OLG Stuttgart 06. Juni 2024
13 U 419/19
BGB §§ 199 Abs. 4, 242, 634a, 638, 640 Abs. 1; AGBG a. F. § 9 Abs. 1

Bauträgervertrag; Abnahme von Gemeinschaftseigentum; unwirksame Abnahmeklausel; Beginn der Verjährung; keine Verwirkung bei Verwendung unwirksamer Abnahmeklauseln

letzte Aktualisierung: 30.9.2024
OLG Stuttgart, Urt. v. 6.6.2024 – 13 U 419/19

BGB §§ 199 Abs. 4, 242, 634a, 638, 640 Abs. 1; AGBG a. F. § 9 Abs. 1
Bauträgervertrag; Abnahme von Gemeinschaftseigentum; unwirksame Abnahmeklausel;
Beginn der Verjährung; keine Verwirkung bei Verwendung unwirksamer Abnahmeklauseln

1. Eine vom Bauträger verwendete Abnahmeklausel, wonach das gemeinschaftliche Eigentum für
die Wohnungseigentümer durch einen von der Wohnungseigentümerversammlung zu wählenden
vereidigten Sachverständigen abgenommen wird, verstößt gegen § 9 Abs. 1 AGBG a. F. (Anschluss
OLG Stuttgart v. 31.03.2015 – 10 U 46/14).
2. Im Falle einer in Folge der Nichtigkeit der Abnahmeklausel unwirksamen Abnahme beginnt die
Verjährung von Gewährleistungsansprüchen regelmäßig erst mit der Abnahme. Die Verjährungsfrist
enden [sic!] nicht spätestens mit der Verjährung des Erfüllungsanspruchs (entgegen OLG Stuttgart
v. 02.04.2024 – 10 U 13/23).
3. Der Annahme einer Verwirkung von Gewährleistungsansprüchen steht regelmäßig entgegen, dass
der Bauträger als Verwender einer unwirksamen Abnahmeklausel kein schutzwürdiges Vertrauen auf
die Wirksamkeit der Abnahme haben kann. Dies gilt auch dann, wenn er zum Zeitpunkt der
Verwendung nicht ohne weiteres mit einem Verstoß gegen § 9 Abs. 1 AGBG a. F. rechnen musste
(entgegen OLG München v. 01.12.2023 – 28 U 3344/23).

Gründe

I.
Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Vorschussanspruch für Mangelbeseitigungskosten
sowie Schadensersatz wegen behaupteter Mängel geltend.

Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Im Jahr 1988 errichtete die Beklagte
als Bauträgerin Mehrfamilienhäuser in der K.-Allee 11 und im E.-Weg 4 und 6 in L.. In den mit
den Erwerbern abgeschlossenen Kaufverträgen ist in Ziffer II.5 in Verbindung mit Ziffer 1.3
der Allgemeinen Vertragsbestimmungen zur Abnahme folgendes geregelt:
„Das gemeinschaftliche Eigentum wird für die Wohnungseigentümer durch einen vereidigten
Sachverständigen abgenommen. Bei Wohnanlagen, die aus mehreren Gebäuden bestehen, kann
jedes Gebäude einzeln abgenommen werden (Teilabnahme). Der Sachverständige soll auch die
Beseitigung der bei der Abnahme festgestellten Mängel bestätigen. Die Kosten des
Sachverständigen sind im Kaufpreis berücksichtigt. Der Sachverständige ist in der ersten
Wohnungseigentümer-Versammlung durch Beschluß zu bestellen; er führt die Abnahme in
Vertretung der einzelnen Wohnungseigentümer für diese durch, wozu er heute schon vom
Käufer bevollmächtigt wird.“

Am 11.02.2000 wurde entsprechend der vorstehenden Bestimmung der Sachverständige E.
beauftragt, der dann im selben Jahr beginnend ab dem 06.03.2000 mehrere Abnahmetermine
durchführte. Am 20.10.2004 führte die Klägerin einen Durchgang mit der von ihr beauftragten
Sachverständigen N. vor dem vermeintlichen Ablauf der fünfjährigen Gewährleistungsfrist
durch. Zu diesem Zeitpunkt gingen alle Beteiligte davon aus, dass die Abnahme am 06.03.2000
erfolgt war und die vertraglich vereinbarte fünfjährige Gewährleistungsfrist in Gang gesetzt
hatte. Das Gutachten vom 07.12.2004 über Mängel am Gebäude übergab die Klägerin der
Beklagten zur Mangelbeseitigung.

Mit E-Mail vom 18.11.2014 forderte die Klägerin die Beklagte unter Bezugnahme auf ein
Gutachten des Sachverständigen H. zur Beseitigung von Mängeln am Dach auf. Nachdem die
Beklagte dem nicht nachgekommen ist, macht die Klägerin mit der Klage einen Vorschuss für
die Beseitigung der behaupteten Mängel in Höhe von 13.120,94 € und 1.292,04 € geltend.
Darüber hinaus begehrt sie die Erstattung der Kosten der eingeschalteten Privatgutachter H.
(1.871,08 €), Ho. (558,23 €) und S. (1.792,81 €).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dabei hat es offen gelassen, ob die geltend
gemachten Mängel bestehen. Eine Verjährung sei zwar nicht eingetreten, da die Abnahmeklausel
unwirksam sei und so die Verjährungsfrist mangels wirksamer Abnahme nicht zu laufen
begonnen habe. Die Ansprüche seien aber verwirkt. Das für die Annahme der Verwirkung
erforderliche Zeitmoment sei gegeben, da zwischen der vermeintlichen Abnahme am 06.03.2020
und der Klageerhebung mehr als 17 Jahre vergangen seien. Ebenfalls erfüllt sei das
Umstandsmoment, an das aufgrund der langen Zeitdauer nur noch geringe Anforderungen zu
stellen seien. Gegen die Annahme eines Umstandsmoments spreche zwar, dass die Beklagte es
als Verwenderin der unwirksamen Abnahmeklausel selbst zu vertreten habe, dass die
Gewährleistungsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Dies stehe aber einer Verwirkung nicht
generell entgegen, da ansonsten eine nahezu grenzenlose Haftung auch Jahrzehnte nach einer
vermeintlichen Abnahme gegeben wäre. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte bei
der Verwendung der Abnahmeklausel nicht habe vorhersehen können, dass diese von der
Rechtsprechung später als unwirksam angesehen werde, nachdem der Sachverständige im
vorliegenden Vertragsverhältnis anders als in anderen Fällen nicht aus der Sphäre des Bauträgers
stamme. Nachdem die Klägerin viele Jahre davon ausgegangen sei, dass
Gewährleistungsansprüche verjährt seien, habe die Beklagte davon ausgehen dürfen, dass die
Klägerin von der Geltendmachung weiterer Gewährleistungsansprüche absehen werde. Die
Beklagte habe das Vertrauen, dass keine Gewährleistungsansprüche mehr geltend gemacht
würden dadurch manifestiert, dass die wesentlichen Aktenbestandteile des Bauvorhabens
vernichtet worden seien.

Für die übrigen Ausführungen des Landgerichts sowie die weiteren Einzelheiten des
erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf das angefochtene Urteil vom 16.07.2019 und
den restlichen landgerichtlichen Akteninhalt Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren im
Kern weiterverfolgt. Sie ist der Auffassung, dass das Landgericht zu Unrecht von einer
Verwirkung ausgegangen sei. Bei der Prüfung des Zeitelements sei auf die außergerichtliche und
nicht auf die gerichtliche Geltendmachung abzustellen. Daher liege die Zeitspanne bei 14 und
nicht bei 17 Jahren. Gerade in Bausachen sei es nicht ungewöhnlich, dass sich
Gewährleistungsfristen etwa durch Hemmungstatbestände oder in Fällen von
Nachzüglererwerbern auf mehr als das Doppelte der gesetzlichen Fristen verlängerten. Im
Übrigen habe das Landgericht nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Klägerin auch noch im
Verfahren Landgericht Stuttgart 12 O 423/12 Gewährleistungsansprüche geltend gemacht habe.
Daher sei insoweit auch kein Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Hinzu komme, dass die
Beklagte noch im Jahr 2008 mit der Beseitigung von Mängeln am Dach beschäftigt gewesen sei,
sodass die Verjährungsfrist für diesen (nicht streitgegenständlichen) Mangel frühestens im Jahr
2013 abgelaufen sei. Wegen der hier streitgegenständlichen Mängel habe die Beklagte gegen ihre
Subunternehmerin noch Anfang des Jahres 2015 ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet.
Auch könne dem Landgericht nicht darin gefolgt werden, dass die Beklagte beim Stellen der
Klausel nicht unredlich gehandelt habe. Vielmehr seien derartige Abnahmeklauseln bereits zum
Zeitpunkt des Abschlusses der Kaufverträge von der Rechtsprechung kritisch gesehen worden.
Allein der Umstand, dass die Beklagte die Akte weggelegt habe, könne das Umstandsmoment
nicht begründen.

Die Klägerin hat zunächst im Berufungsverfahren beantragt:

1.
Das Urteil des Landgerichts Stuttgart wird abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an die
Klägerin 18.635,10 € zu bezahlen zzgl. 5 Prozentpunkte über Basiszinssatz hieraus seit
Klagezustellung.

2.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 1.216,16 € zzgl. 5 Prozentpunkte über
Basiszinssatz hieraus seit Klagezustellung zu bezahlen.
Während des Berufungsverfahrens hat die Klägerin den Vorschussanspruch betreffend
Malerarbeiten in der Wohnung J. in Höhe von 1.292,04 € für erledigt erklärt. Zur Begründung
hat die Klägerin vorgetragen, dass die Eigentümer den Wasserschaden beseitigt hätten, ohne
Kosten geltend zu machen.

Die Beklagte ist der Teilerledigungserklärung entgegengetreten und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrages das
angefochtene Urteil. Das Landgericht habe zutreffend angenommen, dass etwaige Ansprüche
der Klägerin verwirkt seien. Dabei habe das Landgericht auch zu Recht die Zeitspanne bis zur
gerichtlichen Geltendmachung zu Grunde gelegt. Wegen der streitgegenständlichen Mängel
habe es zu keinem Zeitpunkt Verhandlungen gegeben. Die Klägerin sei im Nachgang zur
Durchführung der Nachbegehung im Jahr 2004 selbst von der Verjährung ihrer
Gewährleistungsansprüche ausgegangen und habe dadurch bei der Beklagten einen
Vertrauenstatbestand geschaffen. Auch könne der Beklagten kein Vorwurf gemacht werden, da
die Verwendung der streitgegenständlichen Klausel damals üblich gewesen sei. Eine gemeinsame
Abnahme des Gemeinschaftseigentums habe auch dem Interesse der Erwerber entsprochen. Sie,
die Beklagte, habe die Abnahme auch nicht mehr nachholen können, da ihr zwischenzeitlich die
Kaufverträge nicht mehr vorliegen würden.

Unabhängig davon stehe dem Erfolg der Klage auch entgegen, dass die behaupteten Mängel
nicht vorlägen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei ein etwaiger Anspruch auch
verjährt. Die im Jahr 2000 vom Sachverständigen E. erklärte Abnahme sei wirksam, da die
Regelung in den Kaufverträgen nicht gegen das AGBG a.F. verstoßen habe. Dabei sei zu
berücksichtigen, dass es eine freie Entscheidung der Erwerber gewesen sei, welchen
Sachverständigen sie mit der Abnahme der Leistungen beauftragten. Zudem sei der
Sachverständige durch die Regelungen im Kaufvertrag auch nicht unwiderruflich mit der
Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums bevollmächtigt gewesen. Selbst wenn man nicht
von einer wirksamen Abnahme ausgehen würde, wäre der Erfüllungsanspruch vor dem
Hintergrund der Fertigstellung im Jahr 2000 spätestens mit Ablauf des 31.12.2011 verjährt.
Diese Verjährung gelte auch für den Kostenvorschussanspruch, nachdem dieser ein auf Zahlung
gerichteter Erfüllungsanspruch sei. Jedenfalls sei der Kostenvorschussanspruch nach dem
Gedanken der Vorteilsausgleichung zu kürzen. Soweit die Klägerin auch Kosten für die
Beseitigung der Schäden in der Wohnung J. in Höhe von 1.292,04 € geltend gemacht habe, sei
sie schon nicht aktivlegitimiert gewesen. Auch habe es sich um einen Schadensersatzanspruch
gehandelt, der nicht fiktiv berechnet werden könne. Die Gutachterkosten seien wegen
Verjährung der Gewährleistungsansprüche nicht erforderlich gewesen, jedenfalls habe die
Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das zweite Gutachten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom
30.09.2021 (Bl. 446 ff. d.A.), vom 26.05.2023 (Bl. 639 ff. d.A.) und vom 16.05.2024 (Bl. 755 ff.
d.A.) verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen V..
Wegen des Beweisergebnisses wird auf das schriftliche Gutachten vom 11.08.2022 (Bl. 531 ff.
d.A.), die ergänzende Stellungnahme vom 17.02.2023 (Bl. 614 ff. d.A.), die mündliche Anhörung
im Termin am 26.05.2023 (Bl. 641 f. d.A.), das Ergänzungsgutachten vom 18.01.2024 (Bl. 679 ff.
d.A.) sowie die mündliche Anhörung im Termin am 16.05.2024 (Bl. 756 ff. d.A.) Bezug
genommen.

II.
Die zulässige Klage ist weit überwiegend begründet.

1.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses in
Höhe von 13.120,94 €. Der Anspruch folgt aus § 633 BGB a.F.

a)
Die Klägerin ist prozessführungsbefugt. Hinsichtlich des Vorschussanspruches ist zwischen den
Parteien unstreitig, dass die Klägerin den Anspruch vor Erhebung der Klage durch Beschluss
der Wohnungseigentümerversammlung an sich gezogen hat. Die streitgegenständlichen Mängel
betreffen ohne Zweifel das Gemeinschaftseigentum. Eine Prozessführungsbefugnis einer
Wohnungseigentümergemeinschaft, die sich aus einem vor dem 01.12.2020 erlassenen
Vergemeinschaftsbeschluss ergibt, besteht auch nach der Neuregelung der Ausübungsbefugnis
der Wohnungseigentümergemeinschaft in § 9a Abs. 2 WEG fort (BGH v. 01.02.2023 - VII ZR
887/21).

b)
Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf einen Kostenvorschuss liegen dem Grunde nach
vor.

aa)
Auf den streitgegenständlichen Sachverhalt ist das BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden
Fassung anzuwenden, da die Bauträgerverträge unstreitig allesamt vor diesem Datum
geschlossen wurden. Ungeachtet einer fehlenden Regelung in § 633 BGB a.F. war der
Kostenvorschussanspruch auch nach früherem Recht anerkannt (BGH v. 14.01.2010 – VII ZR
108/08 – juris Rn. 12; BGH v. 14.04.1983 - VII ZR 258/82 - juris Rn. 9).

bb)
Die Werkleistung der Beklagten ist mangelhaft i.S.v. § 633 Abs. 1 BGB a.F.

(1)
Die Beklagte ist für die mangelfreie Herstellung des Werks beweisbelastet, da keine wirksame
Abnahme vorliegt.

a)
Dabei kann zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, dass der Sachverständige E. im Jahr
2000 eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums erklärt hat. Der Wirksamkeit der Abnahme
steht aber entgegen, dass der Sachverständige hierbei die Eigentümer nicht wirksam vertreten
konnte, da die Regelung in Ziff. IV 1.3 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen, wonach der
Sachverständige von den Wohnungseigentümern der Klägerin für eine Abnahme bevollmächtigt
wurde, nach § 9 Abs. 1 AGBG a.F. unwirksam war.

(aa)
Da es sich im vorliegenden Fall unstreitig um eine Klausel handelt, die für eine Vielzahl von
Verträgen vorformuliert ist, ist diese nach § 9 Abs. 1 AGBG a.F unwirksam, wenn sie den
Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen
benachteiligt. Die notarielle Beurkundung steht dem Formularcharakter nicht entgegen (vgl.
OLG Stuttgart v. 12.05.2015 - 10 U 114/14 - juris Rn. 15).

(bb)
Von einer unangemessenen Benachteiligung ist im Zweifel auszugehen, wenn eine Bestimmung
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu
vereinbaren ist, oder wesentliche Rechte so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des
Vertragszwecks gefährdet ist. Dies ist vorliegend der Fall.

(aaa)
Es ist höchstrichterlich geklärt, dass eine von einem Bauträger in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen eines Erwerbsvertrags verwendete Klausel, die die Abnahme des
Gemeinschaftseigentums durch einen vom Bauträger bestimmbaren Erstverwalter ermöglicht,
gemäß § 9 Abs. 1 AGBG a.F. unwirksam ist (BGH v. 12.09.2013 - VII ZR 308/12 - juris Rn. 7
ff.). Da der Bauträger als teilender Eigentümer die Möglichkeit habe, den ersten Verwalter
bereits in der Teilungserklärung zu bestellen, bestehe die Gefahr, dass ein vom Bauträger
bestellter Verwalter die Voraussetzungen der Abnahmefähigkeit des Gemeinschaftseigentums
nicht neutral prüfe. Solche Bedenken bestehen - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - im
vorliegenden Fall nicht, weil die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in der Auswahl eines -
unabhängigen - Sachverständigen für die Abnahme frei war. Bedenken gegen die
Unabhängigkeit des Sachverständigen bestehen allerdings insoweit, als er von der Beklagten aus
den Kaufpreisen bezahlt werden sollte. Ob diese Bedenken für sich allein durchgreifend wären,
kann angesichts der folgenden Ausführungen dahingestellt bleiben.

(bbb)
Eine Vertragsklausel zur Abnahme durch einen von der Wohnungseigentümergemeinschaft zu
bestimmenden Sachverständigen ist jedenfalls dann unwirksam, wenn sie dem einzelnen
Erwerber nicht die Möglichkeit offen lässt, das Gemeinschaftseigentum selbst abzunehmen oder
von einer Vertrauensperson eigener Wahl abnehmen zu lassen. Damit werden die Erwerber von
ihrer gesetzlichen Möglichkeit, als Besteller gemäß § 640 Abs. 1 BGB die Abnahme des Werks
selbst zu prüfen und zu erklären, in unzulässiger Weise durch eine allgemeine
Geschäftsbedingung ausgeschlossen. Auch wenn es sich bei § 640 BGB um dispositives Recht
handelt, kann dessen wesentlicher Gehalt, nämlich die Abnahme durch den Besteller, dem
Erwerber von Wohnungseigentum nicht durch eine allgemeine Geschäftsbedingung entzogen
werden, weil ansonsten gegen den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung
verstoßen würde (OLG Stuttgart v. 31.03.2015 - 10 U 46/14 - juris Rn. 83).

(ccc)
Durch die Klausel „Das gemeinschaftliche Eigentum wird für die Wohnungseigentümer durch
einen vereidigten Sachverständigen abgenommen.“ verpflichtet sich der einzelne Erwerber, mit
der Abnahme einen Sachverständigen zu beauftragen, und verzichtet ebenso auf sein Recht als
Besteller aus § 640 Abs. 1 BGB, die Prüfung der Abnahmefähigkeit selbst vorzunehmen. Anders
als die Beklagte meint, war es dem Erwerber auch nicht möglich, dem Sachverständigen die
erteilte Vollmacht zu widerrufen. Zwar ist eine einmal erteilte Vollmacht nach § 168 S. 2 BGB
grundsätzlich widerruflich. Jedoch ist die Klausel, auch wenn es hierzu keine ausdrückliche
Regelung gibt, nach ihrem objektiven Inhalt dahingehend auszulegen, dass ein solcher Widerruf
ausgeschlossen ist. Es ist ja gerade Sinn und Zweck der Klausel, eine gemeinsame Abnahme
durch einen Sachverständigen zu erreichen. Dieser Zweck kann nicht erreicht werden, wenn
man durch einen Widerruf der Vollmacht die Abnahme durch den Sachverständigen verhindern
könnte, da immer damit zu rechnen ist, dass jedenfalls einzelne Erwerber mit dem
Sachverständigen nicht einverstanden sind. Selbst wenn man insoweit von einer Mehrdeutigkeit
ausgehen wollte, ginge dies zu Lasten der Beklagten. Zwar bestimmt § 5 AGBG a.F., dass im
Falle von mehrdeutigen Bedingungen die kundenfreundlichste Auslegung zu Grunde zu legen
ist. Im Falle einer Inhaltskontrolle führt die Auslegungsregel des § 5 AGBG a.F. aber dazu, dass
bei einer mehrdeutigen Klausel von den möglichen Auslegungen diejenige zugrunde zu legen ist,
die zur Unwirksamkeit führt (BGH v. 16.06.2009 - XI ZR 539/07 - juris Rn. 26).

(ddd)
Im Übrigen ist eine andere Beurteilung auch dann nicht geboten, wenn man zu Gunsten der
Beklagten unterstellt, dass die Klausel die Widerruflichkeit der Vollmacht nicht ausschließt. In
diesem liegt ein Verstoß gegen das in § 9 Abs. 1 AGBG a.F. enthaltene Transparenzgebot
(hierzu BGH v. 10.03.1993 - VIII ZR 85/92 - juris Rn. 25) vor. Dies folgt schon aus dem
Umstand, dass der durchschnittliche Erwerber einer Eigentumswohnung die Regelung des § 168
S. 2 BGB zur Widerruflichkeit der Vollmacht nicht kennt und die Klausel damit suggeriert, dass
eine Alternative zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen Sachverständigen nicht
besteht.

(b)
Es liegt auch keine konkludente Abnahme vor. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die
Erwerber noch im Jahr 2004 davon ausgingen, dass am 06.03.2020 eine wirksame Abnahme
erfolgt ist. Ausgehend von dieser Vorstellung fehlte ihnen somit das nötige
Erklärungsbewusstsein. Auch die Beklagte konnte die Restzahlungen und die Ingebrauchnahme
der Wohnungen sowie das Verhalten bei der Geltendmachung von Ansprüchen nicht als
Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch die Erwerber verstehen, weil sie ebenfalls davon
ausging, dass diese Abnahme durch den Sachverständigen erfolgt ist (OLG Stuttgart v.
31.03.2015 - 10 U 46/14 - juris Rn. 88). Eine konkludente Abnahme kommt daher erst ab dem
Zeitpunkt in Betracht, an dem die Erwerber Kenntnis von der Unwirksamkeit der erklärten
Abnahme erlangt oder Zweifel bezüglich der betreffenden Wirksamkeit bekommen hatten
(OLG Stuttgart v. 02.04.2024 - 10 U 13/23 - juris Rn. 69). Für diesen Zeitraum trägt die
Beklagte aber kein Verhalten vor, dass eine konkludente Abnahme begründen könnte.

(2)
Die Beklagte hat den Nachweis der Mangelfreiheit nicht geführt. Vielmehr kann nach der
Beweisaufnahme festgestellt werden, dass die Werkleistung mangelhaft ist, da die über das Dach
geführten Lüfterleitungen nicht ordnungsgemäß an die Dampfsperren angeschlossen sind.

(a)
Der Sachverständige V. hat ausweislich seines Ergänzungsgutachtens vom 18.01.2024 bei sechs
Bauteilöffnungen festgestellt, dass bei den jeweiligen Dachdurchführungen die Dampfbremse
nicht an die durchgeführten Rohre angeschlossen war. Dies stellt die Beklagte auch nicht in
Abrede. Nachdem der Sachverständige ergänzend zu seinem ursprünglichen Gutachten
insgesamt sechs Bauteilöffnungen vorgenommen hat, ist der Schluss möglich, dass der fehlende
Anschluss der Dampfsperre bei sämtlichen Dachdurchführungen vorliegt. Die Beklagte hat dies
nach dem Eingang des Ergänzungsgutachtens auch nicht mehr in Zweifel gezogen.

(b)
Der Sachverständige V. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17.02.2023 näher
ausgeführt, dass es nach den technischen Regeln erforderlich ist, die Dampfsperre an die
Durchdringungen anzuschließen. Dies diene dazu, einen dampfdichten Durchgang herzustellen
und zu vermeiden, dass auf der Oberfläche der Dampfsperre anfallendes Wasser in tiefer
liegende Bauteile eindringe. Diesen plausiblen Ausführungen des erfahrenen
Gerichtssachverständigen schließt sich der Senat an; die Beklagte hat gegen diese Beurteilung
auch keine durchgreifenden Einwände erhoben.

cc)
Die Klägerin kann ungeachtet einer fehlenden Abnahme einen Vorschuss geltend machen, da
im Anwendungsbereich des bis zum 31.12.2001 geltenden Werkvertragsrechts
Gewährleistungsansprüche und somit auch der Anspruch auf einen Mangelbeseitigungskostenvorschuss
keine Abnahme voraussetzen (BGH v. 19.01.2017 – VII ZR 235/15 - juris Rn.
25; BGH v. 25.06.2002 - X ZR 78/00 - juris Rn. 7).

dd)
Die Beklagte ist mit der Mangelbeseitigung in Verzug, nachdem sie auf die Aufforderung im
Jahr 2014 keine Leistungen erbracht hat.

c)
Der Anspruch besteht in Höhe von 13.120,94 €.

aa)
Es kann nach § 287 ZPO festgestellt werden, dass die Mangelbeseitigung mindestens Kosten in
Höhe der geltend gemachten 13.120,94 € verursachen wird. Der Betrag entspricht dem
klägerseits vorgelegten Angebot der Fa. O. vom 31.07.2015. Der Sachverständige V. hat in der
mündlichen Verhandlung am 16.05.2024 klargestellt, dass insgesamt 18 Entlüftungsrohre
vorhanden sind, an denen der Anschluss nachgebessert werden muss. Ferner hat der
Sachverständige V. ausgeführt, dass das Angebot der Fa. O. vom 31.07.2015 zwar bezogen auf
das damalige Preisniveau zu hohe Materialpreise enthalten habe, dass aber aufgrund der
Erhöhung der Baupreise nunmehr mit deutlich höheren Kosten zu rechnen sei. Dem schließt
sich der Senat an. Daher kann auch eine etwaige Ersparnis von Kosten durch die
zwischenzeitlich in zwei Fällen vorgenommene Durchführung der Entlüftungsrohre durch die
Dachabdichtung nicht zu einer Kürzung des Anspruchs führen, zumal der Sachverständige
festgestellt hat, dass auch in diesen Fällen der Anschluss an die Dampfsperre nachgebessert
werden muss.

bb)
Eine Vorteilsausgleichung ist nicht vorzunehmen, nachdem der Sachverständige V.
nachvollziehbar ausgeführt hat, dass sich durch die Nachbesserung die Lebensdauer der
Dachabdichtung insgesamt nicht verlängern wird. Insoweit entstehen der Klägerin durch die
Nachbesserung keine Vorteile.

d)
Der Anspruch ist nicht verjährt.

aa)
Die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen nach altem Schuldrecht richtete sich nach
§ 638 BGB a.F. Dies galt auch für vor der Abnahme entstandene Gewährleistungsansprüche mit
der Folge, dass die Verjährung zunächst nicht beginnen konnte, da nach § 638 BGB a.F. der
Verjährungsbeginn die Abnahme voraussetzt (BGH v. 08.07.2010 – VII ZR 171/08). Mit Blick
auf Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB greift nunmehr die Bestimmung des § 634a BGB und zwar
auch für die Fälle, in denen der Anspruch vor der Abnahme entstanden ist (BGH v. 24.02.2011
– VII ZR 61/10 – juris Rn. 18). Daher setzt der Beginn der Verjährung auch noch nach dem
01.01.2002 grundsätzlich eine Abnahme voraus. Eine wirksame Abnahme ist - wie dargelegt -
nicht erfolgt, sodass die Verjährung nicht beginnen konnte.

bb)
Anders als die Beklagte meint, kann eine Verjährung im vorliegenden Fall nicht damit begründet
werden, dass der Erfüllungsanspruch nach § 199 Abs. 4 BGB spätestens mit Ablauf des
31.12.2011 verjährt ist.

(1)
Es ist höchstrichterlich geklärt, dass der Gesetzgeber durch die Regelung in § 638 BGB a.F. die
Verjährung der werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche insgesamt den für die
Regelverjährung maßgeblichen Vorschriften entzogen hat (BGH v. 08.07.2010 – VII ZR 171/08
– juris Rn. 19). Zwar hat der BGH für nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform
geschlossene Verträge offen gelassen, ob und welchen Einfluss ein Ablauf der
Verjährungshöchstfrist bezüglich des Erfüllungsanspruchs auf die Verjährung von
Mängelansprüchen hat (BGH v. 09.11.2023 - VII ZR 241/22 - juris Rn. 45). Für den Fall einer
unwirksamen Abnahmeklausel kann jedoch nach der Entscheidung die Verjährung des
Erfüllungsanspruchs schon deshalb keine Bedeutung haben, weil es dem Unternehmer als
Verwender der unwirksamen Klausel verwehrt sei, sich darauf zu berufen, dass sich der Vertrag
mangels wirksamer Abnahme des Gemeinschaftseigentums insoweit noch im Erfüllungsstadium
befinde (BGH v. 09.11.2023 – VII ZR 241/22 – juris Rn. 45).

(2)
Die gegenteilige Auffassung (OLG Stuttgart v. 02.04.2024 - 10 U 13/23) überzeugt nicht. Eine
Verjährung von Gewährleistungsansprüchen mit Ablauf der Verjährungshöchstfrist des
Erfüllungsanspruchs kann nicht mit der Begründung angenommen werden, dass es ansonsten
zu für den Bauträger untragbaren Ergebnissen kommen könnte.

(a)
Es kann schon nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Bauträger nach der
hier vertretenen Auffassung praktisch unbegrenzt einem Gewährleistungsanspruch ausgesetzt
ist. Vielmehr hat der BGH zum hier maßgeblichen alten Recht entschieden, dass die Verjährung
nicht nur mit der Abnahme beginnt, sondern auch mit der ernsthaften und endgültigen
Ablehnung der Abnahme durch den Besteller und zwar auch dann, wenn die Abnahme zu Recht
verweigert wird (BGH v. 08.07.2010 – VII ZR 171/08 – juris Rn. 23). Dies hat zur Folge, dass
der Bauträger grundsätzlich die Gewährleistung auf weitere fünf Jahre beschränken kann, wenn
er die Erwerber nach Bekanntwerden von Zweifeln an der Wirksamkeit der Abnahmeklausel zur
Abnahme auffordert. Zwar mag es Fälle geben, in denen die Erwerber Nachbesserung
verlangen, ohne zugleich eine ernsthafte und endgültige Abnahmeverweigerung zu erklären.
Gegebenenfalls kann der Bauträger die Abnahmewirkung dann aber dadurch herstellen, dass er
dem berechtigten Nachbesserungsverlangen nachkommt (BGH v. 08.07.2010 - VII ZR 171/08 -
juris Rn. 25). Zwar ist es ungeachtet der vorstehenden Ausführungen nicht auszuschließen, dass
es Fälle geben kann, in denen es dem Bauträger nicht gelingt, den Beginn der Verjährung
auszulösen. Solche Fälle können aber nicht zum Anlass genommen werden, von der
gesetzlichen Regelung, die bei der Verjährung zwischen Erfüllungs- und
Gewährleistungsansprüchen unterscheidet, abzuweichen. Für derartige Billigkeitserwägungen ist
nur im Rahmen von § 242 BGB Raum, sodass Anlass zur Prüfung bestehen kann, ob eine
Verwirkung in Betracht kommt (so auch BGH v. 08.07.2010 - VII ZR 171/08 - juris Rn. 27).

(b)
Auch der Umstand, dass es für die Beurteilung der Frage, ob ein Mangel vorliegt, auf den
Zeitpunkt der Abnahme ankommt, führt nicht zu untragbaren Ergebnissen. So ist bereits
höchstrichterlich geklärt, dass der Unternehmer in den Fällen, in denen die Vertragsparteien
neben dem Werkerfolg eine bestimmte Herstellungsart vereinbart haben, eine höhere Vergütung
fordern kann, wenn sich die Bauleistung durch eine zwischenzeitlich erfolgte Anpassung der
allgemein anerkannten Regeln der Technik verteuert (BGH v. 14.11.2017 – VII ZR 65/14 –
juris Rn. 38). Selbst wenn dies nicht der Fall ist, müssten die Erwerber aber in jedem Fall die
Vorteile ausgleichen, die durch eine längere Nutzungsmöglichkeit entstehen (vgl. BGH v.
27.09.2018 – VII ZR 45/17 – juris Rn. 86). Im Übrigen ist zu sehen, dass auch bei einer
Verjährungsfrist von 10 Jahren die Möglichkeit besteht, dass sich die technischen Standards
nicht nur unerheblich erhöhen.

e)
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Anspruch im vorliegenden Fall auch nicht
verwirkt.

aa)
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Recht verwirkt, wenn seit der
Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere
Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben
erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei
objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein
Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf
das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die
verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGH v. 23.01.2014 -
VII ZR 177/13 - juris Rn. 13 m.w.N.). Allein der Ablauf einer gewissen Zeit nach Entstehung
des Anspruchs vermag das notwendige Umstandsmoment nicht zu begründen. Daher kann der
Umstand, dass zwischen der Fertigstellung der Anlage und der gerichtlichen Geltendmachung
der Forderung mehr als 10 Jahre vergangen sind, nicht ausschlaggebend sein (so im Ergebnis
auch BGH v. 09.11.2023 - VII ZR 241/22).

bb)
Die Beklagte hatte kein schutzwürdiges Vertrauen, dass die Klägerin keine Gewährleistungsansprüche
mehr geltend machen wird. Ein solches Vertrauen lässt sich nicht damit begründen,
dass in der Zwischenzeit mehrfach Mängelansprüche geltend gemacht wurden, die teilweise von
der Beklagten reguliert wurden. Auch wenn in diesem Zusammenhang das Verjährungsthema
mit Blick auf die vom Sachverständigen E. im Jahr 2000 erklärte Abnahme eine Rolle gespielt
hat, konnte dadurch auf Seiten der Beklagten nicht das schutzwürdige Vertrauen entstehen, dass
sich die Klägerin bei etwaiger erneuter späterer Geltendmachung von Mängelrechten gegenüber
der von der Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung nicht auf das Fehlen einer wirksamen
Abnahme des Gemeinschaftseigentums berufen würde. Der Annahme eines schutzwürdigen
Vertrauens der Beklagten steht schon entgegen, dass sie als Verwenderin der unwirksamen
Abnahmeklausel für den Nichtbeginn der Verjährung verantwortlich ist (BGH v. 09.11.2023 –
VII ZR 241/22 – juris Rn. 42). Allein der Umstand, dass zum Zeitpunkt der Verwendung der
Klausel nicht ohne Weiteres damit gerechnet werden musste, dass ein Verstoß gegen § 9 AGBG
a.F. angenommen wird, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen (a.A. allerdings
OLG München v. 01.12.2023 - 28 U 3344/23). Die Beklagte hat durch die Verwendung der
Klausel bewusst die Rechte der Erwerber bei der Entscheidung über eine Abnahme verkürzt
und so die alleinige Ursache dafür gesetzt, dass die Verjährung nicht beginnen konnte.

cc)
Im Übrigen kann auch im vorliegenden Fall nicht angenommen werden, dass der Beklagten
durch die verspätete Geltendmachung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entsteht. Soweit
das Landgericht festgestellt hat, dass die Beklagte die maßgeblichen Unterlagen vernichtet hat,
vermag dies eine Verwirkung nicht zu begründen. Die Frage, ob der streitgegenständliche
Mangel vorliegt, konnte - wie dargelegt - durch entsprechende Bauteilöffnungen ohne Weiteres
geklärt werden. Daher führte die Vernichtung von Unterlagen hier nicht zu einem Nachteil bei
der Beweisführung. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte noch im Jahr 2008
Mängel beseitigen ließ und im Jahr 2012 ein Rechtsstreit zwischen den Parteien anhängig war, in
dem die Klägerin Gewährleistungsansprüche geltend gemacht hat, sodass von daher auch kein
Anlass bestand, die Akten noch vor der erstmaligen Geltendmachung der hier
streitgegenständlichen Mängel im Jahr 2014 zu vernichten.

2.
Die Klägerin kann nach § 635 BGB a.F. die Erstattung der Kosten der Privatsachverständigen
H. in Höhe von 1.871,08 € und Ho. in Höhe von 558,23 €, nicht aber die Kosten des
Sachverständigen S. in Höhe von 1.792,81 € ersetzt verlangen.

a)
Es entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass die Kosten eines Gutachtens über
Ursache und Ausmaß von eingetretenen und noch zu erwartenden Mängel nach § 635 BGB a.F.
erstattungsfähig sind (BGH v. 16.10.1984 - X ZR 86/83). Die Beauftragung eines
Sachverständigen zur Klärung der Ursache eines Mangelsymptoms ist grundsätzlich auch
erforderlich i.S.v. § 249 BGB. Im vorliegenden Fall gilt dies aber nur für die Kosten der
Sachverständigen H. und Ho., nicht aber für die Kosten des Sachverständigen S.. Nachdem
bereits ein Gutachten vorlag, ist die Einholung eines weiteren Gutachtens nur dann erforderlich,
wenn das Erstgutachten noch nicht zu einer ausreichenden Klärung des Sachverhalts geführt
hat. Diese Voraussetzung legt die Klägerin schon nicht dar. Vielmehr konnte sie auch auf
Nachfragen keinen ausreichenden Grund für die Beauftragung des Sachverständigen S. nennen.

b)
Die Rechnungen und deren Bezahlung sind unstreitig. Soweit die Beklagte erstinstanzlich die
Berechtigung der Höhe in Zweifel gezogen hat, ist dies nach den Grundsätzen des
„Werkstattrisikos“ unerheblich (aktuell zum Werkstattrisiko BGH v. 16.01.2024 – VI ZR 51/23;
vgl. auch zu den Kosten der Mangelbeseitigung BGH v. 25.06.2015 – VII ZR 220/14 – juris
Rn. 84).

3.
Soweit die Klägerin weitere 1.292,04 € als Mangelbeseitigungskostenvorschuss für die
Beseitigung von Wasserflecken in der Wohnung J. geltend gemacht hat, war die Klage
ursprünglich zulässig und begründet, sodass auf die einseitige Erledigungserklärung hin die
Feststellung der Erledigung auszusprechen war. Anders als die Beklagte meint, war die Klägerin
auch insoweit prozessführungsbefugt.

a)
Der Mangel selbst betrifft unstreitig das Gemeinschaftseigentum und hat sich nur auf das
Sondereigentum auswirkt. Ausgehend hiervon handelt es sich um einen sogenannten
Doppelmangel, sodass die Gemeinschaft berechtigt ist, die Mängelrechte gegenüber dem
Bauträger geltend zu machen (Koeble in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des
Baurechts, 5. Aufl., Teil 10 Rn. 473).

b)
Der Anspruch folgte aus § 633 BGB a.F. Es handelt sich auch insoweit um Kosten der
Mangelbeseitigung, da der Schaden nicht außerhalb des Werks der Beklagten eingetreten ist (zur
Abgrenzung BGH v. 07.11.1985 – VII ZR 270/83). Ein Zusammenhang mit dem
streitgegenständlichen Mangel kann nach den Ausführungen des Sachverständigen V. festgestellt
werden. Ebenfalls hat der Sachverständige die Höhe der geltend gemachten voraussichtlichen
Kosten bestätigt.

4.
Die Zinsen folgen aus §§ 288, 291 BGB. Die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten waren der
Klägerin als Schadensersatz zuzusprechen. Dabei macht die Klägerin zu Recht einen Anspruch
in Höhe einer 1,5 Gebühr geltend, nachdem die Angelegenheit mit Blick auf die streitigen
Fragen der Verwirkung und Verjährung schwierig ist. Unter Anwendung der zum Zeitpunkt der
außergerichtlichen Tätigkeit geltenden Tabelle folgt hieraus ein Betrag von 1.266,16 €. Da
allerdings nur 1.216,16 € beantragt sind, konnte mit Blick auf § 308 Abs. 1 ZPO auch nur dieser
Betrag zugesprochen werden.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Revision war
nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen. Der Senat weicht in seiner Entscheidung bzgl. der
Verjährung vom Urteil des OLG Stuttgart v. 02.04.2024 - 10 U 13/23 und bzgl. der Verwirkung
vom Urteil des OLG München v. 01.12.2023 - 28 U 3344/23 ab.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Stuttgart

Erscheinungsdatum:

06.06.2024

Aktenzeichen:

13 U 419/19

Rechtsgebiete:

Allgemeines Schuldrecht
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
WEG
Bauträgervertrag und Werkvertrag
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

BGB §§ 199 Abs. 4, 242, 634a, 638, 640 Abs. 1; AGBG a. F. § 9 Abs. 1