OLG Köln 12. November 2020
14 U 17/20
BGB §§ 1154 Abs. 3, 1192 Abs. 1

Angebot auf Abschluss eines Abtretungsvertrages entsprechend §§ 1198, 1154

letzte Aktualisierung: 8.4.2021
OLG Köln, Urt. v. 12.11.2020 – 14 U 17/20

BGB §§ 1154 Abs. 3, 1192 Abs. 1
Angebot auf Abschluss eines Abtretungsvertrages entsprechend §§ 1198, 1154

Die Übersendung einer Löschungsbewilligung nebst Grundschuldbrief durch die Bank kann als
Angebot auf Abtretung der Grundschuld verstanden werden, auch wenn in dem Schreiben die
Worte „Zessionar“ und „Zedent“ nicht verwendet werden.

(Leitsatz der DNotI-Redaktion)

Gründe:

I.
Die Klägerin macht gegen die Beklagte Feststellungs-, Herausgabe- und
Schadensersatzansprüche geltend.

Die Klägerin und ihre Schwester A B bilden eine Erbengemeinschaft. Zur Erbmasse
zählten drei Grundstücke in C. Die Beklagten hat die Grundstücke im Wege der
Teilungsversteigerung erworben.

In den für die drei Grundstücke maßgeblichen Grundbüchern sind zu Gunsten der
Rechtsvorgängerin der Sparkasse D, der Kreissparkasse D (im Folgenden: Sparkasse),
jeweils eine Briefgrundschuld und eine brieflose Grundschuld über je 51.129,19 € (vormals
100.000,00 DM) eingetragen. Die Grundschulden dienten der Sicherung eines Darlehens,
das der Vater der Erbinnen, der Erblasser, bei der Sparkasse aufgenommen hatte. Der
Erblasser hat vor seinem Tode Zahlungen in Höhe des Darlehensbetrages nebst Zinsen an
die Sparkasse geleistet.

Mit Schreiben vom 02.10.2008 übersandte die Sparkasse dem Erblasser ein Schreiben, in
dem es auszugsweise wie folgt heißt:
„Nach Erledigung des Darlehens haben wir über die zu unseren Gunsten im Grundbuch
von E Bl. 218
in Abt. III, lfd. Nr. 4 und 5,
Mithaft in F Bl. 77 Nr. 8 und 11
eingetragenen Brief- und Buchgrundschuld
Löschungsbewilligung erteilt, die Sie zusammen mit den vollstreckbaren Ausfertigungen
der Grundschuldbestellungsurkunden Nr. 1891 f. 1980 vom 28.07.1980 und Ur.Nr. 642 f
1977 vom 14.04.1977, sowie dem Grundschuldbrief Nr. 4xx4xx0 Gruppe 02 des Notars Dr.
G, D, erhalten. Mit dieser Löschungsbewilligung können Sie über einen Notar Ihrer Wahl
die Löschung der Grundschuld im Grundbuch beantragen. …“
Mit dem Schreiben übersandte die Sparkasse dem Erblasser die Löschungsbewilligung
sowie die vollstreckbaren Ausfertigungen der Grundschuldbestellungsurkunden und den
Grundschuldbrief für die Briefgrundschuld. Der Erblasser machte bis zu seinem Tod keinen
Gebrauch von der Löschungsbewilligung.

Die Beklagte erwarb das Eigentum an den Grundstücken durch Zuschlagsbeschluss des
Amtsgerichts Düren vom 21.11.2018 gegen ein Bargebot in Höhe von 140.000,00 €. Unter
Ziffer I. des Beschlusses heißt es, dass die im Grundbuch eingetragenen Grundschulden
bestehen blieben. Über die Bedeutung dieses Zusatzes wurde die Beklagte vor der
Ersteigerung aufgeklärt.

Die Sparkasse kündigte mit Schreiben vom 29.11.2018 die Grundschulden und verlangte
von der Beklagten das Grundschuldkapital nebst Zinsen ab Zuschlagsdatum. Die Beklagte
ist im Besitz der mit dem Schreiben vom 02.10.2008 durch die Sparkasse an den
Erblasser übersandte Löschungsbewilligung sowie des Grundschuldbriefes. Die Beklagte
stellte im Dezember 2018 unter Vorlage der Löschungsbewilligung beim Amtsgericht
Düren einen Antrag auf Löschung der Grundschulden.

Mit Schreiben vom 03.01.2019 erklärte die Rechtspflegerin des
Zwangsversteigerungsverfahrens der Beklagten auf ein entsprechendes Schreiben der
Beklagten u.a. folgendes:

„Grundsätzlich ist die Sparkasse als eingetragenen Gläubiger berechtigt, die Rechte
geltend zu machen. Grundschulden dienen der Sicherung eines Darlehens. Wenn das
Darlehen (nicht die Grundschuld) zurückgezahlt ist, ist damit nicht automatisch die
Grundschuld erloschen oder eine Eigentümergrundschuld geworden. Der eingetragene
Gläubiger ist im Falle der Zahlung des Darlehens verpflichtet eine Löschungsbewilligung
zu erteilen und einen eventuellen Grundschuldbrief an den zahlenden Eigentümer
aushändigen. Dies ist wohl erfolgt, denn einer der vorigen Eigentümer hat Ihnen ja diese
Unterlagen ausgehändigt. Sie als neue Eigentümerin können dann die Löschung im
Grundbuch bewilligen (notariell) und über den Notar die Löschung der Rechte beim
Grundbuchamt beantragen“.

Mit der am 28.03.2019 eingereichten Klage hat die Klägerin Feststellungs- und
Herausgabeansprüche gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Sie hat weiter der
Sparkasse den Streit verkündet. Die Sparkasse ist dem Rechtsstreit auf Seiten der
Klägerin beigetreten.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass die Klägerin und Frau A B, H 3a, C in Erbengemeinschaft
Inhaber der nachstehend bezeichneten, zu Gunsten der Sparkasse eingetragenen
Grundschulden sind:

a) im Grundbuch des Amtsgerichts Düren von E, Bl. 218 in Abt. III unter

aa) lfd. Nr. 4: Grundschuld über 51.129,19 € nebst 17 % Zinsen seit dem 14.04.1977

bb) lfd. Nr. 5: (brieflose) Grundschuld über 51.129,19 € nebst 15 % Zinsen seit dem
28.07.1980

sowie

b) im Grundbuch des Amtsgerichts Düren von F Bl. 77 in Abt. III unter

aa) lfd. Nr. 8: Grundschuld über 51.129,19 € nebst 17 % Zinsen seit dem 14.04.1977, zur
Mithaft in Blatt E 218

bb) lfd. Nr. 11: (brieflose) Grundschuld über 51.129,19 € nebst 15 % Zinsen seit dem
28.07.1980. zur Mithaft in E Bl. 218;
hilfsweise zum Klageantrag zu Ziff. 1,
festzustellen, dass die Sparkasse Inhaberin der im Klageantrag zu 1. näher bezeichneten,
zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschulden ist;
äußerst hilfsweise zum Klageantrag zu 1.,
festzustellen, dass die Erbengemeinschaft Korf/B, bestehend aus der Klägerin und Frau A
B Inhaberin des Rückgewähranspruchs betreffend die im Klageantrag zu 1. näher
bezeichneten Grundschulden ist;

2. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, beim Amtsgericht Düren
- Grundbuchamt - unter Vorlage der Löschungsbewilligung der Sparkasse vom 02.10.2008
nebst zugehörigem Grundschuldbrief einen neuen Löschungsantrag zu stellen, solange
die dinglichen Grundschuldforderungen nicht abgelöst sind, sowie festzustellen, dass sich
der Rechtsstreit bezüglich der Rücknahme des Löschungsantrages erledigt hat;

3. die Beklagte zu verurteilen, die Löschungsbewilligung der Sparkasse vom
02.10.2008 betreffend die in den Klageanträge zu 1a) und b) bezeichneten Grundschulden
sowie den zu Grundschuld gemäß Ziff. 1 a) aa) gehörenden Grundschuldbrief Nr. 4xx4xx0
Gruppe 02 des Notars Dr. G zu Gunsten der Klägerin und der Frau A B bei der
Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Düren zu hinterlegen;
hilfsweise zum Klageantrag zu Ziffer 3,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin und Frau A B, gemeinsam 102.258,38 € nebst
Zinsen in Höhe von 17 % aus 51.129,19 € und in Höhe von 15 % aus 51.129,19 € jeweils
seit dem 21 November 2018 zu. Zahlen;

4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche
Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 2.348,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2019 zu zahlen.
Die Streithelferin hat sich den Anträgen der Klägerin angeschlossen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.

In einem parallel geführten einstweiligen Verfügungsverfahren hat das Landgericht Aachen
(4 O 56/19) einen Antrag der Klägerin dahingehend, der Beklagten im Wege der
einstweiligen Verfügung aufzugeben, den Löschungsantrag vom 19.12.2018
zurückzunehmen, zurückgewiesen. In der 2. Instanz hat das Oberlandesgericht Köln im
Wege des Versäumnisurteiles das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Beklagte
antragsgemäß verurteilt (14 U 22/19). Daraufhin nahm die Beklagte am 05.07.2019 den
Löschungsantrag zurück.

Mit Urteil vom 20.12.2019 hat das Landgericht Aachen festgestellt, dass die Klägerin und
Frau A B in Erbengemeinschaft Inhaber der zu Gunsten der Sparkasse eingetragenen
Briefgrundschulden und die Sparkasse Inhaberin der zu ihren Gunsten eingetragenen
brieflosen Grundschulden sind. Weiter hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, es zu
unterlassen, beim Amtsgericht Düren unter Vorlage der Löschungsbewilligung der
Sparkasse vom 02.10.2008 nebst des dazugehörigen Grundschuldbriefes einen neuen
Löschungsantrag zu stellen, solange die dinglichen Grundschuldforderung nicht abgelöst
ist. Weiter hat es festgestellt, dass sich der Rechtsstreit insoweit erledigt hat, als die
Klägerin die Rücknahme des Löschungsantrages vom 09.12.2018 begehrt hat. Schließlich
hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, die Löschungsbewilligung sowie den zur
Grundschuld gem. zu 1) a) aa) und bb) gehörenden Grundschuldbrief Nr. 4xx4xx0 Gruppe
02 des Notars Dr. G zu Gunsten der Klägerin und der Frau A B bei der Hinterlegungsstelle
des Amtsgerichts Düren zu hinterlegen. Die weitergehende Klage auf Erstattung der
außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat das Landgericht abgewiesen.
Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass der Klägerin
ein Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung zustehe, da sie und ihre Schwester als
Erbengemeinschaft Inhaberin der streitgegenständlichen Briefgrundschulden seien. Im
Zeitpunkt der Zwangsversteigerung hätten die Briefgrundschulden als
Eigentümergrundschulden zu Gunsten der Erbengemeinschaft bestanden, da sie nicht mit
dem Erwerb der Grundstücke durch die Beklagte zu Fremdgrundschulden geworden
seien. Ursprünglich sei die Sparkasse Inhaberin der Briefgrundschulden gewesen. Auch
nach Rückzahlung des Darlehens sei die Sparkasse zunächst Inhaberin der
Grundschulden geblieben, da der Erblasser das Darlehen beglichen habe und die
Zahlungen nicht auf die Grundschuld erfolgt seien. Der nach der kompletten Zahlung des
Darlehens gegebene Anspruch des Erblassers auf Übertragung der Grundschulden habe
die Sparkasse Düren mit dem Schreiben vom 02.10.2008 erfüllt. Infolgedessen seien die
Briefgrundschulden zu Eigentümerbriefgrundschulden zu Gunsten des Erblassers
geworden. Das Schreiben der Sparkasse vom Oktober 2008 stelle ein schriftliches
Angebot zur Zurückübertragung dar, welches der Erblasser konkludent durch Annahme
des Schreibens und Entgegennahme der Löschungs- und Grundschuldunterlagen
angenommen habe. Gleichzeitig habe die Sparkasse den Grundschuldbrief dem Erblasser
überlassen. Die Briefgrundschulden seien trotz der Zwangsversteigerung bestehen
geblieben, was sich aus dem Beschluss über die Zwangsversteigerung vom 21.11.2018
ergebe. Eine zwischenzeitlich durch die Sparkasse erklärte Kündigung der Grundschulden
ändere an diesem Umstand nichts, da die Sparkasse D insoweit nicht mehr
verfügungsberechtigt gewesen sei.

Im Hinblick auf die Buchgrundschuld sei die Klage nicht im gestellten Hauptantrag,
sondern in Form des ersten Hilfsantrages begründet, da diese nicht seitens der Sparkasse
auf den Erblasser übertragen worden seien. Die Übertragung einer Grundschuld erfolge
durch Einigung und Eintragung im Grundbuch gemäß §§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 3, 873
BGB. Eine wirksame Übertragung habe nicht stattgefunden, da es jedenfalls an der
Eintragung im Grundbuch fehle. Auch habe die Sparkasse nicht wirksam auf die
Buchgrundschulden verzichtet.

Der Unterlassungsanspruch sei begründet, da die Klägerin gegenüber der Beklagten einen
Anspruch darauf habe, dass es diese in der Zukunft unterlasse, beim Amtsgericht Düren
einen Antrag auf Löschung sowohl der Briefgrundschulden als auch der
Buchgrundschulden zu stellen, solange die dingliche Grundschuldforderungen nicht
abgelöst seien. Im Hinblick auf die Briefgrundschulden folge dieser Anspruch aus § 1004
BGB analog i.V.m. §§ 823 Abs. 1, 2039 BGB, im Hinblick auf die Buchgrundschuld aus §
1004 BGB analog i.V.m. §§ 826, 2039 BGB.

Der weitergehend gestellte Antrag auf Feststellung der Erledigung sei begründet, da die
ursprüngliche Klage zulässig und begründet gewesen sei. Die Klägerin habe einen
Anspruch gegenüber der Beklagten auf Rücknahme des Löschungsantrages besessen.
Weiter stehe der Klägerin auch gegenüber der Beklagten ein Anspruch darauf zu, dass
diese die Löschungsbewilligung der Sparkasse vom 02.10.2008 sowie den dazugehörigen
Grundschuldbrief zu Gunsten der Klägerin und der Frau A B bei der Hinterlegungsstelle
des Amtsgerichts Düren hinterlegt. Die Erbengemeinschaft sei Eigentümerin des
Grundschuldbriefes und die Beklagte unrechtmäßige Besitzerin. Auch sei die
Erbengemeinschaft Eigentümerin der Löschungsbewilligung, auch wenn sich diese auch
auf die Buchgrundschulden beziehe, deren Inhaberin nach wie vor die Sparkasse sei, §
952 BGB analog.

Unbegründet sei jedoch der Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher
Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 2.348,94 €. Die Klägerin habe nicht dargetan, dass
sich die Beklagte bereits in Verzug befunden habe, als ihr Prozessbevollmächtigter das
Schreiben vom 18.01.2019 an die Beklagte gerichtet und sie unter Fristsetzung bis zum
01.02.2019 zur Zahlung an die Sparkasse bzw. zur Hinterlegung der Löschungsunterlagen
aufgefordert habe.

Gegen dieses Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird,
haben die Parteien jeweils, soweit das Urteil für sie nachteilig war, Berufung eingelegt und
verfolgen insoweit die erstinstanzlichen Anträge weiter.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass sich der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher
Rechtsanwaltsgebühren aus §§ 823, 826, 249 BGB ergebe. Abgesehen davon habe die
Beklagte vorgerichtlich eine endgültige Zahlungsverweigerung ausgesprochen, so dass
eine Inverzugsetzung überflüssig gewesen sei.

Sie beantragt,
unter teilweise Aufhebung des Urteils des Landgerichts Aachen vom 20.12.2019 – Az. 4 O
62/19 – die Beklagte zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe
von 2.348,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
dem 02.02.2019 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt insoweit,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Weiter beantragt sie,
das am 20.12.2019 erlassene Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage
abzuweisen.

Insoweit beantragen die Klägerin und die Streithelferin,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Im Hinblick auf die Briefgrundschuld führt die Beklagte im Rahmen ihrer
Berufungsbegründung aus, dass die Sparkasse den ihr obliegenden Rückgewähranspruch
nicht erfüllt habe, sondern lediglich die Löschungsbewilligung erteilt habe. Entsprechend
ständen die Grundschulden weiter der Sparkasse zu. In dem Schreiben vom 02.10.2010
sei kein schriftliches Angebot zur Rückübertragung der Briefgrundschuld zu sehen,
sondern lediglich die Bestätigung der Zahlung und die Aufhebungserklärung der
Grundschuldgläubigerin. Das Schreiben beziehe sich textlich nicht auf eine Abtretung,
sondern auf eine Aufhebungserklärung des Berechtigten. Es fehle an der erforderlichen
Abtretungserklärung im Sinne von § 1192 i.V.m. § 1154 BGB. Auch die Berechtigung des
Erklärenden zur Abgabe der Erklärung ergebe sich nicht. Entsprechend habe die
Sparkasse im Einvernehmen mit den Erben mit Schreiben vom 29.11.2018 die
Grundschulden gekündigt und das Grundschuldkapital nebst Zinsen ab dem
Zuschlagsdatum verlangt. Schließlich habe der Mitarbeiter der Sparkasse D, Herr I, auf die
Grundschuld gegenüber ihr, der Beklagten, verzichtet, indem er mitgeteilt habe, es würden
keine Forderungen mehr bestehen. Ein entsprechender Verzicht sei auch unter Beweis
gestellt worden, dem das Landgericht fehlerhafterweise nicht nachgekommen sei. Die
Verzichtserklärung ergebe sich weiter daraus, dass sie die Unterlagen durch die
Schwester der Klägerin nach dem Versteigerungstermin am 14.12.2018 erhalten habe und
aus dem Schreiben der Rechtspflegerin des Zwangsversteigerungsverfahrens vom
03.01.2019. Gleiches gelte auch im Hinblick auf die Buchgrundschuld. Entsprechend seien
die übrigen Ansprüche der Klägerin unbegründet und die Klage wäre abzuweisen
gewesen.

II.
1. Die Berufung der Klägerin ist im Hinblick auf die geltend gemachten
Rechtsanwaltskosten begründet.
Zwar ist es richtig, dass ihr der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht nach §§
280, 286 BGB zusteht. Jedoch handelt es sich bei den Kosten der Rechtsverfolgung um
einen Schaden im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2015 - IX ZR
197/14 -, juris Rn. 55), den die Beklagte aufgrund des Umstandes, dass sie einen Antrag
auf Löschung der Grundschulden beim Amtsgericht Düren gestellt hat, adäquat kausal
verursacht hat. Auch in der Höhe ist die sich an der Höhe der betroffenen Grundschulden
orientierende 1,3-fache Gebühr nebst Post- und Telekommunikationspauschale sowie
Umsatzsteuern angemessen und rechtlich nicht zu beanstanden.

2. Die Berufung der Beklagte ist demgegenüber unbegründet.
a) Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen ist das Landgericht davon
ausgegangen, dass die Briefgrundschulden zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers als
Eigentümerbriefgrundschulden bestanden und die Erbengemeinschaft Eigentümerin
derselben ist.

aa) Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Sparkasse nach vollständiger
Rückzahlung des Darlehens durch den Erblasser Eigentümerin der Briefgrundschulden
geblieben ist, da der Erblasser nicht auf die Grundschulden, sondern das Darlehen
geleistet hat.

bb) Nicht zu beanstanden ist auch die weitere Ansicht des Landgerichts, nach der die
Sparkasse den nach Erfüllung des Darlehensvertrages bestehenden
Rückübertragungsanspruch des Erblassers mit ihrem Schreiben vom 02.10.2008 unter
Übersendung des Grundschuldbriefes erfüllt hat. In dem Schreiben vom 02.10.2008 ist ein
schriftliches Angebot auf Abtretung der Grundschuld zu sehen, das der Erblasser
zumindest konkludent durch Entgegennahme und Aufbewahrung der Unterlagen
angenommen hat.

Die nach §§ 1198, 1154 Abs. 1 BGB erforderliche Abtretungserklärung muss auf den
unmittelbaren Übergang des Forderungsrechts gerichtet sein (MüKoBGB/Lieder, 8. Aufl.
2020, BGB § 1154 Rn. 7). Ein bestimmter Wortlaut ist nicht erforderlich, wenn der
Übertragungswille nur deutlich zum Ausdruck kommt. Notwendig ist weiter die
Bezeichnung von Zedent und Zessionar jedenfalls insoweit, dass deren Identifizierung
möglich ist, letztlich bedarf es der Bezeichnung der Forderung (oder des
Grundpfandrechts), wobei die Angabe der Grundbuchstelle und des Betrages genügt; eine
Angabe der Rangstelle ist jedenfalls dann entbehrlich, wenn keine Verwechslungsgefahr
besteht (MüKoBGB/Lieder, 8. Aufl. 2020, BGB § 1154 Rn. 10 m.w.N.). Nicht jede
Ungenauigkeit in der Bezeichnung dieser Umstände führt zur Unwirksamkeit der
Abtretungserklärung (vgl. BGH, Beschluss vom 28.01.1997 - XI ZR 168/96 97 -, NJW-RR
1997, 910).

Diese Grundsätze zugrunde gelegt, bestehen keine Bedenken an der Auffassung des
Landgerichts, dass in dem Schreiben der Sparkasse vom 02.10.2008 ein Angebot auf
Abschluss eines Abtretungsvertrages entsprechend §§ 1198, 1154 BGB zu sehen ist. Das
Schreiben der Sparkasse vom 02.10.2008 ist offensichtlich auf den identitätswahrenden
Wechsel der Gläubigerstellung gerichtet. Richtig ist zwar der Einwand der Beklagten, dass
das Schreiben der Sparkasse vom 02.10.2008 weder ausdrücklich die Formulierung
„Zedent“ bzw. „Zessionar“ enthält. Es trifft auch zu, dass eine erteilte Löschungsbewilligung
nur die Löschung des Rechts, nicht jedoch dessen Umschreibung auf den Eigentümer
ermöglicht, weil sie den Übergang des Rechts nicht nachzuweisen vermag
(MüKoBGB/Lieder, 8. Aufl. 2020, BGB § 1144 Rn. 7). Vorliegend wird aber deutlich, dass
das Schreiben der Sparkasse darauf gerichtet ist, eine Änderung in der
Forderungszuständigkeit dergestalt zu erreichen, dass der Erblasser frei über die
Grundschulden in seinem Grundbuch verfügen kann. Dies ergibt sich schon daraus, dass
die Sparkasse die Grundschulden explizit benannt hat, die Löschungsbewilligung erteilt
und den Grundschuldbrief übersandt hat mit dem Hinweis, dass dies aufgrund der
Erledigung des Darlehens geschehe und der Erblasser nunmehr die Löschung der
Grundschuld im Grundbuch beantragen könne. Etwas anderes kann sich schon deshalb
nicht aus dem Schreiben vom 29.11.2018 ergeben, weil dieses Schreiben 10 Jahre nach
dem Schreiben vom 02.10.2008 erfolgte und damit nicht zur Auslegung des Schreibens
vom 02.10.2008 herangezogen werden kann. Soweit schließlich die Beklagte behauptet,
die Sparkasse habe durch ihren vertretungsbefugten Mitarbeiter Herrn Nacken auf die
Forderungen aus der Grundschuld verzichtet, kann diese Behauptung unabhängig davon,
ob sie überhaupt ausreichend substantiiert in den Prozess eingeführt wurde, ebenfalls
nicht zur Auslegung des Schreibens vom 02.10.2008 herangezogen werden. Denn selbst
wenn man zu Gunsten der Beklagten davon ausgehen wollte, dass die Sparkasse mit dem
Schreiben vom 29.11.2018 die Grundschulden kündigen wollte und anschließend auf ihre
Rechte verzichtet hat, ändert dies nichts an dem Umstand, dass die Sparkasse zu diesem
Zeitpunkt nicht mehr Rechtsinhaberin war. Schließlich hat auch das Schreiben der
Rechtspflegerin im Teilungsversteigerungsverfahren vom 03.01.2019 keinen für dieses
Verfahren rechtserheblichen Wert.

Dieses Angebot auf Abschluss eines Abtretungsvertrages hat der Erblasser konkludent
dadurch angenommen, dass er die Unterlagen entgegengenommen und nicht wieder an
die Sparkasse zurückgesandt hat. Grundsätzlich gilt zwar, dass z.B. ein Schweigen auf
unbestellt zugesandte Waren keine Annahme eines Angebots bedeuten kann, jedoch sind
vorliegend die Voraussetzungen andere. Der Erblasser stand mit der Sparkasse in einer
dauernden, langjährigen Geschäftsverbindung. Weiter hat der Erblasser die sich aus
dieser Geschäftsverbindung ergebenden Pflichten, nämlich die Rückzahlung des
Darlehens, bis zur Rückzahlung der letzten Rate betrieben. Da der Erblasser mit
Rückzahlung der letzten Rate einen Anspruch auf Übertragung der Grundschulden
erworben hat, ist nach dem objektiven Empfängerhorizont davon auszugehen, dass in der
Entgegennahme der Unterlagen und des Briefes die Annahme eines entsprechenden
Angebotes der Sparkasse, welches auf Erfüllung ihrer sich ergebenden Pflichten gerichtet
ist, zu sehen ist. Eine Erklärung der Annahme gegenüber der Sparkasse war gem. § 151
S. 1 BGB nicht erforderlich, da diese aufgrund der direkten Übersendung der Unterlagen
ersichtlich auf die Erklärung der Annahme ihr gegenüber verzichtet hat.

cc) Weiter sind die Briefgrundschulden auch nicht, wie das Landgericht zu Recht ausführt,
aufgrund der Zwangsversteigerung erloschen. Dies ergibt sich bereits aus dem Beschluss
über die Zwangsversteigerung vom 21.11.2018.

dd) Schließlich fehlt es auch an einer Abtretung der Grundschuld durch die Klägerin und
ihre Schwester zu Gunsten der Beklagten. Selbst wenn die Beklagte, wie von ihr
behauptet, am 14.12.2018 die Löschungsunterlagen von einem der Mitglieder der
Erbengemeinschaft freiwillig übergeben bekommen hat, ist darin nicht das Angebot auf
Abschluss eines Abtretungsvertrages zu sehen, da es hierfür eines Angebots beider
Miterben bedurft hätte. Eine diesbezügliche Abtretungsbereitschaft der Klägerin wird auch
von der Beklagtenseite nicht behauptet.

b) Nicht zu beanstanden sind weiterhin die Ausführungen des Landgerichts zum
Feststellungsantrag im Hinblick auf die Buchgrundschulden. Denn sowohl für die
Übertragung der Buchgrundschuld als auch für den von der Beklagten behaupteten
Verzicht durch die Sparkasse fehlt es an der jeweils notwendigen Eintragung ins
Grundbuch. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insoweit auf die
Ausführungen des Landgerichts Aachen. Die weiteren Ausführungen der Beklagten im
Schriftsatz vom 02.04.2020 rechtfertigen keine andere Würdigung. Insbesondere kommt
der Kündigungserklärung der Sparkasse kein entsprechender Wert zu. Denn unabhängig
davon, was die Sparkasse mit der Beklagten vereinbart hat, fehlt es an der Vornahme der
erforderlichen Eintragung ins Grundbuch, so dass sich an der formalen Rechtsstellung der
Sparkasse als Eigentümerin der Grundschulden nichts geändert hat. Vor dem Hintergrund
ist auch nicht ersichtlich, was die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 29.01.2016,
in der es um die Vereinbarung der Löschung einer Grundschuld unter Nennbetrag geht,
mit dem vorliegenden Fall zu tun haben soll.

c) Die Beklagte erhebt weiterhin keine erheblichen Einwendungen gegen die
Ausführungen des Landgerichts im Hinblick auf den Unterlassungsanspruch der
Erbengemeinschaft gegenüber der Beklagten. Auch insoweit verweist der Senat zur
Vermeidung von Wiederholungen auf die umfassenden und rechtlich nicht zu
beanstandenden Ausführungen des Landgerichts.

3. Der Vortrag der Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 16.09.2020,
die Erbengemeinschaft habe am 14.12.2018 durch Frau A B die Löschungsunterlagen
freiwillig übergeben und damit das Einverständnis in die Herausgabe zur Löschung erklärt,
gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO. Er
ist vielmehr ausgehend davon, dass nach Schluss der mündlichen Verhandlung Angriffsund
Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden können, unbeachtlich. Die
Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung aufgrund neuen, nicht gem. § 283 ZPO
nachgelassenen Vorbringens ist - von dem hier nicht zu erörternden Sonderfall eines
Wiederaufnahmegrundes abgesehen - nur dann geboten, wenn dieses Vorbringen ergibt,
dass es aufgrund eines nicht prozessordnungsmäßigen Verhaltens des Gerichts,
insbesondere einer Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) oder des
Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht rechtzeitig in den Rechtsstreit eingeführt worden ist
(vgl. BGH, Urteil vom 28.10.1999 - IX ZR 341/98 -, NJW 2000, 142). Derartiges kann
vorliegend jedoch nicht festgestellt werden. Ohne dass abschließend geklärt werden muss,
ob die Beklagte nicht bereits nach § 531 ZPO mit der erstmals in der
Berufungsbegründung vom 02.04.2020 aufgestellten Behauptung, die
Löschungsunterlagen von der Schwester der Klägerin, Frau A B, erhalten zu haben,
präkludiert war, nachdem die konkreten Umstände, wie sie in Besitz dieser Unterlagen
gekommen ist, erstinstanzlich noch bewusst verschwiegen worden waren, hätte sie ihre
insoweit gezogene Schlussfolgerung, die Übergabe der Unterlagen durch die Schwester
der Klägerin sei auch als eine Übergabe durch die Erbengemeinschaft zu werten, bereits
rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2020 präzisieren und insbesondere
unter Beweis stellen müssen. Veranlassung hierzu bestand für sie bereits aufgrund der
Berufungserwiderung der Klägerin vom 08.05.2020, mit der nicht nur die behauptete
Übergabe der Löschungsunterlagen am 14.12.2018 durch ein Mitglied der
Erbengemeinschaft bestritten, sondern durch die Klägerin auch darauf hingewiesen
worden war, dass eine eventuelle Übergabe der Unterlagen durch ihre Schwester aufgrund
ihrer fehlenden Zustimmung rechtlich unerheblich sei. Dafür, dass die Beklagte ihre
Behauptung, die Schwester der Klägerin habe ihr die Löschungsunterlagen freiwillig für die
Erbengemeinschaft übergeben, erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung aufgestellt
hat, war infolgedessen nicht das Gericht, sondern allein sie selbst verantwortlich.
Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung rechtfertigt sich auch nicht aus dem
ebenfalls nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 26.10.2020, da dieser lediglich
Rechtsausführungen enthält.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

IV.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO liegen
nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 1
ZPO. Die Zulassung der Revision ist auch nicht i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur
Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
erforderlich, da nicht über streitige oder zweifelhafte Rechtsfragen zu entscheiden war.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Köln

Erscheinungsdatum:

12.11.2020

Aktenzeichen:

14 U 17/20

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Allgemeines Schuldrecht
Erbengemeinschaft, Erbauseinandersetzung
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Grundpfandrechte
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

BGB §§ 1154 Abs. 3, 1192 Abs. 1