Ausschluss der Vertretungsmacht nach § 1795 BGB bei Gesellschafterbeschlüssen; Voraussetzungen für die vorgezogene Legitimationswirkung nach § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG
letzte Aktualisierung: 29.6.2022
OLG München, Urt. v. 30.3.2022 – 7 U 6050/21
AktG § 241 Nr. 1; GmbHG § 16 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 2 u. 4, 40; BGB §§ 1590, 1795 Abs. 1
Nr. 1, 1822 Nr. 3, 1908i Abs. 1
Ausschluss der Vertretungsmacht nach § 1795 BGB bei Gesellschafterbeschlüssen;
Voraussetzungen für die vorgezogene Legitimationswirkung nach § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG
1. Die vorgezogene Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG kann bei nachträglicher Listenkorrektur auch von der durch den
Geschäftsführer eingereichten Gesellschafterliste ausgehen.
2. Bei einem Zustimmungsbeschluss zur Veräußerung eines vinkulierten Geschäftsanteils des
Mündels ist aufgrund des bestehenden Interessenkonflikts der Anwendungsbereich des § 1795 Abs.
1 Nr. 1 BGB eröffnet.
(Leitsätze der DNotI-Redaktion)
Entscheidungsgründe
A.
Die Parteien streiten um die Gesellschafterstellung des Klägers in der P. R. GmbH.
Der unter rechtlicher Betreuung stehende Kläger ist der Sohn der E. R. und des am 19.01.2020 verstorbenen
P. R. Bis zum Tod des P. R. waren Betreuer die Eltern des Klägers, wobei beide Elternteile
einzelvertretungsberechtigt waren. Die Betreuung erstreckt sich u.a. auch auf den Aufgabenkreis
Vermögenssorge. Seit 11.03.2020 ist Frau I. D. weitere einzelvertretungsberechtigte Betreuerin des Klägers.
Die Beklagte ist die Ehefrau des Halbbruders des Klägers M. R. M. R. ist Sohn des P. R.
Gesellschafter der P. R. GmbH waren nach deren Gründung mit Urkunde des Notars Dr. S. (URNr.
…77/2005 laut Anl. AS 17) zunächst die Eheleute P. und E. R. An dem voll eingezahlten Stammkapital von
25.000,00 € hielten die Eheleute R. jeweils einen Anteil von 12.500,00 € (P. R. Geschäftsanteil Nr.1 und E. R.
Geschäftsanteil Nr. 2).
Die Satzung der P. R. GmbH lautete auszugsweise wie folgt (Anl. AS 17):
„§ 6 Verfügung über Geschäftsanteile
Die Teilung von Geschäftsanteilen sowie jede Verfügung über Geschäftsanteile oder Teile von solchen,
insbesondere die Abtretung, die Verpfändung und die Nießbrauchsbestellung, ist bis zum Vorliegen eines
einstimmig gefassten Zustimmungsbeschlusses aller Gesellschafter unwirksam. (…)“
Mit notarieller Urkunde vom 05.12.2008 (UR-Nr. …66/2008 laut Anl. AS 7) teilten die Eheleute ihre Anteile an
der P. R. GmbH in Anteile von jeweils 6.250,00 € (P. R. Geschäftsanteile Nrn 1 und 3, E. R. Geschäftsanteile
Nrn 2 und 4). Mit gleicher Urkunde schenkten die Eheleute dem Sohn des P. R. aus erster Ehe, M. R., die
Geschäftsanteile Nrn 1 und 2 und dem Kläger die Geschäftsanteile Nrn 3 und 4 und traten diese ab. Die
Anteilsabtretung an M. R. sollte sofort wirksam werden, die Abtretung an den Kläger erst „mit Genehmigung
des Familiengerichts“.
In der Urkunde vom 05.12.2008 laut Anl. AS 7 hieß es unter V.:
„Die Beteiligten wurden vom Notar darauf hingewiesen, dass
1. die Abtretung für die Gesellschaft erst mit Vorlage der neuen Liste der Gesellschafter beim
Handelsregister wirksam ist; Aus diesem Grund erteilt der Veräußerer dem Erwerber bereits heute bis zu
diesem Zeitpunkt Vollmacht, befreit von
(…)
4. eine aktualisierte Liste muss beim Registergericht eingereicht werden. Der Notar wird zu deren Entwurf
beauftragt, ebenso zur Einreichung der entsprechenden Bescheinigung.
(…)“
In Vollzug der Urkunde vom 05.12.2008 reichte der beurkundende Notar unter URNr. …93/2008 beim
Handelsregister die Gesellschafterliste laut Anl. AS 12 ein, die als Gesellschafter der P. R. GmbH Herrn M1.
R. (Geschäftsanteile Nrn 1 und 2), Herrn P. R. (Geschäftsanteil Nr. 3) und Frau E. R. (Geschäftsanteil Nr. 4)
auswies. Nach Bestellung einer Ergänzungsbetreuerin mit dem Aufgabenkreis „Schenkung von
Geschäftsanteilen und Kommanditeinlagen gemäß Urkunde des Notars Dr. M2. S. (…) vom 05.12.2008,
URNr. …66/2008“ (Anl.AS 9) und Genehmigung des Schenkungsvertrages durch das Vormundschaftsgericht
mit Beschluss vom 09.06.2009 (Anl. AS 10) waren die Bedingungen, unter denen die
Geschäftsanteilsabtretung stand, erfüllt. Eine dementsprechend aktualisierte Gesellschafterliste der P. R.
GmbH wurde jedoch in der Folge bis 15.01.2020 nicht eingereicht.
Am 16.01.2020 ging beim Amtsgericht Registergericht München die unter dem 15.01.2020 vom
Geschäftsführer der P. R. GmbH eingereichte Gesellschafterliste laut Anl. AS 13 beim Handelsregister ein,
die als Gesellschafter der P. R. GmbH nunmehr M. R. (Geschäftsanteile Nrn 1 und 2) und den Kläger
(Geschäftsanteile Nrn 3 und 4) mit jeweils zwei Geschäftsanteilen zu je 6.250,00 € auswies. Die
Gesellschafterliste vom 15.01.2020 wurde am 20.01.2020 in den Registerordner aufgenommen.
Mit Urkunde des Notars Dr. G. vom 17.01.2020 (URNr. … 87/2020) laut Anl. AS 15, bei deren Errichtung im
Klinikum N. neben P. R. M. R. und die Beklagte anwesend waren, veräußerte der Kläger, hierbei vertreten
durch P. R. als dessen Betreuer, die Geschäftsanteile Nrn 3 und 4 an der P. R. GmbH zum Preis von
insgesamt 12.500 € an die Beklagte, die Frau des M. R. Gleichzeitig trat der Kläger in der notariellen
Urkunde diese Geschäftsanteile unter der aufschiebenden Bedingung der Zahlung des Kaufpreises durch die
Beklagte an ihn an die Beklagte ab. Die Urkunde vom 17.01.2020 enthält unter § 3 Nr. 2 folgenden weiteren
Passus:
„Zustimmung:
Sämtliche Gesellschafter der GmbH sind anwesend oder vertreten und fassen unter Verzicht auf die
Einhaltung aller Form- und Fristvorschriften folgenden Gesellschafterbeschluss:
„Den in dieser Urkunde vereinbarten Geschäftsanteilsabtretungen wird vorbehaltslos zugestimmt.“
(…)“
Der beurkundende Notar reichte am 21.01.2020 eine neue Gesellschafterliste laut Anl. AG 1 beim
Handelsregister ein, die am 23.01.2020 in das Handelsregister aufgenommen wurde und die als
Gesellschafter der P. R. GmbH M. R. (Geschäftsanteile Nrn 1 und 2) und die Beklagte (Geschäftsanteile Nrn
3 und 4) mit jeweils zwei Geschäftsanteilen zu je 6.250,00 € auswies.
Die P. R. GmbH ist geschäftsführende Komplementärin der P. R. GmbH & Co. G. KG sowie der R. B.- und I.
GmbH & Co G. KG, die jeweils über Grundvermögen im Wert von mindestens fünf Millionen Euro verfügen,
hält jedoch keinen Kapitalanteil an den beiden Kommanditgesellschaften. Kommanditisten der beiden
Kommanditgesellschaften sind zu gleichen Teilen der Kläger und M. R.
Der Kläger trug vor, dass die Abtretung der Geschäftsanteile des Klägers durch diesen an die Beklagte
unwirksam sei, da der nach § 6 der Satzung der P. R. GmbH dazu erforderliche einstimmige
Zustimmungsbeschluss aller Gesellschafter nicht vorgelegen habe. Denn der Gesellschafterbeschluss vom
17.01.2020, mit dem die Zustimmung zur Abtretung hätte erklärt werden sollen, sei entsprechend § 241 Nr. 1
AktG nichtig, da E. R. zu der Gesellschafterversammlung vom 17.01.2020 nicht geladen gewesen sei und
deshalb daran auch nicht teilgenommen habe. E. R. sei aber zum Zeitpunkt der Fassung des
Zustimmungsbeschlusses noch Gesellschafterin der P. R. GmbH gewesen, da die Gesellschafterliste vom
15.01.2020, die E. R. nicht mehr als Gesellschafterin auswies, am 17.01.2020 noch nicht in das
Handelsregister aufgenommen gewesen sei. Auf § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG könne sich die Beklagte insoweit
nicht berufen, da die Gesellschafterliste vom 15.01.2020 nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit einer
Anteilsübertragung eingereicht worden sei, nachdem die darin nachvollzogene Anteilsübertragung bereits im
Jahr 2008 erfolgt sei. Darüber hinaus betreffe die fragliche Rechtshandlung des Klägers auch nicht die
Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses, sondern sein sofortiges Ausscheiden. Im Übrigen hätten die
Beteiligten von der aufschiebenden Bedingung in der Urkunde vom 05.12.2008 gewusst. Schließlich könne
die Gesellschafterliste vom 15.01.2020 auch schon deshalb keine Rechtsscheinswirkung entfalten, da sie
nicht vom Notar als dafür nach § 40 GmbHG zuständiger Person eingereicht worden sei.
Darüber hinaus hätte die Veräußerung der Anteile an der P. R. GmbH auch der Genehmigung durch das
Betreuungsgericht nach
Der Kläger beantragte daher im Wege der einstweiligen Verfügung folgendes anzuordnen.
I. Hinsichtlich der im Handelsregister des Amtsgerichts München unter HRB 158468 eingetragenen P. R.
GmbH mit dem Sitz in M. ist zur Liste der Gesellschafter ein Widerspruch zuzuordnen, soweit die
Antragsgegnerin und nicht der Antragsteller als Inhaber der Geschäftsanteile der Gesellschaft mit Lfd. Nr. 3
und 4 zu je nominal EUR 6.250,00 ausgewiesen ist.
II. Der Antragsgegnerin wird untersagt, ihre Gesellschafterrechte aus den Geschäftsanteilen mit Lfd. Nr. 3
und 4 aufgrund Eintragung in der Gesellschafterliste der P. R. GmbH mit dem Sitz in M., insbesondere das
Stimmrecht in Gesellschafterversammlungen, auszuüben, bis die Wirksamkeit der Übertragung der in Ziff. I.
näher bezeichneten Geschäftsanteile aufgrund der Urkunde über eine Geschäftsanteilsveräußerung vom
17.01.2020 (Notar Dr. M1. G. in M., URNr. …87/2020) rechtskräftig ist.
Mit Beschluss vom 09.03.2020, Az. 14 HK O 2900/20, der dem Klägervertreter am selben Tag zugestellt
wurde, erließ das Landgericht München I wegen Dringlichkeit gemäß § 937 Abs. 2 ZPO ohne mündliche
Verhandlung die beantragte einstweilige Verfügung, die der Beklagten im Wege des Parteibetriebes am
11.03.2020 zugestellt wurde (Bl. zu 24 d.A.).
Auf Antrag des Klägers vom 09.04.2020 wurde am 15.04.2020 ein Widerspruch zur Gesellschafterliste vom
21.01.2020 in das Handelsregister aufgenommen (vgl. Anl. AG 3).
Mit Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 19.10.2020 legte die Beklagte Widerspruch gegen die
einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 09.03.2020 ein und beantragte,
Unter Aufhebung der Einstweiligen Verfügung des Landgericht München [sic] vom 09.03.2020, Aktenzeichen
14 HK O 2900/20 wird der auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung gerichtete Antrag des Antragstellers vom
06.03.2020 zurückgewiesen.
Die Beklagte trug zur Begründung ihres Widerspruchs vor, dass die einstweilige Verfügung nicht innerhalb
der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO vollzogen worden sei, da in der einstweiligen Verfügung eine
Unterlassungsanordnung getroffen worden sei, sodass für eine Vollziehung eine Ordnungsmittelandrohung
gemäß § 890 Abs. 2 ZPO erforderlich gewesen sei. Eine solche gebe es aber nicht.
Die einstweilige Verfügung sei, jedenfalls soweit der Beklagte untersagt werden solle, ihre
Gesellschafterrechte bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache auszuüben, eine Leistungsverfügung und
würde die Hauptsache in unzulässiger Weise vorwegnehmen. Die Voraussetzungen für die ausnahmsweise
Zulässigkeit einer solchen Verfügung lägen nicht vor.
Hinsichtlich des Widerspruchs fehle es schon deshalb an einer Dringlichkeit, da gemäß § 16 Abs. 3 S. 2
GmbHG eine Übertragung der streitgegenständlichen Geschäftsanteile auf einen gutgläubigen Dritten
frühestens in zweieinhalb Jahren möglich sei und die Beklagte keine konkrete Gefahr eines gutgläubigen
Erwerbs der Anteile durch einen Dritten dargelegt habe.
Es läge auch ein Fall der Selbstwiderlegung vor, da der Kläger nach seinen eigenen Angaben bereits seit
Januar 2020 Kenntnis von der Anteilsübertragung gehabt habe.
Da die die Beklagte als Gesellschafterin ausweisende Gesellschafterliste vom 21.01.2020 (Anl. AG 1) in das
Handelsregister aufgenommen worden sei, sei die Beklagte aufgrund der unwiderleglichen
Legitimationswirkung dieser Liste zwingend als Gesellschafterin zu behandeln. Selbst wenn sie materiell
nicht Inhaberin der Geschäftsanteile sein sollte, werde sie als Inhaberin fingiert, sodass ihr die Ausübung
ihrer Gesellschafterrechte nicht im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt werden könnten.
Im Übrigen hätte E. R. den Gesellschafterbeschluss vom 17.01.2020 anfechten müssen, wenn sie glaube, zu
diesem Zeitpunkt noch Gesellschafterin gewesen zu sein. Dies habe sie jedoch nicht getan.
Mit Endurteil vom 05.08.2021, Az. 2900/20, hielt das Landgericht seinen Beschluss vom 09.03.2020 (im
Urteil irrtümlich als vom 09.04.2020 datierend bezeichnet) aufrecht.
Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Landgericht aus, dass der
Geschäftsanteilsveräußerungsvertrag vom 17.01.2020 entsprechend §§ 1908 i Abs. 1, 1795 Abs. 1 Nr. 1
BGB unwirksam gewesen sei. Zwar sei der Anwendungsbereich des
unmittelbar eröffnet, da der Geschäftsanteilsveräußerungsvertrag nicht - wie vom Wortlaut des § 1795 Abs. 1
Nr. 1 BGB gefordert - zwischen dem Kläger einerseits und dem Ehegatten des Betreuers P. R. oder einem
seiner Verwandten in gerader Linie andererseits geschlossen worden. Jedoch läge ein
Umgehungstatbestand vor, der eine entsprechende Anwendung des
Der Umgehungstatbestand ergäbe sich aus einer Gesamtschau der Umstände des Abschlusses des
Vertrages. Durch die Geschäftsanteilsveräußerung sei die von den Eltern des Klägers vorgenommene
Teilung der Kontrolle der P. R. GmbH (im Endurteil infolge einer jedenfalls insoweit unveränderten
Übernahme der Textpassage aus der Hauptsacheentscheidung des Landgerichts irrig als Beklagte zu 1
bezeichnet) vollständig aufgehoben worden, da nunmehr der Geschäftsführer der P. R. GmbH zusammen mit
seiner Ehefrau die Kontrolle über die P. R. GmbH und damit mittelbar auch über die P. R. GmbH & Co
Grundstücks KG erlangt habe (LGU S. 4). Auch die Abläufe der Gesellschafterversammlung der P. R. GmbH
vom 17.01.2020 belegten den Umgehungswillen der an der Geschäftsanteilsveräußerung Beteiligten.
Auffällig sei bereits, dass die Niederschrift des beurkundenden Notars keinerlei Feststellungen über die
Geschäftsfähigkeit des P. R. enthalte, obwohl dieser zwei Tage danach versterben sollte. Auch sei in der
Urkunde des Notars nicht erwähnt, in wessen Auftrag der Notar sich zur Beurkundung in das Krankenhaus
begeben habe. Fragwürdig sei des Weiteren, wieso die Betreuungsakte des Amtsgerichts München zur
Einsichtnahme vorgelegen habe. Die Urkunde enthalte auch keine Angaben, in welchem Zimmer des
Krankenhauses N. die Beurkundung erfolgt sei. Ein starkes Indiz für den Umgehungswillen aller Beteiligten
sei auch, dass, obwohl in einem psychiatrischen Konsil am 14.01.2020, d.h. fünf Tage vor dem Tod des
Betreuers, kognitive Defizite im Kurzzeitgedächtnis des P. R. sowie eine beeinträchtigte Kritik- und
Urteilsfähigkeit festgestellt worden seien, die Geschäftsfähigkeit nicht mehr überprüft worden sei. All dies
zeige, dass es bei der Anteilsveräußerung und -übertragung nur darum gegangen sei, dem Geschäftsführer
der P. R. GmbH die faktische Kontrolle über alle Geschäftsanteile zu verschaffen, was ihm durch
Übertragung an sich selbst gemäß
Aufgrund der Unwirksamkeit des Geschäftsanteilsveräußerungsvertrages komme es auf die
Geschäftsfähigkeit des P. R. sowie auf die Frage eines Ladungsmangels hinsichtlich der
Gesellschafterversammlung nicht mehr an (LGU S. 5).
Die einstweilige Verfügung sei auch binnen der Monatsfrist des
Ordnungsmäßigkeit dieses Vollzugs - auch nicht hinsichtlich des Unterlassungsteils - sei es nicht erforderlich,
dass in der einstweiligen Verfügung eine Ordnungsmittelandrohung iSd. § 890 Abs. 2 ZPO enthalten
gewesen sei (LGU S. 5). Die Zustellung der einstweiligen Verfügung im Parteibetrieb genüge (LGU S. 6).
Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des
landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags
ihr Aufhebungs- und Antragsabweisungsziel vollumfänglich weiter.
Die Beklagte beantragt daher:
Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 05.08.2021, Az. 14 HK O 2900/20, wird die
Einstweilige Verfügung vom 09.03.2020 aufgehoben und sämtliche Verfügungsanträge zurückgewiesen [sic].
Die Klägerin beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Hilfsweise:
Das Urteil des Landgerichts München I vom 26.08.2021, 14 HK O 2900/20, wird abgeändert und die
Einstweilige Verfügung vom 09.03.2020 wird aufgehoben, soweit der Antragsgegnerin in Ziffer II untersagt
wurde, ihre Gesellschafterrechte aus den Geschäftsanteilen mit Lfd. Nr. 3 und 4 aufgrund Eintragung in der
Gesellschafterliste der P. R. GmbH mit dem Sitz in M., insbesondere das Stimmrecht in
Gesellschafterversammlungen, auszuüben. Im Übrigen wird die Berufung kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Senat hat am 30.03.2022 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, die
zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze und den übrigen Akteninhalt wird Bezug
genommen.
B.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur hinsichtlich Ziffer 2 des Tenors der einstweiligen Verfügung vom
09.03.2020 begründet, da insoweit die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO nicht eingehalten ist (s. unten
II.). Im Übrigen, d.h. bezüglich Ziffer 1 des Tenors der einstweiligen Verfügung vom 09.03.2020, ist die
Berufung dagegen unbegründet, da der Kläger insoweit sowohl einen Verfügungsanspruch hat, ein
Verfügungsgrund vorliegt als auch die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO eingehalten wurde (s. unten I).
I.
1. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung, mittels derer einer Eintragung in die Gesellschafterliste nach §
16 Abs. 3 Satz 4 GmbHG ein Widerspruch zugeordnet werden kann, setzt zunächst einen
Verfügungsanspruch voraus. Dabei handelt es sich in Anlehnung an § 894 BGB um einen
Berichtigungsanspruch gegen einen zu Unrecht Eingetragenen. Anspruchsinhaber ist derjenige, der anstelle
des Eingetragenen wahrer Berechtigter wäre (vgl. Drescher in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage,
München, 2020, Rdnr. 63 zu § 935 ZPO).
Ein solcher Berichtigungsanspruch gegen die Beklagte steht dem Kläger zu, da er immer noch (Mit)
Gesellschafter der P. R. GmbH und somit wahrer Berechtigter ist. Denn zwar ist der GAV entgegen der
Ansicht des Landgerichts nicht unwirksam und liegen die nach § 6 der Satzung der P. R. GmbH
erforderlichen Zustimmungen aller Gesellschafter zur Abtretung der Geschäftsanteile Nrn 3 und 4 an die
Beklagte dem Grunde nach vor, die von P. R. als Betreuer des Klägers für diesen abgegebene
Zustimmungserklärung ist jedoch nach
a. Die Veräußerung und Abtretung der Geschäftsanteile Nrn 3 und 4 durch den Kläger an die Beklagte ist
entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht nach §§ 1795 Abs. 1, 1908 i Abs. 1 BGB unwirksam. Bei der
Veräußerung und Abtretung der Geschäftsanteile handelt es sich nicht um ein Rechtsgeschäft zwischen dem
Kläger einerseits und dem Ehegatten, dem Lebenspartner oder einem Verwandten in gerader Linie des
Betreuers andererseits, da die Beklagte mit P. R. nicht in gerader Linie verwandt, sondern dessen
Schwiegertochter ist und damit kein Fall vorliegt, der vom Wortlaut des
würde.
Rechtsfehlerhaft nimmt das Landgericht insoweit an, dass
streitgegenständlichen Fall auf die Beklagte als mit dem Betreuer verschwägerte Person iSd.
entsprechend anwendbar sei. Denn eine über den Wortlaut der Norm hinausgehende erweiternde Auslegung
auf andere Personen als Verwandte in gerader Linie iSd. § 1589 Abs. 1 S. 1 BGB ist nach der insoweit
einhelligen Rechtsprechung nicht zulässig. Sollte bei einem Rechtsgeschäft des insoweit vom Betreuer
vertretenen Betroffenen mit einer mit dem Betreuer verschwägerten Person ein erheblicher Interessenkonflikt
bestehen, so ist nach § 1796 BGB vorzugehen, was im streitgegenständlichen Fall allerdings nicht
geschehen ist (für Verwandte des Betreuers in der Seitenlinie iSd. § 1589 Abs. 1 S. 2 BGB vgl. BayObLG,
Beschluss vom 01.10.1997 - 3Z BR 352/97, Rdnr. 13, für Verschwägerte iSd.
1795 BGB, Schulte-Bunert in Erman, BGB, 16. Auflage, Köln 2020, Rdnr. 4 zu § 1795 BGB, Veit in
Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, Rdnr. 57 zu § 1795 BGB).
Selbst wenn man mit den vom Landgericht in Bezug genommenen Literaturmeinungen (Sonnenfeld in beckonline.
GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.11.2021, Rdnrn 33 ff. zu § 1795 BGB und Spickhoff in Münchener
Kommentar zum BGB, 8. Auflage, München 2020, Rdnr. 17 zu § 1795 BGB) unter bestimmten Umständen
eine erweiterte Anwendung des
Meinungen zusätzlich zu erfüllenden Voraussetzungen im streitgegenständlichen Fall jedoch nicht gegeben.
Denn eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des
Literaturstimmen nur bei Strohmanngeschäften angenommen, also in Fällen, in denen die verschwägerte
Person Strohmann einer in gerader Linie mit dem Betreuer verwandten Person ist und deshalb ein
Umgehungsgeschäft vorliegt (vgl. Sonnenfeld, aaO, Rdnr. 39 zu § 1795 BGB und Spickhoff, aaO). Dies
bedeutet, dass die Beklagte als Ehefrau des M. R., des Sohns des Betreuers, Strohfrau ihres Ehemannes
hätte sein müssen. Dies hat die Klägerseite jedoch schon gar nicht behauptet und erst recht nicht glaubhaft
gemacht (vgl. insoweit den Schriftsatz des Klägervertreters vom 20.05.2021, S. 4 - 6, Bl.78 - 80 d.A.).
b. P. R. bedurfte zum Abschluss des GAV für den Kläger auch gemäß
der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Denn die Beteiligung des Klägers an der P. R. GmbH betrug nur
50% und überstieg damit nicht den von der Rechtsprechung für eine Genehmigungspflicht aufgestellten
Grenzwert (vgl. BGH, Urteil vom 28.01.2003 - X ZR 199/99, Rdnr. 29). Im Übrigen betreibt die P. R. GmbH
selbst auch kein Erwerbsgeschäft. Sie ist nämlich lediglich geschäftsführende Komplementärin der P. R.
GmbH & Co. G. KG sowie der R. B.- und I. GmbH & Co G. KG und hält an diesen beiden Gesellschaften
selbst keine Anteile.
c. Entgegen der Ansicht der Klägerin fehlt es auch dem Grunde nach nicht an dem nach § 6 Abs. 1 S. 1 der
Satzung der P. R. GmbH erforderlichen einstimmigen Zustimmungsbeschluss aller Gesellschafter zur
Abtretung der Geschäftsanteile durch den Kläger an die Beklagte. Denn sowohl der Kläger, dieser vertreten
durch P. R. als sein einzelvertretungsberechtigter Betreuer mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge, als
auch M. R. haben ausweislich § 3 Nr. 2 GAV der Abtretung der Geschäftsanteil Nrn 3 und 4 an die Beklagte
zugestimmt.
aa. Zwar gilt gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG im Verhältnis zur Gesellschaft im Fall einer Veränderung in
den Personen der Gesellschafter als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im
Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Dies war bei Abschluss des GAV am
17.01.2020 (neben M. und P. R.) E. R., da zu diesem Zeitpunkt die Gesellschafterliste laut Anl. AS 12 in das
Handelsregister aufgenommen war, in der der Kläger nicht als Gesellschafter genannt war. Die geänderte
Gesellschafterliste vom 15.01.2020 laut Anl. AS 13, die anstelle von E. (und P.) R. nunmehr den Kläger als
Gesellschafter auswies, wurde dagegen erst am 20.01.2020 und damit nach Abschluss des GAV am
17.01.2020 in das Handelsregister aufgenommen.
bb. Aufgrund der Regelung in § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG, die insoweit eine Ausnahme zum Grundsatz des §
16 Abs. 1 S. 1 GmbHG konstituiert, war jedoch dennoch nicht mehr die Zustimmung der E. R. als Veräußerin
zur Abtretung erforderlich, sondern genügte die Zustimmung des Klägers als Erwerber. Denn die geänderte,
nunmehr nicht mehr E. R., sondern den Kläger als Gesellschafter der P. R. GmbH bezeichnende
Gesellschafterliste vom 15.01.2020 laut Anl. AS 13 wurde bereits am 20.01.2020, d.h. nur drei Tage nach
Abgabe der Zustimmungserklärung und damit unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung iSd. § 16
Abs. 1 S. 2 GmbHG in das Handelsregister aufgenommen. Da der Kläger bei Abschluss des GAV aufgrund
der Geschäftsanteilsabtretung vom 05.12.2008 und nach Erfüllung aller insoweit im Schenkungsvertrag vom
05.12.2008 laut Anl. AS 8 stipulierten Bedingungen, insbesondere der vormundschaftsgerichtlichen
Genehmigung des Schenkungsvertrages laut Anl. AS 10, materiell-rechtlich bereits Gesellschafter der P. R.
GmbH war, führte die Aufnahme der Gesellschafterliste vom 15.01.2020 laut Anl. AS 13 dazu, dass die
zunächst schwebend unwirksame Zustimmung des Klägers rückwirkend wirksam wurde.
Die gegen eine Anwendbarkeit des § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG im streitgegenständlichen Fall vorgetragenen
Einwände der Klägerseite greifen nicht durch.
(1) Die unstreitige Tatsache, dass zwischen dem Eintritt der letzten Bedingung für die Schenkung der
Geschäftsanteile Nrn 3 und 4 durch E. und P. R. an den Kläger im Juni 2009 (vormundschaftsgerichtliche
Genehmigung) und der Einreichung bzw. Aufnahme der den Kläger ausweisenden Gesellschafterliste vom
15.01.2020 mehr als ein Jahrzehnt liegt, schließt eine Anwendbarkeit des § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG im
streitgegenständlichen Fall nicht aus. Die Regelung fordert nach ihrem Wortlaut nämlich nur einen engen
zeitlichen Zusammenhang zwischen der von einem Erwerber vorgenommenen Rechtshandlung einerseits
und der Aufnahme der ihn als neuen Gesellschafter ausweisenden Gesellschafterliste in das Handelsregister
andererseits, der im streitgegenständlichen Fall - wie oben dargelegt - besteht. Von einem gleichzeitig
erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang auch zwischen dem materiell-rechtlichen Erwerb der
Gesellschafterstellung einerseits und der Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste in das
Handelsregister ist dagegen in § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG keine Rede. Ein Grund, den Anwendungsbereich
des § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG über seinen Wortlaut hinaus auf Fälle zu beschränken, in denen der materiellrechtliche
Erwerb der Gesellschaftsanteile kurz vor der Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste in das
Handelsregister erfolgte, ist nicht ersichtlich. Denn dies würde zu einer Benachteiligung des Erwerbers
führen, dem dadurch die in § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG einem Erwerber grundsätzlich eröffnete Möglichkeit, -
wenn auch zunächst nur schwebend unwirksame - Rechtshandlungen bereits vor Aufnahme der geänderten
Gesellschafterliste in das Handelsregister vorzunehmen, genommen würde, ohne dass er mangels eigener
Einreichungszuständigkeit Einfluss auf den Zeitpunkt der Einreichung derjenigen aktualisierten
Gesellschafterliste gehabt hätte, die ihn als Gesellschafter ausweist.
(2) § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG ist entgegen der Ansicht des Klägervertreters auch nicht deshalb unanwendbar,
weil die Rechtshandlung gar nicht das Gesellschaftsverhältnis und dessen Fortsetzung, sondern die
Zustimmung zu seinem sofortigen Ausscheiden aus der Gesellschaft betroffen hätte (Schriftsatz des
Klägervertreters vom 06.03.2020, S. 12 letzter Absatz). Auf die Zielrichtung der Rechtshandlung iSd. § 16
Abs. 1 S. 2 GmbHG kommt es nämlich nicht an. Dem Wortlaut ist keine derartige Einschränkung zu
entnehmen. Die vom Kläger in Bezug genommene Rechtsprechung des BGH aus dem Jahr 1954 (Urteil vom
01.12.1954 - II ZR 285/53) stützt seine Behauptung nicht. Die hier einschlägige Norm des § 16 Abs. 1 S. 2
GmbHG wurde erst durch das MoMiG vom 23.10.2008 (BGBl. I 2026) geschaffen, sodass sich die
Rechtsprechung des BGH aus dem Jahr 1954, die zu einer völlig anderen Rechtslage erging, schon deshalb
nicht darauf beziehen kann. Die des Weiteren vom Kläger in Bezug genommene Entscheidung des OLG
Zweibrücken (Beschluss vom 15.12.2011 - 3 W 144/11) erging zwar zu § 16 GmbHG in der aktuellen
Fassung, betraf jedoch keinen Fall des § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG.
(3) Warum sich die am GAV Beteiligten nicht auf § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG berufen können sollen, weil sie
von der aufschiebenden Bedingung in der Schenkungsurkunde vom 05.12.2008 wussten, erschließt sich
dem Senat nicht. Entscheidend ist im Hinblick auf § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG nur, dass der Erwerber zum
Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung iSd. § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG materiell-rechtlich bereits
Gesellschafter war. Diese Voraussetzung ist - wie oben dargelegt - in der Person des Klägers jedoch erfüllt.
(4) Schließlich kann die Gesellschafterliste vom 15.01.2020 auch dann die in § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG
vorgesehene Wirkung entfalten, wenn sie nicht vom Notar, sondern - wie ausweislich § 1 Nr. 3 Abs. 4 S. 2
Hs. 1 GAV und zwischen den Parteien auch unstreitig hier - vom Geschäftsführer der Gesellschaft zum
Handelsregister eingereicht wurde. Zwar ist der Erwerb der Geschäftsanteile Nrn 3 und 4 durch den Kläger
aufgrund des Schenkungsvertrags vom 05.12.2008 laut Anl. AS 7 erfolgt und hat daran der den
Schenkungsvertrag beurkundende Notar Dr. S. mitgewirkt, wobei die Abtretung der Geschäftsanteile Nrn 3
und 4 an den Kläger allerdings unter der aufschiebenden Bedingung der Genehmigung des
Schenkungsvertrages durch das Vormundschaftsgericht stand, mit der der Notar grundsätzlich nichts zu tun
hatte. Dies führt im streitgegenständlichen Fall jedoch nicht dazu, dass seine Mitwirkung iSd. § 40 Abs. 2
GmbHG bereits mit der Einreichung der Gesellschafterliste laut Anl. AS 12 beendet gewesen wäre, mit der
die Abtretung der Geschäftsanteile Nrn 1 und 2 an M. R. nachvollzogen wurde. Denn laut Abschnitt V Nr. 4
des Schenkungsvertrages vom 05.12.2008 wurde der beurkundende Notar mit dem Entwurf und der
Einreichung einer aktualisierten Liste beauftragt. Diese Beauftragung bezog sich nicht nur auf die notwendig
werdende Aktualisierung der Gesellschafterliste nach der unmittelbar wirksam werdenden Abtretung der
Geschäftsanteile Nrn 1 und 2 an M. R., sondern genauso auf die Aktualisierung der Gesellschafterliste nach
wirksam gewordener Abtretung der Geschäftsanteile Nrn 3 und 4 an den Kläger. Denn Abschnitt V Nr. 4 des
Schenkungsvertrages lässt sich eine Beschränkung der Beauftragung des Notars auf die Einreichung einer
aktualisierten Gesellschafterliste hinsichtlich der Geschäftsanteile Nrn 1 und 2 nicht entnehmen. Für eine
derartige Beschränkung ist auch kein Grund ersichtlich. Aufgrund dieser Beauftragung, die die Überwachung
des Bedingungseintritts notwendigerweise umfasst, wäre der Notar daher nach § 40 Abs. 2 GmbHG
verpflichtet gewesen, nach Erfüllung der im Schenkungsvertrag stipulierten aufschiebenden Bedingungen für
die Anteilsabtretung durch E. und P. R. an den Kläger im Jahr 2009 eine dementsprechend geänderte,
nunmehr den Kläger anstelle von E. R. als (Mit) Gesellschafter ausweisende Gesellschafterliste zum
Handelsregister einzureichen. Diese ausdrückliche Beauftragung des Notars mit der Aktualisierung der
Gesellschafterliste in Abschnitt V Nr. 4 des Schenkungsvertrages vom 05.12.2008 unterscheidet den
streitgegenständlichen Fall auch vom Sachverhalt, der dem Beschluss des OLG Brandenburg vom
12.02.2013 - 7 W 72/12 zugrunde lag, wo ausdrücklich eine gesonderte Beauftragung des Notars verneint
wurde (OLG Brandenburg, aaO, Rdnr. 11; auch in der Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/6140, S. 44 rechte
Spalte, die eine Pflicht des Notars zur Überwachung des Eintritts einer, allerdings nicht aufschiebenden,
sondern auflösenden, Bedingung verneint, wird offensichtlich nicht von einer Beauftragung des Notars
ausgegangen).
Nach der Rechtsprechung des BGH folgt aus dieser vom Notar eingegangenen Verpflichtung zur
Einreichung einer aktualisierten Gesellschafterliste aus § 40 Abs. 2 GmbHG jedoch nicht, dass damit eine
Berechtigung des Geschäftsführers zur Listeneinreichung ausgeschlossen wäre. Vielmehr kann in den Fällen
einer Listeneinreichungsverpflichtung des Notars auch eine insoweitige Berechtigung des Geschäftsführers
bestehen (BGH, Beschluss vom 17.12.2013 - II ZB 6/13, Rdnr. 12). Der BGH hat deshalb auch entschieden,
dass der Geschäftsführer zur Korrektur einer unrichtigen, vom Notar nach § 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG
eingereichten Gesellschafterliste befugt ist (BGH, Urteil vom 17.12.2013 - II ZR 21/12, Rdnr. 33 - 36). Zwar
war im streitgegenständlichen Fall die vom Notar in Vollzug seiner Urkunde vom 05.12.2008 eingereichte
Gesellschafterliste (UrNr. …93/2008) laut Anl. AS 12, die P., E. und M. R., nicht aber den Kläger als
Gesellschafter auswies, zum Einreichungszeitpunkt unstreitig richtig, da seinerzeit die vereinbarte
aufschiebende Bedingung hinsichtlich der Geschäftsanteilsabtretung an den Kläger noch nicht erfüllt waren,
jedoch wurde die vom Notar eingereichte Gesellschafterliste laut Anl. AS 12 mit Bedingungseintritt im Juni
2009 unrichtig, da zu diesem Zeitpunkt der Kläger materiell-rechtlich Gesellschafter wurde und zugleich E. R.
ihre Gesellschafterstellung materiell-rechtlich verlor. Dieser Unterschied führt jedoch nicht dazu, dass der
Geschäftsführer der P. R. GmbH nicht berechtigt gewesen wäre, die aktualisierte Gesellschafterliste vom
15.01.2020 laut Anl. AS 13 zum Handelsregister einzureichen. Denn - wie bereits in der Gesetzbegründung
zum MoMiG ausdrücklich ausgeführt (BT-Drs. 1676140, S. 44 rechte Spalte) - bleibt „(d) ie Verpflichtung der
Geschäftsführer zur nachfolgenden Kontrolle und zur Korrektur einer aus anderen Gründen unrichtigen (vom
Notar eingereichten) Liste (…) unberührt“. Ein solcher Fall einer nachträglichen Listenkorrektur liegt
streitgegenständlich vor.
Dem steht auch nicht die Entscheidung des OLG Rostock vom 25.01.2017 - 1 W 55/16 entgegen, da in dem
dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall der Notar gar keine Gesellschafterliste eingereicht hatte,
sondern nur als Bote des Geschäftsführers der Gesellschaft auftrat und damit nicht - wie streitgegenständlich
- ein nach der Rechtsprechung des BGH zulässiger Listenkorrekturfall vorlag (OLG Rostock, aaO, Rdnrn 27
ff.).
Die Einreichung der geänderten Gesellschafterliste vom 15.01.2020 laut Anl. AS 13 nicht durch den Notar,
sondern durch den Geschäftsführer der Gesellschaft ist daher unschädlich und hindert die Anwendbarkeit
des § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG nicht (vgl. auch Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 10. Auflage, München
2021, Rdnr. 13 aE zu § 16 GmbHG, Heidinger in Münchener Kommentar GmbHG, 4. Auflage, München
2022, Rdnr. 75 zu § 16 GmbHG, aA Verse in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Auflage, München
2021, Rdnr. 38a zu § 16 GmbHG für den Fall des - hier allerdings hinsichtlich der Abtretung vom 05.12.2008
nicht vorliegenden - Streits der Gesellschafter über die einzureichende Liste).
cc. Auch unabhängig von der von den Parteien ventilierten Frage der Anwendbarkeit des § 16 Abs. 1 S. 2
GmbHG auf die vom Kläger erklärte Zustimmung zur Abtretung der Geschäftsanteile Nrn 3 und 4 an die
Beklagte und selbst wenn man mit dem Kläger davon ausgehen sollte, dass E. (und folglich auch P.) R. am
17.01.2020 noch Gesellschafter der P. R. GmbH gewesen sein sollten - hätten dennoch alle Gesellschafter
die nach § 6 der Satzung der P. R. GmbH erforderliche Zustimmung zu der im GAV erfolgten Abtretung
erklärt. Denn in Abschnitt V Nr. 1 des Schenkungsvertrages vom 05.12.2008 laut Anl. AS 7 „erteilt(e) der
Veräußerer dem Erwerber bereits heute (d.h. am 05.12.2008) bis zu diesem Zeitpunkt (gemeint bis zur
Vorlage einer aktualisierten Gesellschafterliste beim Handelsregister) Vollmacht, befreit von
ihn in Gesellschafterversammlungen abzustimmen“. „Veräußerer“ im Sinne dieser Bestimmung des
Schenkungsvertrages war - wie in Abschnitt II Nr. 2 des Schenkungsvertrages definiert - neben P. R. E. R.,
„Erwerber“ der Kläger. Mit der Bevollmächtigung in Abschnitt V Nr. 1 des Schenkungsvertrages sollte der
Kläger allein aufgrund des vollendeten Erwerbs der materiell-rechtlichen Gesellschafterstellung und
unabhängig von einer noch nicht erfolgten Aufnahme einer aktualisierten Gesellschafterliste zum
Handelsregister bereits alle Gesellschafterrechte ausüben können. Von dieser Ermächtigung hat er - insoweit
vertreten durch seinen alleinvertretungsberechtigten Betreuer P. R. - am 17.01.2020 Gebrauch gemacht und
der Abtretung seiner eigenen Geschäftsanteile an die Beklagte zugestimmt. E. R. hätte damit - insoweit
vertreten durch den Kläger - auch unter Zugrundelegung der Rechtsansicht des Klägers zur
Nichtanwendbarkeit des § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG der Abtretung zugestimmt. Gleiches gilt dementsprechend
für die Zustimmung des P. R., der nach Meinung des Klägers genau wie E. R. ja noch Gesellschafter der P.
R. GmbHG gewesen sein soll.
Nach alledem liegt ein grundsätzlich einstimmiger Zustimmungsbeschluss aller Gesellschafter iSd. § 6 der
Satzung der P. R. GmbH vor.
d. Eine Geschäftsunfähigkeit des P. R. zum Zeitpunkt der Abgabe der Zustimmungserklärung am
17.01.2020, die zu einer Unwirksamkeit der Zustimmung führen würde, hat die Beklagte nicht glaubhaft
gemacht. Laut dem psychiatrischen Befund vom 15.01.2020 (Anl. AS 28) bestand aufgrund kognitiver
Defizite im Kurzzeitgedächtnis nur der Verdacht auf zumindest ein leichtes kognitives Defizit (ICD 10 F 06.7)
und wirkten die Kritik- und Urteilsfähigkeit des P. R. beeinträchtigt. Gleichzeitig hielt die untersuchende
Psychiaterin jedoch ausdrücklich fest, dass die Kritik- und Urteilsfähigkeit nicht vollständig aufgehoben sei.
Dies reicht für die Glaubhaftmachung einer Geschäftsunfähigkeit des P. R. nicht aus. Zum einen handelt es
sich nur um eine Verdachtsdiagnose, zum anderen würde ein leichtes kognitives Defizit per se auch noch
keine Geschäftsunfähigkeit begründen. Im Übrigen spricht gegen eine Geschäftsunfähigkeit auch, dass sich
der Notar, der den GAV vom 17.01.2020 laut Anl. AS 15 beurkundete, anlässlich der Übergabe des
Testaments des P. R. an ihn am selben Tag und unmittelbar vor der Beurkundung des GAV aufgrund einer
von ihm geführten Besprechung und Befragung von der seiner Meinung nach vollen Geschäfts- und
Testierfähigkeit des P. R. überzeugte (vgl. den diesbezüglichen Vermerk des Notars Dr. G. in URNr. …
86/2020 laut Anl. AG 4).
e. Die Zustimmungserklärung des Klägers, die für ihn durch seinen Betreuer P. R. abgegeben wurde, ist
jedoch nach
Fassung von Gesellschafterbeschlüssen ist jedoch zu differenzieren. Handelt es sich bei den Beschlüssen
um Maßnahmen der Geschäftsführung, findet die Norm wegen fehlenden Interessenkonflikts im Grundsatz
keine Anwendung. Anders verhält es sich dagegen bei einer Änderung des Gesellschaftsvertrages (vgl.
BGH, Beschluss vom 18.09.1975 - II ZB 6/74, Rdnrn 9 ff., OLG Oldenburg, Beschluss vom 18.03.2019 - 12
W 9/19, Rdnr. 4 jeweils zur Beschlussfassung bei einer KG, Sonnenfeld in BeckOGK BGB, Stand
01.11.2021,Rdnr. 27 zu § 1795, Spickhoff in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage, München 2020,
Rdnr. 8 zu § 1795 BGB, Schulte-Bunert in Erman, BGB, 16. Auflage, Köln 2020, Rdnr. 6 zu § 1795 BGB, Veit
in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, Rdnr. 28 zu § 1795 BGB). Da das Ausscheiden des Klägers aus
der Gesellschaft infolge der Abtretung seiner Geschäftsanteile an die Beklagte eine Vertragsänderung des
Gesellschaftervertrags darstellt, handelt es sich bei der Zustimmung zur Abtretung um ein Rechtsgeschäft
iSd. § 1795 BGB.
Insoweit kann auch dahinstehen, wer zum Zeitpunkt der Fassung des Zustimmungsbeschlusses vom
17.01.2020 Gesellschafter der P. R. GmbH war: E., P. und M. R. oder der Kläger und M. R. Auf Grund der
Gesellschafterstellung des M. R. in beiden Konstellationen ist der Tatbestand des
jedem Fall erfüllt. In ersterem Fall wäre darüber hinaus auch
Liegen - wie hier - die Voraussetzungen des § 1795 BGB vor, so führt dies grundsätzlich nur zur
schwebenden Unwirksamkeit des vorgenommenen Rechtsgeschäfts, hier also des Zustimmungsbeschlusses
vom 17.01.2020, bis zur Genehmigung durch einen zu bestellenden Ergänzungsbetreuer. Ein solcher wurde
unstreitig nicht bestellt, sodass eine Genehmigung entsprechend § 177 BGB nicht erfolgt ist. Da im
streitgegenständlichen Fall jedoch neben E. R. Frau I. D. einzelvertretungsberechtigte Betreuerin des
Klägers ist und letztere durch die für den Kläger Klageerhebung im Hauptsacheverfahren zum Ausdruck
gebracht hat, dass eine Zustimmung für den Kläger nicht erteilt werden soll, ist für eine Genehmigung der
von P. R. abgegebenen grundsätzlich schwebend unwirksamen Zustimmungserklärung kein Raum.
Nach alledem ist der Zustimmungsbeschluss vom 17.01.2020 endgültig unwirksam und die Beklagte nicht
Gesellschafterin der P. R. GmbH geworden, sodass die Gesellschafterliste vom 21.01.2020 laut Anl. AG 1
unrichtig ist und ihr deshalb gemäß § 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG auf Antrag des Klägers ein Widerspruch
zuzuordnen war. Dem steht entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG
entgegen.
2. Die Darlegung und Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes hinsichtlich der Aufnahme eines
Widerspruchs in das Handelsregister waren entgegen der Ansicht der Beklagten nicht erforderlich. Dass die
Rechtsgefährdung nach § 16 Abs. 3 Satz 5 GmbHG nicht glaubhaft gemacht werden muss, bringt einen
anspruchstypischen Gefährdungsgrund zum Ausdruck. Zwar entbindet die Vermutung das Gericht nicht
davon, das Vorliegen eines Verfügungsgrundes zu prüfen. Der Verfügungskläger muss dazu jedoch erst
etwas vortragen, wenn die Dringlichkeitsvermutung widerlegt ist oder dies schon nach seinem Vortrag
naheliegt. Die Gefährdungsvermutung ist aber nicht schon dann widerlegt, wenn die Drei-Jahresfrist noch
nicht abgelaufen ist und nicht demnächst abzulaufen droht (KG, Beschluss vom 01.04.2010 - 2 W 36/10,
Rdnrn 42 ff. und Urteil vom 10.12.2015 - 23 U 99/15, Rdnr. 32, vgl. auch Drescher in Münchener Kommentar
zur ZPO, 6. Auflage, München, 2020, Rdnr. 64 zu § 935 ZPO). Der Senat folgt insoweit nicht der von
Beklagtenseite in Bezug genommenen Entscheidung des OLG Nürnberg (Beschluss vom 19.08.2014 - 12 W
1568/14).
Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt hinsichtlich der beantragten Widerspruchsaufnahme kein Fall der
Selbstwiderlegung infolge zu langen Zuwartens des Klägers mit der Beantragung der einstweiligen
Verfügung vor. Denn der Kläger durfte nach Kenntniserlangung noch im Januar 2020 von der Aufnahme der
geänderten Gesellschafterliste vom 21.01.2020 in das Handelsregister (vgl. insoweit das Schreiben des
Klägervertreters vom 30.01.2020 laut AS 24 an den beurkundenden Notar Dr. G.) vor der Antragstellung bei
Gericht am 06.03.2020 erst noch zur Sachverhaltsaufklärung beim Notar die relevanten Urkunden anfordern
und von diesem eine Stellungnahme erholen (insbesondere zum Eintritt der in der Urkunde vom 05.12.2008
enthaltenen Abtretungsbedingung). Die Stellungnahme des Notars Dr. G. vom 04.02.2020 nebst der
Urkundenabschrift laut Anl. AS 25 ging am 06.02.2020 beim Klägervertreter ein, sodass durch Stellung des
Antrags auf Erlass der einstweiligen Verfügung am 06.03.2020 eine Selbstwiderlegung der Dringlichkeit nicht
erfolgt ist (vgl. zur Selbstwiderlegung bei Widerspruchseintragungen im Übrigen Drescher in Münchener
Kommentar zur ZPO, 6. Auflage, München, 2020, Rdnr. 64 zu § 935 ZPO, der erst nach Ablauf mehrerer
Monate von einer Selbstwiderlegung ausgeht).
3. Hinsichtlich des Ziffers 1 des Tenors der einstweiligen Verfügung vom 09.03.2020 ist die Vollziehungsfrist
nach §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO eingehalten. Denn nachdem dem Klägervertreter die einstweilige Verfügung
vom 09.03.2020 am selben Tag zugestellt wurde, lief die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO am
09.04.2020 24:00 Uhr ab. Ausweislich AS 21 ist der Antrag des Klägers auf Aufnahme des Widerspruchs in
das Handelsregister am 09.04.2020 und damit innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO beim
Registergericht eingegangen. Da auf Registereintragungen, die durch einstweilige Verfügungen ermöglicht
werden, nach § 936 ZPO die Regelung des § 932 Abs. 3 ZPO anwendbar ist (vgl. Drescher in Münchener
Kommentar zur ZPO, 6. Auflage, München 2020, Rdnr. 16 zu § 936 ZPO, Kemper in Saenger,
Zivilprozessordnung, 9. Auflage, München 2021, Rdnr. 13 aE zu § 936 ZPO), gilt bereits der Antrag auf
Aufnahme des Widerspruchs als Vollziehung der einstweiligen Verfügung und kommt es auf den Zeitpunkt
der Aufnahme des Widerspruchs in das Handelsregister nicht an.
Nach alledem blieb die Berufung der Beklagten bezüglich Ziffer 1 des Tenors der einstweiligen Verfügung
vom 09.03.2020 ohne Erfolg.
II.
1. Die einstweilige Verfügung war in Ziffer 2 des Tenors dagegen allein deshalb aufzuheben, weil insoweit die
Vollziehungsfrist gemäß §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO nicht eingehalten ist. Zwar erfolgte die Zustellung der
einstweiligen Verfügung vom 09.03.2020 an die Beklagte im Parteibetrieb bereits am 11.03.2020 und damit
ohne weiteres innerhalb eines Monats nach Zustellung der einstweiligen Verfügung durch das Landgericht an
die Klägerin (09.03.2020). Jedoch enthält die einstweilige Verfügung in Ziffer 2 eine
Unterlassungsanordnung, da der Beklagten darin untersagt wird, ihre Gesellschafterrechte auszuüben,
sodass ein Vollziehungsbeginn iSd. § 929 Abs. 2 ZPO auch voraussetzt, dass der Beklagten eine
Ordnungsmittelandrohung iSd. § 890 Abs. 2 ZPO zugestellt wurde, wobei die Ordnungsmittelandrohung
entweder in der einstweiligen Verfügung selbst oder in einem gesonderten Beschluss enthalten sein kann
(vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 34. Auflage, Köln 2022, Rdnr. 18 zu
ZPO, 18. Auflage, München 2021, Rdnr. 5 zu § 936 ZPO). Im streitgegenständlichen Fall ist diese
Voraussetzung jedoch nicht erfüllt, da die einstweilige Verfügung keine Ordnungsmittelandrohung enthält und
es unstreitig auch keinen gesonderten Androhungsbeschluss gibt.
2. Daran ändert auch der Vortrag des Klägers nichts, dass sich der Kläger nach Treu und Glauben nicht auf
die unterblieben Vollziehung berufen könne, weil der Kläger nur deshalb von der Erwirkung einer
Ordnungsmittelandrohung abgesehen habe, da M. R. nach Erlass der einstweiligen Verfügung namens und
im Auftrag der Beklagten mehrfach bestätigt habe, dass sich die Beklagte an die Vorgaben in der
einstweiligen Verfügung halten werde und deshalb deren Vollzug nicht erforderlich sei, so (vgl. Schriftsatz
des Klägervertreters vom 09.12.2020, S. 6 und 7, Bl. 58 und 59 d.A.). Solche - von der Beklagten
ausdrücklich bestrittenen Äußerungen (vgl. Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 20.05.2021, S. 8 erster
und zweiter Absatz, Bl. 89 d.A.) - hat der Kläger nämlich schon nicht glaubhaft gemacht. Aus den von der
Klägerseite zur Glaubhaftmachung vorgelegten Emails des Ehemanns der Beklagten vom 06. und
28.04.2020 laut Anl. AS 22 und 23 lassen sich derartige Äußerungen nämlich nicht entnehmen. Dort wird
lediglich ausgeführt, dass die Beklagte nicht die Absicht habe, „ihre Anteile an irgendjemanden
weiterzuveräußern“. Damit wird jedoch nicht geäußert, dass die Beklagte ihre Gesellschafterrechte bis auf
weiteres nicht mehr ausüben wolle. Darüber hinaus sollen nach dem Vortrag des Klägers die behaupteten
Äußerungen vom Ehemannn der Beklagten stammen, sodass diese nicht ohne weiteres der Beklagten
zugerechnet werden können. Warum eine solche - von der Beklagten in Abrede gestellte (vgl. Schriftsatz des
Beklagtenvertreters vom 20.05.2021, S. 8 dritter Absatz, Bl. 89 d.A.) - Zurechnung erfolgen sollte, hat der
Kläger noch nicht einmal dargelegt.
3. Die Aufhebung der Unterlassungsverfügung laut Ziffer 2 des Tenors der einstweiligen Verfügung scheitert
auch nicht daran, dass der gegen die einstweilige Verfügung vom 09.03.2020 erhobene Widerspruch vom
19.10.2020 verwirkt wäre. Zwar ist eine Verwirkung des Widerspruchs iSd.
wegen des Bezugs zum rechtlichen Gehör jedoch nur unter sehr strengen Voraussetzungen. Im
streitgegenständlichen Fall sind jedoch weder das Zeit- noch das Umstandsmoment erfüllt. Seit Einleitung
des Hauptsacheverfahrens Ende August 2020 musste der Kläger ohnehin mit einem Widerspruch rechnen
(vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 34. Auflage, Köln 2022, Rdnr. 10 zu
Zustellung der einstweiligen Verfügung an die Beklagte am 11.03.2020 verstrichenen rund sechs Monate
reichten für die Annahme des erforderlichen sehr langen Zeitraumes für eine Verwirkung jedenfalls nicht aus.
Im Übrigen fehlt es auch um Umstandsmoment. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit ein schutzwürdiges
Vertrauen des Klägers auf ein Ausbleiben eines Widerspruchs der Beklagten begründet worden sein soll.
C.
Der Ausspruch zu den Kosten folgt aus § 92 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG München
Erscheinungsdatum:30.03.2022
Aktenzeichen:7 U 6050/21
Rechtsgebiete:
Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Sachenrecht allgemein
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
In-sich-Geschäft
Abstammung (incl. künstliche Befruchtung), Adoption
Aktiengesellschaft (AG)
GmbH
Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügungen
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
AktG § 241 Nr. 1; GmbHG §§ 16 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 2 u. 4, 40; BGB §§ 1590, 1795 Abs. 1 Nr. 1, 1822 Nr. 3, 1908i Abs. 1