Vertretungsbefugnis des Verwalters; Weisungsbefugnis der Wohnungseigentümer
letzte Aktualisierung: 05.03.2020
BGH, Urt. v. 18.10.2019 – V ZR 286/18
WEG §§ 27 Abs. 2 Nr. 2, 43 Nr. 4
Vertretungsbefugnis des Verwalters; Weisungsbefugnis der Wohnungseigentümer
a) Die gesetzliche Vertretungsbefugnis des Verwalters für die in einem Beschlussmängelverfahren
beklagten Wohnungseigentümer erstreckt sich auf den Abschluss eines Prozessvergleichs. Hat der
Verwalter mit der Prozessvertretung einen Rechtsanwalt beauftragt, kann er diesem eine
verbindliche Weisung zum Abschluss eines Prozessvergleichs erteilen.
b) Vertritt der Verwalter die Wohnungseigentümer in einem gegen sie gerichteten
Beschlussmängelverfahren, können sie ihm im Rahmen einer Wohnungseigentümerversammlung
durch Mehrheitsbeschluss Weisungen für die Prozessführung erteilen. Hierzu gehört auch der
Abschluss eines Prozessvergleichs. Abweichende Weisungen einzelner Wohnungseigentümer an den
Verwalter sind unbeachtlich.
c) Von der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer nicht umfasst ist hingegen ein Beschluss,
der es den Wohnungseigentümern untersagt, in dem Prozess für sich selbst aufzutreten und von
dem Mehrheitsbeschluss abweichende Prozesshandlungen vorzunehmen.
d) Die Vertretungsmacht des Verwalters und die Vollmacht des Rechtsanwalts für einen
Wohnungseigentümer enden erst, wenn dieser dem Gericht die Selbstvertretung und die Kündigung
des Mandatsverhältnisses in einer § 87 Abs. 1 ZPO genügenden Form mitgeteilt hat.
e) Hat der Verwalter einen Rechtsanwalt mit der Vertretung der in einem Beschlussmängelverfahren
beklagten Wohnungseigentümer beauftragt, kann nur er dem Rechtsanwalt Weisungen für die
Prozessführung erteilen und das Mandatsverhältnis beenden, solange er zur Vertretung der
Entscheidungsgründe:
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung unter anderem
in
keine Mängel auf. Insbesondere sei der Beschluss nicht außerhalb der Beschlusskompetenz
der Wohnungseigentümer gefasst worden. Teil der Amtsstellung
des Verwalters sei seine Vertretungsberechtigung für die in einem Anfechtungsprozess
verklagten Wohnungseigentümer. Das Handeln des Verwalters
betreffe eine Angelegenheit der Wohnungseigentümergemeinschaft und sei
deshalb klassischer Gegenstand von Beschlüssen der Wohnungseigentümerversammlung,
so dass auf einer solchen auch Weisungen an den Verwalter
über das Verhalten im Anfechtungsprozess beschlossen werden könnten. Die
Beschlussfassung der Gemeinschaft diene in solchen Fällen allerdings nur dazu,
ein gemeinsames prozessuales Vorgehen abzustimmen und zu koordinieren.
Nichtig sei ein Beschluss, der in die Individualrechte der übrigen beklagten
Eigentümer eingreife und diesen verbindlich ein bestimmtes Prozessverhalten
vorschreibe; diese Befugnis könne dem einzelnen Wohnungseigentümer nicht
genommen werden. Die Beklagten hätten sich in dem angefochtenen Beschluss
aber allein über ein gemeinsames prozessuales Vorgehen abgestimmt;
der Beschluss habe die Kläger - wie geschehen - nicht darin gehindert, dem
Vergleich nicht zuzustimmen. Ihnen habe es auch freigestanden, eine Fortsetzung
des Anfechtungsverfahrens mit der Begründung zu beantragen, der Vergleich
sei unwirksam.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand. Der Beschluss
vom 3. März 2016 ist nicht mangels Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer
nichtig.
1. Nur hierüber hat der Senat zu entscheiden. Das Berufungsgericht hat
nämlich die Zulassung der Revision (nur) damit begründet, dass die Frage, wie
weit die Beschlusskompetenz der Eigentümer im Falle eines Vergleichsabschlusses
in einem Anfechtungsverfahren gehe, höchstrichterlich nicht geklärt
und die Instanzrechtsprechung uneinheitlich sei. Hieraus ergibt sich klar und
eindeutig der Wille, die Revision in bestimmter Hinsicht zu beschränken. Dass
die Beschränkung nicht im Tenor enthalten ist, ist unschädlich (vgl. nur Senat,
Urteil vom 8. Februar 2019 - V ZR 153/15,
auch keine Bedenken gegen ihre Wirksamkeit, weil einzelne Beschlussmängelgründe
- wie hier das mögliche Fehlen der Beschlusskompetenz
- abtrennbare Teile des Streitstoffs sein können (vgl. Senat, Urteil vom
10. Juli 2015 - V ZR 198/14,
- V ZR 261/15,
nur gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Beschlusskompetenz.
2. Der Senat hat bereits entschieden, ohne dass allerdings eine weitere
Vertiefung angezeigt war, dass die Wohnungseigentümer nicht gehindert sind,
die Einberufung einer Eigentümerversammlung mit dem Ziel zu verlangen, dem
Verwalter, der sie - wie hier - in einem Beschlussmängelverfahren gemäß § 27
Abs. 2 Nr. 2 WEG vertritt, Weisungen zu erteilen (Urteil vom 5. Juli 2013
- V ZR 241/12,
aber noch nicht angesehen werden.
a) Zum Teil werden entsprechende Mehrheitsbeschlüsse einer Wohnungseigentümerversammlung
mangels Beschlusskompetenz als nichtig angesehen,
weil das Gesetz eine Befugnis der Eigentümermehrheit, dem Verwalter
Weisungen zur Führung eines Rechtsstreits gemäß
nicht vorsehe. Der Anfechtungsrechtsstreit sei dadurch gekennzeichnet, dass
gemäß § 46 WEG nicht der teilrechtsfähige Verband Beklagter sei, sondern
vielmehr alle übrigen Eigentümer der Gemeinschaft mit Ausnahme des Klägers.
Welche Maßnahmen der Verwalter als „geborener Verteidiger“ des Mehrheitswillens
gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG ergreife und ob er beispielsweise
Rechtsmittel einlege, sei im Grundsatz seinem pflichtgemäßen Ermessen zu
überlassen, soweit ihm nicht einzelne Eigentümer für ihre Person eine andere
Weisung erteilten. Eine ungeschriebene Beschlusskompetenz könne der Norm
des § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG nicht entnommen werden (vgl. AG Charlottenburg,
Urteil vom 11. September 2015 - 73 C 17/15, juris Rn. 24; AG Erfurt,
MietR 9/2014 Anm. 1; Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 27 Rn. 82, § 23 Rn. 8
Stichwort „Rechtsmittel“; Elzer, MietRB 2015, 335).
b) Nach der Gegenauffassung, der auch das Berufungsgericht folgt, sind
die Wohnungseigentümer grundsätzlich befugt, auf einer Eigentümerversammlung
darüber zu beschließen, wie sich der Verwalter im Prozess verhalten soll.
Gegenstand der Willensbildung auf einer Eigentümerversammlung sei nicht nur
die Willensbildung des teilrechtsfähigen Verbandes. Vielmehr könne über sämtliche
Angelegenheiten der Wohnungseigentümergemeinschaft ein Beschluss
gefasst werden. Hierzu gehöre auch das Handeln des Verwalters in einem Anfechtungsprozess
(vgl. LG Frankfurt,
[1.8.2019], § 27 Rn. 67; Zschieschack,
wohl auch juris-PK-BGB/Geiben, 8. Aufl.,
BGB, 15. Aufl.,
der übrigen beklagten Wohnungseigentümer eingreife und ihnen ein bestimmtes
Prozessverhalten verbindlich vorschreibe, etwa ein Verbot der Berufungseinlegung
oder der Selbstvertretung, sei allerdings mangels Beschlusskompetenz
nichtig (vgl. Zschieschack,
703, 704).
c) Das entspricht der Auffassung des Senats (siehe oben Rn. 7) und ist
richtig. Vertritt der Verwalter gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG die Wohnungseigentümer
in einem gegen sie gerichteten Beschlussmängelverfahren nach § 43
Nr. 4 WEG - dies gilt auch bei der hier gegebenen Anfechtungsklage des früheren
Verwalters gegen seine Abberufung (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom
20. Juni 2002 - V ZB 39/01,
können sie ihm im Rahmen einer Wohnungseigentümerversammlung durch
Mehrheitsbeschluss Weisungen für die Prozessführung erteilen. Hierzu gehört
auch der Abschluss eines Prozessvergleichs. Von der Beschlusskompetenz der
Wohnungseigentümer nicht umfasst ist hingegen ein Beschluss, der es den
Wohnungseigentümern untersagt, in dem Prozess für sich selbst aufzutreten
und von dem Mehrheitsbeschluss abweichende Prozesshandlungen vorzunehmen.
aa) Weil der Verwalter die Wohnungseigentümer in einem Beschlussmängelverfahren
nach außen umfassend vertreten und für diese auch einen
Prozessvergleich schließen kann, ergibt sich für die Wohnungseigentümer ein
Koordinierungsbedarf.
(1) Gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG ist der Verwalter berechtigt, im Namen
aller Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie Maßnahmen
zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines sonsti-
gen Rechtsnachteils erforderlich sind, insbesondere einen gegen die Wohnungseigentümer
gerichteten Rechtsstreit gemäß § 43 Nr. 1, Nr. 4 oder Nr. 5
WEG im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren zu führen. Nach der Rechtsprechung
des Senats begründet § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG hinsichtlich der genannten
Passivprozesse eine umfassende und im Außenverhältnis uneingeschränkte
gesetzliche Vertretungsbefugnis des Verwalters (vgl. Urteil vom
5. Juli 2013 - V ZR 241/12,
bei größeren Wohnungseigentümergemeinschaften mit einer Vielzahl von
Wohnungseigentümern einem praktischen Bedürfnis. Deren Prozessführung
wird insbesondere in den Beschlussmängelverfahren im Sinne von § 43 Nr. 4,
kanalisiert (zutreffend Bonifacio,
der Gesetzgeber das Beschlussanfechtungsverfahren einem Verbandsprozess
angenähert (vgl. Senat, Urteil vom 5. Juli 2013 - V ZR 241/12,
Rn. 14; Urteil vom 8. Februar 2019 - V ZR 153/18,
Gründen der Rechtssicherheit muss hierbei die Reichweite der prozessualen
Vertretungsbefugnis des Verwalters klar umrissen sein und darf nicht von unbestimmten
Rechtsbegriffen abhängen (Senat, Urteil vom 5. Juli 2013
- V ZR 241/12, aaO Rn. 15). Ob den Wohnungseigentümern ohne die Vertretung
ein „Rechtsnachteil“ droht, ist deshalb für den Umfang der gesetzlichen
Vertretungsmacht des Verwalters unerheblich. Darf der Verwalter die beklagten
Wohnungseigentümer umfassend vertreten, darf er auch einen Rechtsanwalt
beauftragen (Senat, Urteil vom 5. Juli 2013 - V ZR 241/12, aaO Rn. 13).
(2) Die gesetzliche Vertretungsmacht des Verwalters für die in einem Beschlussmängelverfahren
beklagten Wohnungseigentümer erstreckt sich auf den
Abschluss eines Prozessvergleichs (so auch Bärmann/Roth, WEG, 14. Aufl.,
vor §§ 43 ff. Rn. 71; BeckOGK/Greiner, WEG [1.8.2019], § 27 Rn. 72; Spielbauer
in Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 27 Rn. 25; Ricke/Schmid/
Abramenko, WEG, 5. Aufl., § 27 Rn. 82; Bergerhoff,
Zschieschack,
einen Rechtsanwalt beauftragt, kann er diesem eine verbindliche Weisung
zum Abschluss eines Prozessvergleichs erteilen. Für eine entsprechende Vertretungsmacht
des Verwalters spricht bereits der Wortlaut des § 27 Abs. 2 Nr. 2
WEG, da zu der „Führung“ eines Prozesses auch der Abschluss eines Prozessvergleichs
gehört. Gemäß § 278 Abs. 1 ZPO soll das Gericht in jeder Lage
des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner
Streitpunkte bedacht sein. Dem entspricht es, dass eine Prozessvollmacht gemäß
§ 81 ZPO im Regelfall die Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich
umfasst. Für die Vertretungsmacht des Verwalters in den in § 27 Abs. 2 Nr. 2
WEG genannten Passivprozessen gilt nichts Anderes.
Die Gegenauffassung (vgl. AG Düsseldorf,
Becker, WEG, 14. Aufl., § 27 Rn. 148; Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 27
Rn. 83; Staudinger/Jacoby, BGB [2018], § 27 Rn. 141; Dötsch,
628; Schmid,
Begründung wird zum Teil auf das fehlende Eilbedürfnis bzw. darauf verwiesen,
dass den Wohnungseigentümern bei Nichtabschluss eines Prozessvergleichs
kein Rechtsverlust drohe (vgl. AG Düsseldorf,
Jacoby, BGB [2018], § 27 Rn. 141). Hierauf kommt es im Rahmen des § 27
Abs. 2 Nr. 2 WEG nicht an (siehe oben Rn. 12). Andere stellen den materiellrechtlichen
Charakter in den Vordergrund, den der Prozessvergleich auch habe;
der Verwalter könne im Prozess nicht mehr an materiell-rechtlichen Erklärungen
abgeben als außerhalb des Prozesses (Schmid,
WEG, 2. Aufl., § 27 Rn. 83). Dabei wird aber nicht berücksichtigt, dass der Prozessvergleich
trotz der Doppelnatur eine Einheit bildet, die eine gegenseitige
Abhängigkeit der prozessualen Wirkungen und der materiell-rechtlichen Regelungen
bewirkt (vgl. Senat, Urteil vom 30. September 2005 - V ZR 275/04,
gesetzliche Vertretungsmacht zur Führung eines Prozesses (§ 27 Abs. 2 Nr. 2
WEG), berechtigt diese grundsätzlich auch zur Abgabe der für die Wirksamkeit
des Prozessvergleichs erforderlichen materiell-rechtlichen Erklärungen, da andernfalls
der Abschluss des Prozessvergleichs nicht möglich wäre (vgl. zur Prozessvollmacht
MüKoZPO/Toussaint, ZPO, 5. Aufl., § 81 Rn. 22 mwN). Vorauszusetzen
ist hierbei allerdings, dass die Wohnungseigentümer selbst über die
für einen Vergleichsabschluss erforderliche Rechtsmacht verfügen (vgl. allgemein
hierzu Dötsch,
BeckOGK/Greiner, WEG [1.8.2019], § 27 Rn. 72, 72.1), da die Vertretungsmacht
des Verwalters nicht weiter reichen kann als die Befugnis der von ihm
vertretenen Wohnungseigentümer.
(3) Der Befugnis des Verwalters, einen Prozessvergleich zu schließen,
steht nicht entgegen, dass gemäß
von dem Regelfall des § 81 ZPO - dahingehend beschränkt werden
kann, dass die Beseitigung des Rechtsstreits durch Vergleich von der Vollmacht
nicht erfasst werden soll. Eine solche Beschränkung ergibt sich nämlich für den
Umfang der gesetzlichen Vertretungsmacht des Verwalters aus § 27 Abs. 2
Nr. 2 WEG nicht. Dass diese Vorschrift dem Verwalter im Außenverhältnis auch
die Befugnis zum Abschluss prozessbezogener materiellrechtlicher Rechtsgeschäfte
einräumt, lässt sich im Übrigen aus
wonach der Verwalter mit einem Rechtsanwalt wegen eines Rechtsstreits gemäß
§ 43 Nr. 1, Nr. 4 oder Nr. 5 WEG eine Gebührenvereinbarung treffen kann
(so auch Bärmann/Roth, WEG, 14. Aufl., vor §§ 43 ff. Rn. 71).
bb) Da die hiernach umfassende Vertretungsbefugnis des Verwalters
den Wohnungseigentümern weder ihre Entscheidungsbefugnis noch ihre gemeinschaftliche
Geschäftsführung nimmt, können sie ihm im Hinblick auf die
Prozessführung Weisungen erteilen (Senat, Urteil vom 5. Juli 2013
- V ZR 241/12,
erforderliche Koordinierung kann durch einen Beschluss in
einer Eigentümerversammlung erfolgen. Die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer
folgt aus § 20 Abs. 1 WEG i.V.m. § 21 Abs. 1 und 3 WEG.
(1) Nach § 20 Abs. 1 WEG obliegt die Verwaltung des gemeinschaftlichen
Eigentums den Wohnungseigentümern nach Maßgabe der §§ 21 bis 25
WEG. § 21 Abs. 1 WEG bestimmt, dass die Verwaltung des gemeinschaftlichen
Eigentums, soweit nicht gesetzlich oder durch Vereinbarung etwas anderes bestimmt
ist, den Wohnungseigentümern zusteht, wobei diese nach § 21 Abs. 3
WEG - soweit die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht durch
eine Vereinbarung geregelt ist - durch Stimmenmehrheit beschließen können.
Der Begriff der Verwaltung im Sinne von § 21 WEG ist weit zu verstehen (Senat,
Urteil vom 2. Oktober 2015 - V ZR 5/15,
vom 18. März 2016 - V ZR 75/15,
(2) Auch wenn die Verteidigung der übrigen Wohnungseigentümer gegen
eine Beschlussanfechtungsklage keine originäre Angelegenheit des Verbands
ist, weil das Verfahren nach
als Mitgliederprozess ausgestaltet ist (vgl. Senat, Urteil vom 17. Oktober
2014 - V ZR 26/14,
Gegenstand der Klage ist nämlich ein Beschluss der Wohnungseigentümer,
der den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen muss.
Die Einhaltung dieser Grundsätze lässt sich nur durchsetzen, wenn Wohnungseigentümer
einen Beschluss anfechten können. Auf der anderen Seite muss
aber das gemeinschaftsbezogene Interesse der übrigen Wohnungseigentümer
an dem Bestand eines mehrheitlich gefassten Beschlusses und dessen effektive
Wahrnehmung Berücksichtigung finden. Denn Beschlüsse, die ordnungsmäßiger
Verwaltung entsprechen, sollen nicht aufgehoben, sondern bestandskräftig
werden. Da eine effektive Verteidigung der gefassten (ordnungsmäßigen)
Beschlüsse nur gewährleistet ist, wenn dem Verwalter die für die Wahrnehmung
seiner Befugnisse notwendigen Geldmittel zur Verfügung stehen, hat
der Senat es deshalb als zulässig angesehen und eine entsprechende Beschlusskompetenz
bejaht, wenn die Wohnungseigentümer im Gesamtwirtschaftsplan
und in den Einzelwirtschaftsplänen Mittel für die Verteidigung gegen
absehbare Beschlussanfechtungsklagen ansetzen (vgl. Senat, Urteil vom
17. Oktober 2014 - V ZR 26/14, aaO Rn. 9 ff.).
(3) Der Gemeinschaftsbezug des Beschlussanfechtungsprozesses hat
bei der gebotenen weiten Auslegung des Begriffs der Verwaltung zur Folge,
dass auch eine diesbezügliche Weisung der Wohnungseigentümer an den
Verwalter als Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums i.S.d. § 21 Abs. 3
WEG zu qualifizieren ist. Weil es die Wohnungseigentümerversammlung ist, die
den streitgegenständlichen Beschluss gefasst hat und ihn gegebenenfalls wiederholen,
aufheben oder ändern kann, muss es in der Beschlusskompetenz der
Eigentümerversammlung liegen, dem Verwalter Weisungen zur Prozessführung
zu erteilen (so auch BeckOGK/Greiner, WEG [1.8.2019], § 27 Rn. 67).
(4) Nur damit kann dem bei Anfechtungsprozessen bestehenden Koordinierungsbedarf
angemessen Rechnung getragen werden. Dies gilt sowohl für
die Wohnungseigentümer als auch für den Verwalter. Er übt die ihm eingeräumte
Vertretungsbefugnis nicht im eigenen, sondern im Interesse der Wohnungseigentümer
aus. Er muss deshalb ihre Interessen und ggf. auch ihre von seiner
eigenen Einschätzung abweichende Auffassung beachten. Andernfalls kann er
sich schadensersatzpflichtig machen. Gerade in größeren Wohnungseigentümergemeinschaften
lässt sich die Koordinierung der Willensbildung der Wohnungseigentümer
aber nur im Rahmen einer Wohnungseigentümerversammlung
herbeiführen. Da die Meinungen, wie der Prozess durch den Verwalter geführt
werden soll, auseinandergehen können, muss eine Mehrheitsentscheidung
möglich sein.
(5) An der Beschlusskompetenz ändert sich nichts, wenn zwischen der
Klageerhebung im Anfechtungsprozess und der Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung,
in der über das gemeinsame prozessuale Vorgehen abgestimmt
wird, ein Eigentümerwechsel stattgefunden und deshalb nicht der frühere,
sondern der aktuelle Eigentümer an der Versammlung teilgenommen hat.
So soll es sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier verhalten
haben. Ein Eigentümerwechsel hat zwar zur Folge, dass der bisherige Eigentümer
an der Eigentümerversammlung nicht teilnehmen darf, obwohl er gemäß
§ 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO weiter Beklagter des Anfechtungsprozesses bleibt.
Die Eigentümerversammlung setzt sich nämlich aus der Gesamtheit der anwesenden
oder vertretenen Eigentümer zusammen (vgl. Staudinger/Häublein,
BGB [2018], § 24 WEG Rn.9 f.); hierbei ist Eigentümer nur, wer zur Zeit der
Einberufung im Grundbuch eingetragen ist (vgl. jurisPK-BGB/Reichel-Scherer,
8. Aufl., § 24 WEG Rn. 6; Staudinger/Häublein, BGB [2018], § 24 WEG
Rn. 9 f.). Dies führt aber nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Verfahrensrechte
des früheren Eigentümers. Diese werden von dem neuen Eigentümer
wahrgenommen, der sich insoweit mit seinem Vertragspartner abzustimmen
hat. Darüber hinaus ist der frühere Eigentümer von dem Verwalter über
den Verlauf des Anfechtungsverfahrens zu unterrichten, da er von ihm weiter
vertreten wird. Die gesetzliche Vertretungsmacht des Verwalters gemäß § 27
Abs. 2 Nr. 2 WEG dauert für einen aus der Gemeinschaft ausgeschiedenen
Wohnungseigentümer so lange fort, wie gemeinschaftliche Verpflichtungen der
Wohnungseigentümer gegenüber Dritten aus der Zeit seiner Zugehörigkeit zur
Wohnungseigentümergemeinschaft abzuwickeln sind (vgl. BGH, Urteil vom
25. September 1980 - VII ZR 276/79,
Jennißen, WEG, 6. Aufl., § 27 Rn. 65; MüKoBGB/Engelhardt,8. Aufl.,
Rn. 26). Schließlich hat der frühere Eigentümer ebenso wie die anderen beklagten
Eigentümer die Möglichkeit, sich in dem Anfechtungsprozess selbst zu vertreten
(vgl. dazu näher unten II.2.c) cc) (1)).
(6) Dass die Wohnungseigentümer die Kompetenz haben, dem Verwalter
im Wege eines den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes entsprechenden
Beschlusses Weisungen für die Führung des Anfechtungsprozesses
zu erteilen, schließt nicht aus, dass sich die verklagten übrigen Wohnungseigentümer
mit dem Verwalter und ggf. mit dem sie vertretenden Rechtsanwalt
außerhalb einer Eigentümerversammlung und ohne die Anwesenheit des Anfechtungsklägers
über das Vorgehen in dem Beschlussanfechtungsklageverfahren
abstimmen (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juli 2016 - V ZR 261/15, NJW 2017,
666 Rn. 12; siehe auch Zschieschack,
Räntsch,
sein, in denen es um prozesstaktische Fragen geht, etwa im Zusammenhang
mit dem Abschluss eines Prozessvergleichs. Sind sich die Wohnungseigentümer
über das Prozessverhalten einig, kann der Verwalter entsprechend angewiesen
werden. Eine für den Verwalter verbindliche Mehrheitsentscheidung
kann jedoch im Rahmen solch informeller Zusammenkünfte nicht getroffen werden.
Dies ist nur aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses im Rahmen einer Eigentümerversammlung
und unter Beachtung der hierfür in §§ 23 bis 25 WEG vorgeschriebenen
Förmlichkeiten möglich. Hierzu gehört auch das Teilnahmerecht
des anfechtenden Wohnungseigentümers, der allerdings gemäß § 25 Abs. 5
Fall 2 WEG von der Stimmrechtsausübung ausgeschlossen ist, da die Vorschrift
nicht nur die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits - so der
Wortlaut - sondern auch die Zwischenschritte erfasst (vgl. BeckOGK/Greiner,
WEG [1.8.2019], § 27 Rn. 67; Zschieschack,
Räntsch,
§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG gebunden.
cc) Das Bestehen einer Beschlusskompetenz für die Erteilung von Weisungen
für die Prozessführung des Verwalters führt nicht dazu, dass die prozessualen
Rechte der Wohnungseigentümer, die auf ihrer Stellung als Beklagte
in dem Anfechtungsprozess beruhen, unangemessen eingeschränkt würden.
Hat ein Beschluss der Wohnungseigentümer zum Inhalt, den einzelnen Wohnungseigentümern
die Wahrnehmung ihrer prozessualen Rechte zu untersagen,
ist er mangels Beschlusskompetenz nichtig.
(1) Die Beschlusskompetenz besteht nur in dem Umfang, in dem auch
der Verwalter gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG zur Vertretung der Wohnungseigentümer
befugt ist. Die Vertretungsmacht des Verwalters endet, wenn ein
Wohnungseigentümer - wozu er berechtigt ist (vgl. Senat, Urteil vom
5. Juli 2013 - V ZR 241/12,
- V ZR 76/14,
durch einen eigenen Rechtsanwalt vertreten lässt (so auch Bonifacio, ZWE
2013, 368, 372). In diesem Fall besteht für eine Vertretung dieses Wohnungseigentümers
durch den Verwalter kein Bedürfnis (mehr); die Entscheidung des
Gesetzgebers, das Beschlussmängelverfahren nicht als Verbandsprozess ausgestaltet,
es einem solchen vielmehr nur angenähert zu haben, muss beachtet
werden. Die grundsätzliche Befugnis der Wohnungseigentümer zur privatautonomen
Wahrnehmung ihrer verfahrensrechtlichen Belange (Art. 2 Abs. 1 GG)
dürfen deshalb nicht weitergehend eingeschränkt werden, als dies durch die
Zwecke des § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG zwingend geboten ist. Da diese nicht dahin
gehen, Wohnungseigentümern die aktive privatautonome Beteiligung an sie
betreffenden Verfahren unverhältnismäßig zu erschweren, verliert der Verwalter
seine verfahrensrechtliche Stellung, wenn ein Wohnungseigentümer die Prozessführung
selbst oder durch einen Anwalt übernimmt (so auch Bärmann/
Roth, 14. Aufl., WEG, § 45 Rn. 10).
(2)
Abs. 2 zustehenden Aufgabenbefugnisse durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer
im Außenverhältnis nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden
können, steht dem nicht entgegen. Bei einer Selbstvertretung der Wohnungseigentümer
wird die Vertretungsmacht des Verwalters nicht eingeschränkt, vielmehr
endet sie kraft Gesetzes (vgl. Bärmann/Seuß/Bergerhoff, Praxis des
Wohnungseigentums, 7. Aufl., § 79 Rn. 9). Demgegenüber haben die Wohnungseigentümer
nicht die Rechtsmacht, ohne eine Selbstvertretung in dem
Prozess die Vertretungsmacht des Verwalters zu beenden.
dd) Die hiernach gebotene Differenzierung danach, ob sich der Beschluss
auf die Prozessvertretung durch den Verwalter oder auf die eigene Prozessvertretung
der Wohnungseigentümer bezieht, ermöglicht auch eine praktikable
Lösung der Frage, wie mit unterschiedlichen Weisungen der Wohnungseigentümer
gegenüber dem Verwalter bzw. gegenüber dem von diesem mandatierten
Rechtsanwalt umzugehen ist (in dieser Hinsicht skeptisch Kappus,
(1) Vertritt der Verwalter die Wohnungseigentümer in einem Anfechtungsprozess,
ohne dass er einen Rechtsanwalt mandatiert hat, ist er im Innenverhältnis
zu den Wohnungseigentümern an die Weisungen gebunden, die ihm
die Wohnungseigentümer in einem Mehrheitsbeschluss im Hinblick auf die Prozessführung
erteilt haben. Erteilt ein Wohnungseigentümer dem Verwalter eine
hiervon abweichende Weisung oder teilt er ihm mit, nicht mehr von ihm vertre-
ten werden zu wollen, ist dies unbeachtlich. Erst mit der Anzeige der Selbstvertretung
bei Gericht endet die Vertretungsmacht des Verwalters, so dass die von
ihm ab diesem Zeitpunkt abgegebenen Prozesserklärungen für den sich selbst
vertretenden Wohnungseigentümer keine Rechtswirkungen mehr entfalten können.
Hat ein Wohnungseigentümer bereits vor einer Beschlussfassung über das
prozessuale Vorgehen des Verwalters als Vertreter der Wohnungseigentümer
seine Selbstvertretung gegenüber dem Gericht angezeigt, kann der Verwalter
diesen Wohnungseigentümer nicht wirksam gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG vertreten.
Etwaige Mehrheitsbeschlüsse zur Prozessführung des Verwalters vermögen
hieran nichts zu ändern. Umgekehrt kann ein solcher Wohnungseigentümer
aber in einer Wohnungseigentümerversammlung über die Prozessführung
des Verwalters kraft Natur der Sache auch nicht mehr mitstimmen.
(2) Hat der Verwalter einen Rechtsanwalt mit der Vertretung der in einem
Beschlussmängelverfahren beklagten Wohnungseigentümer beauftragt, gilt im
Grundsatz nichts anderes. Nur er kann dem Rechtsanwalt verbindliche Weisungen
für die Prozessführung erteilen und das Mandatsverhältnis beenden,
solange er zur Vertretung der Wohnungseigentümer befugt ist. Hieran ändert es
nichts, dass nicht der Verwalter Vertragspartner des Rechtsanwalts ist, sondern
die Wohnungseigentümer. Könnten sie dem Rechtsanwalt Weisungen erteilen,
die im Widerspruch zu dem von dem Verwalter auf der Grundlage eines Mehrheitsbeschlusses
erteilten Weisungen stehen, oder könnten sie das Mandatsverhältnis
gegen den Willen des Verwalters kündigen, liefe die von dem Gesetzgeber
in § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG vorgesehene Möglichkeit der Prozessführung
durch den Verwalter weitgehend leer. Insoweit genießt die gesetzliche
Vertretungsmacht des Verwalters den Vorrang. Aus demselben Grund verstößt
der Rechtsanwalt durch die Nichtbeachtung der Weisung eines einzelnen Wohnungseigentümers,
die der Weisung des Verwalters widerspricht, nicht gegen
das berufsrechtliche Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten (§ 43
Abs. 4 BRAO). Der Rechtsanwalt ist wirksam beauftragt und nimmt das Mandanteninteresse
wahr, dessen Inhalt aufgrund gesetzlicher Befugnis von dem
Verwalter vorgegeben wird (so auch BeckOGK/Greiner, WEG [1.8.2019], § 27
Rn. 69; aA Kappus,
(3) Dies schließt allerdings nicht aus, dass die Wohnungseigentümer das
Mandatsverhältnis kündigen können, und bedeutet nicht, dass den Erklärungen
des von dem Verwalter beauftragten Rechtsanwalts stets der Vorrang gegenüber
eigenen Prozesserklärungen der Wohnungseigentümer bzw. der von
ihnen gesondert beauftragten Rechtsanwälten zukommt (so aber
BeckOGK/Greiner, WEG [1.8.2019], § 27 Rn. 69 f.). Endet die Vertretungsmacht
des Verwalters für die Wohnungseigentümer, weil diese sich selbst vertreten,
gibt es für eine Einschränkung der Kündigungsmöglichkeit des Mandatsverhältnisses
durch die einzelnen Wohnungseigentümer keinen Grund mehr.
Insoweit müssen allerdings die Voraussetzungen beachtet werden, die das Verfahrensrecht
für das Erlöschen einer Prozessvollmacht vorsieht. Die Vertretungsmacht
des Verwalters und die Vollmacht des Rechtsanwalts für einen
Wohnungseigentümer enden erst, wenn dieser dem Gericht die Selbstvertretung
und die Kündigung des Mandatsverhältnisses in einer § 87 Abs. 1 ZPO
genügenden Form mitgeteilt hat. Handelt es sich um einen Prozess, bei dem
die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist, wie dies bei
einem Anfechtungsprozess vor dem Amtsgericht gemäß § 23 Nr. 2 c) GVG
i.V.m.
gegenüber dem Gericht (§ 87 Abs. 1 Alt. 1 ZPO). Ab diesem Zeitpunkt
vertritt der Wohnungseigentümer sich selbst. Entscheidet sich der Wohnungseigentümer
zur Selbstvertretung erst in der Rechtsmittelinstanz, also vor dem
Landgericht als Berufungsgericht oder dem Bundesgerichtshof als Revisionsinstanz,
bei denen Anwaltszwang herrscht (
setzt die Beendigung der Vollmacht gemäß § 87 Abs. 1 Alt. 2 ZPO die Anzeige
der Bestellung eines anderen (zugelassenen) Anwalts voraus (vgl. hierzu auch
Senat, Urteil vom 23. Oktober 2015 - V ZR 76/14,
(4) Auch wenn es - wie hier - um die Frage geht, ob ein Prozessvergleich
geschlossen werden soll, hat der Verwalter für sein weiteres Prozessverhalten
einen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer zu beachten. Solange sich
ein in der Abstimmung unterlegener Wohnungseigentümer vor dem Gericht
nicht selbst (wirksam) vertritt, können der Verwalter und der von ihm mandatierte
Rechtsanwalt die von der Mehrheit gewünschte Zustimmung zu dem Abschluss
eines Prozessvergleichs im Namen aller beklagten Wohnungseigentümer
einschließlich der überstimmten Wohnungseigentümer abgeben. Wenn
jedoch ein Wohnungseigentümer seine eigene Vertretung gegenüber dem Gericht
wirksam herbeigeführt hat, kann er von dem Verwalter bzw. dem von ihm
beauftragten Rechtsanwalt nicht mehr vertreten werden. Da die Beklagten einer
Beschlussmängelklage notwendige Streitgenossen sind (vgl. Senat, Urteil vom
23. Oktober 2015 - V ZR 76/14,
in der Regel nicht die materiell-rechtliche Verfügungsbefugnis über den
Streitgegenstand im Ganzen haben, kommt es für die Wirksamkeit des Vergleichs
auf die Zustimmung aller Streitgenossen und damit auch auf diejenige
des sich selbst vertretenden Wohnungseigentümers an (vgl. allgemein Zöller/
Althammer, ZPO, 32. Aufl., § 62 Rn. 27; MüKoZPO/Schultes, 5. Aufl., § 62
Rn. 49).
3. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, hält sich der Beschluss
vom 3. März 2016 innerhalb des vorstehend ausgeführten Rahmens, da er die
Individualrechte der einzelnen Eigentümer nicht unangemessen einschränkt.
Die in vollem Umfang nachprüfbare Auslegung des Berufungsgerichts (vgl. Senat,
Urteil vom 18. März 2016 - V ZR 75/15,
mwN) ist zutreffend.
a) Dass ausweislich des Wortlauts des Beschlusses „der Vergleichsvorschlag
angenommen wurde“, besagt zu den eigenen prozessualen Rechten der
Wohnungseigentümer nichts. Auch das Verhandlungsprotokoll lässt keinen
Aufschluss darüber zu, ob sich die Eigentümer lediglich über das prozessuale
Vorgehen des Verwalters und des Rechtsanwalts abstimmen oder darüber hinaus
den Miteigentümern ein bestimmtes Prozessverhalten vorschreiben wollten.
b) Wie die Beklagten zutreffend ausführen, ist indes bei Fehlen konkreter
gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die zu einer gesetzmäßigen
Verwaltung verpflichteten Wohnungseigentümer im Zweifel keinen rechtswidrigen
Beschluss fassen wollen (vgl. Senat, Beschluss vom 23. September
1999 - V ZB 17/99,
- V ZR 12/14,
Beschlüssen im Zusammenhang mit der Prozessvertretung der Wohnungseigentümer
durch den Verwalter in einem Anfechtungsprozess auch Abramenko,
dass sich die Eigentümer darauf beschränkt haben, dem Verwalter und
dem von diesem beauftragten Rechtanwalt im Rahmen der - bis zur Selbstvertretung
der Kläger - bestehenden Vertretungsmacht eine Weisung zu dem weiteren
Vorgehen in dem Prozess zu erteilen. Damit wird den Eigentümern nicht
das Recht verwehrt, sich in dem Prozess selbst zu vertreten und aus eigenem
Recht von der Mehrheitsmeinung abweichende Prozesserklärungen abzugeben,
insbesondere dem Vergleichsvorschlag nicht zuzustimmen.
c) In diesem Sinne haben auch die Kläger den Beschluss verstanden
und nach ihrem eigenen Vorbringen in der Revisionsbegründung bereits vor
Abschluss des Prozessvergleichs in dem Vorprozess angezeigt, sich nunmehr
selbst zu vertreten und dem Amtsgericht mitgeteilt, dem Vergleichsvorschlag
nicht zuzustimmen. Ob das Amtsgericht vor diesem Hintergrund in dem Vorpro-
zess das Zustandekommen eines Prozessvergleichs durch den Beschluss vom
12. April 2016 feststellen durfte, ist zweifelhaft, bedarf hier aber keiner Entscheidung.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:18.10.2019
Aktenzeichen:V ZR 286/18
Rechtsgebiete:
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
WEG § 27 Abs. 2 Nr. 2,§ 43 Nr. 4