BGH 10. November 2004
I ZR 213/01
BGB §§ 2197 ff.; RBerG Art. 1 § 1

Testamentsvollstreckung durch Banken und Steuerberater keine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten

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Dokumentnummer: 10489
letzte Aktualisierung: 22.02.2005
BGH, 11.11.2004 - I ZR 213/01
UWG §§ 3, 4 Nr. 11; RBerG Art. 1 § 1
Testamentsvollstreckung durch Banken keine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten
Da die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers keine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ist, kann eine Bank, ohne gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit Art. 1 § 1
RBerG zu verstoßen, für die Übernahme von Testamentsvollstreckungen werben.
Tatbestand:
Die Kläger sind Rechtsanwälte mit Kanzleisitz in K. . Die Beklagte ist eine bundesweit tätige Bank, die eine Filiale in K. unterhält. Sie wirbt im Internet unter dem
Stichwort "Nachlaßmanagement" darum, mit Testamentsvollstreckungen betraut zu
werden.
Die Kläger sehen darin einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz und haben die
Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sie haben zuletzt beantragt, die
Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen,
a) im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für die Durchführung von
Testamentsvollstreckungen zu werben,
b) insbesondere wie folgt zu werben: "Für diese verantwortungsvolle Tätigkeit (des
Testamentsvollstreckers) können Sie jede natürliche oder juristische Person benennen.
Also auch die C. bank - und vieles spricht dafür."
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie sieht in der Tätigkeit der Testamentsvollstreckung in erster Linie keine Rechtsberatung im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes. Sie ist weiter der Ansicht, es lägen zumindest die Voraussetzungen der im Rechtsberatungsgesetz vorgesehenen Ausnahmen vor, nach denen sie die Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers ausüben dürfe.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist mit den zuletzt gestellten Unterlassungsanträgen erfolglos geblieben (OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 566).


-2–
Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die
Kläger haben beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG (a.F.) i.V. mit
Art. 1 § 1 RBerG als begründet angesehen und hierzu ausgeführt:
Die Kläger seien zur Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs nach § 13 Abs. 2
Nr. 1 UWG (a.F.) klagebefugt. Sie böten Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art
auf demselben Markt an. Die Voraussetzungen eines rechtsmißbräuchlichen Vorgehens
der Kläger i.S. von § 13 Abs. 5 UWG (a.F.) lägen trotz umfangreicher Abmahntätigkeit
nicht vor.
Beanstandet werde von den Klägern nur die Testamentsvollstreckung in den Fällen, die
sich nach deutschem Recht richteten und in denen die Beklagte nicht vom Nachlaßgericht als Testamentsvollstrecker ernannt worden sei.
Die Beklagte verfüge als Bank nicht über die für die geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten erforderliche Erlaubnis. Die Werbung der Beklagten sei daher unlauter i.S. des § 1 UWG (a.F.). Die geschäftsmäßige Testamentsvollstreckung sei
eine nach dem Rechtsberatungsgesetz erlaubnispflichtige Tätigkeit. Sie sei darauf gerichtet und geeignet, konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten. Bei der Beurteilung, ob es sich bei dem beanstandeten Verhalten um eine Rechtsbesorgung oder um ein
von anderen Dienstleistern ohne Beeinträchtigung der Qualität der Leistung oder der
Funktionsfähigkeit der Rechtspflege zu erfüllende Tätigkeit handele, sei festzustellen,
daß die Testamentsvollstreckung erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung sei. Aufgabe des
Testamentsvollstreckers sei die Einziehung von Nachlaßforderungen, die Klärung und
Berichtigung von Nachlaßverbindlichkeiten und - jedenfalls im Falle der Abwicklungsvollstreckung - die Ausführung der Abwicklung und Auseinandersetzung des Nachlasses. Unter anderem wegen der komplizierten und streitanfälligen Regelungen über die
Anrechnung von Vorempfängen und wegen der Vorschriften über die Art der Teilung
und der rechtlichen Modalitäten bedürfe es hierfür rechtlicher Kenntnisse.
Die Tätigkeit der Beklagten falle nicht unter die Ausnahmevorschrift des Art. 1 § 3
Nr. 6 RBerG. Ein nicht vom Nachlaßgericht ernannter Testamentsvollstrecker sei keine
"sonstige für ähnliche Aufgaben behördlich eingesetzte Person" im Sinne dieser Vorschrift. Die von der Beklagten angebotene Testamentsvollstreckung könne im Fall einer
Abwicklungsvollstreckung auch nicht durch Art. 1 § 5 Nr. 3 RBerG gerechtfertigt werden, weil sie maßgeblich rechtlich geprägt sei und die Tätigkeit nicht der Vermögensverwaltung, sondern ihrer Beendigung diene. Da die Werbung der Beklagten für die
Übernahme von Testamentsvollstreckungen umfassend zu verstehen sei und sie daher
auch für den Fall werbe, daß eine Abwicklungsvollstreckung in Rede stehe, bedürfe es
insoweit keiner Einschränkung. Einer Untersagung der Übernahme von Testamentsvollstreckungen durch die Beklagte nach Art. 1 § 1 RBerG stünden verfassungsrechtliche
Belange nicht entgegen.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Den Klägern steht gegen die Beklagte kein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 3,
4 Nr. 11 UWG i.V. mit Art. 1 § 1 RBerG zu. Die Werbung der Beklagten für die Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers stellt kein Angebot einer Rechtsberatung dar, die
eine behördliche Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG erfordert.
1. Die Beurteilung des mit dem Klageantrag geltend gemachten Unterlassungsanspruchs
richtet sich nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht (vgl. BGH, Urt.
v. 5.2.2004 - I ZR 90/01, GRUR 2004, 522, 523 = WRP 2004, 608
860, 862 = WRP 2004, 1287 – Internet-Versteigerung, zur Veröffentlichung in BGHZ
bestimmt). Es sind daher die Bestimmungen des gemäß § 22 Satz 1 am 8. Juli 2004 in
Kraft getretenen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 3. Juli 2004
(BGBl. I S. 1414) anzuwenden. Allerdings kann ein auf Wiederholungsgefahr gestützter
Unterlassungsanspruch nur bestehen, wenn das beanstandete Verhalten auch zur Zeit
der Begehung wettbewerbswidrig war.
2. Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt derjenige unlauter i.S. des § 3 UWG, der einer gesetzlichen Bestimmung zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Zu den Vorschriften, die im Interesse der
Marktteilnehmer, insbesondere der Verbraucher, auch das Verhalten von Unternehmen
bestimmen, zählt Art. 1 § 1 RBerG (vgl. zu § 1 UWG a.F.: BGH, Urt. v. 13.3.2003
20.11.2003 - I ZR 104/01, GRUR 2004, 253, 254 = WRP 2004, 487 - Rechtsberatung
durch Automobilclub, jeweils m.w.N.; zu § 4 Nr. 11 UWG: Baumbach/Hefermehl/Köhler, UWG, 23. Aufl., § 4 Rdn. 11.63; Harte/Henning/v. Jagow,
UWG, § 4 Nr. 11 Rdn. 115; Ullmann, GRUR 2003, 817, 824). Unerheblich ist, daß
Art. 1 § 1 RBerG, der eine Erlaubnispflicht für eine geschäftsmäßige Rechtsberatung
vorsieht, auch über den Marktzutritt bestimmt. Dadurch wird der Anwendungsbereich
des § 4 Nr. 11 UWG nicht ausgeschlossen, weil auch Marktzutrittsregelungen eine auf
die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion haben können; insbesondere
können sie dem Verbraucherschutz dienen (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf
BT-Drucks. 15/1487, S. 19; Ullmann, GRUR 2003, 817, 824; Baumbach/Hefermehl/Köhler aaO § 4 Rdn. 11.63; vgl. auch zu § 1 UWG a. F.: BGHZ 150,
343, 348 - Elektroarbeiten).
3. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts stellt die von der Beklagten angebotene Tätigkeit des Testamentsvollstreckers keine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten dar.
a) Nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG darf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten geschäftsmäßig nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt ist. Ob die Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers
grundsätzlich eine erlaubnispflichtige Tätigkeit nach Art. 1 § 1 RBerG darstellt, ist umstritten (bejahend: OLG Karlsruhe NJW-RR 1994, 236, 237; OLG Düsseldorf NJW-RR
2002, 280 f.; OLG Hamm NJW-RR 2002, 1286; Schaub, MittBayNot 2001, 90 f.; Stracke, ZEV 2001, 250; ders., Die geschäftsmäßige Rechtsberatung durch Testamentsvollstrecker, 1999, S. 248 f.; Bonefeld, ZERB 2000, 171, 172; Henssler, ZEV 1994, 261,
262; Senge in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 3, RBerG R 55, Art. 1
§ 5 Rdn. 17 und 38; Chemnitz/Johnigk, Rechtsberatungsgesetz, 11. Aufl., Art. 1 § 3
Rdn. 435 und § 5 Rdn. 561; Rennen/Caliebe, Rechtsberatungsgesetz, 3. Aufl., Art. 1 § 3
Rdn. 49; Weth in Henssler/Prütting, Bundesrechtsanwaltsordnung, 2. Aufl., Art. 1 § 3
RBerG Rdn. 41-43; Staudinger/Reimann, BGB, 2003, § 2197 Rdn. 65 f.; im Falle der
Ernennung von Banken als Testamentsvollstrecker: Schaub, FamRZ 1995, 845, 846;
Leverenz, ZBB 1995, 156, 159; a.A.: Vortmann, WM 1995, 1745, 1746; ders., WuB
VIII D Art. 1 § 1 RBerG 4.02; Kleine-Cosack, BB 2000, 2109 ff.; ders., EWiR 2000,
979 f.; Watrin, DStR 2002, 422, 424). Teilweise wird in der Literatur nach dem Umfang
und dem Schwerpunkt der Tätigkeit im Einzelfall differenziert (MünchKomm.BGB/Zimmermann, 4. Aufl., § 2197 Rdn. 9; Bamberger/Roth/Mayer, BGB,
§ 2197 Rdn. 30; Sandkühler, DNotZ 2001, 645, 646). Zum Teil wird die Testamentsvollstreckung von Steuerberatern oder Banken auch nach Art. 1 § 3 Nr. 6 oder § 5 Nr. 2
oder Nr. 3 RBerG als zulässig angesehen (OLG Karlsruhe AnwBl 1992, 333; LG Krefeld DStRE 2000, 615, 616; LG Detmold WM 2001, 2441, 2442; Lang, NJW 1999,
2332, 2333; Bamberger/Roth/Mayer aaO § 2197 Rdn. 30; Grunewald, ZEV 2000, 460;
Streck, DStR 1991, 592, 594; Best, DStR 2000, 2000, 2001; Bork, WM 1995, 225,
226 ff. ; Zeller, WuB VIII D Art. 1 § 3 RBerG 1.94; für eine analoge Anwendung des
Art. 1 § 3 Nr. 6: Leverenz, ZBB 1995, 156, 165ff.).
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine erlaubnispflichtige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten i.S. des Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG vor, wenn
eine geschäftsmäßige Tätigkeit darauf gerichtet und geeignet ist, konkrete fremde
Rechtsangelegenheiten zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu
gestalten. Dabei ist zur Abgrenzung erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechtsbesorgung auf den Kern und den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen, weil eine Besorgung wirtschaftlicher Belange vielfach auch mit rechtlichen Vorgängen verknüpft ist. Es ist daher zu fragen, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt
oder ob die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht und es wesentlich
um die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht (BGH, Urt. v. 6.12.2001 - I ZR 101/99,
GRUR 2002, 993, 995 = WRP 2002, 970 - Wie bitte?!; BGH GRUR 2003, 886, 887
jedoch bei der Beurteilung der Frage, ob der Schwerpunkt der Tätigkeit des Testamentsvollstreckers auf rechtlichem oder wirtschaftlichem Gebiet liegt, die mit der Testamentsvollstreckung verbundene Verwirklichung und Gestaltung der konkreten
Rechtsverhältnisse zu sehr in den Vordergrund gestellt und der wirtschaftlichen Seite
der Testamentsvollstreckung zu wenig Bedeutung beigemessen.
aa) Ein Testamentsvollstrecker hat nach § 2203 BGB die letztwilligen Verfügungen des
Erblassers zur Ausführung zu bringen. Er hat den Nachlaß zu verwalten und ist berechtigt, ihn in Besitz zu nehmen und über Nachlaßgegenstände zu verfügen (§ 2205 BGB)
sowie Forderungen einzuziehen. Wenn mehrere Erben vorhanden sind, hat er die Auseinandersetzung nach näherer Maßgabe des § 2204 BGB zu bewirken. Seine Aufgaben
können sich auf den gesamten Nachlaß, auf einen einzelnen Nachlaßgegenstand oder
ein Vermächtnis beziehen (vgl. BGHZ 13, 203, 205 f. m.w.N.). Die Testamentsvollstreckung kann auf eine Abwicklungsvollstreckung, eine Verwaltungsvollstreckung (§ 2209
Satz 1 Halbs. 1 BGB) oder eine Dauervollstreckung (§ 2209 Satz 1 Halbs. 2 BGB) gerichtet sein. Der Testamentsvollstrecker kann beschränkt oder unbeschränkt zur Eingehung von Verbindlichkeiten für den Nachlaß berechtigt sein (§§ 2206 ff. BGB). Auch
das Recht zur Prozeßführung steht ihm nach §§ 2212, 2213 BGB zu.
Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Testamentsvollstreckers kann, braucht aber nicht auf
rechtlichem Gebiet zu liegen. Er kann in wesentlichem Umfang auch nur einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, wenn er den Nachlaß in Besitz nimmt, die zum Nachlaß gehörenden Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten bewertet und Verbindlichkeiten erfüllt sowie Nachlaßgegenstände veräußert. Entsprechendes gilt für die
Verwaltung des Nachlasses im Falle der Dauer- oder Verwaltungsvollstreckung und die
Auseinandersetzung des Nachlasses unter den Miterben.
bb) Die Frage, ob die Testamentsvollstreckung allgemein eine nach Art. 1 § 1 RBerG
erlaubnispflichtige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ist, hängt jedoch nicht
vom jeweiligen Einzelfall ab. Für die Einstufung als erlaubnispflichtige Rechtsberatung
kann angesichts dessen, daß nahezu alle Lebensbereiche rechtlich durchdrungen sind
und eine wirtschaftliche Betätigung kaum ohne rechtsgeschäftliches Handeln möglich
ist oder ohne rechtliche Wirkung bleibt, nicht allein auf die rechtlichen Formen und
Auswirkungen des Verhaltens abgestellt werden. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit des einzelnen, der geschäftsmäßig die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers ausüben will, ist
vielmehr eine abwägende Beurteilung des jeweils beanstandeten Verhaltens danach
erforderlich, ob es sich bei ihm um eine Rechtsbesorgung oder um eine Tätigkeit handelt, die ohne Beeinträchtigung ihrer Qualität und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege auch von anderen Dienstleistern erfüllt werden kann. Dabei sind die öffentlichen
Belange (Sicherung der Qualität der Dienstleistung und Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege), die den Erlaubnisvorbehalt des Rechtsberatungsgesetzes rechtfertigen, gegen die Berufsfreiheit desjenigen abzuwägen, dem wegen des Fehlens einer
entsprechenden Erlaubnis die Vornahme bestimmter Handlungen untersagt werden soll
(BVerfG WRP 2002, 1423, 1425; BGH GRUR 2002, 993, 995 - Wie bitte?!; GRUR
2003, 886, 887 - Erbenermittler). In diesem Zusammenhang ist insbesondere von Bedeutung, ob der Auftraggeber im Rahmen der Geschäftsbesorgung eine besondere rechtliche Prüfung des Inhalts des Geschäfts oder der mit diesen verbundenen Risiken ausdrücklich wünscht oder zumindest erkennbar erwartet. Die entsprechende Erwartung
richtet sich im Zweifel nach der Person und der Qualifikation des Geschäftsbesorgers,
nach den verkehrstypischen Gepflogenheiten und nach den objektiven Maßstäben des
jeweiligen Geschäfts (BGH, Urt. v. 30.3.2000 - I ZR 289/97, GRUR 2000, 729, 730 =
WRP 2000, 727 - Sachverständigenbeauftragung, m.w.N.).
cc) Diese Abwägung führt zu einer grundsätzlichen Freiheit der geschäftsmäßigen Übernahme einer Testamentsvollstreckung vom Erlaubnisvorbehalt nach Art. 1 § 1
RBerG.
Die erbrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches sehen eine besondere
Qualifikation für das Amt des Testamentsvollstreckers nicht vor. Nur im Fall der Geschäftsunfähigkeit oder beschränkten Geschäftsfähigkeit ist die Ernennung des Testamentsvollstreckers unwirksam (§ 2201 BGB). Eine Entlassung aus dem Amt des Testamentsvollstreckers kann nach § 2227 BGB nur auf Antrag eines Beteiligten erfolgen,
wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Im übrigen nimmt der Erblasser die Auswahl des
Testamentsvollstreckers häufig nicht im Hinblick auf dessen rechtliche Kenntnisse,
sondern aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses zum Testamentsvollstrecker
oder aufgrund von Kenntnissen und Fähigkeiten des Testamentsvollstreckers vor, die
etwa auf wirtschaftlichem Gebiet liegen. Diese Fähigkeiten und Kenntnisse können bei
der Durchsetzung des Willens des Erblassers im Vordergrund stehen und die von dem
Testamentsvollstrecker erwartete Dienstleistung in erster Linie bestimmen, so daß es
jedenfalls nicht maßgeblich auf die rechtliche Qualifikation des Testamentsvollstreckers
ankommt. Wird gleichwohl die Beurteilung rechtlicher Fragen im Rahmen der Testamentsvollstreckung, insbesondere bei der Abwicklungsvollstreckung, erforderlich, kann
und muß der Testamentsvollstrecker - wie dies der Erblasser auch erwarten wird - seinerseits Rechtsrat einholen. Eine mögliche Belastung des Nachlasses mit zusätzlichen
Kosten für die Einholung von Rechtsrat durch einen nicht rechtskundigen Testamentsvollstrecker ist die für den Erblasser vorhersehbare Folge der Auswahl der Person des
Testamentsvollstreckers. Daß die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege durch die geschäftsmäßige Besorgung von Testamentsvollstreckungen durch Personen, die über
keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügen, in einer Weise beeinträchtigt wird, die ein Verbot dieser Tätigkeit rechtfertigt, ist nicht festgestellt und wird auch
nicht geltend gemacht.
Es läßt sich danach nicht feststellen, daß die öffentlichen Belange des Rechtsberatungsgesetzes - die Qualität der Dienstleistung in rechtlicher Hinsicht zu sichern oder die
Funktionsfähigkeit der Rechtspflege zu erhalten - gegenüber der Freiheit der Berufsausübung derjenigen, die das Amt des Testamentsvollstreckers versehen, überwiegen. Ein
Verbot der geschäftsmäßigen Ausübung des Amtes des Testamentsvollstreckers ohne
Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz ist unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit somit nicht gerechtfertigt. Entsprechendes gilt für ein Verbot des Anbietens geschäftsmäßiger Testamentsvollstreckung.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

10.11.2004

Aktenzeichen:

I ZR 213/01

Erschienen in:

DNotI-Report 2005, 42-43
MittBayNot 2005, 419
RNotZ 2005, 122-123
DNotZ 2005, 544-547
NJW 2005, 969-971
ZEV 2005, 122-123

Normen in Titel:

BGB §§ 2197 ff.; RBerG Art. 1 § 1