Beschränkung der Vertretungsmacht eines Geschäftsführers abweichend von der satzungsgemäßen Vertretungsregelung
Ebenso wenig führt das Interesse der Ast., nach Widerruf
der Generalvollmacht von Dritten nicht aus Rechtsscheinsgesichtspunkten in Anspruch genommen zu werden, dazu, die Eintragung zuzulassen. Denn diesem Interesse kann auch dadurch abgeholfen werden, dass neben
der Generalvollmacht gleichzeitig Prokura erteilt und in
das Handelsregister eingetragen wird. Dies ist zulässig
und entspricht auch gängiger Praxis (Joussen, WM 1994,
273, 283; Schroeder/Oppermann,
dem Bevollmächtigten die Vertretungsmacht später wieder entzogen, ist der Widerruf der Prokura gemäß § 53
Abs. 3 HGB in das Handelsregister einzutragen. Dies hat
unmittelbar zwar nur zur Folge, dass ein Dritter den Widerruf der Prokura nach
gelten lassen muss. Auch hat die Löschung der Prokura
keine Prüfungsobliegenheit des Geschäftspartners über
den Bestand der Generalvollmacht zur Folge. Auf den
objektiven Rechtsscheintatbestand der Generalvollmacht kann sich jedoch derjenige nicht berufen, der das
Fehlen der Vertretungsmacht hätte erkennen müssen.
Maßgeblich ist, ob im Einzelfall besondere Umstände
vorliegen, die Anlass zu Misstrauen und erhöhter Vorsicht hätten geben müssen (MünchKomm-BGB/
Schramm, 5. Aufl. 2006, § 167 Rn. 70). Zwar stellt die
Löschung der Prokura nicht zwangsläufig einen solchen
Umstand dar. Jedoch kann sich aus den Umständen des
Einzelfalls ergeben, dass der Dritte von dem Entzug der
Prokura auch auf den Entzug der noch weitergehenden
Vollmacht hätte schließen können und Anlass zu weiteren Nachfragen gehabt hätte. Ist dies der Fall, kann sich
der Dritte auf den Rechtsscheintatbestand der Vollmacht
nicht berufen (so auch Joussen,
Rechtsschutzbedürfnis der Ast. wird dadurch weitgehend
Genüge getan. Die verbleibende Restunsicherheit vermag die Widersprüche zum Registerrecht, die die Eintragung einer Generalvollmacht mit sich führen würde,
nicht zu rechtfertigen.
Auch das Interesse der Ast., die Bedeutung des Generalbevollmächtigen als leitende Führungspersönlichkeit durch den Registereintrag publik zu machen, rechtfertigt die Eintragung nicht. Denn das Handelsregister
dient nicht dazu, die Verhältnisse und Beziehungen des
eingetragenen Unternehmens umfassend darzustellen
(Krafka/Willer, a.a.O., Rn. 85;
Auch in anderen Fällen, kann die – finanziell oder persönlich – einflussreichste Person im Hintergrund bleiben.
Solange eine Person als Verantwortlicher vorhanden und
aus dem Handelsregister erkennbar wird, ist den Anforderungen des Registerrechts Genüge getan (Hübner,
ZHR 143 (1979) 1, 21).
10. Handels-/Gesellschaftsrecht – Beschränkung der
Vertretungsmacht eines Geschäftsführers abweichend von der satzungsgemäßen Vertretungsregelung
(LG Mönchengladbach, Beschluss vom 18. 2. 2009 –
8 T 13/09 – mit Anmerkung von Notarassessor Dr. Jan
Link, Essen)
Sieht der Gesellschaftsvertrag einer GmbH vor, dass die
Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer oder durch
einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten wird, kann die Gesellschafterversammlung ohne eine ausdrückliche gesellschaftsvertragliche Ermächtigung nicht beschließen, dass ein bestimmter Geschäftsführer zur Vertretung stets der Mitwirkung
eines weiteren Geschäftsführers bedarf, also eine organschaftliche Vertretung in Gemeinschaft mit einem Prokuristen ausgeschlossen ist.
(Leitsatz nicht amtlich)
Zum Sachverhalt:
I. Die Bf. ist im Handelsregister des AG Mönchengladbach
eingetragen. Gesellschafter sind die Herren E. und F. sowie die
K. B. V., Niederlande. In § 6 des Gesellschaftsvertrags der Bf.
heißt es:
„(1) Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer.
Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft
durch zwei Geschäftsführer, oder, falls Prokuristen vorhanden
sind, auch durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit
einem Prokuristen vertreten. Ist nur ein Geschäftsführer vorhanden, vertritt er die Gesellschaft allein.
(2) Geschäftsführern kann von der Gesellschafterversammlung
die Befugnis erteilt werden, die Gesellschaft allein zu vertreten,
auch dann, wenn mehrere Geschäftsführer vorhanden sind. Die
Gesellschafterversammlung kann die Geschäftsführer von den
Beschränkungen des
In einer Gesellschafterversammlung vom 1. 10. 2008 wurde u. a.
Folgendes einstimmig beschlossen:
„Herr E., (Niederlande) ist zur Vertretung der Gesellschaft
nicht mehr alleine, sondern in Zukunft nur in Gemeinschaft
eines weiteren Geschäftsführers berechtigt und befugt, die Gesellschaft zu vertreten.“
Diesen Beschluss hat die Bf. zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet. Auf Anfrage des AG hat der die Bf. vertretende Notar ausgeführt, dass der Beschluss bedeute, dass der
Geschäftsführer E. die Gesellschaft ausschließlich gemeinsam
mit einem weiteren Geschäftsführer vertreten solle.
Mit Zwischenverfügung vom 19. 11. 2008 hat das AG Folgendes
ausgeführt: „In der Handelsregistersache pp. muss die konkrete
Vertretungsbefugnis mit der allgemeinen Vertretungsregelung
übereinstimmen. Dies wäre aber nicht der Fall bei ausschließlicher Gesamtvertretung mit einem Geschäftsführer. Die
Satzung lässt auch keine abweichende Regelung zu. Um Überprüfung der konkreten Vertretungsbefugnis des Herrn E. wird
daher gebeten.“
Dagegen richtet sich die als Beschwerde geltende Erinnerung
der Bf. Sie ist der Auffassung, dass durch die abstrakte Vertretungsregelung auch die alternative Wahlmöglichkeit eröffnet
worden sei, dass ein Geschäftsführer die Gesellschaft gemeinsam mit einem anderen Geschäftsführer vertritt. Aus Sinn und
Zweck der abstrakten Vertretungsregelung ergebe sich, dass
eine Verschärfung der konkreten gegenüber der abstrakten
Vertretungsregelung stets zulässig sei. Im Übrigen ergebe sich
die Wirksamkeit des Beschlusses vom 1. 10. 2008 auch aus dem
Rechtsinstitut des so genannten „satzungsdurchbrechenden
Gesellschafterbeschlusses“.
Aus den Gründen:
II. 1. Die Beschwerde ist zulässig. Nach § 19 Abs. 1
FGG ist gegen die Verfügungen des Gerichts I. Instanz
das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft. Anfechtbar
ist eine Äußerung des Gerichts, die mit Rechtsfolgen
verbunden ist, die den Beteiligten nach einer Anregung
Rechtsprechung350 RNotZ 2009, Heft 6
Rechtsprechung
RNotZ 2009, Heft 6
oder einem Antrag vor die Wahl stellt, entweder in bestimmter Richtung tätig zu werden oder mit einer endgültigen Ablehnung seines Antrags rechnen zu müssen.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor, nachdem sich aus
der Zwischenverfügung ergibt, dass das AG zu erkennen
gegeben hat, dass es die begehrte Eintragung nicht vornehmen werde.
Letzteres ist hier der Fall. Der Beschluss vom 1. 10. 2008
bestimmt, dass der Geschäftsführer E. auch in Zukunft
nur gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer vertretungsbefugt ist, auch wenn die Gesellschaft – was zur
Zeit nicht der Fall ist – einen Prokuristen hat. Sie ist somit
eine abstrakte Regelung, die im Widerspruch zur Satzung
steht.
2. Die Beschwerde ist aber unbegründet. Das AG ist zu
Recht der Auffassung, dass der Beschluss vom 1. 10. 2008
über die Vertretungsregelung nicht eingetragen werden
darf. Der Beschluss ist nichtig.
Da der Beschluss nicht notariell beurkundet ist (§ 53
Abs. 3 GmbHG), ist er unwirksam. Das AG wird die
Eintragung daher zu Recht ablehnen. Die Kostenentscheidung beruht auf
Nach § 6 Abs. 1 der Satzung wird die Gesellschaft bei
Vorhandensein mehrerer Geschäftsführer entweder
durch zwei Geschäftsführer oder, falls Prokuristen vorhanden sind, auch durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. Nach § 6
Abs. 2 der Satzung kann die Vertretung auch abweichend
geregelt werden.
Anmerkung:
Der Beschluss vom 1. 10. 2008 hält sich aber nicht an den
Rahmen dieser Ermächtigung. Er wird vielmehr von der
Satzung nicht gedeckt. Die Satzung sieht neben der Vertretung durch zwei Geschäftsführer auch die Vertretung
durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem
Prokuristen vor. Die Satzung lässt eine abweichende Regelung – wie hier eine Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers ausschließlich mit einem weiteren Geschäftsführer – durch Gesellschafterbeschluss insoweit
nicht zu.
Entgegen der Auffassung der Bf. trifft es nicht zu, dass
abweichende Regelungen durch Gesellschafterbeschluss
nur unwirksam seien für Abweichungen von der in § 35
GmbHG geregelten gesetzlichen Vertretungsbefugnis.
Da die Vertretungsregelung des
ist, bestimmt letztlich die Satzung die Regelung der Aktivvertretung der Geschäftsführer. Dann bedarf auch
jede Änderung dieser Vertretungsbefugnis grundsätzlich
einer Satzungsänderung, wenn die Satzung nicht selbst
eine Ermächtigung zur Änderung der Vertretungsbefugnis in einem bestimmten Rahmen gibt. Dieser Rahmen
ist dann überschritten, wenn der Geschäftsführer E. auch
in Zukunft nur mit einem weiteren Geschäftsführer – und
nicht auch mit einem Prokuristen, wenn er denn eingestellt wird – vertretungsbefugt ist.
Der Beschluss erweist sich auch nicht als satzungsdurchbrechender Gesellschafterbeschluss wirksam.
Eine im Einzelfall regelnde Satzungsdurchbrechung ist
nach der Rechtsprechung des BGH, der sich die Kammer
anschließt, zwar im Grundsatz auch ohne Einhaltung der
formellen Voraussetzungen einer Satzungsänderung jedenfalls nicht nichtig (vgl. z. B. BGH
2247 =
ganz allgemein angenommen für von der Satzung abweichende abstrakte Regelungen, bei denen sich die Anwendung unter Umständen erst in der Zukunft konkretisiert (Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 18. Aufl.,
§ 53 Rn. 45). Satzungsdurchbrechungen, die einen von
der Satzung abweichenden rechtlichen Zustand begründen, sind ohne Einhaltung der für eine Satzungsänderung geltenden Formvorschriften unwirksam (BGH
a.a.O.).
1. Die allgemeine Vertretungsregelung, die der Entscheidung des LG Mönchengladbach zugrunde liegt, ist
in der Praxis sehr verbreitet. Sie bestimmt, dass ein Geschäftsführer die Gesellschaft grundsätzlich nur mit
einem anderen Geschäftsführer oder mit einem Prokuristen vertreten kann, es sei denn, er ist der alleinige
Geschäftsführer. Diese Regelung wird ergänzt durch eine
Ermächtigung der Gesellschafterversammlung, die Vertretungsmacht eines jeden Geschäftsführers durch einfachen Mehrheitsbeschluss zu erweitern, indem ihm Einzelvertretungsbefugnis eingeräumt wird und/oder er von
den Beschränkungen des
entsprechende Ermächtigung, die Vertretungsmacht der
Geschäftsführer gegenüber der allgemeinen Vertretungsregelung zu beschränken – z. B. die Möglichkeit,
einen Geschäftsführer auf eine Vertretung mit einem anderen Geschäftsführer festzulegen und somit eine (organschaftliche) Vertretung mit einem Prokuristen auszuschließen – ist in den Gesellschaftsverträgen in der
Regel nicht ausdrücklich enthalten. Bedarf es einer solchen ausdrücklichen Regelung vielleicht nicht, weil die
Gesellschafterversammlung ohnehin jederzeit zur Beschränkung der Vertretungsmacht befugt ist? Das LG
Mönchengladbach verneint diese Frage inzident. Es erstaunt, dass sich zu dieser Thematik im Übrigen in der
veröffentlichten Rechtsprechung und im Schrifttum
kaum hinreichend begründete Stellungnahmen finden
(siehe allerdings
13. 3. 2008; OLG Hamm
die Frage, ob eine Beschränkung der Vertretungsbefugnis gegenüber der allgemeinen Vertretungsregelung zulässig ist, eine nicht unerhebliche praktische Bedeutung.
Dies gilt nicht nur in Fällen, die dem hier entschiedenen
Sachverhalt entsprechen. Es kommt z. B. auch vor, dass
eine Gesellschaft „A-Geschäftsführer“ (z. B. „kaufmännische Geschäftsführer“ oder Geschäftsführer eines bestimmten Familienstammes) und „B-Geschäftsführer“
(z. B. „technische Geschäftsführer“ oder Geschäftsführer
eines weiteren Familienstammes) besitzt, wobei zur Vertretung der Gesellschaft stets die Mitwirkung eines Aund eines B-Geschäftsführers erforderlich sein soll. Eine
solche Gestaltung stellt ebenfalls eine Beschränkung der
Vertretungsmacht dar, die auf der Grundlage der Auffassung des LG Mönchengladbach nur bei einer ausdrücklichen Grundlage in dem Gesellschaftsvertrag zulässig wäre.
2. Ob die Beschränkung der Vertretungsmacht eines
Geschäftsführers von der Gesellschafterversammlung
beschlossen werden kann, ist eine Frage der Satzungsauslegung. Das LG Mönchengladbach hat hier die
RNotZ 2009, Heft 6
Beschränkung der Vertretungsmacht als unwirksam bewertet, weil in dem Gesellschaftsvertrag eine ausdrückliche Ermächtigung der Gesellschafterversammlung zu
einer solchen Beschränkung nicht enthalten war. M. E.
hätte das Gericht auch anders entscheiden können:
Der Zweck einer allgemeinen Vertretungsregelung besteht in der Regel nicht darin, die Beschränkung der
Vertretungsmacht eines Geschäftsführers zu untersagen
(es sei denn, den Geschäftsführern soll ausnahmsweise
ein Sonderrecht eingeräumt werden). Eine solche Regelung will vielmehr die Vertretungsmacht eines Geschäftsführers für den Fall festlegen, dass in dem Bestellungsbeschluss keine besondere Vertretungsregelung getroffen wird. Dass Erweiterungen der Vertretungsmacht
eines Geschäftsführer gegenüber der allgemeinen Vertretungsregelung (z. B. Einräumung von Einzelvertretungsmacht, Gestattung von Insichgeschäften) einer ausdrücklichen Ermächtigung in der Satzung bedürfen, wird
mit den entsprechenden Gefahren für die Gesellschaft
und die Minderheitsgesellschafter (z. B. Übereilungsrisiko sowie Gefahr der Unehrlichkeit und Unzulänglichkeit der Geschäftsführer) sowie im Übrigen mit dem
Wortlaut des
mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es
sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes
bestimmt.“). Diese Argumentation lässt sich aber auf
eine Beschränkung der Vertretungsmacht (durch Untersagung einer unechten Gesamtvertretung) nicht übertragen. Insbesondere sind die hieraus theoretisch für die
Gesellschaft folgenden Nachteile (nämlich die ggf. eingeschränkte Handlungsfähigkeit) mit den Gefahren, die
sich aus der Aufgabe des Vier-Augen-Prinzips oder der
Gestattung von Insichgeschäften ergeben, nicht zu vergleichen. Daher kann auch aus der Existenz einer ausdrücklichen satzungsmäßigen Ermächtigung zur Erweiterung der Vertretungsmacht nicht im Umkehrschluss
gefolgert werden, dass Beschränkungen der Vertretungsmacht ohne ausdrückliche Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag unzulässig sind. Im Gegenteil: Wenn die
Gesellschafterversammlung die Vertretungsmacht erweitern kann, dürfte sie im Zweifel erst recht befugt sein,
die Vertretungsmacht zu beschränken.
Auch der Schutz des Rechtsverkehrs erfordert nicht, dass
Beschränkungen der Vertretungsmacht nur bei einer
ausdrücklichen Grundlage im Gesellschaftsvertrag zugelassen werden, da die besonderen Vertretungsregelungen
im Handelsregister eingetragen werden und somit für jeden Dritten ersichtlich sind.
Dass dem Geschäftsführer vom Landgericht Mönchengladbach im Ergebnis eine nur durch Satzungsänderung
einschränkbare Befugnis eingeräumt wird, die Gesellschaft auch gegen den Willen der Gesellschafterversammlung mit einem Prokuristen zu vertreten, passt auch
nicht zu der sonstigen Rechtsstellung eines Geschäftsführers, die dadurch geprägt wird, dass er jederzeit abberufen werden kann (
Nach der allgemeinen Vertretungsregelung, die der abgedruckten Entscheidung zugrunde liegt, kann ein Geschäftsführer die Gesellschaft alleine vertreten, wenn er
Rechtsprechung
der alleinige Geschäftsführer ist. Dass der streitgegenständliche Gesellschafterbeschluss nicht danach differenziert, ob die Gesellschaft nur einen oder mehrere Geschäftsführer hat, und daher entgegen der allgemeinen
Vertretungsregelung eine echte Gesamtvertretung auch
für den Fall anordnet, dass nur ein Geschäftsführer existiert, ist vom LG Mönchengladbach nicht problematisiert
worden. M. E. spricht aber auch dieser Gesichtspunkt
nicht gegen die Wirksamkeit des Beschlusses. Denn es ist
anerkannt, dass die echte Gesamtvertretung mehrerer
Geschäftsführer als einzige Möglichkeit der organschaftlichen Vertretung vorgesehen werden kann. Dass dies nur
aufgrund einer ausdrücklichen Regelung in der Satzung
möglich sein soll, erscheint aus den genannten Gründen
zweifelhaft.
3. Trotz dieser Erwägungen ist die Notarpraxis gut beraten, sich vorsichtshalber an der abgedruckten Entscheidung zu orientieren:
a) Zunächst sollte die abgedruckte Entscheidung im
Rahmen der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen berücksichtigt werden: Wenn – wie weitgehend üblich –
eine ausdrückliche Ermächtigung, von der allgemeinen
Vertretungsregelung abweichende Gesellschafterbeschlüsse zu fassen, in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen wird, bietet sich in der Regel an, diese Ermächtigung möglichst weit zu formulieren. Denkbar
wäre etwa im Anschluss an die allgemeine Vertretungsregelung folgende Formulierung aufzunehmen:
„Die Gesellschafterversammlung kann die Vertretung abweichend regeln, insbesondere bestimmte Geschäftsführer
zur Einzelvertretung ermächtigen und von den Beschränkungen des
Aufgrund einer solchen Bestimmung wird der Gesellschafterversammlung eine größtmögliche Flexibilität
eingeräumt und ihr damit auch ermöglicht, für bestimmte
Geschäftsführer Beschränkungen der Vertretungsmacht
zu beschließen. Ein „Bestimmtheitsgrundsatz“ für die
Ermächtigung der Gesellschafterversammlung existiert
nicht, so dass die Möglichkeiten besonderer Vertretungsregelungen nicht im Einzelnen aufgeführt werden
müssen (vgl. etwa die generalklauselartige allgemeine
Vertretungsregelung, die der Entscheidung des OLG
Hamm
b) Soweit die Satzung keine ausdrückliche Ermächtigung zu Gesellschafterbeschlüssen enthält, die von der
allgemeinen Vertretungsregelung abweichen, und im
Einzelfall gleichwohl die Beschränkung der Vertretungsmacht eines bestimmten Geschäftsführers beabsichtigt
ist, kann sich die Frage stellen, ob das Ziel der Beteiligten
durch einen so genannten satzungsdurchbrechenden Gesellschafterbeschluss erreicht werden kann. Unter einem
satzungsdurchbrechenden Gesellschafterbeschluss versteht man einen Beschluss, der von dem Gesellschaftsvertrag für einen Einzelfall abweicht, den Text des Gesellschaftsvertrags aber unverändert lässt und ihn für die
Zukunft weiterhin als verbindlich betrachtet. Die Voraussetzungen eines wirksamen satzungsdurchbrechenden Gesellschafterbeschlusses sind allerdings im Einzelnen von Rechtsprechung und Schrifttum nicht hinreichend geklärt (ausführlich Stöhr, MittRhNotK 1996,
389 ff.). Nach der heute herrschenden Meinung bedürfen
RNotZ 2009, Heft 6
jedenfalls Satzungsdurchbrechungen, die einen von der
Satzung abweichenden rechtlichen Zustand begründen
(wobei hierunter nach Auffassung des Landgerichts
Mönchengladbach auch Vertretungsregelungen für bestimmte Geschäftsführer fallen, die dem Gesellschaftsvertrag widersprechen), den für eine Satzungsänderung
geltenden Formvorschriften (grundlegend BGH DNotZ
1994, 314). Es dürften daher mit einer Satzungsdurchbrechung in der Praxis kaum Vorteile verbunden sein, so
dass angesichts der mit einem Durchbrechungsbeschluss
verbundenen Unsicherheiten stets eine förmliche Satzungsänderung vorgezogen werden sollte.
c) In dem Sachverhalt, der der abgedruckten Entscheidung zugrunde lag, sollte die Vertretungsbefugnis eines
bereits wirksam bestellten Geschäftsführers nachträglich
geändert werden. Wenn die – vermeintlich – unwirksame
besondere Vertretungsregelung bereits in dem Beschluss
über die Bestellung des Geschäftsführers enthalten gewesen wäre, hätte die Auffassung des LG Mönchengladbach wohl die Gesamtunwirksamkeit des Bestellungsbeschlusses zur Folge gehabt (vgl. OLG Hamm
sich die ausdrücklich beschlossene besondere Vertretungsregelung als unwirksam erweist, mit einer der allgemeinen Vertretungsregelung entsprechenden Vertretungsbefugnis bestellen werden würde.
d) Die vorstehend diskutierten Fragen stellen sich auch
für die Vertretungsorgane von Gesellschaften anderer
Rechtsform. Es sind insoweit die gleichen Erwägungen
maßgeblich. Bei Aktiengesellschaften ist allerdings zu
beachten, dass die Hauptversammlung als das für die
Satzungsfeststellung zuständige Organ nicht auch für die
Vorstandsbestellung zuständig ist (diese obliegt vielmehr
dem Aufsichtsrat). Dementsprechend sind auch für die –
als Satzungsbestandteil festzulegende – allgemeine Vertretungsregelung und die im Rahmen eines Vorstandsbestellungsbeschlusses ggf. zu treffende besondere Vertretungsregelung unterschiedliche Gesellschaftsorgane
zuständig. Gleichwohl sprechen die genannten Gründe
dafür, auch im Aktienrecht dem Bestellungsorgan (Aufsichtsrat) grundsätzlich die Befugnis zuzugestehen, die
Vertretungsbefugnis einzelner Mitglieder des Vertretungsorgans (Vorstand) zu beschränken, und zwar unabhängig von einer ausdrücklichen Ermächtigung in der
Satzung.
Notarassessor Dr. Jan Link, Dipl.-Kfm., Essen
Buchbesprechungen
Ernst Sarres, Vermächtnis, C. H. Beck Verlag, München,
2009, 141 Seiten, kartoniert, 32,– E
Der Autor ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Familienrecht sowie Fachanwalt für Erbrecht in Düsseldorf und
hat erstmals ein Handbuch zum Vermächtnisrecht für die
erbrechtliche Beratung herausgegeben. Das Handbuch
in der NJW-Praxis-Reihe des C. H. Beck-Verlages befindet sich auf dem Stand vom 1. Januar 2009 und hat somit die zum Jahresbeginn 2009 in Kraft getretene Reform
des Erbschaftsteuerrechtes berücksichtigt. Es ist in zwölf
Teile gegliedert, die wiederum überwiegend in einzelne
Kapitel unterteilt sind. Die Randnummern sind fortlaufend vergeben, was zur Übersichtlichkeit des Werkes
beiträgt. Zudem enthält das Handbuch einen Anhang, in
dem die für das Vermächtnisrecht maßgeblichen Vorschriften des BGB abgedruckt sind.
Das Handbuch gibt einen kompakten Überblick über die
erbrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten mit dem
Rechtsinstitut des Vermächtnisses. Für die notarielle
Praxis von Bedeutung sind die in Teil 4 dargestellten
Möglichkeiten zur Vollzugsabsicherung für den Vermächtnisnehmer vor und nach Eintritt des Erbfalles: Soll
verhindert werden, dass der Erblasser über den vermachten Gegenstand zu Lebzeiten verfügt, kann der
Vermächtnisnehmer nur durch einen Verfügungsunterlassungsvertrag mit dem Erblasser abgesichert werden.
In diesem Vertrag muss der Erblasser zudem die Verpflichtung übernehmen, bei einem Verstoß gegen die
Nichtverfügungspflicht dem Vermächtnisnehmer das Eigentum an dem vermachten Gegenstand zu Lebzeiten zu
übertragen. Ein solcher aufschiebend bedingter Übertragungsanspruch kann durch eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch gesichert werden. Sarres bietet einen
prägnanten Formulierungsvorschlag für einen Verfügungsunterlassungsvertrag zum Schutze des Vermächtnisnehmers an (Rn. 275). Die Erteilung einer transmortalen Vollmacht für den von den Beschränkungen des
die eigene Vermächtniserfüllung zu realisieren, vermögen zwar eine Vereitelung der Vermächtniserfüllung
durch die Erben abzuwenden, hindern den Erblasser
aber nicht an Verfügungen über den Vermächtnisgegenstand zu seinen Lebzeiten.
In Teil 7 stellt Sarres die einzelnen vom Gesetz vorgesehenen Vermächtnisarten vor und erörtert die dadurch
möglichen Gestaltungseffekte. Insbesondere stellt er das
Vor- und Nachvermächtnis in einzelnen Fallgestaltungen
als probate Alternative zur Anordnung einer Vor- und
Nacherbschaft dar. Im Gegensatz zu einem Nacherben ist
jedoch die Rechtsstellung des Nachvermächtnisnehmers
gegenüber dem Vorvermächtnisnehmer verhältnismäßig
schwach, da dem Nachvermächtnisnehmer lediglich ein
schuldrechtlicher Anspruch gegenüber dem Vorvermächtnisnehmer bzw. dessen Erben zusteht. So schlägt
Sarres vor, den Vorvermächtnisnehmer mit einem Untervermächtnis zu belasten, wonach der Vorvermächtnisnehmer verpflichtet wird, den vermachten Gegenstand sofort aufschiebend bedingt an den Nachvermächtnisnehmer zu übereignen, sodass der Nachvermächtnisnehmer durch
(Formulierungsvorschlag unter Rn. 348). Bei Grund
Entscheidung, Urteil
Gericht:LG Mönchengladbach
Erscheinungsdatum:17.02.2009
Aktenzeichen:8 T 13/09
Rechtsgebiete:GmbH
Erschienen in: Normen in Titel:GmbHG § 35