Vollzug eines nichtigen Rechtsgeschäfts bei Schwarzgeldabrede; Begriff der unrichtigen Sachbehandlung
DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 31.7.2017
OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.2.2017 – 20 W 327/15
Vollzug eines nichtigen Rechtsgeschäfts bei Schwarzgeldabrede; Begriff der unrichtigen
Sachbehandlung
1. Maßstab für die Anwendung des
vielmehr liegt eine unrichtige Sachbehandlung durch den Notar nur bei einem offen zu Tage
tretenden Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen oder dann vor, wenn ein offensichtliches
Versehen unterlaufen ist.
2. Objektiv überflüssige Kosten sind selbst durch einen ausdrücklichen Auftrag der Beteiligten
nicht gerechtfertigt und ggf. als unrichtige Sachbehandlung anzusehen.
3. Zur Frage des Vorliegens einer unrichtigen Sachbehandlung bei nochmaliger Beurkundung
eines Grundstückskaufvertrags durch den Notar bei behaupteter „Schwarzgeldabrede“. (amtiliche Leitsätze)
4. Grundsätzlich darf ein Notar die Einreichung einer von ihm beurkundeten Auflassung eines
Grundstücks beim Grundbuchamt verweigern, wenn es für ihn in hohem Maße wahrscheinlich
ist, dass der beurkundete Kaufvertrag wegen einer vereinbarten Schwarzgeldabrede als
Scheingeschäft nichtig ist und der gewollte Vertrag nur durch die Eintragung ins Grundbuch
gültig würde. (Leitsatz der DNotI-Redaktion)
Gründe
I.
Unter seiner UR-Nr. …/2014 beurkundete der Antragsgegner am 09.05.2014 einen Kaufvertrag
über ein Grundstück in Stadt1; gleichzeitig wurde die Auflassung erklärt. Als Kaufpreis wurde in
der notariellen Urkunde ein Betrag von 280.000,-- EUR vereinbart.
In der Folge kam es wegen angeblicher Mängel der Kaufsache zu Streitigkeiten zwischen den
Antragstellern und den Verkäufern. Die Antragsteller hielten deshalb zunächst den Kaufpreis in
Höhe von 70.000,-- EUR zurück, was der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller dem
Antragsgegner mit Schreiben vom 27.06.2014 der Sache nach mitteilte. Bei einem Ortstermin
wegen der von den Antragstellern behaupteten Mängel stritten die Parteien des Kaufvertrages über
dessen Nichtigkeit, wobei die Verkäufer die Räumung und Herausgabe des Grundstücks von den
Antragstellern forderten. Die anwaltliche Bevollmächtigte der Verkäufer unterrichtete den
Antragsgegner jedenfalls mit Telefax vom 01.10.2014 von einer getroffenen Schwarzgeldabrede
dahingehend, dass tatsächlich ein Kaufpreis von 290.000,-- EUR vereinbart worden sei und die
Verkäufer noch am 09.05.2014 in den Räumlichkeiten des Antragsgegners - in dessen
Abwesenheit - von den Antragstellern einen Barbetrag von 10.000,-- EUR erhalten hätten. Sie
berief sich deshalb auf eine Nichtigkeit des Kaufvertrags. Der Verfahrensbevollmächtigte der
Antragsteller teilte mit Schreiben vom 02.10.2014 (Bl. 12 d. A.) dem Antragsgegner mit, dass die
Mitteilung der anwaltlichen Bevollmächtigten der Käufer unrichtig und nicht zu beachten sei. Es
habe vielmehr Unstimmigkeiten wegen erheblicher Mängel der Kaufsache gegeben, die aber
ausgeräumt seien. Die Parteien hätten eine Reduzierung des Kaufpreises vereinbart und seien sich
hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten des Vollzugs der Urkunde einig geworden. Er habe die
Antragsteller gebeten, die Restkaufpreissumme in Höhe von 60.000,-- EUR anzuweisen und die
Käufer würden sodann den Eingang des Kaufpreises zwecks Umschreibung des Eigentums im
Grundbuch demnächst mitteilen.
Daraufhin setzte der Antragsgegner ausweislich seines Schreibens vom 06.10.2014 (Bl. 13 ff. d.
A.) den Vollzug der notariellen Urkunde wegen widersprüchlicher Stellungnahmen aus. Der
Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller teilte dem Antragsgegner mit Schreiben vom
06.10.2014 (Bl. 15 ff. d. A.) mit, dass die Verkäufer nach Beurkundung mit den Käufern - den
Antragstellern - eine Zahlung von 10.000,-- EUR und auch eine Übergabe Zug-um-Zug gegen
Überlassung der Schlüssel zum Anwesen vereinbart hätten. Die Zahlung hätte unter Anrechnung
auf den Kaufpreis erfolgen sollen und könne nicht zur Unwirksamkeit des beurkundeten
Kaufvertrages führen. Nachdem die Vertragsbeteiligten dem Antragsgegner eine von ihren
anwaltlichen Bevollmächtigten unterzeichnete Erklärung vom 08./09.10.2014 vorgelegt hatten,
deren Inhalt sich aus der Handakte des Antragsgegners ergibt, holte dieser eine Stellungnahme
des A des Landgerichts Wiesbaden als seiner vorgesetzten Dienstbehörde ein. Dieser teilte dem
Antragsgegner mit Schreiben vom 10.11.2014 (Bl. 17 d. A.), auf dessen Einzelheiten verwiesen
wird, mit, dass es sich nach eigener Mitteilung der Bevollmächtigten der Verkäufer, die vom
Bevollmächtigten der Käufer offensichtlich bestätigt worden sei, um eine Schwarzgeldabrede
gehandelt habe, woran sich die Parteien auch festhalten lassen müssten. Bei einer
Schwarzgeldabrede sei zwingende Folge die Nichtigkeit des Kaufvertrages, sofern dieser noch nicht
vollzogen sei. Damit entziehe sich ein solcher Sachverhalt der nachträglichen Einigung der
Parteien. Es könne auch nicht nachträglich ein anderer Sachverhalt präsentiert werden.
Der Antragsgegner richtete sodann am 25.11.2014 ein Schreiben an die anwaltlichen
Bevollmächtigten der Kaufvertragsparteien (Bl. 78 ff. d. A.), mit dem er das genannte Schreiben
des Präsidenten des Landgerichts Wiesbaden vom 10.11.2014 überreichte. Er teilte mit, dass er
sich dieser Auffassung anschließe und im Übrigen auch verpflichtet sei, der Weisung
nachzukommen. Er bitte um Besprechung mit den Parteien und um Mitteilung, ob von ihm etwas
vorbereitet werden solle.
In der Folge beurkundete der Antragsgegner am 11.12.2014 dann zu seiner UR-Nr. …/2014 eine
"Bestätigung des Kaufvertrages vom 09.05.2014 und Auflassung". Für diese Neubeurkundung
sowie Nebentätigkeiten erstellte der Antragsgegner den Antragstellern die sich aus dem Rubrum
ergebende Kostenberechnung (Bl. 4 ff. d. A.), auf deren Einzelheiten verwiesen wird und die mit
einem Gesamtbetrag von 1.887,82 EUR endet.
Die Antragsteller haben insoweit beim Landgericht mit Schriftsatz vom 18.03.2015 Antrag auf
gerichtliche Entscheidung gestellt. Sie haben die Auffassung vertreten, dass die zweite
Beurkundung unnötig gewesen sei. Der Antragsgegner habe gegen das Gebot des günstigsten und
sichersten Weges verstoßen. Sie haben gemeint, dass der am 09.05.2014 beurkundete
Kaufvertrag nicht nichtig sei. Entsprechende übereinstimmende Erklärungen der
Vertragsbeteiligten seien beim Antragsgegner auch nicht eingegangen. Die Zahlung von 10.000,--
EUR sei für die vorzeitige Übergabe des Schlüssels und der Einräumung des Besitzes zwecks
Aufnahme von Umbauarbeiten erfolgt. Dabei handele es sich um eine Nebenabrede, die nicht zur
Nichtigkeit des Kaufvertrages führe, insbesondere nicht um eine Schwarzgeldabrede. Die
Vereinbarung sei auch im Nachhinein wieder rückgängig gemacht worden. Durch die Abrede sei
allerdings eine unübersichtliche Lage geschaffen worden. Demgemäß sei auch die Anweisung des
Präsidenten des Landgerichts vom 10.11.2014 unrichtig. Zumindest aber dürfe der Antragsgegner
keine 0,5-Gebühr für die Neubeurkundung einer Auflassungserklärung verlangen, da diese in dem
ursprünglich beurkundeten Kaufvertrag enthalten und wirksam geblieben sei. Im Übrigen sei die
Auflassungserklärung formfrei möglich.
Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten und hat seine Zurückweisung beantragt. Er
hat vorgetragen, dass er keinen Grund gehabt habe, an der detaillierten Darstellung in der
Mitteilung der anwaltlichen Bevollmächtigten der Verkäufer vom 01.10.2014 zu zweifeln. Hinzu
komme, dass eine Reduzierung des Kaufpreises dargelegt worden und in der Folge mitgeteilt
worden sei, der Betrag von 280.000,-- EUR sei gezahlt worden; der vereinbarte - aber nicht
beurkundete - Kaufpreis hätte also höher sein müssen. Auch der Präsident des Landgerichts habe
in seinem Schreiben vom 10.11.2014 die Auffassung vertreten, dass der Kaufvertrag vom
09.05.2014 unheilbar nichtig sei. Er - der Antragsgegner - habe deshalb eine vollständige
Neuprotokollierung und Invollzugsetzung vornehmen müssen.
Wegen des Beteiligtenvorbringens in erster Instanz im Übrigen und dessen Einzelheiten wird auf
den Akteninhalt verwiesen.
Das Landgericht hat die Handakte des Antragsgegners angefordert und den Präsidenten des
Landgerichts als vorgesetzte Dienstbehörde angehört. Auf dessen Stellungnahme vom 16.06.2015
(Bl. 31 ff. d. A.) wird Bezug genommen. Darin hat die vorgesetzte Dienstbehörde unter anderem
ausgeführt, dass von ihr zwar keine Anweisung erteilt worden sei, aber dem Antragsgegner mit
Schreiben vom 10.11.2014 unmissverständlich dargelegt worden sei, dass von dort aus von einer
Nichtigkeit ausgegangen werde. Demzufolge habe der Antragsgegner korrekt gehandelt, wenn er
eine komplette Neubeurkundung für notwendig erachtet habe. Hätte er entgegen der dortigen
Empfehlung gehandelt, hätte er disziplinarische Maßnahmen zu fürchten gehabt.
Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 39 ff. d. A.), auf dessen Einzelheiten ebenfalls verwiesen
wird, hat das Landgericht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Zur
Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der ursprünglich beurkundete Kaufvertrag
wegen einer nicht beurkundeten Nebenabrede nichtig gewesen sei. Selbst die Antragsteller hätten
ausgeführt, dass die zwischen den Kaufvertragsparteien vereinbarte Zahlung weiterer 10.000,--
EUR nicht beurkundet worden sei. Es könne dahinstehen, ob es sich insoweit um eine
Schwarzgeldabrede gehandelt habe. Das Beurkundungserfordernis erstrecke sich nämlich nach §
125 BGB auf das Rechtsgeschäft im Ganzen, so dass bei einem Vertrag alle Abreden formbedürftig
seien, aus denen sich nach dem Willen der Parteien der Vertragsinhalt zusammensetzen solle. Es
handelt sich bei dieser vereinbarten Zahlung von 10.000,-- EUR auch nicht um einen
unwesentlichen Nebenpunkt. Die Nichtigkeit erstrecke sich nach
Auflassungserklärung. Darauf komme es aber auch nicht maßgeblich an, da sich die Antragsteller
aus freiem Entschluss, sei dieser auch im Hinblick auf die von ihnen vorgetragenen
Investitionskosten und der familiären Situation auf einen wirtschaftlichen Druck hin erfolgt, zu
einer Beurkundung entschlossen hätten, um sich die Zeit eines Zivilprozesses zwischen den
Kaufvertragsparteien betreffend die Feststellung der Wirksamkeit des Kaufvertrages zu ersparen.
Gegen diesen am 09.09.2015 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller mit am 08.10.2015
eingegangenem Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom gleichen Tag (Bl. 52 ff. d. A.)
Beschwerde eingelegt, mit der sie weiter die Aufhebung der Kostenberechnung verfolgen. Sie
vertreten nach wie vor die Auffassung, einer Neubeurkundung bzw. Bestätigung des Kaufvertrages
mit Auflassung hätte es nicht bedurft. Sie verweisen nochmals darauf, dass die
Kaufvertragsparteien erst nach der Beurkundung die Möglichkeit der vorherigen Besitzübergabe
gegen Zahlung eines entsprechenden Betrages vereinbart hätten. Die insoweit ohnehin nicht
erhebliche Abrede der Vertragsparteien hätte daher auch keinen Einfluss auf den Inhalt des
beurkundeten Kaufvertrages und auch nicht auf den Kaufpreis gehabt. Die ursprüngliche Urkunde
des Antragsgegners vom 09.05.2014 sei in allen Bestandteilen bis zum heutigen Tage wirksam.
Nachfolgende Umstände würden daran nichts ändern. Allenfalls könne man davon ausgehen, dass
die nachträgliche Abrede ebenfalls formbedürftig und alleine diese unwirksam sei. Soweit das
Landgericht darauf abgestellt habe, die Antragsteller hätten einen freien Entschluss zu einer
Neubeurkundung gefasst, sei darauf hinzuweisen, dass im Zeitpunkt der Neubeurkundung von
einem Zivilprozess oder einem Bedürfnis zur Führung eines solchen nicht mehr die Rede gewesen
sei. Es sei die Amtspflicht des Antragsgegners gewesen, die Beteiligten darauf hinzuweisen, dass
es zunächst auch die Möglichkeit gebe, etwaige Rechtsmittel oder Klarstellungen über die
Anweisung durch die Dienstaufsicht herbeizuführen. Auch über die Tatsache, dass nochmals die
vollständigen Gebühren erhoben würden, habe der Antragsgegner die Beteiligten nicht belehrt. Die
Kosten seien mithin gemäß
Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen und beantragt sie zurückzuweisen. Er verteidigt
den angefochtenen Beschluss wiederholt, vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und weist auf
das Beschwerdevorbringen darauf hin, dass er die Dienstaufsicht eingeschaltet habe. Auch wegen
des Beteiligtenvorbringens in der Beschwerdeinstanz im Übrigen und dessen Einzelheiten wird auf
den Akteninhalt Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Beschwerde ausweislich seines Beschlusses vom 12.10.2015 (Bl. 58 ff. d.
A.) nicht abgeholfen und hat sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde der Antragsteller ist gemäß
so insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.
Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Entgegen der mit der Beschwerde weiter verfolgten Rechtsauffassung der Antragsteller ist eine
Aufhebung der angefochtenen Kostenberechnung des Antragsgegners nicht aus dem Gesichtspunkt
der unrichtigen Sachbehandlung durch den Antragsgegner im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1
GNotKG gerechtfertigt. Nach dieser Vorschrift werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der
Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Maßstab für die Anwendung des
insoweit nicht eine objektiv richtige Behandlung; vielmehr liegt eine unrichtige Sachbehandlung
durch den Notar nur dann vor, wenn ein offen zu Tage tretender Verstoß gegen eindeutige
gesetzliche Normen oder ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist (vgl. dazu die Nachweise bei
Korintenberg/Tiedtke, GNotKG, 19. Aufl., § 21 Rz. 39; Wudy in Leipziger Gerichts- &
Notarkostenkommentar (GNotKG), 2. Aufl., § 21 Rz. 10; Rohs/Wedewer/Waldner, GNotKG, Stand
Dezember 2016, § 21 Rz. 24). Der Senat hat sich dem bereits zur Vorgängernorm des
in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (vgl. etwa die Beschlüsse vom 13.06.2013, 20 W
369/10, vom 12.01.2015, 20 W 109/13, und vom 09.08.2016, 20 W 113/15, je n. v.); die
Einführung des
zitiert nach juris).
Dass die in der angefochtenen Kostenberechnung abgerechneten Kosten der zweiten Beurkundung
einschließlich Nebenkosten hier aufgrund eines offen zu Tage tretenden Verstoßes gegen
eindeutige gesetzliche Normen oder eines offensichtlichen Versehens des Antragsgegners
entstanden wären, kann nicht angenommen werden. Der Senat schließt sich der insoweit im
Ergebnis übereinstimmenden Rechtsauffassung von vorgesetzter Dienstbehörde und Landgericht
an, dass für die vorliegende Sachverhaltskonstellation die oben beschriebenen Voraussetzungen
für die Annahme einer diesbezüglichen unrichtigen Sachbehandlung des Antragsgegners nicht
vorliegen.
Allerdings sind objektiv überflüssige Kosten selbst durch einen ausdrücklichen Auftrag der
Beteiligten nicht gerechtfertigt und ggf. als unrichtige Sachbehandlung anzusehen
(Korintenberg/Tiedtke, a.a.O., § 21 Rz. 29 m. w. N.; Rohs/Wedewer/Waldner, a.a.O., § 21 Rz. 29;
Wudy, a.a.O., § 21 Rz. 45). Davon geht die Beschwerde offensichtlich aus, soweit sie die
Auffassung vertritt, die ursprüngliche Urkunde des Antragsgegners vom 09.05.2014 sei in allen
Bestandteilen bis zum heutigen Tage wirksam. Dass der Antragsgegner dies hier nicht
angenommen und die vertraglichen Vereinbarungen nochmals beurkundet hat, stellt vorliegend
jedenfalls keinen offen zu Tage tretenden Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen oder ein
offensichtliches Versehen des Antragsgegners im obigen Sinne dar, die die Niederschlagung der
Kosten für die hier maßgebliche zweite Beurkundung rechtfertigen könnte.
In diesem Zusammenhang kann allerdings offen bleiben, ob tatsächlich eine anfängliche
Schwarzgeldabrede der Vertragsbeteiligten vorlag oder ob und ggf. welche nachträgliche
Vereinbarung diese getroffen haben und welche Auswirkungen eine solche dann - je nach Inhalt -
auf die Wirksamkeit des zuvor beurkundeten Kaufvertrags gehabt hätte.
Zu der nochmaligen Beurkundung kam es nämlich, nachdem der Antragsgegner den anwaltlichen
Bevollmächtigten der Vertragsparteien - darunter auch dem Verfahrensbevollmächtigten der
Antragsteller - mit seinem Schreiben vom 25.11.2014 mitgeteilt hatte, dass er in
Übereinstimmung mit seiner vorgesetzten Dienstbehörde in deren Stellungnahme vom 10.11.2014
von einer Nichtigkeit des ursprünglichen Kaufvertrages ausgehe, den Vollzug der notariellen
Urkunde ablehnte und um Besprechung mit den Vertragsparteien und Mitteilung bat, ob im
Hinblick auf die von ihm für erforderlich erachtete neue Beurkundung etwas durch ihn veranlasst
werden solle. Es ist nicht vorgetragen und auch ansonsten nicht ersichtlich, dass die anwaltlich
beratenen Vertragsparteien, insbesondere die Antragsteller, dieser Vollzugsablehnung daraufhin
konkret entgegen getreten wären. Grundsätzlich darf aber ein Notar die Einreichung einer von ihm
beurkundeten Auflassung eines Grundstücks beim Grundbuchamt verweigern, wenn es für ihn in
hohem Maße wahrscheinlich ist, dass der beurkundete Kaufvertrag wegen einer vereinbarten
Schwarzgeldabrede als Scheingeschäft nichtig ist und der gewollte Vertrag nur durch die
Eintragung ins Grundbuch gültig würde (vgl. BayObLG
im notariellen Vertrag sind Willenserklärungen im Sinn des
Grundbuchamt nach Eintritt der Vollzugsreife alsbald einzureichen hat. Der Notar darf hiervon nur
absehen, wenn die Vertragsparteien dies übereinstimmend verlangen; er darf von der Einreichung
der Urkunde nicht schon dann Abstand nehmen, wenn nur eine Vertragspartei dies verlangt. Nur
unter besonderen Umständen ist der Notar berechtigt, auf den einseitigen Widerspruch eines von
mehreren Beteiligten seine Vollzugstätigkeit aufzuschieben, etwa wenn ihm ein Beteiligter einen
ausreichend substantiierten und glaubhaft erscheinenden Anfechtungs- oder Unwirksamkeitsgrund
vorträgt, dem der andere Beteiligte nicht oder nur mit fadenscheinigen Behauptungen zu
begegnen versucht. Er muss von dem Vollzug eines Vertrags auch absehen, wenn er nach der
Beurkundung erfährt, dass das beurkundete Rechtsgeschäft als Scheingeschäft nichtig ist, aber
das gewollte Geschäft durch Auflassung und Eintragung in das Grundbuch gültig würde. Auf eine
Heilung des unwirksamen Rechtsgeschäfts hinzuwirken, ist nicht Aufgabe des Notars (vgl. dazu im
Einzelnen: BayObLG
BNotO, 8. Aufl., § 15 Rz. 34 m. w. N.). Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen sprach hier das
anwaltliche Schreiben der Verkäufer vom 01.10.2014, das in sehr detaillierter und substantiierter
Weise das Vorliegen einer Schwarzgeldabrede, die eine Nichtigkeit des Kaufvertrags begründet
hätte, darlegte. Richtig ist zwar, dass dieser Sachverhalt von den Antragstellern unmittelbar und in
der Folge auch von den anwaltlichen Bevollmächtigten der Verkäufer in anderer Weise dargestellt
wurde. Es lag in dieser Situation aber jedenfalls nicht fern, dass der Antragsgegner es angesichts
der sich ursprünglich gänzlich widersprechenden und in der Folge wechselnden bzw. sich
entwickelnden Sachverhaltsdarstellungen, die auch - zumindest anfänglich - nicht durchgehend
schlüssig erklärt wurden, für in hohem Maße wahrscheinlich hielt, dass gerade die erste detaillierte
Sachverhaltsdarstellung die zutreffende war und die Vertragsbeteiligten hiervon nachträglich nur
wegen der damit verbundenen Rechtsfolgen wieder abzurücken versuchten. Diese Vermutung
entsprach auch der Einschätzung der vorgesetzten Dienstbehörde des Antragsgegners, wobei
unerheblich ist, dass es sich hierbei - entgegen der Einschätzung des Antragsgegners - ersichtlich
nicht um eine Weisung handelte. Die vorgesetzte Dienstbehörde des Antragsgegners hat diese
Stellungnahme im vorliegenden gerichtlichen Verfahren als "Empfehlung" bezeichnet und bei
Nichteinhaltung disziplinarische Maßnahmen gegenüber dem Antragsgegner nicht für
ausgeschlossen erachtet. Ungeachtet der Frage, ob der Antragsgegner an eine derartige
"Empfehlung" gebunden gewesen wäre und ob bei Nichteinhaltung dieses Hinweises zu einer
Rechtsanwendung im Einzelfall trotz bestehender gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten
disziplinarische Maßnahmen gegen den Antragsgegner möglich gewesen wären, war seine daran
anknüpfende Einschätzung des Sachverhalts zumindest vertretbar. Den Antragstellern wäre es
möglich gewesen, die Weigerung des Antragsgegners in einem Verfahren nach
gerichtlich überprüfen zulassen (vgl. dazu Arndt/Lerch/Sandkühler, a.a.O, § 15 Rz. 32 m. w. N.;
Diehn/Seger, BNotO, § 15 Rz. 15; Senat
Rechtsmittels auch nicht im hiesigen Verfahren zu überprüfen sind.
War in dieser Situation - die Antragsteller sprechen selbst von einer "unübersichtlichen Lage" -
also vertretbar, dass der Antragsgegner den weiteren Vollzug der ursprünglichen notariellen
Urkunde verweigerte, ist insoweit von den über ihre jeweiligen anwaltlichen Vertreter in Kenntnis
gesetzten Vertragsparteien eine gerichtliche Entscheidung nicht herbeigeführt worden, sondern
stattdessen der Antragsgegner zu einer wiederholten Beurkundung beauftragt worden, kann deren
Vornahme nicht als "überflüssig" bzw. entbehrlich und damit als unrichtige Sachbehandlung im
obigen Sinne angesehen werden, die dazu führen würde, dass diese nunmehr für die Antragsteller
kostenneutral vorgenommen wird.
Entgegen der Rechtsauffassung der Antragsteller ergibt sich eine unrichtige Sachbehandlung des
Antragsgegners auch nicht aus einem etwaigen Verstoß gegen Belehrungspflichten, so etwa zum
Anfall der Kosten für die (wiederholte) Beurkundung oder die Vermeidbarkeit der Kosten durch
andere gerichtliche Maßnahmen. Bereits das Landgericht ist ausweislich des
Nichtabhilfebeschlusses zu Recht davon ausgegangen, dass das Gesetz grundsätzlich eine
Hinweispflicht des Notars hinsichtlich Gebühren und Kosten nicht festlegt. In der Regel trifft den
Notar keine Belehrungspflicht über die Kostenfolgen seiner Tätigkeit; denn im Allgemeinen weiß
jeder, dass die Inanspruchnahme eines Notars die gesetzliche Gebührenpflicht auslöst. Da der
Notar für seine gesamte Tätigkeit die anfallenden Gebühren erheben muss und die Höhe der
Gebühren gesetzlich festgelegt ist, besteht auch kein Anlass, eine Partei ungefragt auf ihre
Kostentragungspflicht oder auf die Höhe der entstehenden Kosten hinzuweisen (vgl. die vielfältigen
Nachweise bei Winkler, BeurkG, 17. Aufl., § 17 Rz. 268; Korintenberg/Tiedtke, a.a.O., § 21 Rz.
20). Etwas anderes wird dann angenommen, wenn der Notar nach der Höhe der Kosten
ausdrücklich gefragt wird; dann hat er sachlich zutreffend zu antworten (vgl. die Nachweise bei KG
a.a.O., § 21 Rz. 17; Rohs/Wedewer/Waldner, a.a.O., § 21 Rz. 38). Darüber hinaus kann im
Ausnahmefall - ggf. aus der allgemeinen Betreuungspflicht des Notars nach
eine Pflicht bestehen, über die Entstehung von Kosten zu belehren, wenn diese ungewöhnlich hoch
und/oder teilweise vermeidbar sind, und der Notar deshalb davon ausgehen muss, dass die
Beteiligten ihn gar nicht oder mit einem anderen als dem ursprünglich gewünschten Geschäft
beauftragen würden, wenn sie sich der Kosten bewusst wären (vgl. Rohs/Wedewer/Waldner,
a.a.O., § 21 Rz. 38 m. w. N.). Der Notar hat auch über die Kosten zu belehren, wenn er aufgrund
besonderer Umstände Anlass zu der Besorgnis haben muss, einem Beteiligten drohe Schaden, weil
er sich wegen mangelnder Rechtskenntnisse oder fehlendem Wissen über tatsächliche Umstände
einer Gefährdung seiner Interessen nicht bewusst ist (vgl. - noch zu
Rechtsirrtum befindet (vgl. die Nachweise bei Winkler, a.a.O., § 17 Rz. 268). Der Notar muss
allgemein den kostengünstigsten Weg zur Erreichung des angegebenen Zieles weisen; er muss
darauf hinwirken, dass vermeidbare Kosten nicht anfallen (vgl. die Nachweise bei OLG Düsseldorf
nur dann keine Gebühren erhoben, wenn ihr Anfall erst durch die Pflichtverletzung herbeigeführt
wurde, die Beurkundung bei ordnungsgemäßem Verhalten des Notars also unterblieben wäre (vgl.
dazu Rohs/Wedewer/Waldner, a.a.O., § 21 Rz. 38; Senat, Beschluss vom 24.03.2011, 20 W 55/08,
n. v., zu
Dass die Antragsteller hier - etwa im Hinblick auf die Regelung in § 4 des Vertrages vom
11.12.2014 - nach den Kosten ausdrücklich gefragt hätten und der Antragsgegner hierauf eine
falsche Antwort gegeben hätte, ist nicht vorgetragen worden. Es ist auch nicht ersichtlich, aus
welchen Erwägungen heraus dem Antragsgegner hätte bewusst sein müssen, dass die anwaltlich
beratenen Antragsteller sich über den Anfall der Kosten im Irrtum befunden hätten. Letztendlich
liegt eine unrichtige Sachbehandlung auch nicht in dem Umstand begründet, dass der
Antragsgegner die Antragsteller nicht auf die Möglichkeit einer Anrufung der Dienstaufsicht oder
eines Zivilprozesses hingewiesen hat. Die Dienstaufsicht war - wie oben erörtert - ohnehin bereits
eingeschaltet gewesen, so dass offen bleiben kann, ob dazu eine Verpflichtung hätte bestehen
können. Im Übrigen hat die Dienstaufsicht - die vorgesetzte Dienstbehörde des Antragsgegners -
im vorliegenden Verfahren nochmals hinreichend deutlich gemacht, dass sie der Auffassung der
Antragsteller nicht folgt. Auch auf gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten mit dem Ziel, den
Vollzug der ursprünglichen notariellen Urkunde zu erreichen, musste der Antragsgegner die
anwaltlich beratenen Vertragsparteien - konkret die mit den Kosten belasteten Antragsteller - nicht
gesondert hinweisen. Ungeachtet der Frage, ob die Durchführung dieser gerichtlichen Verfahren
angesichts der notwendigen Beteiligungen überhaupt kostengünstiger als die Neubeurkundung
gewesen wäre, handelte es sich nicht um (anderweitige) notarielle Gestaltungen, auf deren
Abwicklung der Antragsgegner Einfluss gehabt hätte. Es oblag nicht dem Antragsgegner als Notar,
die anwaltlich beratenen Antragsteller in wirtschaftlicher und/oder rechtlicher Hinsicht darüber zu
beraten, ob statt einer Neubeurkundung die Inanspruchnahme derartiger gerichtlicher
Rechtsbehelfe in ihrer konkreten Situation zweckmäßig gewesen wäre; ob sich deren Situation so
darstellte, wie sie das Landgericht auf Seite 4, 2. Abs., des angefochtenen Beschlusses
niedergelegt hat, kann deshalb offen bleiben. Nachdem - wie gesagt - nicht vorgetragen wurde,
dass auf das an die anwaltlichen Bevollmächtigten der Vertragsparteien gerichtete Schreiben vom
25.11.2014 der Vollzugsablehnung konkret entgegen getreten worden wäre, konnte der
Antragsgegner im Übrigen auch davon ausgehen, dass die anwaltlichen Berater die
Vertragsparteien - insbesondere die kostenbelasteten Antragsteller - über derartige Möglichkeiten
und deren Zweckmäßigkeit informiert bzw. diese erörtert hatten. Von daher kann dann auch
dahinstehen, ob die Beurkundung bei der von den Antragstellern nunmehr als fehlend gerügten
Belehrung überhaupt unterblieben wäre, was weitere Voraussetzung für eine Niederschlagung der
Kosten gewesen wäre.
Da mithin der Antragsgegner in vertretbarer Weise annehmen konnte, dass der nach gesetzlichen
Vorschriften formbedürftige (erste) Kaufvertrag nichtig war, musste er sich nicht darauf
beschränken, lediglich die Auflassung zu beurkunden, wie die Antragsteller ausweislich der
Antragsschrift offensichtlich meinten. Soweit die Antragsteller sodann - im Schriftsatz vom
10.07.2015 - gerügt haben, die nochmalige Beurkundung der Auflassung sei nicht erforderlich
gewesen, kann dies dahinstehen. Deren nochmalige Beurkundung neben dem Kaufvertrag hat
jedenfalls keine gesonderten Kosten verursacht, die niedergeschlagen werden könnten, § 109 Abs.
1 GNotKG (vgl. auch Wudy, a.a.O., § 21 Rz. 58). Dass die in der angefochtenen Kostenberechnung
aufgeführte und abgerechnete Vollzugsgebühr nochmals angefallen ist, hat der Antragsgegner im
Schriftsatz vom 28.07.2015 dargelegt; dem sind die Antragsteller nicht konkret entgegen
getreten. Gleiches gilt angesichts der vertraglichen Regelungen im Vertrag vom 11.12.2014 für die
Betreuungsgebühr. Da Verfahrensgegenstand des Verfahrens auf gerichtliche Entscheidung
grundsätzlich nur die gegen die Kostenberechnung gerichteten Beanstandungen des jeweiligen
Kostenschuldners - hier: der Antragsteller - sind (vgl. Senat, Beschluss vom 22.02.2011, 20 W
88/08, zu
Senat mehr nicht zu überprüfen.
Einer ausdrücklichen Gerichtskostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, da
sich die diesbezügliche Kostentragungspflicht aus dem Gesetz ergibt,
KV GNotKG. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren orientiert sich an der Höhe des
Rechnungsbetrages.
Die Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit notwendiger Aufwendungen im
Beschwerdeverfahren richtet sich nach den
Senat nicht zu überprüfen hat, ob und inwieweit dem Antragsgegner, der als Notar lediglich seine
Notarkostenberechnung verteidigt hat, solche überhaupt entstanden sind.
Gründe dafür, die Rechtsbeschwerde zuzulassen,
FamFG, hat der Senat nicht gesehen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht gegeben, da gesetzlich nicht vorgesehen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Frankfurt a. Main
Erscheinungsdatum:21.02.2017
Aktenzeichen:20 W 327/15
Rechtsgebiete:
Kostenrecht
Beurkundungsverfahren
BeurkG § 53; GNotKG § 21