Keine Widerlegung der Vermutung der Rechtsinhaberschaft des eingetragenen Briefgrundschuldgläubigers durch Vorlage einer als "Benachrichtigungsvollmacht und Verpflichtungserklärung" bezeichneten Erklärung
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Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 19.9.2014
OLG Zweibrücken, 11.1.2010 - 3 W 187/09
BGB §§ 891 Abs. 1, 1192, 1154
Keine Widerlegung der Vermutung der Rechtsinhaberschaft des eingetragenen
Briefgrundschuldgläubigers durch Vorlage einer als "Benachrichtigungsvollmacht und
Verpflichtungserklärung" bezeichneten Erklärung
Alleine die Vorlage einer Urkunde, in der eine als "Benachrichtigungsvollmacht und
Verpflichtungserklärung" bezeichnete Erklärung des im Grundbuch eingetragenen Gläubigers
einer Briefgrundschuld gegenüber einem Dritten verbrieft ist, erschüttert nicht die aus § 891
Abs. 1 BGB und dem Briefbesitz folgende Vermutung der Rechtsinhaberschaft zugunsten des
eingetragenen Briefgrundschuldgläubigers.
Gründe
I.
Für die Beteiligte zu 1) ist an dem im Grundbuch von W.... Blatt ... eingetragenen
Grundbesitzanteil der Beteiligten zu 2) in Abt. III unter laufender Nr. 9 eine Briefgrundschuld in
Höhe von 210 000,00 € nebst 15 % Jahreszinsen und 5 % Nebenleistung – Mithaft Blatt ... und ...
– eingetragen. Die Beteiligte zu 1) ist im Besitz des Grundschuldbriefes. Mit
Pfandfreigabeerklärung des Notars P..., S... vom 29. Januar 2009 entließ die Beteiligte zu 1) den
obengenannten Grundbesitz aus der Mithaft und bewilligte und beantragte die entsprechende
Freigabe im Grundbuch.
Dem Grundbuchamt liegt eine „Benachrichtigungsvollmacht und Verpflichtungserklärung“ der
Beteiligten zu 1) vom 21. Februar 2006 vor. Darin ist ausgeführt, dass die für die Beteiligte zu 1)
im Grundbuch von W.... Blatt .../Blatt ... in Abt. III unter laufender Nr. .. eingetragene
Grundschuld in Höhe von 210 000,00 € mit einem erstrangigen Teilbetrag in Höhe von
100 000,00 € Kredite der D.... G....... AG, H...... sichere. Die Beteiligte zu 1) erteilte deshalb der
D.... G..... Vollmacht, alle Benachrichtigungen des Grundbuchamtes an den Gläubiger der (Teil–
)Grundschuld für sie zu empfangen und Grundbuchauszüge anzufordern. Gleichzeitig
verpflichtete sie sich zur Weiterleitung etwaiger Benachrichtigungen sowie behördlicher und
privater Erklärungen die ihnen gegenüber als Gläubiger abgegeben werden an die D..... G..........
Der Rechtspfleger beim Grundbuchamt forderte die Beteiligte zu 1) mit Zwischenverfügung vom
3. Februar 2009 auf, innerhalb von 3 Monaten die Zustimmung der D...... G........, H...... zu der
beantragten Pfandfreigabe vorzulegen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu
1) hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen.
Die Kammer vertritt - ebenso wie das Grundbuchamt - die Auffassung, die
„Benachrichtigungsvollmacht und Verpflichtungserklärung“ widerlege die aus § 891 Abs. 1
BGB folgende gesetzliche Vermutung, die Beteiligte zu 1) sei Inhaberin der im Grundbuch
eingetragenen Grundschuld. Auch wenn das Schriftstück keine Abtretungserklärung enthalte,
ergebe sich aus dem Wortlaut eindeutig, dass ein Teil der verfahrensgegenständlichen
Grundschuld einen Kredit der D...... G....... sichere. Diese Erklärung lasse nur den Schluss zu,
dass in Höhe von 100 000,00 € eine Teilabtretung der Grundschuld an die D............ G.......
erfolgt sei. Die Vermutung der Rechtsinhaberschaft zugunsten der Beteiligten zu 1) als
eingetragene Gläubigerin werde erst wieder hergestellt, wenn eine privatschriftliche
Rückabtretungserklärung vorgelegt werde oder sich die D...... G....... mit der Löschung der
Grundschuld (gemeint ist die Entlassung des Grundstückes aus der Mithaft) einverstanden
erkläre.
II.
Gemäß
dem Inkrafttreten des FamFG geltenden Vorschriften Anwendung.
Danach ist das Rechtsmittel in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 78 Satz
1, 80 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 3 GBO a.F.).
In der Sache führt die weitere Beschwerde zum Erfolg. Die angefochtene Entscheidung hält
nicht in allen Punkten der Rechtskontrolle stand (
Vorinstanzen als Voraussetzung für die Entlassung des im Rubrum näher bezeichneten
Grundstücksanteils aus der Mithaft die Zustimmung der D..... G......... bzw. eine
Rückabtretungserklärung gefordert.
Im Ansatz zutreffend hat die Kammer die Voraussetzungen der Entlassung eines Grundstückes
aus der Mithaft (Antrag,
GBO und dessen Voreintragung,
Entlassung eines Grundstückes aus der Mithaft in grundbuchrechtlicher Hinsicht nicht von denen
der Löschung einer Briefgrundschuld unterscheidet, ist die insoweit fehlerhafte Bezeichnung
durch die Kammer unschädlich.
Im Einzelnen gilt folgendes:
Bei der Prüfung des Vorliegens der oben genannten Voraussetzungen hat das Grundbuchamt
neben den vorgelegten Antragsunterlagen und dem Inhalt der Grundakten auch die ihm sonst
bekannt gewordenen Umstände zu berücksichtigen, jedoch nur soweit, als die Vorschriften der
Vermutung
– hier die des
Grundbuchamt diese Vermutung zu beachten und seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Etwas
anderen gilt nur dann, wenn diese Vermutung widerlegt ist (OLG Köln,
das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, genügt es hierfür nicht, dass die Rechtsvermutung
lediglich erschüttert ist. Vielmehr muss der volle Beweis des Gegenteils erbracht werden (BGH
NJW–RR 2006 662 m.w.N.). Dem Grundbuchamt müssen Tatsachen bekannt sein, die ihm die
sichere Überzeugung vermitteln, dass die gesetzliche Vermutung der Wahrheit widerspricht
(BGH
Diese Grundsätze haben die Vorinstanzen nicht hinreichend beachtet. Die dem Grundbuchamt
vorliegende „Benachrichtigungsvollmacht und Verpflichtungserklärung“ vom 21. Februar 2006
vermag die Vermutung der Rechtsinhaberschaft der Beteiligten zu 1) allenfalls zu erschüttern,
nicht aber diese Vermutung zu widerlegen.
Nach
vermutet, dass ihm dieses Recht zusteht. Für den Gläubiger eines Briefgrundpfandrechtes gilt
diese Vermutung nur, wenn er den Brief besitzt (Demharter, Grundbuchordnung, 26. Auflage,
Anhang zu § 13 Rdnr. 18). Nach den vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen
Feststellungen ist dies hier der Fall. Für die Beteiligte zu 1) ist im Grundbuch von W.... Blatt ....
und .... eine Grundschuld in Höhe von 210 000,00 € eingetragen, für die der im Rubrum
bezeichnete Grundstücksanteil der Beteiligten zu 2) mithaftet (siehe Eintrag im Grundbuch von
W..... Blatt ....). Die Beteiligte zu 1) ist auch im Besitz des Grundschuldbriefes.
Gemäß
Abtretungserklärung in schriftlicher Form und die Übergabe des Grundschuldbriefes
erforderlich. Im Falle der Teilabtretung einer Briefgrundschuldforderung ist entweder die
Übergabe eines Teilbriefes (
verbriefenden) Stammbriefes an den neuen Gläubiger oder einen gemeinsamen Verwahrer
(Palandt/Bassenge, BGB, 68. Aufl., § 1154 Rdnr. 12).
Widerlegt ist die Vermutung der Rechtsinhaberschaft des Eingetragenen nach
weiteres, wenn feststeht, dass die Grundschuld unter Übergabe des Briefes an die D..... G.............
durch öffentlich beglaubigte Erklärung abgetreten wurde. Von diesem Zeitpunkt an wird nach
Köln
festgestellt.
Dahingestellt bleiben kann, ob auch eine privatschriftliche Abtretungserklärung unter Übergabe
des Briefes zur Widerlegung der Vermutung des
ist, noch dass die Übergabe des (Teil-) Briefes an die D...... G.................. erfolgt ist.
Die Kammer hat lediglich aus der „Benachrichtigungsvollmacht und Verpflichtungserklärung“
geschlossen, dass eine Abtretung erfolgt sein müsse. Dieser Rückschluss ist indes nicht
zwingend. Denkbar ist auch eine nur schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den Parteien zur
Absicherung eines Kredites. Einer solchen Auslegung steht auch der Wortlaut der Erklärung
nicht entgegen. Zudem hat die Kammer auch nicht die erforderliche Übergabe des Briefes an die
D..... G............ (oder an einen gemeinsamen Verwahrer) oder die Bildung und Übergabe eines
Teilgrundschuldbriefes festgestellt. Zwar können sogenannte Übergabesurrogate vereinbart
werden; Anhaltspunkte dafür, dass dies vorliegend geschehen sein soll und wenn ja, in welcher
Form, hat die Kammer nicht festgestellt.
Aus den in der Zwischenverfügung des Grundbuchamtes und den Beschlussgründen des
Landgerichts angestellten Erwägungen darf die Entlassung des Grundstücks aus der Mithaft
deshalb nicht abgelehnt werden.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Zweibrücken
Erscheinungsdatum:11.01.2010
Aktenzeichen:3 W 187/09
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Grundpfandrechte
BGB §§ 891 Abs. 1, 1192, 1154