OLG Frankfurt a. Main 06. Mai 2024
20 W 184/23
GBO §§ 29, 135, 137; BeurkG §§ 39a, 42

Elektronischer Rechtsverkehrs mit dem Grundbuchamt; Einreichung einer Datei, in der mehrere Urkunden elektronisch beglaubigt werden

letzte Aktualisierung: 21.10.2024
OLG Frankfurt, Beschl. v. 6.5.2024 – 20 W 184/23

GBO §§ 29, 135, 137; BeurkG §§ 39a, 42
Elektronischer Rechtsverkehrs mit dem Grundbuchamt; Einreichung einer Datei, in der
mehrere Urkunden elektronisch beglaubigt werden

1. Die Einreichung einer qualifiziert von dem Notar signierten Datei, die den Scan mehrerer in
Papierform errichteter Urkunden und einen Vermerk des Notars enthält, in welchem er die
elektronische Anschrift [sic] beglaubigt, bei dem Grundbuchamt verstößt nicht gegen § 3 Abs. 3
JustlTV (Hessen), der im Wortlaut dem im Grundbuchverfahren nicht anwendbaren § 4 Abs. 2
ERVV entspricht.
2. Im Fall der Errichtung eines elektronischen Dokuments, mit dem die Beglaubigung mehrerer
Urkunden mit einem Vermerk entsprechend § 42 Abs. 1 BeurkG in Form eines einfachen
elektronischen Zeugnisses des Notars im Sinne von § 39a BeurkG erfolgt, wird eine untrennbare
Verbindung der zu beglaubigenden elektronischen Abschriften der Urkunden mit dem Vermerk
durch Anbringung der qualifizierten elektronischen Signatur des Notars an diesem Dokument
hergestellt; diese Signatur stellt keine unzulässige Container-Signatur dar, weil sie an einer Datei und
nicht an mehreren Dateien angebracht ist.

Gründe

I.
In dem oben aufgeführten Grundbuch ist der Beteiligte zu 1 als Eigentümer des betroffenen
Wohnungseigentums eingetragen. In Abt. III ist unter der lfd. Nr. 3 eine Grundschuld ohne
Brief in Höhe von 12.782,30 EUR eingetragen.

Mit am 13.02.2023 bei dem Grundbuchamt eingegangenem Schreiben vom 10.02.2023 hat
der verfahrensbevollmächtigte Notar seine Urkunde UVZ-Nr. … vom 07.02.2023 über die Bestellung
einer Grundschuld an dem betroffenen Wohnungseigentum eingereicht und auch im
Namen der Gläubigerin dieser Grundschuld, der Beteiligten zu 2, deren Vollzug im Grundbuch
beantragt.

Ausweislich Ziff. IX der Urkunde beantragt der Eigentümer, der Beteiligte zu 1, zudem unwiderruflich
unter Bezugnahme auf noch beizubringende Löschungsunterlagen die Löschung
des nachrangigen Teilbetrags der Grundschuld aus Abt. III lfd. Nr. 3 in Höhe von 6.000,00
EUR.

Mit Verfügung vom 14.02.2023 hat ein Rechtspfleger des Grundbuchamts darauf hingewiesen,
dass der beantragten Eintragung ein Hindernis entgegenstehe, zu dessen Beseitigung er
eine Frist von einem Monat gesetzt hat. Zu dem Teillöschungsantrag gemäß Ziff. IX der Urkunde
sei noch die Löschungsbewilligung der Gläubigerin der betroffenen Grundschuld in
grundbuchmäßiger Form nebst Vertretungsnachweis der handelnden Personen einzureichen.
Mit Schreiben vom 08.03.2023 hat der verfahrensbevollmächtigte Notar mitgeteilt, der Löschungsantrag
habe unter dem Vorbehalt der Vorlage der Löschungsunterlagen stehen sollen.

Diese Unterlagen würden durch die neue Grundschuldgläubigerin angefordert und dem
Grundbuchamt vorgelegt werden. Es werde gebeten, die Angelegenheit bis dahin zurückzustellen.
Unter dem 20.03.2023 hat der verfahrensbevollmächtigte Notar eine Teillöschungsbewilligung
über einen Teilbetrag von 6.000,00 EUR betreffend eine in dem betroffenen Grundbuch
in Abt. III unter der lfd. Nr. 2 eingetragene Grundschuld eingereicht.

Der Rechtspfleger des Grundbuchamts hat mit Verfügung vom 28.03.2023 darauf hingewiesen,
dass sich die eingereichte Teillöschungsbewilligung auf ein anderes Recht beziehe als der
Antrag zu Ziff. IX aus der Urkunde vom 07.02.2023, welcher das unter der lfd. Nr. 3 eingetragene
Recht betreffe. Zur Einreichung einer das letztgenannte Recht betreffenden Teillöschungsbewilligung
hat er eine Frist von einem Monat gesetzt. Er hat abschließend darauf
hingewiesen, dass gemäß § 135 Abs. 1 S. 2 Nr. 4, § 137 GBO i. V. m. § 1 Abs. 2 JustITV
(Justiz-Informationstechnik-Verordnung vom 29.11.2017; GVBl. 2017, 415) ab dem
01.03.2023 Dokumente elektronisch zu übermitteln seien.

Nachdem der Verfahrensbevollmächtigte alle vorgenannten Dokumente in Papierform eingereicht
hatte, hat er am 06.07.2023 sein Schreiben vom gleichen Tag dem Grundbuchamt
elektronisch übermittelt. In diesem Schreiben hat er auf eine Teillöschungsbewilligung bezüglich
des Rechts in Abt. III, lfd. Nr. 3, Bezug genommen. Ausweislich des Prüfvermerks (in der
Akte, nicht paginiert), auf den wegen seiner Einzelheiten Bezug genommen wird, sind mit der
Nachricht zwei Dokumente im PDF-Format eingereicht worden, welche jeweils mit einer gültigen
qualifizierten elektronischen Signatur (im Folgenden auch kurz: qeS) des verfahrensbevollmächtigten
Notars versehen sind, die als berufsbezogenes Attribut dessen Notareigenschaft
ausweist. Der Name einer der beiden Dateien besteht, wie sich ebenfalls aus dem
Prüfvermerk ergibt, ausschließlich aus einer keinen Wortsinn ergebenden Aneinanderreihung
von Buchstaben und Zahlen, der Name der zweiten aus dem Wort „Anschreiben“ gefolgt von
einer ebensolchen Aneinanderreihung von Buchstaben. und Zahlen.

Ausweislich der zur Papierakte genommenen Ausdrucke enthielt die erste qualifiziert elektronisch
signierte PDF-Datei die Scans einer unterschriftsbeglaubigten Löschungsbewilligung, einer
Vollmachtsurkunde ebenfalls in öffentlich beglaubigter Form sowie eine Erklärung des
verfahrensbevollmächtigten Notars, wonach er die Übereinstimmung der in dieser Datei enthaltenen
Bilddaten (Abschrift) mit dem ihm vorliegenden Papierdokument (Urschrift) beglaubige.
Die Unterschriften unter Löschungsbewilligung und Vollmacht hat ein in Stadt1 ansässiger
Notar beglaubigt.

Die zweite Datei enthielt das genannte (An-)Schreiben vom 06.07.2023.

Durch Verfügung vom 11.07.2023 hat der Rechtspfleger des Grundbuchamts die Beteiligten
darauf hingewiesen, dass die Dateinamen der übermittelten elektronischen Dokumente für
eine Zuordnung ungeeignet seien. Er hat weiter sinngemäß ausgeführt, die Kontrolle der ordnungsgemäßen
Übermittlung über EGVP erfordere auch die Möglichkeit des Gerichts anhand
eines sinnvoll vergebenen Dateinamens zu prüfen, auf welche Schriftstücke sich die Angaben
zu Dateien im Prüfvermerk bezögen. Es werde daher um nochmalige Überlassung in elektronischer
Form mit einem Dateinamen gebeten, der erkennen lasse, welches Dokument versandt
worden sei.

Abschließend ist ausgeführt, es sei dabei auch zu beachten, dass nach § 3 Abs. 3 JustITV
mehrere elektronische Dokumente nicht mit einer gemeinsamen qeS übermittelt werden
dürften. Folglich bedürften Teillöschungsbewilligung und Vollmacht je einer eigenen Signatur.
Mit elektronischer Nachricht vom 04.08.2023 hat der Verfahrensbevollmächtigte ein Anschreiben
vom gleichen Tag sowie erneut die vorgenannte Datei mit den Scans von Teillöschungsbewilligung
und Vollmacht eingereicht, wobei - soweit den zur vorgelegten Papierakte
gelangten Ausdrucken zu entnehmen ist - die einzige Änderung gegenüber der vorausgehenden
Einreichung darin besteht, dass ausweislich des Prüfvermerks der Dateiname der zuvor
nur mit einer Kombination aus Buchstaben und Zahlen bezeichneten Datei um die vorangestellte
Bezeichnung „teilloeschung“ ergänzt ist. In dem Anschreiben hat der Verfahrensbevollmächtigte
darauf hingewiesen, dass die erneute Einreichung ohne Anerkennung der Richtigkeit
der von dem Grundbuchamt geäußerten Rechtsansichten zur Vermeidung weiterer Verzögerungen
erfolge.

Mit Schreiben vom 08.08.2023 hat der Rechtspfleger des Grundbuchtamts beanstandet, dass
bei der erneuten elektronischen Übermittlung von Dokumenten am 04.08.2023 der letzte Absatz
der Verfügung vom 11.07.2023 unbeachtet geblieben sei. Die Teillöschungsbewilligung
und die Vollmacht der handelnden Personen hätten einzeln mit je eigener Signatur überlassen
werden müssen. Es werde um Erledigung gebeten.

Der Verfahrensbevollmächtigte hat dem Grundbuchamt daraufhin mit Schreiben vom
09.08.2023 mitgeteilt, dass der letzte Absatz des Schreibens vom 11.07.2023 bewusst unbeachtet
geblieben sei. Bei der Teillöschungsbewilligung und der Vollmacht handele es sich um
eine von ihm zusammengefasste Urkunde und nicht um zwei Urkunden.

Durch vorliegend angefochtene Zwischenverfügung vom 11.08.2023 hat der Rechtspfleger
des Grundbuchamts erneut darauf hingewiesen, dass der beantragten Eintragung entgegenstehe,
dass Löschungsbewilligung und Vollmachtsurkunde zum Nachweis der Vertretungsberechtigung
der für die Bank handelnden Personen zwei getrennte Dokumente seien, welche
nicht mit einer gemeinsamen qeS übermittelt werden dürften. Gemäß § 3 Abs. 3 JustITV seien
mehrere Dokumente getrennt mit einer qeS zu übermitteln.

Der Rechtspfleger hat näher ausgeführt, dass es sich bei der Löschungsbewilligung und der
Vollmacht um Privaturkunden handele. Öffentliche Urkunde sei im Falle einer Unterschriftsbeglaubigung
nur der Beglaubigungsvermerk. Weil es sich dabei um Urkunden eines anderen
Notars handele, gehe schon die Annahme des Verfahrensbevollmächtigten fehl, es liege eine
von diesem zusammengefasste Urkunde vor. Denn dessen Befugnis zur Zusammenfassung
von Urkunden eines anderen Notars fehle.

Aber auch der Notar aus Stadt1 habe die Vollmachtsurkunde nicht zum Inhalt der Löschungsbewilligung
machen können. Es sei weder Inhalt des Unterschriftsbeglaubigungsvermerks
noch sonst Recht eines eine Unterschrift beglaubigenden Notars, andere Urkunden (hier die
Vollmacht) zum Inhalt der beglaubigten Bewilligung zu machen.

Zwar sei § 9 BeurkG nicht unmittelbar einschlägig, da hier keine Beurkundung einer Willenserklärung
vorliege, sondern nur eine Unterschriftsbeglaubigung; für eine öffentlich beglaubigte
Erklärung gelte aber nichts Anderes. Werde einer textlichen Erklärung ein anderes Schriftstück
beigefügt, so habe jedenfalls im textlichen Teil eine Bezugnahme hierauf zu erfolgen,
um eine ausreichende Verknüpfung sicherzustellen. Folglich handele es sich bei der Beifügung
um eine Bezugnahme im Sinne einer unechten Verweisung. Die Erklärungen der Vollmacht
könnten nicht als in der beglaubigten Bewilligung enthalten angesehen werden. Es lägen
demnach zwei Urkunden vor, welche nicht mit einer gemeinsamen qeS übermittelt werden
dürften.

Mit Schreiben vom 21.08.2023 hat der Verfahrensbevollmächtigte erklärt, dass die Hinweise
des Grundbuchamts zur Herstellung einer einheitlichen öffentlichen Urkunde zwar zuträfen.
Er habe mit dem Verweis in seinem Schreiben vom 09.08.2023, wonach es sich um eine von
ihm zusammengefasste Urkunde handele, aber gemeint, dass er ein einheitliches elektronisches
Dokument erstellt habe, dessen einheitliche elektronische Signatur auch gemäß § 3
Abs. 3 JustITV habe erfolgen dürfen. Hierzu - d. h. zur Erstellung eines einheitlichen elektronischen
Dokuments - sei er auch gemäß § 39a Abs. 1 BeurkG befugt. Er hat seinem Schreiben
ein Gutachten des A (vom 24.03.2020, Nr. …) beigefügt.

Der Verfahrensbevollmächtigte hat abschließend erklärt, für den Fall der „Nichtabhilfe“ - gemeint
ist offensichtlich der Fall, dass das Grundbuchamt die Eintragung nicht vornehme - Beschwerde
gegen die Zwischenverfügung einzulegen.

Der Rechtspfleger des Grundbuchamts hat mit Beschluss vom 24.08.2023 (in der Akte, nicht
paginiert) eine Nichtabhilfeentscheidung getroffen, ausweislich deren Ausspruchs und Gründen
er einer Beschwerde gegen „die Zwischenverfügung vom 14.02.2023“ nicht abgeholfen
hat, und hat die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Zu den - inhaltlich auf die Zwischenverfügung vom 11.08.2023 bezogenen - Gründen hat der
Rechtspfleger im Wesentlichen ausgeführt, es liege unstreitig kein Fall des § 9 Abs. 1 S. 2
BeurkG vor. Während bei einer Zusammenfassung papiergebundener Urkunden dies durch
Verbindung mit Schnur und Siegel deutlich gemacht werden könne, bleibe gesetzlich unklar,
wie eine Verknüpfung mehrerer Urkunden und eines elektronischen Zeugnisses erfolgen solle.
Hier greife § 3 Abs. 3 JustITV ein, wonach mehrere elektronische Dokumente nicht mit einer
gemeinsamen qeS versehen werden dürften. Ein elektronisches Dokument sei in Ermangelung
einer deutschen Legaldefinition gemäß Art. 3 Ziff. 35 der VO EU 910/2014 jeder in
elektronischer Form, insbesondere als Textaufzeichnung, gespeicherte Inhalt. § 3 Abs. 3
JustITV sei demnach so zu lesen, dass mehrere in elektronischer Form, insbesondere als
Textaufzeichnung, gespeicherte Inhalte nicht mit einer gemeinsamen qeS übermittelt werden
dürfen.

Der Senat hat mit Schreiben seines Berichterstatters vom 13.09.2023 (in der Akte, nicht paginiert)
darauf hingewiesen, dass er das Schreiben vom 21.08.2023 anders, als das Grundbuchamt
(jedenfalls ausweislich des Ausspruchs) der Nichtabhilfeentscheidung zugrunde gelegt
hat, als Beschwerde gegen die Zwischenverfügung vom 11.08.2023 auslege.

Der Verfahrensbevollmächtigte hat mit Schreiben vom 28.09.2023 mitgeteilt, dass die vorgenannte
Auffassung des Senats zum Gegenstand der Beschwerde zutreffe. Er hat in der Sache
u. a. ergänzend noch ausgeführt, er gehe davon aus, dass der Begriff der Urkunde von dem
eines elektronischen Dokuments zu unterscheiden sei und insoweit auf die von ihm bereits zu
den Akten gereichte Stellungnahme des A verwiesen.

Letztlich wird wegen des Inhalts der Korrespondenz zwischen dem Grundbuchamt und dem
Verfahrensbevollmächtigten sowie der vorgenannten Urkunden auf den Inhalt der nicht paginierten
Akte verwiesen.

II.
A. Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts vom 11.08.2023 ist
gemäß § 71 Abs. 1, § 73 GBO statthaft und auch ansonsten zulässig, so insbesondere formgerecht
eingelegt worden. Nach der erfolgten Nichtabhilfe durch das Grundbuchamt hat hierüber
der Senat als Beschwerdegericht zu befinden, § 72, § 75 GBO. Es ist davon auszugehen,
dass die seitens des Notars erfolgte Beschwerdeeinlegung ausschließlich namens aller
antrags- und damit auch beschwerdeberechtigten Beteiligten aufgrund der Ermächtigung des
§ 15 GBO erfolgt ist (vgl. Demharter, GBO, 33. Aufl., § 15 GBO, Rn. 20 m. w. N.).
B. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

1. Das in der Zwischenverfügung aufgeführte Hindernis besteht nicht, wobei darauf hinzuweisen
ist, dass Prüfungsgegenstand im Beschwerdeverfahren nur das vom Grundbuchamt in
der Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO angenommene Eintragungshindernis ist, nicht
dagegen der Eintragungsantrag selbst. Über diesen und damit auch über etwaige anderweitige
Eintragungshindernisse hat vielmehr das Grundbuchamt in eigener Zuständigkeit zu entscheiden
(Senat, Beschluss vom 14.11.2022, 20 W 68/22, juris Tz. 10 m. w. N.). Die von
dem Verfahrensbevollmächtigten vorgenommene elektronische Einreichung verstößt - entgegen
der Beanstandung in der Zwischenverfügung - nicht gegen § 3 Abs. 3 JustITV.

a) Ausweislich der gerichtlichen Prüfvermerke vom 06.07.2023 und vom 04.08.2023 hat der
Verfahrensbevollmächtigte an den genannten Tagen jeweils zwei verschiedene qualifiziert
elektronisch signierte Dokumente im PDF-Format an das Grundbuchamt übermittelt. Es handelt
sich - soweit aus der in Papierform geführten Akte ersichtlich wird - zum einen jeweils
um ein Anschreiben des Verfahrensbevollmächtigten an das Grundbuchamt. Zum anderen
handelt es sich um das unter Ziff. I näher dargelegte weitere elektronische Dokument mit
dem im jeweiligen Prüfvermerk aufgeführten Dateinamen, der bei der ersten Einreichung nur
aus einer Kombination von Zahlen und Buchstaben bestand, bei der zweiten Einreichung mit
„teilloeschung[…].pdf“ bezeichnet war. Ob der Einwand des Grundbuchamts, dass ein lesbarer
Dateiname zu verwenden und aus diesem auf den Inhalt der Datei zu schließen sein müsse,
zutrifft, begegnet Zweifeln, weil eine Rechtsgrundlage dafür nicht ersichtlich ist und der
Dateiname technischen Begrenzungen unterliegt (vgl. zu Letzterem: H. Müller in jurisPK-ERV,
2. Aufl. Stand: 30.04.2024, § 130a ZPO, Rn. 409 f.). Vorliegend kann dies aber dahinstehen,
weil das darin von dem Grundbuchamt gesehene Hindernis beseitigt und nicht mehr Gegenstand
der angefochtenen Zwischenverfügung ist.

b) § 3 Abs. 3 JustITV ist mit beiden Einreichungen vom 06.07.2023 und vom 04.08.2023 jedenfalls
Genüge getan. Soweit das Grundbuchamt ausweislich der angefochtenen Zwischenverfügung
auf die beiden öffentlich beglaubigten Urkunden - die Löschungsbewilligung und
die Vollmachtsurkunde - Bezug nimmt, handelt es sich jedenfalls nicht um zwei elektronische
Dokumente, die entgegen der genannten Vorschrift dem Grundbuchamt in Form mehrerer
mit einer gemeinsamen Signatur versehenen elektronischen Dokumenten übermittelt worden
wären.

aa) Die Regelung des § 3 Abs. 3 JustITV hat wie die wortgleiche Vorschrift des § 4 Abs. 2
ERVV (die für das erstinstanzliche Grundbuchverfahren keine Anwendung findet, vgl. § 1
Abs. 1 S. 1 ERVV) einen im Wesentlichen technischen Hintergrund. Dafür, dass der Landesverordnungsgeber
mit § 3 Abs. 3 JustITV trotz übereinstimmendem Wortlaut einen anderen,
weitergehenden Zweck verfolgt hätte als die Bundesregierung mit § 4 Abs. 2 ERVV, gibt es
keinen Anhaltspunkt. Gegenüber der früher geltenden Rechtslage soll durch § 4 Abs. 2 ERVV
die Verwendung sogenannter Container-Signaturen (auch: Envelope-Signaturen) ausgeschlossen
werden (vgl. BR-Drs. 645/17, 15; vgl. auch: Biallaß in jurisPK-ERV, 2. Aufl. Stand
14.04.2023, § 4 ERVV, Rn. 15).

(1) Die qeS, mit welcher elektronische Dokumente versehen werden können, tritt gemäß
Art. 25 Abs. 2 eIDAS-VO (Verordnung [EU] Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 23.07.2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische
Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG) an
die Stelle der eigenhändigen Unterschrift unter ein in Papierform erstelltes Dokument.

(2) Vor Inkrafttreten der ERVV und vor Anpassung der für den elektronischen Rechtsverkehr
maßgeblichen Vorschriften der Verfahrensordnungen (insbesondere durch das Gesetz zur Einführung
der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen
Rechtsverkehrs vom 05.07.2017; BGBl. I, S. 2208) hat die höchstrichterliche Rechtsprechung
es als zulässig angesehen, mehrere elektronische Dokumente mit einer gemeinsamen Signatur,
einer Container-Signatur, zu versehen und wirksam bei Gericht einzureichen (so BGH,
Beschluss vom 14.05.2013, VI ZB 7/13, Tz. 8 ff.; BFH, Urteil vom 18.10.2006, XI R 22/06,
Tz. 39; BVerwG, Urteil vom 04.11.2010, 2 C 16/09, Tz. 15; jeweils juris).

Als elektronisches Dokument ist - was das Grundbuchamt noch zutreffend angenommen hat
- jeder in elektronischer Form gespeicherte Inhalt anzusehen. Mehrere elektronische Dokumente
im Sinne von § 4 Abs. 2 ERVV bzw. § 3 Abs. 3 JustITV liegen demnach vor, wenn Inhalte
in mehreren Dateien gespeichert sind. Eine qeS kann nämlich grundsätzlich an beliebigen
Daten angebracht werden (vgl. ausführlich: Bacher, NJW 2015, 2753, 2754). Wenn mehrere
elektronische Dokumente, d. h. mehrere Dateien, in einem elektronischen Container zu
einem einheitlichen Datensatz zusammengefasst werden, können auch die diesen Container
bildenden Daten insgesamt mit einer qeS versehen werden. Eine solche Container-Signatur
ermöglicht eine Prüfung der Authentizität und Integrität der Signatur allerdings nur über alle
gemeinsam signierten Dokumente des Containers (vgl. H. Müller, NJW 2013, 3758, 3759),
hinsichtlich einzelner Dokumente ist eine solche indes nicht möglich. Die Einreichung mehrerer
elektronischer Dokumente in einem qualifiziert elektronisch signierten elektronischen
Container kann daher verglichen werden mit einer solchen von mehreren nicht einzeln unterschriebenen
Dokumenten in Papierform, die in einem verschlossenen und mit Unterschrift
versehenen Briefumschlag als Umhüllung vorgelegt werden (vgl. BGH, Beschluss vom
15.05.2019, XII ZB 573/18, Tz. 12; OLG Koblenz, Beschluss vom 18.06.2019, 9 UF 244/19,
Tz. 18; Bacher NJW 2015, 2753, 2754). Weil die Unterschrift an der Umhüllung - in der digitalen
Welt: die qeS an dem elektronischen Container - angebracht ist (vgl. OLG Frankfurt,
14. Zivilsenat, Beschluss vom 29.08.2018, 14 U 52/18, juris Tz. 9), ist für ein einzelnes nicht
unterschriebenes Dokument nach Entnahme aus der Umhüllung keine Prüfung mehr möglich,
von wem dieses ursprünglich herrührt und verantwortet wird, wenn die anderen mit diesem
zusammen eingereichten und signierten elektronischen Dokumente und die Hülle nicht vorliegen.

(3) Solange ausschließlich die Einreichung von elektronischen Dokumenten im Wege des
elektronischen Rechtsverkehrs erfolgte, die weitere Bearbeitung in den Gerichten aber noch
in Papierform, ergaben sich daraus noch keine Weiterungen. Die Signaturprüfung des Containers
erfolgte bei Eingang der Nachricht einmalig. Das Ergebnis wurde dokumentiert und die
Weiterverarbeitung erfolgte nach Ausdruck der Dateien.

Spätestens mit der Führung verbindlicher elektronischer Akten kann es aber notwendig werden,
die Wirksamkeit einer qeS an einem einzelnen elektronischen Dokument (erneut) zu
prüfen, wenn dieses zu einer elektronischen Akte genommen worden ist. Solches ist im Falle
von in einem signierten elektronischen Container eingereichten elektronischen Dokumenten
nach „Entnahme“ aus diesem insbesondere dann aber nicht möglich, wenn diese zu verschiedenen
elektronischen Akten genommen werden und die Hülle nicht aufbewahrt wird (so
schon: H. Müller, NJW 2013, 3758, 3759).

(4) Vorliegend handelt es sich aber bei der von dem Grundbuchamt beanstandeten Datei im
PDF-Format, die - bei der zweiten Einreichung - den Namen „teilloeschung[…].pdf“ trägt,
nicht um einen mehrere elektronische Dokumente umfassenden elektronischen Container,
sondern um ein einziges elektronisches Dokument - nur eine Datei -, das mit einer nur allein
auf dieses bezogenen qeS versehen ist, die jederzeit auch nachträglich ohne weitere Daten
einbeziehen zu müssen, hinsichtlich Integrität und Authentizität überprüfbar bleibt.

bb) Liegt demnach hier ein einzelnes qualifiziert elektronisch signiertes Dokument vor, sind
die Vorgaben des § 3 Abs. 3 JustITV beachtet. Welchen Inhalt das elektronische Dokument
hat und ob durch die daran angebrachte qeS verfahrensrechtliche Formerfordernisse erfüllt
werden, ist im Hinblick auf die Einhaltung der sich aus der genannten Vorschrift ergebenden
Vorgaben für die Einreichung elektronischer Dokumente ohne Belang. Soweit das Grundbuchamt
darauf verweist, es lägen - mit der Löschungsbewilligung und der Vollmacht - zwei Urkunden
vor, denen es zudem an einer als erforderlich angesehenen inhaltlichen Bezugnahme
fehle, verkennt das Grundbuchamt den Regelungsgehalt des § 3 Abs. 3 JustITV, der als auf
den elektronischen Rechtsverkehr bezogene Vorschrift - wie dargelegt - allein auf die Zuordnung
eines elektronischen Dokuments - einer Datei - zu jeweils einer qeS und nicht auf Inhalte
des Dokuments abstellt.

cc) Dann kommt es auch nicht darauf an, ob § 4 Abs. 2 ERVV und gegebenenfalls auch § 3
Abs. 3 JustITV in bestimmten Fällen aus verfassungsrechtlichen Gründen einschränkend auszulegen
sind und nicht zur Anwendung kommen (so z. B. in Bezug auf § 4 Abs. 2 ERVV:
Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 06.03.2018, 13 WF 45/18, juris Tz. 9 f.; a. A. OLG
Frankfurt, 15. Zivilsenat, Beschluss vom 13.11.2018, 15 U 96,18, Tz. 8; beide juris).

Von daher ist die Zwischenverfügung, deren Beanstandung sich in einem - demnach nicht
vorliegenden - Verstoß gegen § 3 Abs. 3 JustITV erschöpft, ohne Weiteres aufzuheben.

2. Vor diesem Hintergrund weist der Senat ohne Bindungswirkung für das Grundbuchamt
darauf hin, dass sich auch aus Vorschriften des Beurkundungsrechts vorliegend kein Erfordernis
einer Einreichung in der geforderten Form von zwei gesonderten elektronischen Dokumenten
ergeben dürfte.

a) Nach § 137 Abs. 1 S. 1 GBO erfolgt der Nachweis einer zur Eintragung erforderlichen Erklärung
oder einer anderen Voraussetzung der Eintragung, der durch eine öffentliche oder öffentlich
beglaubigte Urkunde zu erfolgen hat, in elektronischer Form durch Übermittlung eines
mit einem einfachen elektronischen Zeugnis nach § 39a BeurkG versehenen elektronischen
Dokuments.

Für die hier beantragte Löschung eines Grundpfandrechts sind die Bewilligung (§ 19 GBO)
sowie, wenn - wie vorliegend - für den Rechtsinhaber ein Vertreter handelt, dessen Vertretungsmacht
jeweils in Form des § 29 GBO durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde
nachzuweisen.

b) Nach § 39a Abs. 1 S. 1 BeurkG können Beglaubigungen oder sonstige Zeugnisse im Sinne
des § 39 BeurkG elektronisch errichtet werden. Einfache elektronische Zeugnisse nach § 39
BeurkG können u. a. erteilt werden zur Beglaubigung von Abschriften (§ 42 BeurkG).
Im Rahmen des § 42 BeurkG ist es zulässig, die Übereinstimmung mehrerer in Papierform
erstellter Abschriften mit den jeweiligen Hauptschriften mit einem einzigen Vermerk zu beglaubigen,
ohne dass es erforderlich wäre, dass die Hauptschriften ursprünglich eine körperliche
oder auch nur inhaltliche Verbindung aufweisen (vgl. Meier in BeckOGK, BeurkG, Stand
01.05.2024, § 42 BeurkG, Rn. 20; Winkler, BeurkG, 21. Aufl., § 42 BeurkG, Rn. 12, § 39a
BeurkG, Rn. 13). Wie gemäß § 44 S. 1 BeurkG aus mehreren Blättern bestehende Urkunden
mit Schnur und Prägesiegel verbunden werden sollen, sind auch mehrere mit einem Vermerk
beglaubigte Abschriften in gleicher Weise zu verbinden (vgl. Meier in BeckOGK, BeurkG, a. a.
O.).

c) Auch die Beglaubigung mehrerer in Papierform vorliegender Ausgangsdokumente durch
ein elektronisches Zeugnis im Sinne von § 39a Abs. 1 S. 1 BeurkG begenet keinen erkennbaren
Bedenken, so dass der Notar von diesen eine einheitlich elektronisch beglaubigte Abschrift
erstellen kann, auch wenn die Hauptschriften keine Verbindung im vorgenannten Sinne
aufweisen (Meier in BeckOGK, BeurkG, a. a. O., § 39a BeurkG, Rn. 14). Eine untrennbare
Verbindung mehrerer Abschriften wird in elektronischer Form wie auch die untrennbare Verbindung
mehrerer Blätter einer Abschrift dadurch gewährleistet, dass daraus eine Datei gebildet
wird, die mit einer qeS des Notars versehen wird. Veränderungen der Datei würden dazu
führen, dass die Signatur ungültig würde, weil deren Prüfung ergäbe, dass die Integrität der
Datei nicht gewahrt ist. Die von dem Grundbuchamt verlangte jeweils einzelne Signatur der
Dateien würde eine solche untrennbare Verbindung zwischen den Dokumenten und dem Beglaubigungsvermerk
gerade nicht herzustellen vermögen. Wie eine solche Trennung in verschiedene
Dateien der Verbindung mit Schnur und Siegel bei Papierdokumenten entsprechen
könnte - wovon das Grundbuchamt aber ausgeht -, erschließt sich nicht.

III.
Ist die Beschwerde mithin erfolgreich, ist eine Entscheidung über die Tragung von Gerichtskosten
des Beschwerdeverfahrens nicht angezeigt, § 22 Abs. 1, § 25 Abs. 1 GNotKG. Auch
eine Entscheidung zur Erstattungsfähigkeit notwendiger Aufwendungen im Beschwerdeverfahren
ist entbehrlich, da hier keine im entgegengesetzten Sinne Beteiligten vorliegen. Damit
bedarf es auch weder der Festsetzung eines Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren
noch einer Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Frankfurt a. Main

Erscheinungsdatum:

06.05.2024

Aktenzeichen:

20 W 184/23

Rechtsgebiete:

Beurkundungsverfahren
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

GBO §§ 29, 135, 137; BeurkG §§ 39a, 42