OLG Bremen 24. März 2023
1 W 1/23
PStG § 48; PStV §§ 33, 35

Identitätsnachweis durch Pass aus Staat mit unsicherem Urkundenwesen; Ghana

letzte Aktualisierung: 3.7.2023
OLG Bremen, Beschl. v. 24.3.2023 – 1 W 1/23

PStG § 48; PStV §§ 33, 35
Identitätsnachweis durch Pass aus Staat mit unsicherem Urkundenwesen; Ghana

1. Der Nationalpass ermöglicht den (widerlegbaren) Nachweis, dass sein Inhaber die in ihm genannte,
beschriebene und abgebildete Person ist und die im Pass enthaltenen Angaben mit den
tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Inhabers übereinstimmen (Anschluss an BVerwGE
120, 206).
2. Dieser Grundsatz gilt auch für Pässe aus Staaten mit einem unsicheren Urkundenwesen und bei
Vorlage eines echten Nationalpasses werden weitergehende Ermittlungen zur Identitätsklärung nur
noch dann in Betracht gezogen werden müssen, wenn dem Gericht weitere Urkunden vorliegen
oder sonstige Tatsachen bekannt geworden sind, die Zweifel an der Richtigkeit der durch den
Nationalpass dokumentierten Identität begründen können (Anschluss an BGH NJW-RR 2021, 1444
[BGH 25.08.2021 – XII ZB 442/18]).
3. Mit der Vorlage ihres ghanaischen Passes kann eine betroffene Person ihre darin ausgewiesene
Identität nachweisen und es bedarf grundsätzlich keiner Vorlage weiterer Unterlagen wie der
Geburtsurkunde dieser Person.
4. Liegen dem Standesamt bei der Beurkundung einer Geburt die zum Identitätsnachweis geeigneten
Pässe der Eltern vor, dann ist grundsätzlich auch dann kein Zusatz nach § 35 Abs. 1 S. 1 PStV
aufzunehmen, dass die Namensführung nicht nachgewiesen ist, wenn es sich um Pässe aus Staaten
mit einem unsicheren Urkundenwesen handelt, sofern nicht weitere Urkunden vorliegen oder
sonstige Tatsachen bekannt geworden sind, die Zweifel an der Richtigkeit der durch den
Nationalpass dokumentierten Identität begründen können.

Gründe:

I.
Die Betroffene zu 2. ist die leibliche Mutter des Betroffenen zu 1., der am in geboren
wurde. Unter dem 12.05.2021 hat Herr A. (nachfolgend: Vater) die Vaterschaft für den
Betroffenen zu 1. zur Urkundenbuch-Nr. des Jugendamtes anerkannt, die
Betroffene zu 2. hat zugestimmt. Auch in dem Formular zur Namenseintragung vom
19.05.2021 ist als Vater Herr A., geboren am , benannt. Sowohl die Betroffene zu 2.
als auch der Vater legten ihre ghanaischen Pässe als auch Geburtsurkunden vor. Am
18.10.2021 wurde die Geburt des Betroffenen zu 1. in das Geburtenregister der
Beteiligten zu 3. zur Registernummer eingetragen. In der Zeile für das Kind
ndung nicht
Das Standesamt hat die
Eintragung des Vaters mit Schreiben vom 18.10.2021 ausdrücklich abgelehnt. Mit
Antrag vom 13.12.2021 haben die Betroffenen, anwaltlich vertreten, beantragt, den
Beteiligten zu 4. anzuweisen, den Vater in das Geburtenregister einzutragen und die
Zusätze, dass die Identität der Betroffenen und des Vaters nicht nachgewiesen seien,
zu löschen.

Das Amtsgericht Bremen hat mit Beschluss vom 26.09.2021 (Az.: 48 III 60/21) das
Geburtenregister dahingehend berichtigt, dass als Vater Herr A. einzutragen sei und die
streichen seien. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Vater habe die
Vaterschaft wirksam anerkannt. Es seien auch einschränkenden Zusätze einzutragen,
denn die Identitäten der Betroffenen zu 2. und des Vaters seien durch Vorlage der Pässe
und Geburtsurkunden nachgewiesen. Der Pass in Verbindung mit der Geburtsurkunde
sei ein ausreichender Nachweis. Da damit die Identität der Mutter nachgewiesen sei, sei
streichen.

Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 4. mit seiner Beschwerde vom 04.11.2022.
Während nicht angegriffen wird, dass der Vater einzutragen ist, rügt der Beteiligte zu 4.,
dass die Zusätze gestrichen wurden. Zur Begründung führt der Beteiligte zu 4. aus, die
Pässe und Geburtsurkunden seien zum Nachweis der Identität nicht ausreichend, denn
in Ghana sei das Beurkundungswesen unzureichend. Ein hoher Prozentsatz der
vorgelegten Urkunden seien inhaltlich unrichtig. Die Richtigkeit der Urkunden könne erst
durch die Überprüfung der Botschaft vor Ort sicher festgestellt werden. Im Übrigen wird
auf die Beschwerdebegründung vom 04.11.2022 verwiesen. Die Betroffenen verteidigen
die Entscheidung des Amtsgerichts. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 16.01.2023
der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.
1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht bei dem
Amtsgericht erhoben worden, §§ 58 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 FamFG, 51 Abs. 1 PStG. Sie
bleibt aber ohne Erfolg.

2. Ein - wie hier - abgeschlossener Registereintrag darf nach § 48 PStG nur auf
Anordnung des Gerichts berichtigt werden. Voraussetzung für die Anordnung einer
Berichtigung durch das Gericht ist dessen Überzeugung davon, dass die vorhandene
Eintragung unrichtig ist, und weiter davon, dass die beantragte Eintragung richtig ist. An
den Nachweis der Richtigkeit sind strenge Anforderungen zu stellen (BGH, Beschluss
vom 17.05.2017 XII ZB 126/15, juris Rn. 12, NJW 2017, 3152; OLG München,
Beschluss vom 03.02.2020 11 Wx 569/19, juris Rn. 11, StAZ 2020, 177).

a) Voraussetzung für einen von den Vorschriften der §§ 47, 48 PStG erfassten Fall der
Berichtigung eines Eintrages ist dessen Unrichtigkeit von Anfang an (OLG München,
Beschluss vom 03.02.2020 11 Wx 569/19, juris Rn. 12, StAZ 2020, 177). Soweit die
Beteiligte zu 4. maßgeblich darauf abstellt, dass der ghanaische Pass der Betroffenen
zu 2. sowie des Vaters des Betroffenen zu 1. als Identitätsnachweis nicht ausreiche, da
in Ghana kein zuverlässiges Beurkundungswesen vorherrsche, hat sie mit ihrer
diesbezüglichen Rüge keinen Erfolg.

Der Nationalpass ermöglicht den (widerlegbaren) Nachweis, dass sein Inhaber die in
ihm genannte, beschriebene und abgebildete Person ist und die im Pass enthaltenen
Angaben mit den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Inhabers
übereinstimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.03.2004 1 C 1/03, juris Rn. 24, BVerwGE
120, 206). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt dies grundsätzlich
auch für Pässe aus Staaten mit einem unsicheren Urkundenwesen. Bei Vorlage eines
echten Nationalpasses werden weitergehende Ermittlungen zur Identitätsklärung nur
noch dann in Betracht gezogen werden müssen, wenn dem Gericht weitere Urkunden
vorliegen oder sonstige Tatsachen bekannt geworden sind, die Zweifel an der Richtigkeit
der durch den Nationalpass dokumentierten Identität begründen können (vgl. BGH,
Beschluss vom 25.08.2021 XII ZB 442/18, juris Rn. 19, juris; OLG Düsseldorf,
Beschluss vom 25.03.2020 I-3 Wx 145/18, juris Rn. 36; OLG Hamm Beschluss vom
20.01.2021 - 15 W 68/20, juris Rn. 25 ff.).

Mit der Vorlage ihres ghanaischen Passes hat die Betroffene zu 2. unter Zugrundelegung
des Urteils des Bundesgerichtshofs ihre darin ausgewiesene Identität nachgewiesen.
Ein Pass ist wegen des Lichtbildes, der Registrierung bei der Passbehörde und seiner
durch die zeitliche Begrenzung der Gültigkeit bedingten regelmäßigen Überprüfung ein
besonders geeignetes Mittel zum Nachweis der Identität (vgl. KG Berlin, Beschluss vom
29.09.2005 1 W 249/04, juris Rn. 18, StAZ 2006, 13; OLG Düsseldorf, Beschluss vom
24.05.2011 I-3 Wx 19/11, juris Rn. 17, StAZ 2012, 49; OLG Zweibrücken, Beschluss
vom 09.01.2014 3 W 90/13, juris Rn. 7). Die Identität einer Person, ihre
Staatsangehörigkeit und grundsätzlich auch ihr Name werden nach einhelliger
Auffassung vorrangig durch die Vorlage eines Nationalpasses nachgewiesen (vgl. OLG
Düsseldorf, aaO.). Dies entspricht einerseits dem völkerrechtlichen Grundsatz der
Passhoheit der einzelnen Staaten und trägt andererseits dem Umstand Rechnung, dass
der Einzelne praktisch keine andere Möglichkeit hat, seine persönliche Identität
urkundlich effektiv nachzuweisen. Der Nationalpass kommt Grundsatz eine
Identifikationsfunktion zu; er hat die Aufgabe, die Identität des Ausweisinhabers zu
bescheinigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.03.2004 1 C 1/03, juris Rn. 24, BVerwGE
120, 206).

Nach Vorlage des Passes bedurfte es daher zum Nachweis der Identität der Betroffenen
zu 1. auch im Hinblick auf § 33 Nr. 2 PStV nicht noch zusätzlich der Vorlage einer
Geburtsurkunde der Beteiligten zu 2. Gleichwohl liegt auch eine solche vor, deren Inhalt
sich mit den im Pass ausgewiesenen Personalien deckt.

b) Gleiches gilt für die Personalien des Vaters, der ebenfalls seinen gültigen
Nationalpass und eine gleichlautende Geburtsurkunde vorlegen konnte.

c) Nach alledem war für den Betroffenen zu 1. auch der erläuternde Zusatz gemäß § 35
PStV Gründen der
angefochtenen Entscheidung zu streichen.

Der erläuternde Zusatz (§ 35 Abs. 1 S.1 PStV) dient dazu, den Geburtseintrag zügig
abschließen zu können, auch wenn einzutragende Umstände nicht mit den dafür
vorgesehenen Urkunden (§ 33 PStV) nachgewiesen werden können. Außer dem in § 35
Abs. 1 Satz 1 PStV aufgeführten Fehlen geeigneter Nachweise zu Angaben über die
Eltern des Kindes wird davon etwa auch der das Kind betreffende Zusatz
"Namensführung nicht nachgewiesen" erfasst, wenn Identität oder Namensführung der
den Namen erteilenden Eltern nicht geklärt ist (BGH, Beschluss vom 23.01.2019 XII
ZB 265/17, juris Rn. 20, BGHZ 221, 1; Brandenburgisches Oberlandesgericht,
Beschluss vom 08.11.2022 7 W 104/22, juris Rn. 3). Aus den o.g. Gründen haben
sowohl die Betroffene zu 2. als auch der Vater ihre Identität durch Vorlage des Passes
streichen.

3. Da das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluss zu Gunsten des Betroffenen zu
1. die Löschung angeordnet hat, war den Betroffenen auch für das Beschwerdeverfahren
ratenfreie Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

4. Der Beteiligte zu 4. ist gemäß § 51 Abs. 1 S. 2 PStG von der Pflicht zur Kostentragung
befreit.

5. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
gez. Dr. Schromek gez. Dr. Böger gez. Dumas

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Bremen

Erscheinungsdatum:

24.03.2023

Aktenzeichen:

1 W 1/23

Rechtsgebiete:

Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Sonstiges Öffentliches Recht

Normen in Titel:

PStG § 48; PStV §§ 33, 35