Notarvollmacht genügt auch für Bewilligung einer in der Urkunde nicht enthaltenen Auflassungsvormerkung
DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 10326
letzte Aktualisierung: 03.06.2003
einer entsprechenden Auflassungsvormerkung. Als Ermächtigung zur
nachträglichen Bewilligung einer Auflassungsvormerkung kann aber eine
Vollmacht in der Kaufvertragsurkunde ausgelegt werden, die den Notar
zu Bewilligungen und Stellung von Anträgen jeder Art ermächtigt. Dem
steht nicht entgegen, dass die Urkundsbeteiligten trotz Belehrung bei
Vertragsabschluss keine Anträge hinsichtlich einer Auflassungsvormerkung gestellt haben.
Gründe:
Zu UR-Nr. 689/1999 beurkundete der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten am 25.11.1999
(Bl. 101-106 d. A.) einen Kaufvertrag mit Auflassung zwischen den Beteiligten über den betroffenen Grundbesitz, wobei als Gesamtkaufpreis 37,40 DM (22 qm zu 1,70 DM/qm) vereinbart
wurden. Der Beteiligte zu 1) als Verkäufer bewilligte und der Beteiligte zu 2) als Käufer beantragte die lastenfreie Umschreibung, wozu der Notar die Pfandfreigaben einholen sollte. Nach §
5 der Vertragsurkunde wies der Notar die Beteiligten auf die Möglichkeit der Beantragung der
Eintragung einer Auflassungsvormerkung bzw. deren Löschung bei Eigentumsumschreibung
hin. Entsprechende Anträge stellten die Beteiligten ausdrücklich nicht.
In § 6 des Vertrages heißt es:
...Die Beteiligten beauftragen den Notar mit dem Vollzug der Urkunde und bevollmächtigen ihn, alle zur Wirksamkeit und Durchführung dieses Vertrages erforderlichen
behördlichen und sonstigen Genehmigungen und Erklärungen einzuholen und mit Wirkung für und gegen alle Beteiligten entgegenzunehmen. Der Notar wird außerdem bevollmächtigt, alle Erklärungen abzugeben, die zum Vollzug dieser Urkunde etwa noch
erforderlich sind. Er wird ermächtigt, Bewilligungen und Anträge jeder Art zu stellen,
zu ändern, zu ergänzen oder zurückzunehmen. Das gilt auch für die von den Beteiligten
unmittelbar gestellten Anträge, sowie für den Fall, daß das Kaufgrundstück zwischenzeitlich eine andere Bezeichnung erhalten haben sollte..."
Der Beteiligte zu 1) genehmigte am 23.07.2001 die am 25.11.1999 von einer Notariatsangestellten als vollmachtloser Vertreterin für ihn abgegebenen Erklärungen und erteilte ihr Befreiung
von den Beschränkungen des
Durchführung der Urkunde erforderlichen Erklärungen abzugeben (Bl. 105 d. A.).
Unter Berufung auf die ihm in § 6 der Urkunde vom 25.11.1999 erteilte Vollmacht bewilligte der
Verfahrensbevollmächtigte am 25.10.2002 (Bl. 86 d. A.) in einem von ihm unterzeichneten und
mit seinem Dienstsiegel versehenen Schriftstück für den Beteiligten zu 1) und beantragte für den
Beteiligten zu 2) zu dessen Gunsten die Eintragung einer Auflassungsvormerkung an dem betroffenen Grundbesitz.
Das Grundbuchamt verlangte zunächst mit Zwischenverfügung vom 29.10.2002 (Bl. 88 d. A.)
die Genehmigung bzw. die Bewilligung des Beteiligten zu 1) und wies schließlich mit Beschluss
vom 02.12.2002 (Bl. 98 d. A.) den Antrag auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung zurück,
weil zu ihrer Bewilligung die dem Notar in der Kaufvertragsurkunde erteilte Vollmacht nicht
ausreiche.
Mit ihrer Beschwerde haben die Beteiligten geltend gemacht, die Vollmacht des Notars umfasse
auch die Befugnis, die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu beantragen, da diese nur ein
"Weniger" gegenüber der Eigentumsumschreibung darstelle und im Rahmen der Vertragsabwicklung sachgerecht sei. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen, da der in § 5
des Vertrages zum Ausdruck gebrachte Wille der Vertragsbeteiligten, von der Eintragung einer
Auflassungsvormerkung abzusehen, einer Auslegung der Vollmacht im Sinn der Beschwerde
entgegenstehe.
Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde, die damit begründet wird, dass die Erklärung der
Beteiligten in § 5 der Urkunde nur bedeute, dass sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine
Auflassungsvormerkung eintragen lassen wollten. Dies schließe aber nicht die Befugnis des Notars aus, auf Grund der ihm erteilten umfassenden Vollmacht zum späteren Zeitpunkt Entsprechendes zu beantragen. Dies diene auch dem Interesse des Verkäufers, um seinen vertraglichen
Verpflichtungen gerecht zu werden.
Die gemäß
angefochtene Beschluss beruht auf einer Rechtsverletzung (
Auffassung der Vorinstanzen, die Notarvollmacht nach § 6 der Urkunde vom 25.11.1999 umfasse nicht die Bewilligung und Beantragung der Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten des Beteiligten zu 2) an dem Vertragsgrundstück, ist nicht frei von Rechtsfehlern.
Zwar sind die Vorinstanzen - ohne dies näher zu problematisieren- zu Recht davon ausgegangen,
dass es auf den Vollmachtsumfang entscheidend ankommt, denn nach vorherrschender Auffassung enthält die Bewilligung der Eigentumsumschreibung noch keine Bewilligung der Eintragung einer Auflassungsvormerkung (Bay-ObLG
BGB, 10. Aufl., Rdnr. 5; Palandt/Bassenge: BGB, 62. Aufl., § 885, Rdnr. 8; Soergel/Stürner:
BGB, 13. Aufl., § 885, Rdnr. 6; Staudinger/Gursky: BGB, 2002, § 885, Rdnr. 19 mit umfassendem Überblick über den Meinungsstand; Demharter: GBO, 24. Aufl., § 15, Rdnr. 16;
Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann: Grundbuchrecht, 5. Aufl., § 15, Rdnr. 27; Meikel/Böttcher:
Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 15, Rdnr. 31; Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rdnr. 184,
Seite 95). Die gegenteilige Auffassung, dass in der Bewilligung des definitiven Rechts in der
Regel auch die Bewilligung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Erwerb dieses
Rechts zu sehen sein wird (Augustin in BGB-RGRKomm, 12. Aufl., § 885, Rdnr. 15; ausführlich: Hieber
die Bewilligung der Eintragung der Auflassungsvormerkung umfasst, weil beides wesensmäßig
verschieden ist. Grundlage für die Bewilligung der Eintragung der Auflassung kann deshalb nur
die Vollmacht sein, die dem Notar in der Urkunde vom 25.11.1999 erteilt wurde.
Als Verfahrenshandlungen unterliegen sowohl die Eintragungsbewilligung als auch die Vollmacht dazu der eigenen Auslegung des Rechtsbeschwerdegerichts, ebenso die Frage der Auslegungsfähigkeit einer Grundbucherklärung (Demharter: GBO, 24. Aufl., § 78, Rdnr. 13 und 15).
Diese Auslegung führt dazu, den Notar als bevollmächtigt zur Bewilligung und Beantragung der
Eintragung der Auflassungsvormerkung anzusehen.
Schon aus dem Vergleich von § 6 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 der Urkunde vom 25.11.1999 wird
deutlich, dass Satz 2 eine Ermächtigung betrifft, die über die zum Vollzug der Urkunde erforderlichen Erklärungen hinausgeht, denn der Notar wird darin "ermächtigt, Bewilligungen und Anträge jeder Art zu stellen". Deshalb kommt es nicht darauf an, dass die Auflassungsvormerkung
nicht zum Vollzug der Urkunde erforderlich ist.
Auch dass die Beteiligten nach § 5 der Urkunde die Eintragung einer Auflassungsvormerkung
bei Vertragsabschluss nicht beantragt haben, schließt eine nachträgliche Beantragung nicht aus.
Dem Verzicht auf die Absicherung durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung liegt häufig
die Erwartung einer schnellen Abwicklung zu Grunde, die sich nach dem Zeitablauf zwischen
Beurkundung im November 1999 und der Einreichung beim Grundbuchamt im Oktober 2002
offensichtlich nicht erfüllt hat. Dieser Umstand ist bei der Auslegung des Willens der Beteiligten
zu berücksichtigen. Es ist deshalb nicht anzunehmen, dass der Beteiligte zu 2) auch für den jetzt
eingetreten Fall einer jahrelangen Verzögerung der Vollziehung auf eine Absicherung durch eine
Auflassungsvormerkung verzichtet hätte. Wegen der wirtschaftlich geringen Bedeutung des Objektes kann aber auch davon ausgegangen werden, dass der Beteiligte zu 1) trotz der grundsätzlichen Belastung, die die Eintragung einer Auflassung für den Eigentümer darstellt, gegen die
Eintragung einer Auflassungsvormerkung keine Einwände hat. Schon der Gesamtkaufpreis von
19,12 EUR legt nahe, dass die Beteiligten den Notar möglichst umfassend bevollmächtigen
wollten, um bei der weiteren Abwicklung nicht mehr persönlich tätig werden zu müssen, also
auch nicht weitere Genehmigungen und Bewilligungen abgeben zu müssen.
Vorsorglich wird für das weitere Verfahren bemerkt, dass die Bewilligung in der vom Notar unterzeichneten und mit seinem Dienstsiegel versehenen Erklärung vom 25.10. 2002 als notarielle
Eigenurkunde auch der Form des § 29 Abs. 1 Satz 1GBO genügt ( Senat
mit zustimmender Anmerkung von Reithmann; Demharter aaO., § 29 Rdnr. 35; Schöner/Stöber:
Grundbuchrecht, aaO., Rdnr. 164).
Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten war mangels weiterer Beteiligter mit widersprechendem Verfahrensziel nicht veranlasst.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Frankfurt a. Main
Erscheinungsdatum:09.02.2003
Aktenzeichen:20 W 45/03
Rechtsgebiete:
Beurkundungsverfahren
Grundbuchrecht
GBO § 15; BNotO § 24 Abs. 1 S. 2 E: BGB § 883