OLG Hamm 20. September 2023
13 UF 104/23
BGB §§ 134, 1360a Abs. 3, 1361 Abs. 4, 1614

Trennungsunterhalt; Unzulässigkeit eines Verzichts auf künftigen Trennungsunterhalt; Beweislast

letzte Aktualisierung: 23.5.2024
OLG Hamm, Beschl. v. 20.9.2023 – 13 UF 104/23

BGB §§ 134, 1360a Abs. 3, 1361 Abs. 4, 1614
Trennungsunterhalt; Unzulässigkeit eines Verzichts auf künftigen Trennungsunterhalt;
Beweislast

Ein Verzicht auf künftigen Trennungsunterhalt ist nach § 134 BGB nichtig. Hingegen ist ein
Verzicht auf Trennungsunterhalt für die Vergangenheit zulässig. In einem Vollstreckungsabwehrverfahren
trägt der Unterhaltsschuldner die Beweislast für einen solchen Verzicht.

(Leitsatz der DNotI-Redaktion)

Gründe:

I.
Der Antragsteller wendet sich im Vollstreckungsabwehrverfahren gegen die
Zwangsvollstreckung von Trennungsunterhaltsansprüchen aus einer vollstreckbaren
notariellen Urkunde des Zeugen R..

Die Beteiligten haben am 00.07.1999 geheiratet und sind seit dem 00.10.2022
rechtskräftig geschieden. Ihre Trennung erfolgte am 00.01.2021. Bis einschließlich
Dezember 2021 zahlte der Antragsteller an die Antragsgegnerin einen monatlichen
Trennungsunterhalt i.H.v. 506 €. Im Januar 2022 überwies der Antragsteller der
Antragsgegnerin einen anteiligen Unterhalt i.H.v. 97,17 € und benannte in der
Überweisung den Verwendungszweck mit „Trennungsgeld G. bis zum 06.01.2022, wie
abgesprochen“ (vgl. Kontoauszug Bl. 28). Ab dem 07.01.2021 stellte der Antragsteller die
Zahlung von Trennungsunterhalt ein.

Bereits am 17.12.2021 hatten die Beteiligten bei dem Zeugen Q. R. eine notarielle
Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung mit Immobilienübertragung (Bl. 4 ff der
GA) unterzeichnet.

In dem Vertrag wurde unter § 5 „Trennungsunterhalt“ folgende Regelung getroffen:„Der
Erschienene zu 1) verpflichtet sich ab Januar 2022, an die Erschienene zu 2) einen
monatlichen Trennungsunterhalt als Elementarunterhalt i.H.v. 506 € zu zahlen(…)Der
Erschiene zu 1) unterwirft sich bezüglich der vorgenannten Verpflichtung gegenüber der
Erschienenen zu 2) der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen(… ).
Eine Beweislastumkehr ist damit nicht verbunden.“

Zum nachehelichen Ehegattenunterhalt findet sich in § 6 folgende Vereinbarung:„Der
Erschienene zu 1) verpflichtet sich, an die Erschienene zu 2) einen monatlichen
nachehelichen Ehegattenunterhalt i.H.v. 506 € zu zahlen. Die Erschienenen gehen davon
aus, dass hier ein nachehelicher Ehegattenunterhaltzeitraum i.H.v. 7 Jahren angemessen
ist. Hierbei wäre dann durch den Erschienenen zu 1) ein Gesamtbetrag i.H.v. 42.504 € im
Unterhaltszeitraum an die Erschienene zu 2) zu zahlen.Der vorstehende Gesamtbetrag
des Unterhalts i.H.v. 42.504 € wird jährlich wie folgt aufgerechnet und zwar jeweils zum
01.12. eines Jahres, zuerst zum 01.12.2021:
-01.12.2022: 8500,80 €
- …()
(…).“

§ 11 des Vertrages befasst sich schließlich mit dem Wertausgleich hinsichtlich der im
Vertrag unter §§ 7-10 des Vertrages geregelten Immobilienübertragung. Die Regelung
lautet wie folgt:

„Der Wert der Immobilie W.-straße i.H.v. 219.000 € liegt um 184.000 € niedriger als der
Wert der Immobilie F.-straße i.H.v. 403.000 €. Demgemäß schuldet die Antragsgegnerin
einen Wertausgleich i.H.v. 92.000 €.Hiervon sind die nachfolgenden Beträge in Abzug zu
bringen:- 42.504 € Verzicht auf nachehelichen Ehegattenunterhalt
(Aufrechnung jährlich gemäß § 6 der Urkunde)
- (…).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der notariellen Vereinbarung wird auf die Urkunde
Bl. 4 ff. der Gerichtsakten verwiesen.

Am 07.08.2022 versandte die Antragsgegnerin an den Antragsteller eine E-Mail (Bl. 20 der
GA), in der es u.a. um den anstehenden Termin zur Scheidung am 00.08.2022 ging. Zum
Trennungsunterhalt erhielt die E-Mail folgende Passage:„Wie dir bekannt ist, verzichte ich
seit Januar auf den mir zustehenden Unterhalt, was ich bei Komplikationen zum
anstehenden Termin nicht mehr gewährleisten werde. Sollte auch dieses Schreiben von
deiner Seite aus fruchtlos bleiben, bin ich gezwungen, doch noch rechtliche Schritte
einzuleiten, um meine Interessen durchzusetzen.“

Mit anwaltlichem Schreiben vom 08.08.2022 (Bl. 18 der GA) forderte die Antragsgegnerin
den Antragsteller unter Androhung der Zwangsvollstreckung sodann auf, rückständigen
Trennungsunterhalt von Januar bis August 2022 zu zahlen und äußerte, dass sich die
Formulierung zum Verzicht in der Email vom Vortag ausdrücklich nur auf die
Geltendmachung bezogen habe.

Der Antragsteller leitete daraufhin das vorliegende Verfahren ein, mit dem er das Ziel
verfolgt, dass die Vollstreckung des Trennungsunterhalts aus der notariellen Urkunde für
unzulässig erklärt wird.

Er behauptet, dass ab Januar 2022 kein Unterhalt mehr bezahlt werden sollte. Zwar sei die
Unterhaltsverpflichtung notariell protokolliert worden; entsprechend der gemeinsamen
Vorstellung habe die Antragsgegnerin den Unterhalt aber nicht mehr eingefordert und mit
E-Mail vom 07.08.2022 bestätigt, dass sie seit Januar auf den Unterhalt verzichte.

Die Beteiligten seien bei der Beurkundung dahingehend belehrt worden, dass ein Verzicht
auf Trennungsunterhalt unwirksam sei. Um das Risiko einer Gesamtnichtigkeit zu
vermeiden, sei daher eine Unterhaltsverpflichtung beurkundet worden. Dass es möglich
gewesen wäre, eine Unterhaltsverpflichtung jedenfalls „offen zu halten“, indem keine
Regelung zum Trennungsunterhalt protokolliert worden wäre, sei den Beteiligten nicht
bekannt gewesen. Für den Antragsteller stehe jedenfalls fest, dass eine Unterhaltszahlung
ab Januar 2022 von beiden Beteiligten nicht gewünscht gewesen sei.

Soweit im Notarvertrag protokolliert worden sei, dass ab Januar 2022 weiterhin
Trennungsunterhalt gezahlt werden solle, habe dies nicht dem Willen der Beteiligten
entsprochen, sodass es sich bei der Regelung um ein Scheingeschäft handele.Bei
Betrachtung der Gesamturkunde werde deutlich, dass für die Beteiligten das
wirtschaftliche Ziel der Verrechnungsabrede aus § 11 im Vordergrund gestanden habe.
Eine saubere juristische Differenzierung zwischen „Trennungsunterhalt“ und
„nachehelichen Unterhalt“ sei dabei in den Hintergrund getreten.

Der Antragsteller hat beantragt,
die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde ##7/2021 des Notars Q.
R. vom 17.12.2021 für unzulässig zu erklären.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

Unter Verweis auf § 5 des Notarvertrages hat sie behauptet, die Beteiligten hätten sich auf
einen entsprechenden Trennungsunterhalt verständigt und ein Scheingeschäft liege völlig
neben der Sache. Zum Beweis für ihre Behauptung hat die Antragsgegnerin den Notar R.
als Zeugen benannt.

Die Antragsgegnerin hat weiter behauptet, dass sie zu keinem Zeitpunkt auf
Trennungsunterhalt verzichtet habe, sondern lediglich den Unterhalt vorläufig nicht geltend
gemacht habe. Ihre E-Mail vom 07.08.2022 sei erfolgt, um eine einvernehmliche Regelung
zu erreichen, stelle aber keinen Verzicht dar.

Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen R.. Hinsichtlich des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom
20.04.2023, Bl. 127 der GA, verwiesen.

Durch Beschluss vom 11.05.2023 hat das Amtsgericht den Vollstreckungsabwehrantrag
des Antragstellers zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass
sich der Antragsteller nach dem eindeutigen Wortlaut des § 5 der notariellen Urkunde dazu
verpflichtet habe, beginnend mit Januar 2022 einen monatlichen Trennungsunterhalt i.H.v.
506 € zu zahlen und sich diesbzüglich der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein
gesamtes Vermögen unterworfen.Vor dem Hintergrund der insoweit eindeutigen
Zahlungsverpflichtung sei der Antragsteller dafür beweisbelastet, dass die Vereinbarung so
nicht gewollt gewesen und deshalb unwirksam sei. Diesen Beweis habe der Antragsteller
nach dem Ergebnis der Anhörung des Zeugen R. nicht geführt. Der Zeuge habe eindeutig
bekundet, dass in der Urkunde bewusst zwischen dem Anspruch auf Trennungsunterhalt
und nachehelichen Unterhalt unterschieden worden sei. Der Zeuge R. habe überdies
bekundet, dass der Antragsteller die Auffassung geäußert habe, dass er grundsätzlich nur
über einen Zeitraum von einem Jahr Trennungsunterhalt zahlen müsse. Da das
Trennungsjahr genau am 00.01.2022 geendet habe, könne es ohne weiteres sein, dass
der Antragsteller trotz gegenteiliger Belehrung durch den Zeugen bei dieser
Rechtsauffassung geblieben sei.Auch die in § 6 des notariellen Vertrages getroffene
Verrechnungsabrede lasse keinen Rückschluss darauf zu, dass kein Trennungsunterhalt
mehr geschuldet sei, da diese Regelung ausdrücklich nur den nachehelichen
Ehegattenunterhalt und nicht den Trennungsunterhalt betreffe.Auch sei der Umstand, dass
der Antragsteller für Januar 2022 nur einen anteiligen Unterhalt i.H.v. 97,17 € mit dem
Zusatz „wie abgesprochen“ überwiesen habe, kein ausreichender Nachweis für einen
Verzicht der Antragsgegnerin auf Trennungsunterhalt.Schließlich sei auch die E-Mail der
Antragsgegnerin vom 07.08.2022 kein geeigneter Nachweis für eine abweichende
Regelung von § 5 des Vertrages oder einen nachträglichen Verzicht auf den
Trennungsunterhalt. Die Formulierung „wie dir bekannt ist, verzichte ich seit Januar auf
den mir zustehenden Unterhalt …“ stelle als Erklärung eines rechtlichen Laien keinen
eindeutigen Beleg dar. Im Hinblick darauf, dass die Beteiligten noch in Verhandlungen
bezüglich zahlreicher ungeklärter Punkte auch finanzieller Art gewesen seien, spreche
mindestens genauso viel dafür, dass die Antragsgegnerin mit der E-Mail zum Ausdruck
habe bringen wollen, dass sie bislang auf die Durchsetzung der Unterhaltsansprüche
verzichtet habe.

Der Antragsteller hat am 09.06.2023 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Beschwerde
eingelegt und diese am 27.06.2023 begründet. Unter Wiederholung und Vertiefung seines
erstinstanzlichen Vortrags behauptet er, dass die Beteiligten vereinbart hätten, dass ab
dem 07.01.2022 kein Trennungsunterhalt mehr zu zahlen gewesen sei.Er ist der
Auffassung, dass das Amtsgericht bereits die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast
verkannt habe, da die Antragsgegnerin als Gläubiger die Entstehung ihres Anspruches zu
beweisen habe.Soweit das Amtsgericht die vom Antragsteller behauptete Nebenabrede
nicht für erwiesen halte, könne dem nicht gefolgt werden. Das Amtsgericht habe jeweils im
Rahmen einer Einzelbetrachtung den Kontobeleg und die E-Mail gewürdigt, hierbei aber
nicht berücksichtigt, dass beide offensichtlich inhaltlich miteinander korrespondieren.
Jedenfalls aufgrund dieser starken Indizes dürfte der Antragsgegnerin die Beweislast dafür
obliegen, dass der Unterhalt trotzdem geschuldet sei.

Die Regelung in § 5 des Vertrages, wonach mit der Unterwerfung unter die
Zwangsvollstreckung eine Beweislastumkehr nicht verbunden sei, sei dahingehend zu
verstehen, dass rückständiger Unterhalt nur von dem Zeitpunkt an verlangt werden könne,
zu welchem eine entsprechende Zahlungsaufforderung erfolge. Hieraus folge, dass
rückständiger Unterhalt allenfalls nach Versand der Email, d.h. dem 08.08.2022 geltend
gemacht werden können.

Im Übrigen habe das Amtsgericht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem
ihm die Schriftsätze der Antragsgegnerin vom 29.08. und 21.09.2022 vor Erlass des
angefochtenen Beschlusses nicht mitgeteilt worden seien.
Der Antragsteller beantragt,
die Zwangsvollstreckung aus § 5 der notariellen Urkunde vom 17.12.2021
(UR.Nr. ##7/2021 des Notars Q. R. aus A) für unzulässig zu erklären.
Hilfsweise beantragt er,
die Zwangsvollstreckung aus § 5 der notariellen Urkunde vom 17.12.2021
(UR.Nr. ##7/2021 des Notars Q. R. aus A) für den Zeitraum vom 07.01.2022 bis
07.08.2022 für unzulässig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag verteidigt sie die amtsgerichtliche
Entscheidung. Sie habe zu keinem Zeitpunkt auf Trennungsunterhalt verzichtet und die
Regelung in der Urkunde sei eindeutig.Zudem habe sie den rückständigen Unterhalt nicht
erstmals mit anwaltlichem Schreiben vom 08.08.2022 angemahnt, sondern bereits mit EMail
vom 09.02.2022 (Bl. 214).

II.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg.

1.
Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 63 Abs. 1, 117 Abs. 1 S. 1 FamFG fristund
formgerecht eingelegt worden.

Gegen den Antrag, die Zwangsvollstreckung für unzulässig zu erklären, bestehen auch im
Übrigen keine Zulässigkeitsbedenken. Insbesondere handelt es sich bei dem
Vollstreckungsabwehrverfahren um einen zulässigen Rechtsbehelf. Zwar sieht das FamFG
für einen Unterhaltspflichtigen, der sich gegen eine Zwangsvollstreckung aus
Unterhaltstiteln zur Wehr setzen will, im Unterschied zum Abänderungsverfahren keinen
originären Rechtsbehelf vor. Der allgemeine Verweis in § 120 Abs. 1 FamFG, wonach die
Vollstreckung in Familienstreitsachen entsprechend den Vorschriften der ZPO erfolgt, stellt
aber sicher, dass auch in den Unterhaltssachen dem Unterhaltspflichtigen die Verfolgung
seiner Rechte in einem Vollstreckungsabwehrverfahren erhalten bleibt, § 767 ZPO i.V.m.
§ 113 Abs. 5 Nr. 1 FamFG (Wendl/Dose UnterhaltsR, § 10 Verfahrensrecht Rn. 295, beckonline).

2.
Die Beschwerde des Antragstellers ist jedoch unbegründet, denn das Amtsgericht hat den
Vollstreckungsabwehrantrag des Antragstellers zu Recht zurückgewiesen.

a.
Dabei kann die Frage, ob die Beteiligten im Zuge der notariellen Beurkundung eine
mündliche Nebenabrede dahingehend getroffen haben, dass die Antragstellerin für den
Zeitraum ab Januar 2022 für die Zukunft auf Trennungsunterhalt verzichtet, dahingestellt
bleiben.Denn ein solcher Verzicht wäre ohnehin gemäß § 134 BGB nichtig. Nach §§
1361 Abs. 4 S. 4, 1360 a Abs. 3 i.V.m § 1614 BGB ist ein Verzicht auf künftigen
Trennungsunterhalt unwirksam und daher nach § 134 BGB nichtig. Die Vorschrift hat
sowohl individuelle als auch öffentliche Interessen im Blick und will verhindern, dass sich
der Unterhaltsberechtigte während der Trennungszeit durch Dispositionen über den
Bestand des Unterhaltsanspruchs seiner Lebensgrundlage begibt und dadurch
gegebenenfalls öffentlicher Hilfe anheimzufallen droht (BGH, Beschluss vom 30.09.2015,
XII ZB 1/15, beck-online).

b.
Soweit der Vortrag des Antragsgegners dahingehend auszulegen ist, dass die Beteiligten
vereinbart hätten, dass die Antragsgegnerin auf den ihr zustehenden Unterhaltsanspruch
ab Januar 2022 zwar nicht verzichtet, die Beteiligten aber -im Wege eines pactum de non
petendo- vereinbart haben, dass die Antragsgegnerin ihren Unterhalt nicht geltend macht,
ist hierin ebenfalls keine erhebliche Einwendung gegen die Zwangsvollstreckung zu sehen.
Eine solche Vereinbarung wäre nämlich ebenfalls nach § 134 BGB unwirksam, so dass
auch dahingestellt bleiben kann, ob eine solche Vereinbarung tatsächlich getroffen worden
ist.

Denn eine Verpflichtung oder das Versprechen des unterhaltsberechtigten Ehegatten,
Trennungsunterhalt nicht geltend zu machen, berührt zwar den Bestand des
Unterhaltsanspruchs nicht, begründet aber eine Einrede gegen den Unterhaltsanspruch,
die wirtschaftlich zu dem gleichen Ergebnis führt wie ein Unterhaltsverzicht. Deshalb ist in
einem pactum de non petendo ein unzulässiges und daher unwirksames
Umgehungsgeschäft zu sehen (BGH, Beschluss vom 30.9.2015 – XII ZB 1/15, beckonline;
Wendl/Dose, UnterhaltsR, § 4 Ehegattenunterhalt Rn. 85, beck-online).

c.
Die Beschwerde des Antragstellers hat auch nicht mit ihrem Hilfsantrag, die
Zwangsvollstreckung für den Zeitraum ab dem 07.08.2022 für unzulässig zu erklären,
Erfolg.Denn der Antragsteller hat den ihm obliegenden Beweis eines solchen Verzichts
nicht geführt.

Ein Verzicht auf Trennungsunterhalt für die Vergangenheit ist, anders als ein Verzicht auf
Trennungsunterhalt für die Zukunft, zulässig (Wendl/Dose UnterhaltsR, § 4
Ehegattenunterhalt Rn. 85, beck-online).

Entgegen der Ansicht des Antragstellers trifft ihn die Beweislast für das Vorliegen eines
Verzichts. Die Beweislastverteilung im Vollstreckungsabwehrverfahren richtet sich danach,
welche Einwendungen vorgebracht werden. Insofern gelten die allgemeinen Grundsätze
der Beweislastverteilung. Die Parteirolle ist unerheblich. Der klagende Schuldner trägt
regelmäßig die Beweislast für die vorgebrachten rechtsvernichtenden und
rechtshemmenden Einwendungen. Wird zulässigerweise über das Entstehen der
Forderung gestritten, so liegt die Beweislast dagegen beim Gläubiger; insbesondere führt
die Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung nicht zu einer Beweislastumkehr
(BeckOK ZPO/Preuß, 49. Ed. 1.7.2023, ZPO § 767 Rn. 35).

Da die Beteiligten gerade nicht darüber streiten, ob der Antragsgegnerin dem Grunde nach
ein Anspruch auf Trennungsunterhalt – und damit über das Entstehen der Forderungzusteht,
sondern darüber, ob dieser Anspruch durch Verzicht untergegangen ist, ist der
Antragsteller vorliegend beweisbelastet.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers folgt auch aus der E-Mail der Antragsgegnerin
vom 07.08.2022 („wie dir bekannt ist, verzichte ich seit Januar auf den mir zustehenden
Unterhalt“) nicht, dass nunmehr der Antragsgegnerin die Darlegungs- und Beweislast
obliegen würde. Denn dies würde voraussetzen, dass der Antragsteller mit der E-Mail
bereits den Beweis eines Verzichts erbracht hätte, so dass die Antragsgegnerin nunmehr
den Gegenbeweis führen müsste. Dies ist allerdings nicht der Fall.Grundsätzlich gilt, dass
in der Nichtgeltendmachung von Trennungsunterhalt für eine längere Zeit noch kein
Verzicht erblickt werden kann. Es ist vielmehr zu prüfen, ob der Berechtigte einen triftigen
Grund für einen solchen Verzicht hatte oder ob nicht eine andere Erklärung für die
Unterlassung der Rechtsausübung naheliegt (Wendl/Dose, aaO). Der Senat folgt dem
Amtsgericht dabei dem in seinen Ausführungen, dass der Antragsteller mit der Email den
Beweis eines Verzichts durch die Antragsgegnerin nicht geführt hat. Der Senat schließt
sich ausdrücklich der Auffassung des Amtsgerichts an, dass der Wortlaut der E-Mail vom
07.08.2022 („Wie dir bekannt ist, verzichte ich seit Januar auf den mir zustehenden
Unterhalt …“.) vor dem Hintergrund betrachtet werden muss, dass die Antragsgegnerin
rechtlicher Laie ist. Eine Auslegung nach §§ 133, 157 BGB ergibt, dass die
Antragsgegnerin mit dieser Formulierung darauf hinweisen wollte, dass sie seit Januar
2022 keinen Unterhalt mehr erhalten hat und diesen bislang nicht geltend gemacht hat.
Warum die Antragsgegnerin auf einen notariell beurkundeten Anspruch rückwirkend hätte
verzichten sollen, erschließt sich dem Senat nicht, zumal der Antragsteller auch nicht
vorgetragen hat, womit ein rückwirkender Verzicht auf Trennungsunterhalt hätte
kompensiert werden sollen. Hinzu kommt, dass die Beteiligten in der notariellen Urkunde
sogar davon ausgegangen sind, dass der Antragsgegnerin für einen Zeitraum von sieben
Jahren noch Ansprüche auf nachehelichen Ehegattenunterhalt zustehen, § 6 Abs. 1 der
notariellen Vereinbarung; auch dies spricht dagegen, dass die Antragsgegnerin
Veranlassung gehabt haben könnte, auf ihren Unterhalt zu verzichten.

Da es für die Frage des Vorliegens einer Verzichtserklärung in Bezug auf rückwirkenden
Unterhalt nicht darauf ankommt, ob die Beteiligten bereits im Dezember 2021/Januar 2022
eine Nebenabrede zum notariellen Vertrag getroffen haben, wonach die Antragsgegnerin
keinen Unterhalt geltend gemacht hat, kommt es bei der Beweiswürdigung weder auf die
Bekundungen des Zeugen R., den Verwendungszweck bei der Überweisung des anteiligen
Unterhalts für Januar 2022 noch die E-Mail der Antragsgegnerin aus Februar an. Auch die
Frage, wie die in § 6 des Vertrages getroffene Verrechnungsabrede auszulegen ist, ist für
die Frage eines nachträglich im August 2022 vereinbarten Verzichts unerheblich.
Schließlich folgt entgegen der Auffassung des Antragstellers aus der Formulierung in § 5
des Vertrages, wonach mit der Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung eine
Beweislastumkehr nicht verbunden sei, nicht, dass rückständiger Unterhalt nur von dem
Zeitpunkt an verlangt werden könne, zu welchem eine entsprechende
Zahlungsaufforderung erfolgt ist. Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck
der Vereinbarung ergibt sich eine entsprechende Auslegung.

3.
Soweit der Antragsgegner mit seiner Beschwerde die Verletzung rechtlichen Gehörs rügt
und hierzu ausführt, dass ihm die Schriftsätze der Antragsgegnerin vom 29.08.2022 und
23.09.2022 vor Beschlussfassung nicht mitgeteilt worden seien, kann dahingestellt
bleiben, ob dies der Fall gewesen ist. Denn ein unterbliebenes rechtliches Gehör kann in
der Beschwerdeinstanz nachgeholt werden, was hier der Fall ist, da der Antragsteller in
seiner Beschwerde zu den Schriftsätzen inhaltlich Stellung nehmen konnte und
genommen hat.

4.
Da von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine weiteren Erkenntnisse zu
erwarten sind, beabsichtigt der Senat, gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG im schriftlichen
Verfahren zu entscheiden. Aus Kostengründen wird angeregt, dass der Antragsteller seine
Beschwerde zurücknimmt.

Auf diesen Hinweis wurde die Beschwerde zurückgenommen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Hamm

Erscheinungsdatum:

20.09.2023

Aktenzeichen:

13 UF 104/23

Rechtsgebiete:

Ehegatten- und Scheidungsunterhalt
Ehevertrag und Eherecht allgemein
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
Kindes- und Verwandtenunterhalt

Normen in Titel:

BGB §§ 134, 1360a Abs. 3, 1361 Abs. 4, 1614