Rangvorbehalt von Finanzierungsvollmacht erfaßt
DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 898
letzte Aktualisierung: 13.Januar 2000
Grundstücks den Kaufgegenstand zur Finanzierung des Kaufpreises in
Vollmacht des Eigentümers mit Grundpfandrechten belasten darf, und ist der
Käufer weiter bevollmächtigt, "alle in diesem Zusammenhang erforderlichen
Erklärungen Gericht und Gläubiger gegenüber abzugeben so kann, auch wenn
sich der Verkäufer das Recht vorbehalten hat, vor einer dem Käufer
bewilligten Vormerkung Grundpfandrechte eintragen zu lassen, die der Käufer
zur Kaufpreisfinanzierung benötigte, die Auslegung der Vollmacht ergeben,
daß der Käufer berechtigt sein sollte, auch den Rangvorbehalt "auszuüben"
und die Eintragung der zur Fremdfinanzierung benötigten Grundschuld
herbeizuführen.
Gründe:
Die Beteiligte zu 1) ist als Eigentümerin zweier Wohnungen in
Düsseldorf im Grundbuch eingetragen. Mit notariellem Vertrag
vom 20.04.1999 vor dem Notar veräußerte sie die
Wohnungen an die Beteiligten zu 2).-Der Kaufpreis betrug 850.~000 DM.
In § 8 des Kaufvertrages heißt es unter der Überschrift Vollmachten:
Der Käufer finanziert den Kaufpreis - jedenfalls teilweise - durch Fremdmittel, zu deren
Absicherung auf dem Kaufobjekt Grundpfandrechte eingetragen werden müssen. Der Verkäufer
verpflichtet sich, an dieser Finanzierung durch die nachstehend erteilte Vollmacht mitzuwirken.
Der Verkäufer bevollmächtigt hiermit den Käufer - bei mehreren jeden allein - unter Befreiung von
den Beschränkungen des
und Nebenleistungen) in beliebiger Höhe zu belasten, alle in diesem Zusammenhang
erforderlichen Erklärungen Gericht und Gläubiger gegenüber abzugeben und insbesondere den
jeweiligen Eigentümer der dinglichen Zwangsvollstreckung nach dem Inhalt der Schuldurkunden
zu unterwerfen.
In Abschnitt III der Urkunde haben die Beteiligten unter "Erklärungen gegenüber dem
Grundbuchamt" die Auflassung erklärt und die Eintragung einer Vormerkung bewilligt. Ferner ist
unter der Überschrift "Rangvorbehalt" folgendes bestimmt:
Der Verkäufer - als derzeitiger Eigentümer des vorgenannten Grundbesitzes - behält sich das
Recht vor, mit Rang vor der vorstehend für den Käufer zur Eintragung bewilligten
Eigentumsübertragungsvormerkung, Grundpfandrechte bis zum Gesamtbetrag von DM 890.000,-nebst bis zu 20 v. H. Jahreszinsen vom Tage der Bewilligung des jeweiligen Grundpfandrechts an
und einer einmaligen Nebenleistung bis zu 10 % zur Eintragung zu bewilligen und zu beantragen.
Der Rangvorbehalt darf nur einmal ausgenutzt werden. Die Eintragung eines dementsprechenden
Rangvorbehalts wird hiermit bewilligt und beantragt. Mit schuldrechtlicher Wirkung, wird
vereinbart, dass der bewilligte Rangvorbehalt nur durch solche Grundpfandrechte samt bankseitig
geforderter Zinsen und Nebenleistungen ausgenutzt werden darf, welche der Käufer zur
Kaufpreisfinanzierung benötigt.
Am 28.04.1999 ist in den beiden o.a. Grundbüchern jeweils eine Auflassungsvormerkung für die
Beteiligten ZU 2) und der Vorrangvorbehalt für Grundpfandrechte bis zu 890.000 DM (unter
Bezugnahme auf die Bewilligung vom 20.04.1999) eingetragen.
Am 18.06.1999 bestellten die Beteiligten zu 2) - in Vollmacht der Beteiligten zu 1) - eine
Grundschuld über 890.000 DM zugunsten der Beteiligten zu 3). Ferner bewilligten und beantragten sie die Eintragung der Grundschuld unter Ausnutzung des Rangvorbehaltes bei den
eingetragenen Auflassungsvormerkungen mit Rang vor diesem Recht.
Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 21.06.1999 haben die Beteiligten zu 1) - 3)
die Eintragung der Grundschuld mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung unter Ausnutzung des
Rangvorbehalts beantragt.
Das Amtsgericht - Rechtspflegerin.- hat mit Zwischenverfügung vom 23.06.1999 beanstandet, die
Belastungsvollmacht umfasse nicht die durch die Eigentümerin zu erklärende Ausnutzung des
Rangvorbehaltes, es sei daher die Vorlage einer entsprechenden Erklärung in der Form des § 29
GBO erforderlich.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat - nachdem das Amtsgericht der Erinnerung nicht
abgeholfen hat - beim Landgericht, das sich der Auffassung des Amtsgerichts angeschlossen hat,
keinen Erfolg gehabt.
Gegen die Entscheidung des Landgerichts wenden sich die Beteiligten zu 1) - 3) mit der weiteren
Beschwerde.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Die weitere Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Grundbuchamt ist anzuweisen, unter
Abstandnahme von seinen in der Zwischenverfügung vom 23.06.1999 geäußerten Bedenken über
den Eintragungsantrag vom 21.06.1999 zu entscheiden.
Die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde ergibt sich aus
angegeben hat, für wen die weitere Beschwerde eingelegt ist, ist im Zweifel davon auszugehen,
daß das Rechtsmittel für alle Antragsberechtigten (die Beteiligten zu 1) - 3) ) erhoben werden soll.
Hiervon ist auch das Landgericht bezüglich der Beschwerde ausgegangen.
2.
nie weitere Beschwerde ist begründet, weil das Landgericht zu Unrecht die Erklärung der
Beteiligten zu 2) über die Eintragsbewilligung und den Eintragsantrag bezüglich der Grundschuld
"unter Ausnutzung des Rangvorbehalts" als von der den Beteiligten zu 2) erteilten Vollmacht als
nicht gedeckt angesehen hat.
Das Landgericht hat insoweit ausgeführt, die Auslegung der Vollmacht ergebe, daß die
Belastungsvollmacht für die Beteiligten zu 2) sich nur auf die Bestellung der Grundschuld einschließlich der Unterwerfung des jeweiligen Eigentümers nach
Ausnutzung des Rangvorbehalts erstrecke. Die Vereinbarung über den Rangvorbehalt sei erst
nach der unter II. im Kaufvertrag der notariellen Urkunde erteilten Belastungsvollmacht getroffen
worden, was dafür spreche, daß die Vollmacht die Ausnutzung des Rangvorbehalts gerade nicht
zudem nicht zum Inhalt des Grundpfandrechts, sie sei deshalb nicht notwendigerweise mit der
Beleihung und Belastung von Grundstücken verbunden.
Auch die Formulierung, "alle in diesem Zusammenhang erforderlichen Erklärungen ... abzugeben",
berechtige die Beteiligten zu 2) nicht zur Ausnutzung des Rangvorbehaltes.
Diese Erwägungen begegnen rechtlichen Bedenken.
Bei der Auslegung einer notariellen Urkunde ist auf Wortlaut und Sinn der Erklärung abzustellen,
wie er sich für einen unbefangenen Leser als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt. Es
darf demnach bei der Auslegung nicht nur auf den -Wortlaut abgestellt werden. Vielmehr ist zu
prüfen, welches Ziel mit der Erklärung verfolgt wurde, wobei sich der Sinngehalt einer
beurkundeten Erklärung unter Umständen erst erschließt, wenn man den übrigen Inhalt der
Urkunde in die Beurteilung mit einbezieht.
Bei Berücksichtigung dieser Auslegungsgrundsätze kann für den unbefangenen Leser -kein
Zweifel bestehen, daß die Beteiligten zu 1) und 2) auch hinsichtlich der Ausnutzung des
Rangvorbehaltes eine Regelung treffen wollten, die geeignet war, im Rahmen der den Beteiligten
zu 2) als Erwerbern eingeräumten Nutzung des Grundbesitzes zur Fremdfinanzierung die Eintragung der Grundschuld mit Rang vor der bereits eingetragenen Auflassungsvormerkung
herbeizuführen.
Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Dem Gesamtinhalt der notariellen Urkunde vom 20.04.1999 ist zu entnehmen, daß die
Erklärungen der Beteiligten so gefaßt und darauf gerichtet sind, daß - ohne weitere Mitwirkung der
Beteiligten zu 1) - alle mit der Belastung des Grundeigentum und der Eigentumsübertragung im
Zusammenhang stehenden Eintragungen im Grundbuch sollten vollzogen werden können.
Die Vollmachtserteilung für die Beteiligten zu 2)- in § 8 des notariellen Kaufvertrages hat
ausdrücklich die Verpflichtung der Beteiligten zu 1) zur Grundlage, an der beabsichtigten, durch
Eintragung von Grundpfandrechten gesicherten Finanzierung durch Fremdmittel mitzuwirken.
Bevollmächtigt der Eigentümer des Grundbesitzes den Erwerber aber, den Kaufgrundbesitz mit
Grundpfandrechten zu belasten und "alle in diesem Zusammenhang erforderlichen Erklärungen
gegenüber Gericht und Gläubiger abzugeben", so bezieht sich die Vollmacht nicht allein auf den
eigentlichen Beleihungsvorgang, d.h. die Bestellung des Grundpfandrechtes, sondern bestimmt
darüber hinaus, welche Erklärungen - nämlich die erforderlichen - der Käufer im Namen des
Verkäufers berechtigt abgeben darf, wenn er den Grundbesitz zur Absicherung der Finanzierung
nutzt. Daß hier die "Ausnutzung" des Rangvorbehaltes im Rahmen der Fremdfinanzierung des
Kaufpreises erforderlich war, kann nicht bezweifelt werden, es entspricht allgemeiner Praxis der
Gläubigerbanken, bei einer Immobilienfinanzierung Darlehen von einer Sicherung durch
Grundpfandrechte - in der Regel an erster Stelle - abhängig zu machen. Dies setzt voraus, daß
die erste Rangstelle entweder "freigemacht" oder aber "freigehalten" wird. Wollte man die
Ausnutzung des Rangvorbehaltes ungeachtet der erteilten Belastungsvollmacht allein der
Beteiligten zu 1) zugestehen, so wäre die erteilte Vollmacht, die ja gerade die Fremdfinanzierung
erst ermöglichen sollte, bezüglich der Belastung mit Grundpfandrechten weitgehend wertlos (vgl.
OLG Düsseldorf OLG Report 1998, 398, 399).
Im Interesse der Eigentümerin lag auch in erster Linie der Rangvorbehalt selbst, nicht dagegen die
Ausnutzung des Rang-Vorbehaltes durch eine von ihr persönlich abzugebende Erklärung Nach
dem gesamten Inhalt des Vertrages war die erste Rangstelle für die vom Käufer zur
Kaufpreisfinanzierung benötigten Grundpfandrechte "reserviert". Die Beteiligte zu 1) war daher,
wie sich -aus der schuldrechtlichen Vereinbarung zum Rangvorbehalt (S. 14 oben des
Kaufvertrages) ergibt, - jedenfalls im Verhältnis zu den Beteiligten zu 2) - rechtlich gehindert,
Grundpfandrechte nach ihren eigenen Vorstellungen, die nicht der Kaufpreisfinanzierung dienten,
eintragen zu lassen. Die Bestellung der Grundschuld zugunsten der Beteiligten zu 3) in
Verbindung mit der Ausnutzung des Rangvorbehaltes liegt zudem nicht nur im Interesse der
daran interessiert, den vereinbarten Kaufpreis möglichst rasch zu erhalten und den notariellen
Kaufvertrag weiter grundbuchlich vollziehen zu lassen. Mit einer Auszahlung des ihr abgetretenen
Darlehensanspruchs der Beteiligten zu 2) durch die Beteiligte zu 3) konnte die Beteiligte zu 1)
aber erst dann rechnen, wenn deren Rückzahlungsanspruch dinglich gesichert war.
Angesichts der weiter in dem notariellen Kaufvertrag enthaltenen Bestimmungen, die der
Absicherung der Beteiligten zu 1) dienen, ergibt die Auslegung der den Beteiligten zu 2) erteilten
Vollmacht unter Berücksichtigung des Gesamtinhaltes des Vertrages, daß es entgegen der
Auffassung der Vorinstanzen - einer besonderen Erklärung der Beteiligten zu 1) hinsichtlich der
Ausnutzung des Rangvorbehaltes nicht bedarf.
Eine Kostenentscheidung war nicht veranlaßt.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Düsseldorf
Erscheinungsdatum:02.12.1999
Aktenzeichen:3 Wx 305/99
Erschienen in:
DNotI-Report 2000, 53-54
MittBayNot 2000, 115-116
FGPrax 2000, 55-56
Rpfleger 2000, 156
ZNotP 2000, 167
BGB §§ 133, 164, 881