigung. Die Verpflichtung
zur Änderung eines Rechts an einem Grundstück als schuldrechtliches Geschäft ist nur dann nach § 311 b Abs. 1 BGB einer
besonderen Form unterworfen, wenn das Grundgeschäft die
Eigentumszuordnung am Grundstück zum Inhalt hat. Die Verpflichtung zum Rangrücktritt ist formfrei möglich und konnte
durch die Bevollmächtigte für den Betroffenen wirksam eingegangen werden.
Die Erklärungen sind auch nicht im Rahmen der eingerichteten
Betreuung abgegeben worden. Die Betreuung wurde am
18.8.2011 eingerichtet. Zwar ist der Aufgabenkreis „Grundstücksangelegenheiten betreffend das Grundstück …“ sehr weit gefasst,
und könnte damit nicht nur die Erklärungen zum Rangrücktritt
erfassen, sondern alle das Grundstück betreffenden Geschäfte,
auch Verpflichtungsgeschäfte. Die Erklärungen der Bevollmächtigten erfolgten aber bereits vorher am 9.6.2011 und sind damit
bereits aus zeitlichen Gründen von der später eingerichteten
Betreuung und einer damit verbundenen Kontrolle durch das
Betreuungsgericht nicht erfasst. Außerdem ist weder den Gründen des Beschlusses vom 18.8.2011 noch den Akten im Übrigen
zu entnehmen, dass bzw. warum die eingerichtete Betreuung über
den Antrag zur Betreuerbestellung für die „Abgabe des ... vereinbarten Rangrücktritts“ hinausgehen sollte. Insbesondere wurde
auch keine Kontrollbetreuung eingerichtet (dazu näher auch
unter c)).
b) Die nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1 i. v. m. § 1828 BGB zu
treffende Entscheidung über die Erteilung oder Verweigerung der
Genehmigung ist nach hinreichender Sachaufklärung Ermessensentscheidung des Gerichts. Auf das Interesse des Vormunds
oder eines Dritten kommt es grundsätzlich nicht an. Maßgebend
ist das Mündelinteresse zur Zeit der Entscheidung. Vorteile,
Risiken, Erträge und Aufwendungen sowie insbesondere auch die
steuerlichen Folgen sind gegeneinander abzuwägen. Es genügt,
wenn im Ganzen gesehen der Vertrag für den Mündel vorteilhaft,
zweckmäßig und nützlich ist. Im Rahmen der Zweckmäßigkeit
sind ggf. auch Vorteile ideeller Art und insbesondere Familieninteressen zu erwägen. Bei der Betreuung richtet sich die Genehmigung nicht unbedingt nach den objektiven wirtschaftlichen
Interessen des Betreuten, sondern vorrangig nach seinen Wünschen (vgl. Palandt/Diederichsen, 71. Aufl. 2012, § 1828
Rdnr. 8, 9).
c) Bei der Erteilung der Genehmigung ist vorliegend neben der
Tatsache, dass der Rangrücktritt sich für den Betroffenen rechtlich
negativ auswirkt, während sich auf der anderen Seite durch den
geplanten Neubau eine entsprechende Wertsteigerung des Grundstücks ergibt und dessen Nichtermöglichung angesichts der Sanierungsbedürftigkeit des Anwesens dessen Nutzbarkeit erheblich einschränken oder aufheben würde, zu berücksichtigen, dass
die schuldrechtliche Verpflichtung zum Rangrücktritt durch die
Bevollmächtigte wirksam eingegangen ist, wie oben unter a)
erläutert.
Die beabsichtigte Vorgehensweise wurde vom bevollmächtigten
Notar dem Vormundschaftsgericht bereits im Februar 2011 angekündigt, ausführlich dargelegt und erläutert. Obwohl damit bekannt war, welche Schritte anstanden und welche Verpflichtungserklärungen erfolgen sollten, die mit der bestehenden Vollmacht
wirksam abgegeben werden konnten, bestanden seitens des
Betreuungsgerichts offenbar keine Bedenken, dass hierin ein zu
beanstandender Gebrauch der Vollmacht liegen könnte, da andernfalls eine Kontrollbetreuung nach § 1896 Abs. 3 BGB hätte
eingerichtet werden müssen. Dies hätte dann dazu geführt, dass
auch das Verpflichtungsgeschäft nach §§ 1821 Abs. 1 Nr. 4 BGB
i. V. m. 1908 i Abs. 1 Satz 1 BGB genehmigungspflichtig gewesen wäre, da die Genehmigungsvorschriften anders als für den
Bevollmächtigten auch für den Kontrollbetreuer gelten.
Ein Kontrollbetreuer ist immer dann zu bestellen, wenn aufgrund der Umstände des Einzelfalls ein konkretes Bedürfnis für
die Überwachung besteht. Es genügt der konkrete, d. h. durch
hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerte Verdacht,
dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge
getan wird. Ein solches Überwachungsbedürfnis ist dann anzunehmen, wenn an der Redlichkeit oder Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen. Das Überwachungsbedürfnis
kann aber auch dann zu bejahen sein, wenn nach den üblichen
Maßstäben aus der Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle schon deshalb geboten ist, weil
die zu besorgenden Geschäfte von besonderer Schwierigkeit und/
oder besonderem Umfang sind. Dabei spielt auch die Nähebeziehung zwischen Betroffenen und Bevollmächtigten eine Rolle
(vgl. OLG München, Beschluss vom 27.10.2006, 33 Wx
159/06, NJW-RR 2007, 294). Durch die beabsichtigte Neubebauung wird den Töchtern des Betroffenen eine weitere Nutzung
des Grundstücks ermöglicht. Auch für eine notwendige Sanierung wären Kosten in einer Höhe angefallen, die eine Kreditaufnahme wahrscheinlich erfordert hätte. Die beabsichtigte
Nutzung wollte der Betroffene seinen Töchtern als Grundstückserwerberinnen auch nicht verbieten; er hat nach dem Überlassungsvertrag einen Rückauflassungsanspruch nicht bei jeder
etwaigen Veräußerung oder Belastung des Grundstücks, sondern
nur bei einer solchen, die ohne seine Zustimmung erfolgt. Die
Zustimmung konnte auch seine Bevollmächtigte für ihn erteilen.
Der Betroffene kann sein Wohnungsrecht selber nicht mehr ausüben. Sein Unterhalt ist durch Renten- und Mieteinnahmen gesichert und durch das beabsichtigte Vorgehen nicht gefährdet. Wäre
man dennoch der Ansicht gewesen, dass hier nicht im Interesse
des Betroffenen gehandelt wird, weil trotz des Vorteils der Ermöglichung einer weiteren Nutzung des Grundstücks der zu
erleidende rechtliche Nachteil des Rangrücktritts als ausschlaggebend anzusehen gewesen wäre, hätte konsequenterweise
schon zu diesem Zeitpunkt durch Einrichtung einer Kontrollbetreuung eingegriffen werden müssen.
Ehefrau und damaligen Lebensgefährtin vom 17.3.2009, die in Abschnitt I (a. E.) ihre Wirksamkeit „ab heute“ und über den Tod hinaus
festlegt und ihn in Abschnitt II unter der Überschrift „Insbesondere
Vermögensangelegenheiten (Generalvollmacht)“ u. a. ermächtigt,
„über Vermögensgegenstände jeder Art zu verfügen“.
Die Verpflichtungen zum Rangrücktritt neben der Zustimmung
zur Belastung mit einer Grundschuld und zum Abriss des bestehenden Gebäudes und Neubau konnten durch die Bevollmächtigte ohne gerichtliche Genehmigung wirksam erteilt werden.
Die Vorsorgevollmacht sei durch den Tod von Frau E. nicht erloschen; der Beteiligte zu 1 könne über den Tod hinaus wirksam auch
im Namen der Erben über Grundstücke verfügen. Indessen sei Testamentsvollstreckung angeordnet und die Verfügungsbefugnis vom
Erben auf die beiden Testamentsvollstrecker übergegangen. Der Beteiligte zu 1 habe nicht in deren Namen gehandelt. Testamentsvollstreckung bestehe weiterhin parallel zur Vollmacht. Es könne auch
nicht ausgeschlossen werden, dass die Vollmacht vom Testamentsvollstrecker widerrufen worden sei. Demgemäß sei die Genehmigung
der Testamentsvollstrecker in notarieller Form erforderlich.
Es erscheint nunmehr aber widersprüchlich und nicht nachvollziehbar, warum, ohne dass sich sonstige Änderungen oder neue
Gesichtspunkte ergeben haben, bei der Erfüllung der wirksam
eingegangenen Verpflichtungen die vom Erstgericht genannten
Bedenken überwiegen sollen und eine Genehmigung deswegen
versagt wird. Auch das Beschwerdegericht sieht hier mit dem
Beschwerdeführer eine gewisse Einschränkung des Ermessens
gegeben. Der Fall kann, da hier schon vor Eingehung der Verpflichtung entsprechende Eingriffsmöglichkeiten bestanden
hätten, mit dem Fall der Genehmigung einer Verfügung, die zur
Erfüllung einer bereits genehmigten Verpflichtung erfolgt, durchaus verglichen werden. Generell entfällt zwar die Genehmigungspflicht für die Verfügung nicht schon deshalb, weil der Mündel zu
ihrer Vornahme verpflichtet ist. In solchen Fällen beschränkt sich
die Prüfungspflicht des Gerichts auf die Frage, ob eine solche
Verpflichtung auch wirklich besteht. Ist das Verpflichtungsgeschäft vom Gericht bereits genehmigt, so umfasst diese Genehmigung im Allgemeinen bereits die zur Erfüllung des Verpflichtungsgeschäfts nötigen Verfügungen, soweit sich diese aus dem
Inhalt des genehmigten Verpflichtungsgeschäfts konkret ergeben
(MünchKommBGB/Wagenitz, 5. Aufl. 2008, § 1821 Rdnr. 16).
Unter Berücksichtigung der offenbar im Rahmen des Verpflichtungsgeschäfts vom Erstgericht getroffenen Bewertung und der
bestehenden Verpflichtung, deren Nichterfüllung ggf. auch zu
einer Schadensersatzpflicht führen könnte, war nunmehr die Genehmigung zum Verfügungsgeschäft zu erteilen.
Auf den notariellen Vollzugsantrag vom 12.7.2011 hat das Grundbuchamt mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 14.7.2011 folgendes Eintragungshindernis aufgezeigt:
Die von der beurkundenden Notarin erhobene Beschwerde weist darauf hin, dass sich die Rechte des Generalbevollmächtigten nicht von
dem durch Testamentsvollstreckung beschränkten Erben, sondern
von der frei verfügungsberechtigten Erblasserin ableiteten. Zudem
sei bei ihr zeitlich zuerst das Testament und anschließend die Vorsorgevollmacht beurkundet worden. Die aus der Vollmacht resultierende
Vertretungsmacht bleibe bestehen, bis die Vollmachtsurkunde dem
Vollmachtgeber zurückgegeben oder für kraftlos erklärt worden sei.
Beides sei nicht der Fall.
Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 29.7.2011 nicht abgeholfen. Aus Sicht des Rechtspflegers lässt sich im Rahmen der Auslegung von notariellem Testament und notarieller Vollmacht nicht
abschließend einschätzen, ob die Vollmacht über den Tod hinaus, anstelle der Testamentsvollstreckung, ebenfalls zur Verfügung über das
Grundstück berechtige.
Die beschwerdeführende Notarin hat im Verfahren vor dem OLG
noch darauf hingewiesen, dass nicht zu beurteilen sei, was dem Erben
als restliches Vermögen zufalle. Der Bevollmächtigte könne aufgrund
der erteilten Vorsorgevollmacht beliebige Erklärungen abgeben;
allenfalls Missbrauchsfälle seien Anlass, eine beantragte Eintragung
abzulehnen. Durch einen Nachtrag vom 27.6.2011 zur Urkunde vom
30.5.2011 sei berichtigt worden, dass der Erwerber die am Vertragsgrundbesitz lastende Grundschuld zur dinglichen Duldung und Haftung übernehme, wie dies vermächtnisweise bestimmt worden sei.
(…)
Aus den Gründen:
II.
10. BGB §§ 167, 181, 2203, 2205 Abs. 1, 2208 Abs. 1; GBO
§ 19 (Fortgeltung transmortaler Vollmacht trotz Testamentsvollstreckung)
Zur Fortgeltung einer transmortalen Vollmacht zugunsten des Vermächtnisnehmers, wenn Testamentsvollstreckung angeordnet wurde.
OLG München, Beschluss vom 15.11.2011, 34 Wx 388/11;
eingesandt von Notarin Dr. Gabriele Bartsch, Wasserburg am
Inn, und mitgeteilt von Edith Paintner, Richterin am OLG
München
Im Grundbuch noch als Eigentümerin eingetragen ist die am
9.12.2010 verstorbene Frau E. Zum Nachlass gehört auch Grundbesitz in R. Gemäß notariellem Testament vom 17.3.2009 ist ein Geldvermächtnis zugunsten der Stieftochter ausgesetzt. Dem Beteiligten
zu 1, ihrem späteren Ehemann, wurde ebenfalls vermächtnisweise
„mein gesamtes restliches Vermögen mit Ausnahme meines Grundbesitzes in M. und mit Ausnahme meines restlichen Geldvermögens“,
zugewandt. (Befreiter) Vorerbe ist der Sohn der Erblasserin. Testamentsvollstreckung ist angeordnet; die beiden Testamentsvollstrecker haben das Amt angenommen.
Zu Urkunde vom 30.5.2011 übertrug der von den Beschränkungen
nach § 181 BGB befreite Beteiligte zu 1 das Grundstück in R. an
sich selbst zu Alleineigentum. Er handelte hierbei aufgrund vorgelegter „Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung“ seiner verstorbenen
Die unbeschränkt, damit im Namen aller Urkundsbeteiligten
(vgl. § 15 Abs. 2 GBO), zu denen auch der Erbe zählt, eingelegte und im Übrigen zulässige Beschwerde gegen die
Zwischenverfügung (§§ 18 Abs. 1, 71 Abs. 1 und 73 GBO) hat
Erfolg. Der Genehmigung des Geschäfts durch die beiden
Testamentsvollstrecker in grundbuchtauglicher Form (§ 19
GBO) bedarf es nicht.
1. Mit der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und
Literatur ist davon auszugehen, dass die transmortale, also
schon vor dem Ableben und über den Tod hinaus geltende
(siehe Keim, DNotZ 2008, 175, 176), Generalvollmacht
(§ 167 BGB) selbständig neben der Testamentsvollstreckung
stehen und dem Vollmachtnehmer eigenständige, vom Erblasser und nicht vom Testamentsvollstrecker abgeleitete Befugnisse verleihen kann (OLG Köln, NJW-RR 1992, 1357 = MittBayNot 1992, 405; RGZ 88, 345; KGJ 37, A 231, 237; KG
JFG 12, 274, 276; Heckschen in Burandt/Rojahn, Erbrecht,
vor § 2197-2128 Rdnr. 16; Palandt/Weidlich, Einf v § 2197
Rdnr. 12; Soergel/Damrau, BGB, 13. Aufl., § 2205 Rdnr. 62).
Teilweise wird vertreten (Nachweise bei DNotI-Report 1998,
171, 172), dass es auf die zeitliche Reihenfolge ankomme. Die
zeitgleich oder anschließend erteilte Generalvollmacht würde
die Rechte der Testamentsvollstrecker beschränken und der
Bevollmächtigte nur an die Beschränkungen gebunden sein,
Rechtsprechung
MittBayNot 3/2012

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

LG Regensburg

Erscheinungsdatum:

13.12.2011

Aktenzeichen:

7 T 419/11

Rechtsgebiete:

Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)

Erschienen in:

MittBayNot 2012, 225

Normen in Titel:

BGB §§ 1908, 1821