BGH 25. September 2024
XII ZB 508/23
BGB §§ 260 Abs. 1 S. 1, 1379 Abs. 1 S. 1 u. 2

Zugewinnausgleichsverfahren; Auskunftserteilung; Belegvorlage; Liste offener Forderungen; Anwaltsnotar als auskunftspflichtiger Ehegatte

letzte Aktualisierung: 9.1.2025
BGH, Beschl. v. 25.9.2024 – XII ZB 508/23

BGB §§ 260 Abs. 1 S. 1, 1379 Abs. 1 S. 1 u. 2
Zugewinnausgleichsverfahren; Auskunftserteilung; Belegvorlage; Liste offener
Forderungen; Anwaltsnotar als auskunftspflichtiger Ehegatte

a) Zur Auskunftserteilung und Belegvorlage im Zugewinnausgleichsverfahren, wenn der auskunftspflichtige
Ehegatte als selbständiger Rechtsanwalt und Notar tätig ist.
b) Eine vom Auskunftspflichtigen erstellte Liste, in der zu einem Stichtag noch offene Forderungen
ausgewiesen sind, ist Bestandteil der Auskunftsverpflichtung nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB und
kein Beleg im Sinne von § 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Gründe:

A.
Die Beteiligten machen im Rahmen eines Scheidungsverbundverfahrens
wechselseitig Zugewinnausgleichsansprüche im Wege von Stufenanträgen geltend,
wobei sie im Rechtsbeschwerdeverfahren nur über den Umfang der Verpflichtung
des Antragstellers zur Auskunftserteilung und Belegvorlage streiten.
Die Beteiligten heirateten am 17. September 2010 und trennten sich am
1. September 2017. Der Scheidungsantrag ist der Antragsgegnerin am 1. September
2018 zugestellt worden.

Der Antragsteller ist selbständiger Rechtsanwalt. Seit dem Jahr 2014 ist
er zudem als Notar tätig. Er hat durch Schriftsätze vom 8. Juli 2019 und 14. April
2020 Auskunft über sein Anfangs- und Endvermögen erteilt sowie Belege vorgelegt.
Die Antragsgegnerin begehrt vom Antragsteller die Erteilung weiterer Auskünfte
und die Vorlage von Belegen. Das Amtsgericht hat den Antragsteller unter
Zurückweisung der weitergehenden Anträge verpflichtet, die Gewinnermittlung
nach § 4 Abs. 3 EStG bezüglich seiner Kanzlei für das Jahr 2018 vorzulegen. Auf
die Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht den Beschluss
des Amtsgerichts teilweise abgeändert und den Antragsteller unter Zurückweisung
des weitergehenden Rechtsmittels verpflichtet, Auskunft über die offenen
Forderungen, die am 1. September 2018 zu seinen Gunsten in der Kanzlei bestanden,
und über den Sachwert des Notariats durch Angabe der wertbildenden
Faktoren einschließlich der am 1. September 2018 offenen Forderungen des Notariats
zu erteilen sowie die Auskünfte stichtagsbezogen durch Vorlage vollständiger
Listen der offenen Forderungen zu belegen.

Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers,
mit der er die vollständige Zurückweisung der Beschwerde der Antragsgegnerin
erstrebt.

B.
Die Rechtsbeschwerde erweist sich auf der Grundlage des vom Beschwerdegericht
festgestellten Sachverhalts als unbegründet. Über sie ist daher,
obwohl die Antragsgegnerin im Verhandlungstermin vor dem Senat nicht
vertreten war, durch streitige Endentscheidung (unechter Versäumnisbeschluss)
zu entscheiden (ständige Rechtsprechung, vgl. nur Senatsbeschluss vom
13. März 2024 - XII ZB 243/23 - FamRZ 2024, 927 Rn. 7 mwN).
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

I.
Das Beschwerdegericht hat seine in juris veröffentlichte Entscheidung wie
folgt begründet: Der Antragsteller habe grundsätzlich eine Auskunft erteilt,
die den Voraussetzungen des § 1379 BGB entspreche, und sei daher nur hinsichtlich
solcher Positionen zur ergänzenden Auskunftserteilung zu verpflichten,
zu denen er noch keine Angaben gemacht habe. Die Antragsgegnerin habe einen
Anspruch auf Auskunftserteilung über die in der Kanzlei des Antragstellers
am 1. September 2018 zu seinen Gunsten noch offenen Forderungen. Für die
Bewertung freiberuflicher Praxen im Rahmen des Zugewinnausgleichs sei das
modifizierte Ertragswertverfahren vorzugswürdig. Dabei werde zum Stichtag
über den Substanzwert hinaus auch der übertragbare Teil des ideellen Werts
(Goodwill) der freiberuflichen Praxis berücksichtigt. Da offene Honorarforderungen
bei der Bewertung einer freiberuflichen Praxis ein Kriterium sein könnten, sei
hierüber auch Auskunft zu erteilen. Es spreche nicht grundsätzlich gegen eine
Einbeziehung offener Forderungen in das Bewertungsverfahren, dass deren Realisierbarkeit
auch von der Zahlungsmoral der Schuldner abhänge und unklar sei,
mit welchem Betrag sie anzusetzen seien. Denn diese Umstände seien von einem
Sachverständigen individuell für die zu begutachtende freiberufliche Praxis
zu bewerten und spielten im Auskunftsverfahren keine Rolle.

Die Auskunftspflicht des Antragstellers erstrecke sich auch auf die wertbildenden
Merkmale seines Notariats. Zwar handele es sich bei einem Notariat
nicht um eine freiberufliche Tätigkeit oder ein Unternehmen, sondern um ein dem
Notar verliehenes öffentliches Amt. Dies führe jedoch nicht dazu, dass ein Notariat
von vornherein nicht in den Zugewinn falle und deshalb nicht zu beauskunften
wäre. Auch wenn ein Notariat als solches nicht veräußerbar sei, stellten die ihm
innewohnenden Gegenstände (Einrichtung, IT-Ausstattung etc.) Vermögenswerte
dar, die verwertet werden könnten. Daher sei es sachgerecht, den Wert
eines Notariats anhand des Substanzwertverfahrens zu ermitteln. Der Antragsteller
habe somit Auskunft über alle in Betracht kommenden wertbildenden Faktoren
zu erteilen. Dies seien die Sachwerte des Notariats einschließlich der am
1. September 2018 im Notariat noch offenen Forderungen.

Zudem habe die Antragsgegnerin nach § 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB einen
Anspruch auf Vorlage einer vollständigen Liste der zugunsten des Antragstellers
in der Kanzlei und im Notariat am 1. September 2018 jeweils noch offenen Forderungen
unter Angabe der Aktennummer, des Rechnungsdatums und des
-Posten- Ein Auskunftspflichtiger sei zwar nur
zur Vorlage vorhandener Nachweise verpflichtet. Der Antragsteller könne sich
aber gleichwohl nicht darauf berufen, dass derartige Listen nicht existierten und
nur mit erheblichem Aufwand erstellt werden könnten. Denn bereits seine Auskunftsverpflichtung
umfasse die Angabe der offenen Forderungen, so dass der
Antragsteller nach Auskunftserteilung zwangsläufig über entsprechende Listen
verfügen werde, weil er andernfalls die geschuldeten Auskünfte nicht erteilen
könne. Eine (weitere) schöpferische Leistung des Antragstellers sei somit nicht
erforderlich.

II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung weitgehend stand.
1. Entgegen der vom Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor
dem Senat vertretenen Auffassung war die Beschwerde der Antragsgegnerin zulässig.
Denn die Annahme des Beschwerdegerichts, der Wert des Beschwerdegegenstands
(§ 61 Abs. 1 FamFG) übersteige 600 ist nicht zu beanstanden.

Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass die auf einen Hinweis dargelegten
Vorstellungen der Antragsgegnerin über den Wert ihres Leistungsanspruchs
nicht auch schon zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung (vgl. Senatsbeschluss
vom 16. Mai 2018 - XII ZB 80/18 - FamRZ 2018, 1169 Rn. 11) bestanden hätten.

2. Die von der Rechtsbeschwerde erhobene Verfahrensrüge, das Beschwerdegericht
habe der Antragsgegnerin einen weiteren Auskunftsanspruch
bereits deshalb zu Unrecht zugesprochen, weil die Antragsgegnerin zu keinem
Zeitpunkt einen solchen Antrag gestellt habe, ist unbegründet.

a) Nach § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Gericht
nicht befugt, einem Beteiligten etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Es
ist insbesondere an den geltend gemachten prozessualen Anspruch gebunden.
Dieser wird bestimmt durch den Antrag, in dem sich die vom Antragsteller in Anspruch
genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt, aus
dem der Antragsteller die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGH Urteil vom
7. Dezember 2017 - IX ZR 45/16 - NJW 2018, 608 Rn. 9 mwN). Die Bindung an
den gestellten Antrag hindert das Gericht aber nicht, dem Antrag zum Teil stattzugeben
und ihn zum Teil abzuweisen. Dies setzt jedoch voraus, dass das Zugesprochene
nicht etwas der Art nach anderes als das Beantragte ist, sondern
sich vom Sinn und Zweck des Begehrens her in dessen Rahmen hält, also ein
minus und kein aliud darstellt (Stein/Jonas/Althammer ZPO 23. Aufl. § 308
Rn. 14).

b) Die Antragsgegnerin hat im Beschwerdeverfahren beantragt, den Antragsteller
zu verpflichten, ihr Auskunft über sein Anfangs- und Endvermögen
durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses zu erteilen. Zur Begründung hat sie
vorgetragen, dass der Antragsteller noch kein systematisches, in sich geschlossenes
Verzeichnis vorgelegt habe, so dass eine ordnungsgemäße Auskunft nicht
erteilt worden sei. Zudem erstrecke sich seine Auskunftspflicht auf die offenen
Posten und halbfertigen Arbeiten, da diese zum Substanzwert der Kanzlei und
des Notariats gehörten, es sich also um wertbildende Faktoren handele.
Das Beschwerdegericht hat dazu ausgeführt, dass im Rahmen des § 1379
Abs. 1 Satz 1 BGB zwar die Vorlage eines übersichtlichen Verzeichnisses der
Vermögensgegenstände geschuldet sei. Dieses könne aber - solange die Übersichtlichkeit
gewahrt sei - auch aus mehreren Teilen bestehen, wenn die Teilauskünfte
nicht zusammenhanglos nebeneinanderstünden, sondern nach dem erklärten
Willen des Auskunftspflichtigen in ihrer Summierung die Auskunft im geschuldeten
Gesamtumfang darstellten. Die mit Anlagen versehenen Schriftsätze
vom 8. Juli 2019 und 14. April 2020 erfüllten die genannten Voraussetzungen,
weil der Antragsteller wiederholt zum Ausdruck gebracht habe, damit seiner Auskunftsverpflichtung
nachgekommen zu sein. Die Rechtsbeschwerde greift diese
Ausführungen als ihr günstig auch nicht an, so dass dahinstehen kann, ob sie
zutreffend sind (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2014 - XII ZB 385/13 -
FamRZ 2015, 127 Rn. 19 mwN).

Von seinem Standpunkt aus folgerichtig hat das Beschwerdegericht den
Antragsteller nur hinsichtlich derjenigen Vermögenspositionen zur Auskunftserteilung
verpflichtet, zu denen dieser noch keine Angaben gemacht hat. Zwar ist
der Antrag der Antragsgegnerin nicht explizit auf die Beauskunftung von Einzelpositionen,
sondern auf die Vorlage eines (Gesamt-)Bestandsverzeichnisses
gerichtet, weil die Antragsgegnerin - anders als das Beschwerdegericht - in den
beiden Schriftsätzen des Antragstellers keine ordnungsgemäße Auskunft erblickt
hat. Allerdings umfasst das von der Antragsgegnerin beantragte Bestandsverzeichnis
eine Aufstellung der einzelnen Vermögenspositionen, so dass die Zuerkennung
eines auf einen Teil der Einzelpositionen beschränkten Auskunftsanspruchs
ersichtlich ein minus und gerade kein aliud zu dem geltend gemachten
Anspruch auf Auskunftserteilung durch Vorlage eines Gesamtverzeichnisses ist.
3. Auch in der Sache ist nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht
den Antragsteller zur Erteilung ergänzender Auskünfte verpflichtet hat.
a) Gegen die Auffassung des Beschwerdegerichts, der Antragsteller sei
zur Auskunft über die in seiner Kanzlei am 1. September 2018 zu seinen Gunsten
noch offenen Forderungen verpflichtet, ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.
aa) Nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB kann im Zugewinnausgleichsverfahren
jeder Ehegatte von dem anderen Ehegatten Auskunft über das für die
Berechnung des Anfangs- und Endvermögens maßgebliche Vermögen verlangen.
Die Pflicht zur Auskunftserteilung entfällt nur dann, wenn sich die Auskunft
unter keinen denkbaren Umständen auf die Höhe des Ausgleichsanspruchs auswirken
kann (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Februar 2022 - XII ZB 38/21 -
FamRZ 2022, 684 Rn. 23 mwN).

bb) Eine Rechtsanwaltskanzlei unterfällt wie jede andere freiberufliche
Praxis dem Zugewinnausgleich. Bei der Ermittlung des insoweit anzusetzenden
Werts einer solchen Praxis ist nach der Rechtsprechung des Senats über den
Substanzwert der Praxis hinaus auch der übertragbare Teil ihres ideellen Werts
(Goodwill) zu berücksichtigen (vgl. Senatsbeschluss vom 22. November 2017
- XII ZB 230/17 - FamRZ 2018, 174 Rn. 9 mwN). Sollte im Einzelfall aber kein
Goodwill anzusetzen sein, ist der zum Stichtag zu ermittelnde Wert jedenfalls mit
dem in diesem Zeitpunkt vorhandenen Substanzwert, also mit dem Wert zu bemessen,
der im Falle eines Praxisverkaufs auf den Rechtsnachfolger übergeht
(vgl. Senatsurteil BGHZ 188, 282 = FamRZ 2011, 622 Rn. 21).

Der Substanz- bzw. Sachwert besteht aus der Summe der zu der freiberuflichen
Praxis gehörenden Wirtschaftsgüter. Dazu zählen die betriebsnotwendigen
Gegenstände, wie etwa die Büroeinrichtung, eine Bibliothek oder Bürogeräte.
Zum Sachwert gehören aber auch die Außenstände einer Praxis, also die
Forderungen für bereits geleistete Arbeiten (Senatsurteil vom 24. Oktober 1990
- XII ZR 101/89 - FamRZ 1991, 43, 45; BeckOGK/Preisner [Stand: 1. August
2024] BGB § 1376 Rn. 268; Johannsen/Henrich/Althammer/Kohlenberg Familienrecht
7. Aufl. § 1376 BGB Rn. 66; Schulz/Hauß Vermögensauseinandersetzung
bei Trennung und Scheidung 7. Aufl. 1. Kapitel Rn. 320; Borth FamRZ
2011, 1373; Münch FamRZ 2006, 1164, 1167; Römermann/Schröder NJW 2003,
2709; vgl. auch die aktualisierten Richtlinien der Bundesrechtsanwaltskammer
zur Bewertung von Anwaltskanzleien BRAK-Mitteilungen 2018, 6, 7).
cc) Auch das vom Beschwerdegericht als (vermeintliche) Gegenauffassung
angeführte Schrifttum hält die offenen Forderungen bei der Ermittlung des
Praxiswerts nicht für bedeutungslos. Zwar wird teilweise vertreten, der Sachwert
einer freiberuflichen Praxis umfasse lediglich die betriebsnotwendigen Gegenstände,
so dass die Substanzbewertung in der Regel an dieser Stelle ende. Allerdings
sind - was das Beschwerdegericht übersehen hat - auch nach dieser
Auffassung die offenen Forderungen als Aktivpositionen ergänzend zu berücksichtigen,
wenn der Gesamtwert der Praxis, etwa bei einer Bewertung im Rahmen
des Zugewinnausgleichs, zu ermitteln ist (Boos DS 2019, 69; Boos/Siewert
DS 2018, 265, 266). Soweit andere Stimmen in der Literatur eine gesonderte
Ermittlung des Substanzwerts und des Werts des Goodwills einer Praxis nicht für
erforderlich halten (vgl. MünchKommBGB/Koch 9. Aufl. § 1376 Rn. 40; Braeuer
FF 2012, 273, 276 f.), gehen auch sie davon aus, dass jedenfalls der Substanzwert
zum Endvermögen des Praxisinhabers gehöre und bei der Berechnung des
Zugewinns zu berücksichtigen sei, wenn die Ertragsfähigkeit der Praxis so stark
inhabergebunden sei, dass kein Goodwill vorliege (vgl. MünchKommBGB/Koch
9. Aufl. § 1376 Rn. 40). Bedeutungslos sind die Sachwerte einer Praxis somit
auch nach dieser Auffassung nicht, die im Übrigen ebenfalls meint, dass zum
Substanzwert neben allen zur Praxis gehörenden Gegenständen auch offene
Forderungen zählen (MünchKommBGB/Koch 9. Aufl. § 1376 Rn. 36).

dd) Nach alledem stellt keine der zitierten Auffassungen in Abrede, dass
offene Forderungen für den Wert einer freiberuflichen Praxis von Bedeutung sein
können. Dies ist ausreichend, um insoweit eine Auskunftspflicht anzunehmen.
Mit welchem Betrag diese Forderungen letztlich bei der Wertermittlung zu berücksichtigen
sind, spielt im Rahmen der Auskunftsstufe keine Rolle, wie das Beschwerdegericht
richtig erkannt hat.

b) Aus Rechtsgründen ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Auffassung
des Beschwerdegerichts, die Auskunftspflicht des Antragstellers erstrecke
sich auch auf die Sachwerte seines Notariats einschließlich der am 1. September
2018 noch offenen Forderungen.

aa) Für die Berechnung des Endvermögens ist grundsätzlich auf den objektiven
(Verkehrs-)Wert des jeweiligen Vermögensgegenstandes zum Stichtag
abzustellen. Neben dem Substanzwert kann auch ein Goodwill zu berücksichtigen
sein, wenn das Unternehmen im Verkehr höher eingeschätzt wird, als es
dem reinen Substanzwert aller zum Unternehmen gehörenden Vermögensgegenstände
entspricht (Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2013 - XII ZB 534/12 -
FamRZ 2014, 368 Rn. 11 mwN). Allerdings hat nicht jedes Unternehmen einen
solchen ideellen Wert. So besitzt etwa der Gewerbebetrieb eines selbständigen
Handelsvertreters nur ausnahmsweise und in besonders gelagerten Fällen einen
Goodwill, weil der Betrieb nicht einseitig, sondern nur durch - nicht erzwingbare -
Mitwirkung des vertretenen Unternehmers auf einen Rechtsnachfolger übertragen
werden kann. Daher ist ihm im Rahmen des Zugewinnausgleichs über den
Substanzwert hinaus grundsätzlich kein Goodwill zuzuerkennen (Senatsbeschluss
vom 4. Dezember 2013 - XII ZB 534/12 - FamRZ 2014, 368 Rn. 12 ff.).
bb) Ob ein Notariat einen ideellen Wert haben kann, wird in der Literatur
unterschiedlich beurteilt. Anders als ein Rechtsanwalt ist ein Notar Träger eines
öffentlichen Amtes und besitzt keine freiberufliche Praxis, die er als solche veräußern
könnte, um ihren Vermögenswert auf dem freien Markt zu realisieren
(vgl. Senatsurteil vom 25. November 1998 - XII ZR 84/97 - FamRZ 1999, 361,
363 für einen bayerischen Notar). Daraus schließen Teile des Schrifttums, dass
ein Notariat - ähnlich wie der Gewerbebetrieb eines Handelsvertreters - grundsätzlich
keinen Goodwill besitzt (Schulz/Hauß Vermögensauseinandersetzung
bei Trennung und Scheidung 7. Aufl. 1. Kapitel Rn. 647; vgl. auch Kogel Strategien
beim Zugewinnausgleich 7. Aufl. Rn. 768). Demgegenüber vertreten andere
Stimmen in der Literatur die Auffassung, dass sich eine Ungleichbehandlung von
Notariaten und Rechtsanwaltskanzleien im Zugewinnausgleichsverfahren nicht
rechtfertigen lasse. Denn auch Notare könnten Sozietäten eingehen, wodurch
sich ähnliche Effekte ergeben würden wie bei Kanzleien. Anwaltsnotare könnten
ihren Mandantenstamm sogar unmittelbar an jüngere Notare weitergeben, mit
denen sie als Rechtsanwälte eine Sozietät eingegangen seien. Daher könne
auch ein Notariat einen ideellen Wert haben (Braeuer FF 2012, 273, 278).

cc) Welche der beiden Auffassungen zutreffend ist, bedarf vorliegend keiner
Entscheidung, weil das Beschwerdegericht der Antragsgegnerin nur hinsichtlich
der Sachwerte (Einrichtungsgegenstände, IT-Ausstattung etc.) einschließlich
der am 1. September 2018 noch offenen Forderungen des Notariats einen Auskunftsanspruch
zugesprochen hat. Jedenfalls insoweit besteht entgegen der Auffassung
der Rechtsbeschwerde eine Auskunftsverpflichtung des Antragstellers
nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB. Denn auch wenn ein Notariat als solches
nicht veräußerbar ist, stellen die diesem innewohnenden Gegenstände
- wie bei einer Kanzlei oder einer Handelsvertretung - Vermögenswerte dar,
die selbständig verwertbar sind. Es besteht kein Grund, ein Notariat insoweit anders
zu behandeln als etwa eine freiberufliche Praxis. Die Summe dieser Vermögensgegenstände
bildet den Sachwert eines Notariats (vgl. Schulz/Hauß Vermögensauseinandersetzung
bei Trennung und Scheidung 7. Aufl. 1. Kapitel
Rn. 647; vgl. auch Kogel Strategien beim Zugewinnausgleich 7. Aufl. Rn. 768),
der durch Anwendung des Substanzwertverfahrens zu ermitteln ist (BeckOGK/
Preisner [Stand: 1. August 2024] BGB § 1376 Rn. 558). Neben den betriebsnotwendigen
Gegenständen bestimmen - wie bei einer Rechtsanwaltskanzlei - auch
am Stichtag noch offene Forderungen den Substanzwert.

c) Auch die weiteren Einwände der Rechtsbeschwerde gegen die Verpflichtung
zur ergänzenden Auskunftserteilung greifen nicht durch.

aa) Soweit die Rechtsbeschwerde meint, dass sich die Auskunftspflicht
nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Mitteilung der wertbildenden Faktoren
beschränke und eine Wertermittlung hinsichtlich der einzelnen Vermögenspositionen
nicht geschuldet sei, ist dies im Grundsatz zwar zutreffend. Eine solche
Wertermittlung kann nach § 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB zusätzlich zur Auskunft verlangt
werden; sie wird von der Antragsgegnerin vorliegend aber nicht begehrt.
Das Beschwerdegericht hat den Antragsteller dementsprechend lediglich zur
Auskunft und nicht (auch) zur Ermittlung des Werts von Vermögensgegenständen
verpflichtet.

(1) Eine Auskunft nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB über den Bestand
des Endvermögens soll den Auskunftsberechtigten in die Lage versetzen, das
Endvermögen ungefähr selbst zu berechnen und auf diese Weise, ausgehend
vom Anfangsvermögen, den Zugewinn zu ermitteln. Zu diesem Zweck muss der
Auskunftspflichtige die zu seinem Endvermögen gehörenden Gegenstände nach
Anzahl, Art und wertbildenden Faktoren in dem Vermögensverzeichnis angeben,
wobei sich Umfang und Art der notwendigen Einzelangaben nach den Besonderheiten
der jeweiligen Vermögensgegenstände richten (Senatsbeschluss vom
24. Juli 2002 - XII ZB 31/02 - FamRZ 2003, 597).

Sachgesamtheiten als Mehrheiten von Sachen und Rechten, die ein einheitlicher
Bestimmungszweck verbindet (vgl. MünchKommBGB/Koch 9. Aufl.
§ 1379 Rn. 29), können im Bestandsverzeichnis grundsätzlich als Inbegriff von
Gegenständen aufgeführt werden, wenn und soweit der Verzicht auf eine detaillierte
Aufschlüsselung im Verkehr üblich ist und eine ausreichende Orientierung
des Auskunftsberechtigten nicht verhindert (BGH Urteil vom 1. Dezember 1983
- IX ZR 41/83 - FamRZ 1984, 144, 145 f.). Sind die Gegenstände dem Auskunftsberechtigten
jedoch nicht näher bekannt, müssen weitere Einzelheiten mitgeteilt
werden. Bei Unternehmen sind die Umsätze und Sachwerte (Johannsen/
Henrich/Althammer/Kohlenberg Familienrecht 7. Aufl. § 1379 Rn. 7), aber auch
die am Stichtag noch offenen Forderungen mitzuteilen. Zu den wertbildenden
Faktoren offener Forderungen gehört insbesondere deren Höhe (vgl. Johannsen/
Henrich/Althammer/Kohlenberg Familienrecht 7. Aufl. § 1379 Rn. 7; Schulz/
Hauß Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 7. Aufl.
1. Kapitel Rn. 884). Zu beauskunften ist der Nominalwert der Geldforderung, also
der (Rechnungs-)Betrag, der vom Schuldner gefordert wird. Damit ist gerade
keine Wertermittlung verbunden, weil der Nominalwert nichts darüber aussagt,
welchen wirtschaftlichen Wert die Forderung hat. Letzterer richtet sich (auch)
nach deren tatsächlicher Realisierbarkeit. Ist eine Forderung etwa uneinbringlich
oder wird sie vom Schuldner bestritten, ist sie mit einem geringeren Wert als dem
Nominalwert bei der Berechnung des Zugewinns zu berücksichtigen. Eine solche
Bewertung braucht der nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB Auskunftspflichtige aber
nicht vorzunehmen (vgl. Senatsurteil vom 12. November 2008 - XII ZR 134/04 -
FamRZ 2009, 193 Rn. 40).

(2) Nach diesen Maßstäben ist die vom Beschwerdegericht ausgesprochene
Verpflichtung des Antragstellers zur Erteilung einer Auskunft über die
Sachwerte des Notariats und über die offenen Forderungen, die zum Stichtag zu
Gunsten des Antragstellers in der Kanzlei und im Notariat bestanden haben, nicht
zu beanstanden. Das Beschwerdegericht hat den Antragsteller ausdrücklich nicht
dazu verpflichtet, den wirtschaftlichen Wert der offenen Forderungen zu ermitteln,
sondern darauf hingewiesen, dass die Frage, in welcher Form die offenen
Forderungen den Sachwert beeinflussen, nicht im Rahmen der Auskunftsstufe,
sondern gegebenenfalls nach sachverständiger Beratung im Rahmen der Leistungsstufe
zu beurteilen sei. Die offenen Forderungen sind daher mit ihrem Nominalwert
zu beauskunften.

bb) Ebenfalls ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, dass der
Antragsteller keine Listen über offene Forderungen der Kanzlei und des Notariats
führe und die vom Senat ausgesprochene Beschränkung der Belegvorlagepflicht
auf bereits vorhandene Nachweise umgangen würde, wenn der Auskunftsberechtigte
statt der (nicht geschuldeten) Vorlage nicht existenter Belege die Erteilung
einer Auskunft verlangen könnte, die mit dem Inhalt der noch nicht existierenden
Belege identisch sei. Zwar hat das Beschwerdegericht den Antragsteller
zur Vorlage von Listen über die offenen Forderungen verpflichtet. Bei zutreffender
Betrachtung handelt es sich dabei jedoch nicht um eine Verpflichtung zur
Belegvorlage, sondern um eine solche zur Auskunftserteilung.

(1) Nach § 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB sind im Zugewinnausgleichsverfahren
auf Anforderung Belege vorzulegen. Der Anspruch auf Belegvorlage dient als
Hilfsanspruch in erster Linie zur Kontrolle der Auskunft. Da sich der Auskunftsanspruch
auf die Zusammensetzung des Vermögens des Auskunftspflichtigen
am Stichtag einschließlich der wertbildenden Faktoren richtet, sollen die vorzulegenden
Belege eine Überprüfung der Angaben des Auskunftspflichtigen daraufhin
ermöglichen, ob dieser seinen Wissensstand zu den von der Auskunft umfassten
Punkten zutreffend und vollständig mitgeteilt hat. Mithin dient die Belegvorlage
insoweit vor allem dem Ausgleich des Informationsgefälles (Senatsbeschluss
vom 23. Februar 2022 - XII ZB 38/21 - FamRZ 2022, 684 Rn. 27 mwN).
Unter Berücksichtigung dieses Zwecks der Vorschrift (vgl. BT-Drucks.
16/10798 S. 18) sind als Belege alle Urkunden, Dokumente, Bescheinigungen
und sonstigen Unterlagen anzusehen, die aussagekräftig für die Vollständigkeit
und Richtigkeit des als Auskunft erstellten Bestandsverzeichnisses, für die Existenz
und den Zustand der verzeichneten Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten
und für deren Wert sind (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Dezember 2021
- XII ZB 472/20 - FamRZ 2022, 429 Rn. 15). Die Verpflichtung zur Belegvorlage
nach § 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB beschränkt sich allerdings auf die Vorlage
vorhandener Nachweise. Eine Pflicht zur Erstellung von Belegen, die über die
bloße Reproduktion bereits existierender Unterlagen - etwa durch Ausdruck - hinausgeht
und wie etwa bei einem Jahresabschluss eine eigene schöpferische
Leistung erfordert, besteht nicht (Senatsbeschluss vom 1. Dezember 2021
- XII ZB 472/20 - FamRZ 2022, 429 Rn. 17 ff.).

(2) Das Beschwerdegericht hat den Antragsteller zur Vorlage einer vollständigen
Liste über die am 1. September 2018 jeweils noch offenen Forderungen
der Kanzlei und des Notariats unter Angabe der - auch unter dem Gesichtspunkt
der Verschwiegenheitspflicht unbedenklichen - Aktennummer, des Rechnungsdatums
und des Rechnungsbetrags verpflichtet. Bei einer solchen Liste
handelt es sich indes der Sache nach lediglich um ein (Teil-)Bestandsverzeichnis
im Sinne von § 260 Abs. 1 Satz 1 BGB, aus dem sich die Zusammensetzung
(eines Teils) des Aktivvermögens zum Stichtag einschließlich der wertbildenden
Faktoren ergibt. Eine derartige vom Antragsteller erstellte Liste besitzt hingegen
keine Aussagekraft in Bezug auf die Richtigkeit der erteilten Auskunft und des
Nennwerts der jeweiligen Forderung. Sie stellt daher - anders als etwa eine dem
Schuldner ausgestellte Rechnung über die Rechtsanwalts- oder Notargebühren -
keinen Beleg im Sinne von § 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB dar. Somit hat das Beschwerdegericht
den Antragsteller insoweit nicht zur Vorlage (nicht existenter)
Belege, sondern schlicht zur Erstellung eines Verzeichnisses über die am Stichtag
noch offenen Forderung verpflichtet. Hiergegen kann der Antragsteller auch
nicht einwenden, dass er ein solches Verzeichnis nicht besitze. Denn ein nach
§ 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Auskunft verpflichteter Ehegatte schuldet gerade
die Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und daher auch dessen Erstellung
(vgl. Senatsbeschluss vom 24. Juli 2002 - XII ZB 31/02 - FamRZ 2003, 597),
sollte er sich nicht bereits im Besitz eines solchen stichtagsbezogenen Verzeichnisses
befinden.

4. Soweit das Beschwerdegericht die Verpflichtung des Antragstellers zur
Vorlage von Listen über die am Stichtag noch offenen Forderungen der Kanzlei
und des Notariats auf § 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB gestützt hat, ist klarzustellen,
dass die Vorlage von der Auskunftsverpflichtung nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
BGB gedeckt ist. Dass die Antragsgegnerin ihr diesbezügliches Begehren auf
§ 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB als Anspruchsgrundlage gestützt hat, ist verfahrensrechtlich
unschädlich.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

25.09.2024

Aktenzeichen:

XII ZB 508/23

Rechtsgebiete:

Einkommens- und Körperschaftssteuer
Allgemeines Schuldrecht
Eheliches Güterrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

BGB §§ 260 Abs. 1 S. 1, 1379 Abs. 1 S. 1 u. 2