BGH 19. Mai 1989
V ZR 192/87
BGB § 1018; WEG § 13

Belastung eines Wohnungseigentums mit einer Dienstbarkeit zugunsten des jeweiligen Eigentümers einer anderen Wohnung

Die Bestellung der Eheleute L. zu Verwaltern in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts verstößt daher
gegen zwingendes Recht und ist nichtig. Die daraus herrührende Unwirksamkeit der von ihnen erteilten Zustimmung
zur Auflassung mußte das Grundbuchamt von Amts wegen
berücksichtigen. Die weitere Beschwerde ist deshalb mit der
Kostenfolge aus § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG zurückzuweisen.
5. BGB § 1018; WEG § 13 (Belastung eines Wohnungseigentums mit einer Dienstbarkeit zugunsten des jeweiligen
Eigentümers einer anderen Wohnung)
Das Wohnungseigentum kann zugunsten des jeweiligen
Eigentümers einer anderen Wohnung mit einer Grunddienstbarkeit in der Weise belastet werden, daß ein Fenster
ständig geschlossen zu halten ist.
BGH, Urteil vom 19.5.1989 — V ZR 192/87 — mitgeteilt von
D. Bundschuh, Richter am BGH
Aus dem Tatbestand
Die Parteien sind Eigentümer je einer Eigentumswohnung in einem in
D. gelegenen Gebäude, dem „Zollhaus`:
Das Gebäude wurde zur Schaffung von insgesamt zehn Eigentumswohnungen umgebaut und modernisiert. Die Kläger erwarben eine
im ersten Stock befindliche Wohnung, zu der eine an der Rheinfront
gelegene Dachterrasse gehört.
Die von den. Beklagten erworbene Wohnung liegt im zweiten Stock
Ober der Wohnung der Kläger. Nach den ursprünglichen Bauplänen
waren an der Nordseite der von den Beklagten erworbenen Wohnung
über der Terrasse der Kläger keine Fenster vorgesehen.
Am 23.10.1981 schlossen die bereits als Wohnungseigentümer eingetragenen Bauherren mit den Beklagten einen Vorvertrag zum Abschluß eines Kaufvertrages über die nach einem neuen Aufteilungsplan an die Beklagten zu veräußernde Wohnung im zweiten Obergeschoß. Dabei bestätigten die Beklagten ausdrücklich, ihnen sei bekannt, daß die von ihnen zu erwerbende Wohnung zur Nordseite
keine Fenster erhalten werde.
Am 19.12.1981 fand eine Eigentümerversammlung (unter Beteiligung
der Parteien) statt. Nach dem Protokoll wurde u. a. folgendes (einstimmig) beschlossen:
. 4. Es besteht Einigkeit darüber, daß — abweichend von der bisherigen Planung — der mittlere bereits zugemauerte Bogen der Nordfassade Ober der Terrasse der Wohnung Dr. Sch" (Kläger) „zur Verbesserung der Lichtverhältnisse der Wohnung Dr. Sch." (Beklagte)
im II. OG wieder geöffnet wird. Das in dieser Öffnung vorzusehende
Fenster soll eine Brüstungshöhe von 1,0 m ab Oberkante Bodenbelag
erhalten... .
Die Eheleute Dr. Sch. und Dr. Sch. sind sich darüber einig, daß dieses
Fenster von den Eheleuten Dr. Sch. nur zu Reinigungszwecken geöffnet und ansonsten ausnahmslos geschlossen gehalten wird. Die
Eheleute Dr. Sch. verpflichten sich, zu Lasten ihres Wohnungseigentums und zugunsten des Wohnungseigentums der Eheleute Dr. Sch.
die Eintragung einer Dienstbarkeit dieses Inhalts in das Wohnungsgrundbuch auf ihre Kosten zu bewilligen und zu beantragen...:`
Das Nordfenster wurde anschließend eingebaut; die Eintragung
Mit der Klage haben die Kläger von den Beklagten die Bewilligung
einer Grunddienstbarkeit des Inhalts begehrt, daß das an der Nordseite der Wohnung der Beklagten befindliche Fenster eine
Brüstungshöhe von mindestens 1 m ab Oberkante Bodenbelag
haben müsse, ständig geschlossen zu halten sei und nur zu Reinigungszwecken geöffnet werden dürfe.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der
Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Klage hinsichtlich der Festlegung der Brüstungshöhe abgewiesen. Mit der Revision erstreben die Beklagten
die Abweisung der Klage auch insoweit, als sie zur Bewilligung einer
Dienstbarkeit hinsichtlich der Benutzung des Fensters verurteilt
worden sind.
Aus den Gründen:
Die Revision hat keinen Erfolg:
1. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß die Parteien am 19.12.1981 einen wirksamen Vertrag geschlossen haben, der die Beklagten zur Bewilligung
einer Grunddienstbarkeit verpflichtet.
Wohnungseigentum kann Gegenstand einer Belastung mit
einer Dienstbarkeit sein. Das wird in Rechtsprechung und
Literatur einhellig bejaht (vgl. BayObLGZ 1974, 396, 398 f.;
1976, 218, 221 [= MittBayNot 1976, 174 = DNotZ 1977, 303];
1979, 444, 446 [= MittBayNot 1980, 14 = DNotZ 1980, 540];
KG OLGZ 1976, 257, 258; OLG Karlsruhe Rpfleger 1975, 356,
357; Bärmann/Pick/Merle, WEG 6. Aufl., § 1 Rdnr. 91; Weitnauer, WEG 7. Aufl. § 3 Rdnr. 35; BGB-RGRK/Rothe 12. Aufl.
§ 1018 Rdnr. 3) und auch von der Revision nicht in Frage
gestellt.
Eine Grunddienstbarkeit kann auch zugunsten des jeweiligen Eigentümers einer anderen Wohnung bestellt werden
(BayObLGZ 1976, 218, 221; OLG Hamm Rpfleger 1980, 469,
470; BGB-RGRK/Augustin 12. Aufl. WEG 1983 § 3 Rdnr. 14;
Bärmann/Pick/Merle aaO § 1 Rdnr. 91). Dabei wird das Raumeigentum als „herrschendes Grundstück" angesehen, für
dessen Nutzung die Grunddienstbarkeit einen Vorteil im
Sinne des § 1019 Satz 1 BGB zu bieten vermag (vgl.Augustin,
aaO).
2. Der wesentliche Inhalt der vorliegend begehrten Dienstbarkeit besteht in einem Verbot der Vornahme gewisser
Handlungen (§ 10182. Alt. BGB), und nicht so sehr in der Einschränkung der Ausübung von Rechten (§ 1018 3. Alt. BGB).
Insoweit ist das Berufungsurteil möglicherweise fehlerhaft
begründet, im Ergebnis aber jedenfalls zutreffend.
Nach § 1018 2. Alt. BGB können Maßnahmen tatsächlicher
Art untersagt werden, zu denen der Grundstückseigentümer
ohne die dingliche Belastung berechtigt wäre (vgl. BGBRGRK/Rothe 12. Aufl. § 1018 Rdnr. 24; MbnchKomm/Falckenberg 2. Aufl. § 1018 Rdnrn. 32, 34; Staudinger/Ring, BGB
12. Aufl. § 1018 Rdnr. 47). § 1018 3. Alt. BGB ermöglicht demgegenüber einen Ausschluß der Ausübung von Rechten, die
sich sonst aus dem Eigentum des dienenden Grundstücks
in bezug auf das herrschende Grundstück ergeben würden.
Die Abgrenzung mag im Einzelfall zweifelhaft sein; vorliegend ist mindestens die 2. Alternative des § 1018 BGB erfüllt. Der Inhalt der begehrten Dienstbarkeit besteht darin,
daß dem Eigentümer der belasteten Wohnung grundsätzlich
verboten sein soll, das an der Nordseite befindliche Fenster
zu öffnen. Das Öffnen des Fensters ist jedenfalls eine tatsächliche Handlung. Sie geht nicht über den räumlichen Bereich der Wohnung hinaus und greift nicht in fremdes Eigentum ein.
3.Die Beklagten wären als Wohnungseigentümer befugt, die
Fenster nach ihrem Belieben zu öffnen oder zu schließen.
Dabei kann offenbleiben, ob die Fenster in vollem Umfang
zum gemeinschaftlichen Eigentum oder mit der Innenseite
zum Sondereigentum an der Wohnung gehören (vgl. OLG
Köln NJW 1981, 585; OLG Frankfurt Rpfleger 1983, 64; LG Lübeck Rpfleger 1985, 490; Bärmann/Pick/Merle, WEG 6. Aufl.
§5 Rdnr. 36; -Soergel/Baur, BGB 11. Aufl. §5- Rdnr. 3; Weitnauer, WEG 7. Aufl. § 5 Rdnr. 8). Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die Befugnis des
Wohnungseigentümers insoweit über diejenigen Gebäudeteile-hinausgeht, die nur in seinem Sondereigentum stehen.
272 MittBayNot 1989 Heft 5


An den in seiner Wohnung befindlichen Gebäudeteilen ist
der Wohnungseigentümer nicht nur zum Mitgebrauch gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 WEG berechtigt. Das alleinige Nutzungsrecht gemäß § 13 Abs. 1 WEG besteht zwar-nur am
Sondereigentum; § 5 Abs. 1 WEG weist indessen dem Sondereigentum auch die zur Wohnung gehörenden Räume und
nicht allein das Eigentum an den sonderrechtsfähigen Gebäudebestandteilen zu. Das Recht zur Nutzung seiner Wohnung unter Ausschuß der übrigen Miteigentümer ist damit
wesentlicher Inhalt des Sondereigentums (MünchKomm/
Röll 2. Aufl. vor § 1 WEG Rdnr. 12). Diese Befugnis des Wohnungseigentümers ist auch dann Teil seines Sondereigentums, wenn sie sich auf einen zum gemeinschaftlichen
Eigentum gehörenden Gegenstand erstreckt (MünchKomm/
Röll, BGB 2. Aufl. vor § 1 WEG Rdnr. 16). Der Senat hat dies
für ein durch Vereinbarung nach § 15 Abs. 1, § 10 Abs. 2 WEG
begründetes Sondernutzungsrecht an einem nicht zur Wohnung gehörenden Gegenstand (Kfz-Stellplatz) ausgesprochen (BGHZ 73, 145, 148 [= MittBayNot 1978, 206 = DNotZ
1979, 168 mit Anm. Ertl]). Das muß erst recht auf die zur Wohnung gehörenden, im Gemeinschaftseigentum stehende
Gebäudeteile zutreffen, die der Wohnungseigentümer als
allein Nutzungsberechtigter der Wohnung in Gebrauch
nehmen darf.
Das alleinige Nutzungsrecht an den Räumen der Wohnung
enthält auch die Befugnis, die Fenster nach Belieben öffnen
oder schließen zu können. Dem steht nicht entgegen, daß
die Gemeinschaft zum Zwecke der Instandhaltung oder
Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums auch
Beschlüsse über die Benutzung der Fenster treffen könnte.
Zwar hat der Wohnungseigentümer, wie sich aus § 14 Nr. 4
WEG ergibt, insoweit auch Einschränkungen in der Nutzung
seines Sondereigentums hinzunehmen. Das folgt aus der
bei gemeinsamer Nutzung eines Gebäudes sich ergebenden
Pflichtenbindung der Wohnungseigentümer untereinander.
Das Recht des Wohnungseigentümers aus § 13 Abs. 1 WEG,
die ihm gehörenden Räume als Alleineigentümer zu nutzen,
wird dadurch weder ausgeschlossen noch zu einem Gegenstand gemeinschaftlicher Verwaltung nach § 21 Abs. 1 WEG
gemacht.
Die von den Klägern begehrte Belastung des Wohnungseigentums der Beklagten würde nur deren Befugnisse betreffen. Sie ließe — wie in der Revisionserwiderung zutreffend ausgeführt wird — den Sonderfall unberührt, daß das
Fenster aufgrund eines gemeinschaftlichen Beschlusses
zur Instandhaltung oder Instandsetzung zeitweise geöffnet
werden müßte.
4. Die aus dem Sondereigentum fließenden Befugnisse
können Gegenstand einer Belastung des Wohnungseigentums mit einer Grunddienstbarkeit sein; das gilt auch dann,
wenn das Objekt der Ausübungsberechtigung zum gemeinschaftlichen Eigentum gehört. Es ist hier keine Belastung
des gemeinschaftlichen Eigentums durch Eintragung einer
Dienstbarkeit auf allen Wohnungseinheiten erforderlich.
Der Revision ist zuzugeben, daß in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BayObLGZ 1974, 396, 398; KG
OLGZ 1976, 257, 259; OLG Karlsruhe Rpfleger 1978, 356) und
der ihr folgenden Literatur (vgl. BGB-RGRK/Augustin
12. Aufl. WEG § 3 Rdnr. 14; Bärmann/Pick, WEG — Kurzausgabe — 11. Aufl. § 1 Anm. IV S. 39; BGB-RGRK/Rothe
12. Aufl. § 1018 Rdnr. 3; Soergel/Baur, BGB 11. Aufl. § 1018
Rdnr. 39; Weitnauer, WEG 7. Aufl. § 3 Rdnr. 35 b) die Auffassung vertreten wird, das Objekt der Ausübungsberechtigung
MittBayNot 1989 Heft 5
müsse zum Sondereigentum gehören, andernfalls sei eine
Belastung des Wohnungseigentums mit einer Dienstbarkeit
unzulässig.
Die entschiedenen Fälle, bei denen diese Auffassung zum
Tragen gekommen ist, betrafen indessen die Frage der
Belastbarkeit des Wohnungseigentums in bezug auf sogenannte Sondernutzungsrechte am Gemeinschaftseigentum.
Um diese Frage, zu der im Schrifttum im übrigen auch die
gegenteilige Auffassung vertreten wird (MünchKomm/Röll,
BGB 2. Aufl. WEG vor § 1 Rdnr. 25; ders. in Rpfleger 1978,
352; Merle, Das Wohnungseigentum im System des bürgerlichen Rechts, S. 194), geht es hier jedoch nicht, da kein
durch Vereinbraung begründetes Sondernutzungsrecht an
einem Gegenstand außerhalb der Wohnung betroffen ist.
Ebenso kann dahingestellt bleiben, inwieweit ein ideeler
Miteigentumsanteil gemäß §§ 1018 ff. BGB mit einer Dienstbarkeit belastet werden kann, wenn es um den Ausschluß
teilbarer Befugnisse geht (vgl. Jauernig, BGB 4. Aufl. § 1018
Anm. 1 c), da allein ein aus dem Sondereigentum fließendes,
dem Wohnungseigentümer zustehendes Gebrauchsrecht
betroffen ist.
Der Senat vermag nicht der Ansicht zu folgen, daß eine Belastung des Wohnungseigentums mit einer Dienstbarkeit ausgeschlossen sei, sobald hiervon das gemeinschaftliche
Eigentum berührt werde (so aber Zimmermann, Rpfleger
1981, 333, 337). Dabei wird übersehen, daß die unbestritten
zulässige Belastung des Wohnungseigentums mit einem
Wohnungsrecht zwangsläufig ebenfalls die im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile berührt. Die
Rechte der anderen Miteigentümer werden gleichwohl von
einer solchen Belastung nicht betroffen; der Wohnungseigentümer verfügt insoweit allein über ihm zustehende
Rechte (vgl. Ripfel, BWNotZ 1968, 229, 231). Gleiches gilt für
das mit dem Sondereigentum an den Räumen verbundene
alleinige Gebrauchsrecht an den im Gemeinschaftseigentum stehenden Fenstern. Hier kann es nicht darauf ankommen, ob der Wohnungseigentümer diese Befugnis durch die
Bestellung eines Wohnungsrechts an den Berechtigten mitüberträgt oder ob nur diese Befugnis zum Gegenstand einer
Belastung gemacht wird. In beiden Fällen liegt keine Verfügung über das gemeinschaftliche Eigentum nach § 10
Abs. 1 Satz 1 WEG, § 747 Satz 2 BGB vor.
Hinzu kommt, daß eine Belastung auch der Wohnungseinheiten der anderen Eigentümer schon deshalb als unnötig
angesehen werden muß, weil ihnen nicht die Befugnis zum
Öffnen und Schließen dieses Fensters zusteht.
6. BGB §§ 1018, 1090; GBO §§ 19, 29 Abs. 1 (Anforderungen
an die Zulässigkeit einer Fremdenverkehrsdienstbarkeit)
1. Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Zulässigkeit
einer Fremdenverkehrsdienstbarkeit.
2. Zum Nachweis der Eintragungsvoraussetzungen nach
§ 29 Abs. 1 GBO, wenn ein luxemburgischer Notar zur
Eintragung erforderliche Erklärungen (Bevollmächtigungen) beurkundet oder beglaubigt hat.
BayObLG, Beschluß vom 18.7.1989 — BReg. 2 Z 31/89 — mitgeteilt von Johann Demharter, Richter am BayObLG

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

19.05.1989

Aktenzeichen:

V ZR 192/87

Erschienen in:

MittBayNot 1989, 272-273

Normen in Titel:

BGB § 1018; WEG § 13