Zuständigkeit für Einreichung der Gesellschafterliste; genehmigtes Kapital
letzte Aktualisierung: 6.10.2022
KG, Beschl. v. 8.8.2022 – 22 W 39/22
GmbHG §§ 40 Abs. 2, 55a
Zuständigkeit für Einreichung der Gesellschafterliste; genehmigtes Kapital
Die Pflicht zur Einreichung einer Gesellschafterliste nach § 40 Abs. 2 GmbHG ergibt sich nicht
allein deshalb, weil der Notar die Anmeldung der Kapitalerhöhung oder die Übernahmeerklärung
beglaubigt.
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 1) ist eine seit dem 23.12.2019 in das Handelsregister Abteilung B des
Amtsgerichts Charlottenburg eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren
einziger Geschäftsführer Herr A... R... (nachfolgend auch nur: „Geschäftsführer“) ist.
Durch einen vom Beteiligten zu 2) beurkundeten und in das Handelsregister eingetragenen
Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 26.08.2021 sind die Geschäftsführer der
Gesellschaft ermächtigt, das Stammkapital durch einstimmigen Beschluss der
Geschäftsführung ein- oder mehrmals gegen Geldeinlagen um insgesamt bis zu 1.625,00 €
durch Ausgabe von bis zu 1.625 neuen Vorzugsgeschäftsanteilen im Nennbetrag von je 1,00
€ zu erhöhen („Genehmigtes Kapital 2021/I“, § 4 Abs. 3 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages).
Am 28.04.2022 beschloss der Geschäftsführer, das genehmigte Kapital teilweise
auszunutzen, um das Stammkapital gegen Bareinlagen um 1.216,00 € auf 31.065,00 € durch
Ausgabe von 1.216 neuen Geschäftsanteilen im Nennbetrag von jeweils 1,00 € zu erhöhen.
Mit diesem Beschluss, bei dem der Beteiligte zu 2) die Übereinstimmung des ihm
vorliegenden Papierdokuments mit den in der übermittelten Datei enthaltenen Bilddaten
beglaubigte, wurde auch § 4 des Gesellschaftsvertrages im Hinblick auf die
Stammkapitalziffer und das verbleibende genehmigte Kapital angepasst. Die zur
Übernahme der Geschäftsanteile zugelassene R...# T...# 1 UG (haftungsbeschränkt)
erklärte am gleichen Tag die Übernahme der Geschäftsanteile. Auch diese
Übernahmeerklärung wurde vom Beteiligten zu 2) beglaubigt. Unter diesem Datum reichte
der Geschäftsführer eine Liste der Übernehmer der neuen Geschäftsanteile sowie eine Liste
der Gesellschafter der Beteiligten zu 1) unter Berücksichtigung der hinzukommenden
Geschäftsanteile (Bl. 2 der Akte) ein. Beide Listen waren von dem Geschäftsführer
unterzeichnet und von dem beschwerdeführenden Notar jeweils hinsichtlich der
Übereinstimmung des ihm vorliegenden Papierdokuments mit den in den übermittelten
Dateien enthaltenen Bilddaten beglaubigt worden. Die Eintragung der Erhöhung in das
Register erfolgte am 29. April 2022
Wegen der Gesellschafterliste wies das Registergericht den Beteiligten zu 2) mit Schreiben
vom 03.05.2022 darauf hin, dass die Gesellschafterliste nach Kapitalerhöhung gemäß § 40
Abs. 2 GmbHG von ihm als dem die Kapitalerhöhung beurkundenden Notar zu erstellen
und zu übersenden sei. Die hiergegen eingelegte „Beschwerde“ begründete der Beteiligte zu
2) damit, dass er an einer Veränderung im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG nicht
mitgewirkt habe. Die Kapitalerhöhung sei nicht beurkundet worden, sondern aus
genehmigtem Kapital durch Beschluss der Geschäftsführung erfolgt. Die „Beglaubigung der
entsprechenden Handelsregisteranmeldung des Geschäftsführers durch“ ihn ändere hieran
nichts. Hieraufhin erließ das Registergericht eine unter dem 23.05.2022 zugestellte
Zwischenverfügung, die im Gegensatz zu dem Schreiben vom 03.05.2022 mit einer
Rechtsbehelfsbelehrung versehen war und in der es darauf hinwies, die Mitwirkung des
Beteiligten zu 2) liege in der Unterschriftsbeglaubigung unter der Anmeldung vom
28.04.2022 und Einreichung dieser Anmeldung beim Registergericht. Es werde „nunmehr
jedoch nicht nur um Vorlage der von Ihnen unterzeichneten und mit der
Notarbescheinigung versehenen Gesellschafterliste gebeten, sondern auch um dortige
Gegenzeichnung durch den Geschäftsführer.“
Mit der Beschwerde vom 23.05.2022, der das Registergericht nicht abgeholfen und sie dem
Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt hat, tritt der Beteiligte zu 2) auch der Ansicht
entgegen, die Liste sei vom Geschäftsführer und vom Notar zu unterzeichnen.
II.
Die Beschwerde, die jedenfalls nach Klarstellung als eigene Beschwerde des Beteiligten zu
2) zu verstehen ist, ist zulässig und begründet.
1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist auch nach
§ 382 Abs. 4 Satz 2 FamFG statthaft.
Dabei mag hier dahinstehen, ob eine Zwischenverfügung das zutreffende Mittel ist, um eine
eingereichte Gesellschafterliste zu beanstanden (so KG, Beschluss vom 20. Juni 2011 – 25
W 25/11 – Rn. 6; OLG Nürnberg, Beschluss vom 12.04.2018 – 12 W 669/18 – Rn. 11,
beide zitiert nach juris; ablehnend: Heinemann, in: Keidel, FamFG, 20. A., § 382 Rn. 21 –
Durchsetzung im Wege des Zwangsgeldverfahrens nach §§ 388 ff. FamFG). Jedenfalls,
wenn das Amtsgericht – wie vorliegend – nach Inhalt (Bezeichnung als „diese
Zwischenverfügung“) und Form (Rechtsbehelfsbelehrung) nicht nur den Anschein gesetzt
hat, sondern den Weg über die Zwischenverfügung gewählt hat, steht das in § 382 Abs. 4
Satz 2 FamFG für diese Fälle vorgesehene Rechtsmittel zur Verfügung (zum
Anscheinstatbestand: Senat, Beschluss vom 17.12.2021 – 22 W 78/21 –, Rn. 13; OLG
Düsseldorf, Beschluss vom 20.03.2018 – I-3 Wx 50/18 –, Rn. 2, beide zitiert nach juris;
Heinemann, in: Keidel, FamFG, 20. A., § 382 Rn. 22). Es kommt hinzu, dass – nachdem
der Beteiligte zu 2) bereits mit einer „Beschwerde“ auf das (einfache) Schreiben des
Amtsgerichts vom 03.05.2022 reagiert hatte – nunmehr offenbar ein „rechtsbehelfsfähiger
Bescheid“ geschaffen werden sollte, was die Annahme bestätigt, er solle selbstständig mit
der Beschwerde angegriffen werden können.
Der Beteiligte zu 2) ist im vorliegenden Fall auch beschwerdebefugt im Sinne des § 59
Abs. 1, 2 FamFG. Nach dieser Vorschrift steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch
den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Dies beruht allerdings nicht darauf, dass
ein Notar nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei einer Weigerung des
Registergerichts, die von ihm gemäß § 40 Abs. 2 GmbHG eingereichte Gesellschafterliste in
den Registerordner aufzunehmen, in seinen Rechten beeinträchtigt wird (BGH, Beschluss
vom 01.03.2011 – II ZB 6/10 – Rn. 9, zitiert nach juris). Denn um einen solchen Fall
handelt es sich vorliegend nicht. Der Beteiligte zu 2) will nicht die Aufnahme einer von ihm
erstellten Gesellschafterliste erwirken, sondern macht geltend, dass seine Mitwirkung nach
§ 40 Abs. 2 GmbHG bei einer Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital gerade nicht
erforderlich ist. Der Beteiligte zu 2) ist gleichwohl beeinträchtigt. Denn nach Auffassung
des Registergerichts, die in dessen Schreiben vom 03.05.2022 (aber auch vom 20.05.2022
und dem Nichtabhilfebeschluss vom 02.06.2022) zum Ausdruck kommt, soll ihn im
vorliegenden Fall eine Amtspflicht nach § 40 Abs. 2 GmbHG treffen. Dann aber geht es
ebenso wie im Fall der Weigerung der Aufnahme einer Gesellschafterliste um den Umfang
der den Notar im Zusammenhang mit Gesellschafterlisten treffenden Amtspflicht. Auf § 59
Abs. 2 FamFG kommt es nicht an, weil der Beteiligte zu 2) gerade geltend macht, entgegen
der Ansicht des Registergerichts keinen Antrag gestellt zu haben und stellen zu müssen
während das Amtsgericht von einer Antragspflicht ausgeht.
2. Die Beschwerde ist auch begründet.
Gemäß
Eintragung in das Handelsregister unvollständig ist oder der Eintragung ein anderes durch
den Antragsteller behebbares Hindernis entgegensteht, eine angemessene Frist zur
Beseitigung des Hindernisses zu bestimmen. Dies bezieht sich hier auf Hindernisse, die
einer Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner entgegen stehen (siehe oben
Ziff. 1). Ob dem Adressaten in der Zwischenverfügung auch Wege zur Behebung des
Mangels aufgezeigt werden müssen, ist streitig, mag hier aber im Ergebnis dahinstehen (in
dieser Richtung: Müther, in: Beck'sches Notar-Handbuch, 7. A., § 26, Rn. 72; Heinemann,
in: Keidel, 20. Aufl. 2020, FamFG § 382 Rn. 25; Geißler, in: BeckOK, 1.6.2022, BGB § 60
Rn. 7; Krafka, RegisterR, 11. A., Rn. 167). Häufig werden sich Beseitigungsmaßnahmen
schon aus der Beschreibung des Mangels selbst ergeben. Werden jedoch bestimmte
Handlungspflichten aufgegeben, müssen diese den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Dies
ist vorliegend jedoch nicht der Fall, weshalb die Zwischenverfügung vom 20.05.2022
aufzuheben war.
Das Registergericht hat mit der Zwischenverfügung „nunmehr jedoch nicht nur um Vorlage
der von Ihnen unterzeichneten und mit der Notarbescheinigung versehenen
Gesellschafterliste (...), sondern auch um dortige Gegenzeichnung durch den
Geschäftsführer“ gebeten. Dies entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben. Denn diese in
der Kommentarliteratur in Zweifelsfällen über die Einreichungskompetenz teilweise
vorgeschlagene Form (vgl. zum Beispiel: Servatius, in: Noack/Haas/ders., GmbHG, 23. A.,
§ 40 Rn. 57) findet keine Grundlage in § 40 GmbHG. Zwar mag es als pragmatische
Reaktion auf die durch den Mitwirkungsbegriff im Sinne des § 40 Abs. 2 GmbHG
entstandene Rechtsunsicherheit empfehlenswert sein, dass Notar und Geschäftsführer die
Liste vorsorglich beide unterschreiben, sodass wenn die „Liste von allen Personen
unterzeichnet [wird], deren Befugnis bzw. Verpflichtung hierzu in Betracht kommt, (...)
fest[-steht], dass jedenfalls auch die zuständige Person unterzeichnet hat“ (OLG Hamm,
Beschluss vom 16.02.2010 – 15 W 322/09 – Rn. 5, zitiert nach juris; siehe auch Ries, in:
ders., Praxis- und Formularbuch, 4. A., Rn. 3.467). Diesen Weg allerdings zum Gegenstand
einer Auflage zu machen, ist nicht zulässig. Denn nach der gesetzlichen Konzeption, die
durch den Wortlaut und durch die Gesetzgebungsgeschichte gestützt wird, trifft die Pflicht
und das Recht zur Erstellung einer GmbH-Gesellschafterliste bei Veränderungen in der
Gesellschafterstruktur im Grundsatz die jeweilige Geschäftsführung der Gesellschaft (Senat,
Beschluss vom 29.11.2021 – 22 W 58/21 – Rn. 8, zitiert nach juris). Nur unter den
Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 GmbHG trifft diese Pflicht den Notar, der an der
Veränderung mitgewirkt hat. Diese Zuständigkeiten bestehen alternativ. Aus dem Wortlaut
des
zu unterschreiben und zum Handelsregister einzureichen hat, und aus der
Entstehungsgeschichte (BT-Drs. 16/6140, S. 44: „Die Formulierung „anstelle“ in § 40 Abs.
2 Satz 1 stellt klar, dass die Erstellung und die Einreichung der Liste allein im
Verantwortungsbereich des Notars liegen. Hat ein Notar an einer Veränderung mitgewirkt,
entfällt die Verpflichtung der Geschäftsführer zur Erstellung und Einreichung einer Liste,
die diese Veränderung umsetzt.“) des Absatzes 2 im Verhältnis zum vorbestehenden Absatz
1, ergibt sich daher ein Regel-Ausnahme-Verhältnis. Dabei bedarf vorliegend die streitige
Frage keiner Vertiefung, ob die Verpflichtung der Geschäftsführer durch die Pflicht des
Notars entfällt oder jedenfalls subsidiär fortbesteht (Senat, Beschluss vom 07.07.2015 – 22
W 15/15 – Rn. 39: Verdrängung der Geschäftsführerpflicht durch Notarpflicht; zum Sachund
Streitstand: BGH, Urteil vom 17.12.2013 – II ZR 21/12 – Rn. 32, beide zitiert nach
juris; Seibt, in: Scholz, GmbHG, 12. A., § 40, Rn. 41). Denn eine Unterschrift der
Geschäftsführer und des Notars sieht das Gesetz auch für diesen Fall nicht vor.
3. Für die weitere Bearbeitung der Sache weist der Senat - ohne Bindungswirkung - auf
Folgendes hin.
Für die Erstellung einer Gesellschafterliste nach Durchführung einer Kapitalerhöhung aus
genehmigtem Kapital dürfte die Geschäftsführung und nicht der Notar zuständig sein.
Die Einreichungspflicht eines Notars wird unter Berücksichtigung des unter 2. aufgezeigten
Regel-Ausnahme-Verhältnisses nur ausgelöst, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen
des
Notars ist nach der genannten Vorschrift, dass ein Notar an einer Veränderung nach § 40
Abs. 1 Satz 1 GmbHG mitgewirkt hat. Unter „Mitwirkung“ ließe sich dem Wortlaut nach
zwar jedes die Veränderung im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG befördernde
Verhalten eines Notars verstehen (OLG Hamm, Beschluss vom 01.12.2009 – 15 W 304/09
– Rn. 8, zitiert nach juris; Servatius, in: Noack/Haas/ders., GmbHG, § 40 Rn. 51; Görner,
in: Rowedder/Pentz, 7. A., § 40 Rn. 27, die im Ergebnis ebenfalls Bedarf für eine am
Normzweck orientierte Auslegung sieht). Der weite Wortlaut dürfte jedoch teleologisch zu
reduzieren sein. Würde jede mitursächliche notarielle Tätigkeit (auch beispielsweise eine
Beglaubigung einer Unterschrift oder die Beglaubigung einer elektronischen Abschrift)
genügen, würden sich nicht nur im Zusammenhang mit der Einreichungspflicht bei
Beteiligung mehrerer Notare zusätzliche Kompetenzkonflikte ergeben (Servatius, a.a.O.).
Regel und Ausnahme in
Anwendungsbereich weitgehend entzogen.
Unter welchen Bedingungen eine notarielle Tätigkeit eine tatbestandliche „Mitwirkung“ im
Sinne von
Reduktion herangezogen werden sollen, ist umstritten. Dies gilt insbesondere für – hier
allein in Betracht kommende – Tätigkeiten des Notars im Vor- bzw. Umfeld von
Veränderungen in der Person der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung (das
OLG Hamm, a.a.O., Rn. 10, spricht von mittelbarer Mitwirkung). Teilweise wird vertreten,
zwei Grenzlinien seien zu ziehen: Die vorangegangene notarielle Tätigkeit müsse objektiv
für die Veränderung „kausal und final sein“ (Servatius, in: Noack/Haas/ders., 23. A.,
GmbHG, § 40 Rn. 51), wobei sich dem Senat die Trennschärfe des vorgeschlagenen
Abgrenzungskriteriums nicht erschließt. Auf die Unschärfe des Kausalitätskriteriums war
bereits hingewiesen worden. Das Kriterium der Finalität erhöht die Eingrenzbarkeit nicht.
Als „final“ im Hinblick auf die Veränderung in der Person der Gesellschafter könnte
möglicherweise auch die Beglaubigung einer elektronischen Abschrift verstanden werden.
Teilweise wird vertreten, dass bei Beurkundung eines Verschmelzungsvertrags und der
Verschmelzungsbeschlüsse einer zu verschmelzenden GmbH, zu deren Vermögen eine
„dritte GmbH“ gehört, der Notar auch verpflichtet sei, eine bescheinigte Liste der „dritten
GmbH“ einzureichen. Dies wird mit Sinn und Zweck des § 40 Abs. 2 GmbHG begründet,
der zumindest dann keine Abweichung von dem umfassenden Wortlaut rechtfertige, wenn
der Notar durch seine Tätigkeit im Rahmen der Beurkundungen wie auch durch seine
Tätigkeit und Äußerungen im Verfahren gezeigt habe, dass er über die internen Vorgänge
der Beteiligten bestens informiert sei (OLG Hamm, a.a.O., Rn. 11). Ganz überwiegend wird
jedoch davon ausgegangen, eine Einreichungspflicht bestehe regelmäßig nicht bei der
bloßen Beglaubigung einer Unterschrift, da den Notar insoweit nur eine eingeschränkte
Prüfungspflicht aus
die Eintragung im Handelsregister erforderlich und die Handelsregisteranmeldung durch
ihn beglaubigt worden, sei der Notar auch gemäß § 40 Abs. 2 GmbHG zuständig. Dies
gelte insbesondere im Fall der hier vorliegenden Ausnutzung genehmigten Kapitals nach
§ 55a GmbHG, wenn der Notar die Unterschrift unter der Anmeldung zur Durchführung
der Kapitalerhöhung beglaubigt habe und mit der Einreichung beauftragt worden sei
(Wicke, GmbHG, 3. A., § 40 Rn. 13; Paefgen, in: Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3.
A., § 40 Rn. 172; Görner, in: Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. A., § 40 Rn. 32; wohl auch
Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 20. Aufl. 2020, § 55a GmbHG,
Rn. 28).
Dies überzeugt nicht. Aus Sicht des Senats muss die teleologische Reduktion sich aus dem
vom Gesetzgeber angedachten Anwendungsbereich ergeben. Festzuhalten bleibt dabei
zunächst, dass ausweislich der Bundestagsdrucksache 16/6140 (S. 8, 44) der Notar verstärkt
in die Aktualisierung der Gesellschafterliste einbezogen werden sollte. In den meisten Fällen
der Veränderung der Personen oder Beteiligungshöhe wirke ein Notar in amtlicher
Eigenschaft mit. Herangezogen wird in den Motiven ein Beispiel intensiver Mitwirkung des
Notars, nämlich der Mitwirkung an der Abtretung eines Geschäftsanteils. In diesen Fällen
bedarf es nach § 15 Abs. 3 GmbHG eines in notarieller Form geschlossenen Vertrags, bei
der der Notar das Beurkundungsverfahren gem.
Amtspflichten des Notars gehört in diesem Zusammenhang insbesondere, nach § 17 Abs. 1
Satz 1 BeurkG die Klärung des Sachverhalts, die die Grundlage dafür ist, eine dem wahren
Willen der Beteiligten entsprechende Urkunde errichten zu können (BGH, Beschluss vom
24.07.2017 – NotSt (Brfg) 2/16 – Rn. 3, zitiert nach juris; Regler, in: BeckOGK, Stand:
1.5.2022, BeurkG, § 17 Rn. 26). Infolge seiner ohnehin stattfindenden Amtswaltung hat der
Notar deshalb bei der Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen Kenntnis von den
zugrundeliegenden Tatsachen. In diesem Fall kann der Notar dann ohne Weiteres zugleich
auch für den Vollzug sorgen, was „besonders einfach und unbürokratisch (...) gelegentlich
der Abtretungsbeurkundung gleich miterledigt werden“ (BT-Drs. a.a.O.) kann. In
Anknüpfung an die historische Ausgangslage, die vom Gesetzgeber mit dem Entwurf nicht
geändert werden sollte (BT-Drs. a.a.O.), kommt eine solche Pflicht des Notars damit nur als
Annexkompetenz in Betracht, wenn er von den die Änderung herbeiführenden Tatsachen
aus seiner amtlichen Tätigkeit bereits Kenntnis hatte.
Die vom Gesetzgeber gewünschte „Vereinfachung der Verfahrensabläufe im Interesse aller
Beteiligten (…)“ (BT-Drs. a.a.O.), stellt sich nämlich nur dann ein, wenn hierdurch nicht
zugleich weitere Prüfungspflichten des Notars ausgelöst werden. An dieser Zielrichtung
muss sich daher auch die Zuständigkeitsverteilung orientieren.
Gewendet auf den hiesigen Fall ergibt sich daraus, dass die Ausnutzung eines genehmigten
Kapitals gemäß § 55a GmbHG den Tatbestand des § 40 Abs. 2 GmbHG nicht erfüllt
(ebenso Terlau, in: Michalski/Heidinger/Leible/Schmidt, GmbH-Gesetz, 3. A., GmbHG,
§ 40 Rn. 13; Lücke/Simon, in: Saenger/Inhester, GmbHG, 4. A., § 40 Rn. 23; Ries, in: ders.,
Praxis- und Formularbuch, 4. A., Rn. 3.467; Fleischhauer/Wochner, Handelsregisterrecht,
4. A., S. 476; Terbrack,
Veränderung der Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung liegen
nicht hinreichend sicher im Erkenntnisbereich des Notars, selbst wenn er die Anmeldung
beglaubigt. Denn bei der Beglaubigung einer Unterschrift bezeugt der Notar – im
Gegensatz zu einer Niederschrift gemäß
Ausführungen auch eine inhaltliche Prüfung stattfindet – lediglich, dass die Unterschrift von
einer bestimmten Person herrührt (Theilig, in: BeckOGK, Stand: 01.05.2022, BeurkG, § 40
Rn. 14; Lerch, in: ders., BeurkG, 5. A., § 40 Rn. 13). § 378 Abs. 3 Satz 1 FamFG ändert an
diesem Umstand nichts. Nach dieser Vorschrift sind Anmeldungen in Registersachen, wie
die vorliegende, vor ihrer Einreichung für das Registergericht von einem Notar auf
Eintragungsfähigkeit zu prüfen. Bereits seinem Wortlaut nach bezieht sich die
Prüfungspflicht des Notars allein auf eine formale Prüfung der Möglichkeit der Eintragung
und den Text der Anmeldung. Eine inhaltliche Prüfung, die ihm „en passant“
möglicherweise sichere Kenntnis über Veränderungen in den Personen der Gesellschafter
oder des Umfangs ihrer Beteiligung verschaffen könnte, ist demgegenüber nicht veranlasst
(Prüfung der „abstrakten Eintragungsfähigkeit“, Müther, in: Dutta/Jacoby/Schwab,
FamFG, 4. A.,
Mit der Auslegung nach dem Wortlaut in Übereinstimmung stehen die Gesetzesmaterialien,
denen zufolge durch die Formulierung „für das Registergericht“ klargestellt werden soll,
dass der Notar nur gegenüber dem zuständigen Registergericht verpflichtet ist, dafür Sorge
zu tragen, dass nur sachgerecht abgefasste Anmeldungen beim Registergericht eingereicht
werden (BT-Drs. 18/10607, S. 109).
Erforderlich ist demnach für die Zuständigkeit des Notars, dass er durch seine konkrete und
qualifizierte (nämlich über die schlichte Beglaubigung hinausgehende) amtliche Tätigkeit
sichere Kenntnis von den im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit bewirkten Veränderungen
im Gesellschafterbestand erlangt (Krafka, RegisterR, 11. A., Rn. 1103; Roth RNotZ 2014,
470). Nur diese bereits im Rahmen der ohnehin stattfindenden Amtstätigkeit erfolgenden
Feststellungen, mit denen dann auch eine erhöhte inhaltliche Richtigkeitsgewähr verbunden
ist, dürften es rechtfertigen, zur Vereinfachung der Verfahrensabläufe im Interesse aller
Beteiligten – auch des Notars – von dem Grundsatz des
Die Zuständigkeit des Notars ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht vor dem
Hintergrund der Zusammenschau der Beglaubigung der Einzelerklärungen sowie der
Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses vom 26.08.2021. Auch wenn sich aus den
Einzelakten im Ergebnis der Sachverhalt ergibt, unterlagen sie – insbesondere auch was die
Übernahmeerklärung angeht – nur der Beglaubigung. Würde diese „Gesamtkenntnis“ für
die hier geforderte Kenntniserlangung ausreichen (so wohl: OLG Hamm, Beschluss vom
01.12.2009 – 15 W 304/09 – Rn. 11, zitiert nach juris: „über die internen Vorgänge der
Beteiligten bestens informiert.“), würde von kaum vorhersagbaren Umständen bzw. vom
Zufall abhängen, ob der Notar zuständig ist oder nicht. Dies würde zu nicht unerheblicher
Rechtsunsicherheit bei den Beteiligten führen, die vermieden werden muss.
4. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Gerichtskosten fallen nicht an. Die
Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten kommt ebenso wie mangels Beschwer
die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht in Betracht.
Entscheidung, Urteil
Gericht:Kammergericht
Erscheinungsdatum:08.08.2022
Aktenzeichen:22 W 39/22
Rechtsgebiete:
Beurkundungsverfahren
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GmbHG §§ 40 Abs. 2, 55a