Grundbuchberichtigung nach Testamentsvollstreckung
letzte Aktualisierung: 30.11.2022
KG, Beschl. v. 13.10.2022 – 1 W 268/22
BGB §§ 2197, 2203, 2204, 2205, 2206, 2208, 2227, 2368; GBO §§ 13, 18, 22, 29, 35, 52; FamFG
§ 354
Grundbuchberichtigung nach Testamentsvollstreckung
Ist nach den Feststellungen des Nachlassgerichts ein von ihm ausgestelltes Testamentsvollstreckerzeugnis
unrichtig geworden, weil nach Erledigung von dem Erblasser dem Testamentsvollstrecker
übertragener Aufgaben nur noch eine überwachende Testamentsvollstreckung verbleibt,
kann der Beschluss, mit dem das Testamentsvollstreckerzeugnis eingezogen wird, ein geeigneter
Nachweis dafür sein, dass der Erbe in der Verwaltung und Verfügung über ein Grundstück durch
die Anordnung der Testamentsvollstreckung nicht beschränkt wird. Bei der Berichtigung des
Grundbuchs durch Eintragung des Erben ist dann nicht zugleich ein Testamentsvollstreckervermerk
einzutragen (Fortführung von Senat, Beschluss vom 9. Dezember 2014 – 1 W 266-269/14, MDR 2015,
343 = FamRZ 2015, 1055 =
Gründe
I.
Der am 5. März 2019 verstorbene eingetragene Eigentümer errichtete am 11. September
2017 zur UR-Nr. 9x/2... des Notars T... K... in B... von Todes wegen die Beteiligte als
gemeinnützige Stiftung und bestimmte sie zu seiner Alleinerbin. Unter Ziffer 3 der Urkunde
heißt es u.a.:
„Ich ordne Testamentsvollstreckung an. Sofern ich nicht selbst eine/n
Testamentsvollstrecker/in bestimme, soll das zuständige Nachlassgericht die Bestimmung
vornehmen. Der/die Testamentsvollstrecker/in soll alles tun, damit die Stiftung nach
bürgerlichem Recht entsteht, die Rechtsfähigkeit erlangt und als gemeinnützig anerkannt
wird. (…)
Der/Die Testamentsvollstrecker/in soll ferner meine weiteren Verfügungen in diesem
Testament ausführen, die Einhaltung meiner Auflagen überwachen und durchsetzen und ist
von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.“
Handschriftlich bestimmte der eingetragene Eigentümer am 11. Oktober 2017 den Notar
zum Testamentsvollstrecker, dem das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg am 16. April 2019
ein Testamentsvollstreckerzeugnis ausstellte.
Die Beteiligte wurde am 16. Dezember 2021 von der Senatsverwaltung für Justiz,
Verbraucherschutz und Antidiskriminierung als rechtsfähig anerkannt (ABl. Nr. ..., S. x). Im
Hinblick hierauf zog das Amtsgericht Kreuzberg das Testamentsvollstreckerzeugnis vom
16. April 2019 mit Beschluss vom 26. Januar 2022 ein. Dem Testamentsvollstrecker stünden
mit der Anerkennung der Beteiligten keine Befugnisse nach §§ 2203-2206 BGB mehr zu.
Seine Aufgaben beschränkten sich nunmehr auf Verwaltungsbefugnisse nach § 2208 Abs. 2
BGB.
Mit Beschluss vom 4. März 2022 entließ das Amtsgericht Kreuzberg den
Testamentsvollstrecker aus wichtigem Grund wegen grober Pflichtverletzungen bei der
Amtsführung.
Der 19. Zivilsenat des Kammergerichts wies die gegen beide Beschlüsse des Amtsgerichts
Kreuzberg erhobenen Beschwerden des Testamentsvollstreckers mit Beschlüssen vom 20.
Juni 2022 zurück (19 W 74/22 und 19 W 75/22).
Mit am 4. Februar 2022 bei dem Grundbuchamt eingegangenem Schreiben vom 21. Januar
2022 hat die Beteiligte die Berichtigung des Grundbuchs beantragt. Das Grundbuchamt hat
der Beteiligten mit Verfügung vom 4. April 2022 unter Fristsetzung aufgegeben, ein neues
Testamentsvollstreckerzeugnis vorzulegen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der
Beteiligten vom 8. April 2022, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 24. Mai 2022
nicht abgeholfen hat.
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO. Sie ist aber nur insoweit begründet, als die
Zwischenverfügung um ein weiteres, von dem Grundbuchamt bisher nicht aufgezeigtes
Beseitigungsmittel zu ergänzen ist.
a) Die Eintragung des Erben eines im Grundbuch eingetragenen Eigentümers erfolgt auf
Antrag,
einer Verfügung von Todes wegen beruht, durch Vorlage der Verfügung und der
Niederschrift über ihre Eröffnung nachgewiesen wird, § 35 Abs. 1 GBO. Hat der Erblasser
einen Testamentsvollstrecker ernannt, so ist dies bei der Eintragung des Erben von Amts
wegen mit einzutragen, § 52 GBO. Durch den im Grundbuch eingetragenen
Testamentsvollstreckervermerk wird verlautbart, dass das Grundstück der Verwaltung eines
Testamentsvollstreckers unterliegt und das Verfügungsrecht des Erben darüber
ausgeschlossen oder beschränkt ist (BayObLG,
Die Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks unterbleibt, wenn nachgewiesen ist,
dass das Grundstück der Verwaltung des Testamentsvollstreckers nicht unterliegt (OLG
München,
Nachweis in besonderer Form zu erbringen. Eine Eintragung im Grundbuch soll nur
vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der
Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte
Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzung der Eintragung bedürfen, soweit
sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche
Urkunden,
b) Danach ist das Grundbuchamt hier mit Recht in die Prüfung der Erforderlichkeit der
Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks eingetreten. Der eingetragene Eigentümer
hatte unter Ziffer 3 der UR-Nr. 9x/2... ausdrücklich Testamentsvollstreckung angeordnet.
aa) Zutreffend ist auch die Auffassung des Grundbuchamts, dass ein entsprechender
Vermerk dann nicht einzutragen ist, wenn sich die Aufgaben des Testamentsvollstreckers
lediglich – noch – auf die Wahrnehmung von Aufgaben im Rahmen des § 2208 Abs. 2 BGB
beschränken (sog. beaufsichtigende Vollstreckung, vgl. Weidlich, in: Grüneberg, BGB, 81.
Aufl., § 2208, Rdn. 6). Dann stehen dem Testamentsvollstrecker die Befugnisse nach
§§ 2203 bis 2206 BGB nicht zu, insbesondere hat er den Nachlass nicht zu verwalten und
kann auch über einzelne Nachlassgegenstände nicht verfügen (Weidlich, a.a.O.). Die
Wahrnehmung dieser Rechte steht somit dem Erben zu (Grotheer, in: BeckOGK, BGB,
§ 2208, Stand 04/2022, Rdn. 11).
bb) Zum Nachweis der Verfügungsbefugnis oder der sonstigen Rechtsstellung des
Testamentsvollstreckers ist ein von dem Nachlassgericht auszustellendes Zeugnis, § 2368
BGB, besonders geeignet. Liegt es vor, ist das Grundbuchamt an die dortigen
Feststellungen gebunden, zu einer eigenen, ergänzenden oder berichtigenden Auslegung der
Verfügung von Todes wegen ist es nicht berechtigt (Senat, Beschluss vom 11. Januar 2022 –
1 W 252/21 –
Ist der Testamentsvollstrecker in der Verwaltung des Nachlasses beschränkt, ist dies in dem
Testamentsvollstreckerzeugnis anzugeben,
dem Zeugnis nicht enthalten, ist von der gesetzlichen Verfügungsbefugnis des
Testamentsvollstreckers,
11. Januar 2022 – 1 W 252/21 –
Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass das Grundbuchamt die Vorlage
eines Testamentsvollstreckerzeugnisses, das die Beschränkung der Tätigkeit des
Testamentsvollstreckers auf die Befugnisse aus § 2208 Abs. 2 BGB ausweist, als geeignetes
Mittel erachtet hat, die Unsicherheit über das Erfordernis der Eintragung eines Vermerks
nach § 52 GBO zu beseitigen.
c) Erlässt das Grundbuchamt wegen eines dem Vollzug eines Antrags auf Eintragung im
Grundbuch entgegenstehenden Hindernisses eine Zwischenverfügung, § 18 Abs. 1 S. 1
Alt. 2 GBO, hat es darin die zur Beseitigung des Eintragungshindernisses geeigneten Mittel
zu bezeichnen. Bestehen mehrere Möglichkeiten, sind alle aufzuzeigen (Senat, Beschluss
vom 9. Dezember 2014 – 1 W 266-269/14 –
Hier kann der Nachweis der beschränkten Befugnisse des Testamentsvollstreckers auch
anders als durch ein entsprechendes Testamentsvollstreckerzeugnis erbracht werden. Das
führt im Beschwerdeverfahren aber nicht zur Aufhebung der angefochtenen
Zwischenverfügung, sondern lediglich zu ihrer Ergänzung wie sie sich aus dem
Beschlusstenor ergibt.
Der Senat hat bereits entschieden, dass aus der funktionellen Zuständigkeitsverteilung
zwischen Grundbuchamt und Nachlassgericht letzterem die vorrangige Kompetenz in der
Beurteilung der Frage zukommt, ob eine Testamentsvollstreckung angeordnet worden ist
und ob sie noch besteht. Zum Nachweis der Beendigung einer Testamentsvollstreckung
kann deshalb grundsätzlich eine Entscheidung des Nachlassgerichts genügen, die den
Fortbestand der Testamentsvollstreckung zum Gegenstand hatte (Senat, a.a.O.).
Eine dementsprechende Entscheidung hat das Nachlassgericht aber mit seinem Beschluss
vom 26. Januar 2022 getroffen. Damit hat es das ursprünglich erteilte
Testamentsvollstreckerzeugnis, das keine Hinweise auf Beschränkungen des
Testamentsvollstreckers enthielt, als unrichtig eingezogen, weil sich die Befugnisse des
Testamentsvollstreckers nach Anerkennung der Beteiligten durch die zuständige
Senatsverwaltung nur noch nach § 2208 Abs. 2 BGB richteten. Zwar ist mit diesem
Beschluss nicht die Beendigung der Testamentsvollstreckung als solche nachgewiesen,
jedoch folgt aus ihr, dass der Testamentsvollstrecker nicht – mehr - zur Verfügung über
Nachlassgegenstände befugt ist. Infolgedessen scheidet die Eintragung eines
Testamentsvollstreckervermerks im Grundbuch nunmehr aus.
d) Die Beteiligte hat den Beschluss des Nachlassgerichts bislang nur in – schlecht lesbarer –
einfacher Kopie zur Akte gereicht. Das entspricht nicht der Form des § 29 Abs. 1 S. 2
GBO. Das Entsprechende nachzuholen, hat sie nunmehr innerhalb eines Monats
Gelegenheit, vgl. § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO. Dabei hat Beteiligte aber zugleich
nachzuweisen, dass der Beschluss in Rechtskraft erwachsen ist. Der Nachweis kann durch
ein entsprechendes Zeugnis des Nachlassgerichts erbracht werden,
Rechtskraftzeugnis wird ausgeschlossen, dass es eine andere Interpretation der
testamentarischen Anordnungen durch das für Nachlasssachen zuständige
Beschwerdegericht gibt (Senat, a.a.O.).
e) Andere Mittel, mit denen nachzuweisen wäre, dass das Grundstück nicht der
Verfügungsbefugnis eines Testamentsvollstreckers unterliegt, sind nicht gegeben.
Insbesondere kann der Nachweis nicht durch den Beschluss des Nachlassgerichts über die
Entlassung des von dem Erblasser bestimmten Testamentsvollstreckers erbracht werden.
Es kommt hier also nicht darauf an, dass auch dieser Beschluss bislang nur in einfacher
Kopie vorliegt. Das Nachlassgericht hat mit Beschluss vom 4. März 2022 lediglich über die
Entlassung des bisherigen Testamentsvollstreckers entschieden. Eine Entscheidung über
den Fortbestand der Testamentsvollstreckung als solche ist damit nicht verbunden worden
(vgl.
2. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus §§ 63, 36 Abs. 3 GNotKG.
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, §§ 78 Abs. 2 S. 1 GBO, besteht nicht.
Entscheidung, Urteil
Gericht:Kammergericht
Erscheinungsdatum:13.10.2022
Aktenzeichen:1 W 268/22
Rechtsgebiete:
Testamentsvollstreckung
Grundbuchrecht
In-sich-Geschäft
Kostenrecht
Erbverzicht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Nachlaßabwicklung (insbes. Erbschein, Nachlaßinventar)
BGB §§ 2197, 2203, 2204, 2205, 2206, 2208, 2227, 2368; GBO §§ 13, 18, 22, 29, 35, 52; FamFG § 354