Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtsfähigkeit; keine Voreintragung im Vereinsregister erforderlich
letzte Aktualisierung: 7.7.2025
OLG Braunschweig, Beschl. v. 11.6.2025 – 2 W 47/25
GBO § 47 Abs. 2; BGB § 54 Abs. 1 S. 1
Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtsfähigkeit; keine Voreintragung im Vereinsregister
erforderlich
Auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts
(MoPeG) am 01.01.2024 ist ein Verein ohne Rechtspersönlichkeit grundbuchfähig, so dass es keiner
Voreintragung im Vereinsregister bedarf.
Gründe
I.
In den Wohnungsgrundbüchern von Goslar Blatt X und Y ist jeweils ein 50/100
Miteigentumsanteil an dem Grundstück Goslar, Flur 27, Flurstück 115, F.-straße eingetragen.
Eingetragene Eigentümer sind im Grundbuch von Goslar Blatt X Herr W. und Frau B. in
Gesamthandsgemeinschaft des nicht eingetragenen Vereins "AB n. e. V., Goslar" (=
Anteragsteller) sowie im Wohnungsgrundbuch Blatt Y Herr W. und Frau B. in
Gesamthandsgemeinschaft des nicht eingetragenen Vereins "CD n. e. V., Goslar". Unter dem
06.08.2024 hat der Antragsteller unter Vorlage eines notariell beglaubigten
Eintragungsantragsantrags nebst Eintragungsbewilligung vom 02.08.2024 (UR-Nr.: 797/24 des
Notars H., Wernigerode) die Eintragung eines Nießbrauchsrechts für den (nicht eingetragenen)
Verein "WG n. e. V." mit Sitz in Goslar, bestehend aus den Mitgliedern in
Gesamthandsgemeinschaft W. und B., beantragt.
Das Amtsgericht - Grundbuchamt - Goslar hat mit Zwischenverfügung vom 14.08.2024 auf
Eintragungshindernisse hingewiesen und ausgeführt, dass mit Inkrafttreten des Gesetzes zur
Modernisierung des Personengesellschaftsrechts am 01.01.2024 der nicht eingetragene
Idealverein nicht grundbuchfähig sei und es deshalb in analoger Anwendung der Neufassung
von
Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 20.08.2024 festgehalten und eine Frist von drei
Monaten zur Behebung des Eintragungshindernisses gesetzt.
Mit Schriftsatz vom 06.09.2024 hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt und zur Begründung
ausgeführt, es handele sich um einen nicht eingetragenen Idealverein, der eigenes Vermögen
erwerben könne und sogar einen Geschäftsbetrieb führen dürfe, solange dies nur Nebenzweck
des Vereins sei. Der nicht eingetragene Verein sei rechtsfähig, noch unter Geltung von § 47
GBO a. F. sei anerkannt gewesen, dass der nicht eingetragene Verein auch grundbuchfähig sei,
woran sich durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts nichts
geändert habe.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 10.09.2024 nicht abgeholfen und
die Sache (mit Verfügung vom 15.04.2025) dem Oberlandesgericht Braunschweig als
Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers (
ist begründet.
Auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts
(MoPeG) am 01.01.2024 ist ein Verein ohne Rechtspersönlichkeit grundbuchfähig, so dass es,
anders als vom Grundbuchamt angenommen, keiner Voreintragung im Vereinsregister bedarf.
§ 54 Abs. 1 S. 1 BGB n. F. verweist für den hier in Rede stehenden Idealverein ohne
Rechtspersönlichkeit auf die entsprechende Anwendung des gesamten materiellen Vereinsrechts
(§§ 24 bis 53 BGB) und damit anders als § 54 S. 1 BGB a. F. nicht mehr auf das
Gesellschaftsrecht, wodurch auch eine Anwendung von
ist.
Eine planwidrige Regelungslücke, die zur analogen Anwendung von
damit zur Grundbuchunfähigkeit des Idealvereins ohne Rechtspersönlichkeit führt (so z. B.
MK-Leuschner, BGB, 10. Aufl., § 54 Rn. 34; Schwennicke in: Staudinger, BGB, Stand
04.11.2024, § 54 Rn. 107), besteht nicht. Der Senat schließt sich vielmehr der ganz
überwiegenden Auffassung an, wonach für den Verein ohne Rechtspersönlichkeit, dessen
Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, keine
Voreintragungsobliegenheit besteht (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 10.10.2024 - 20
W 186/24,
Hügel, 56. Edition,
Grüneberg/Ellenberger, BGB, 84. Aufl., § 54 Rn. 8; Westermann/Anzinger in: Erman, BGB,
17. Aufl., § 54 Rn.7a).
Durch § 54 Abs. 1 S. 1 BGB wird klargestellt, dass die gleiche Rechtslage wie bei einem
eingetragenen Verein gilt, der unstreitig grundbuchfähig ist, so dass auch der Idealverein ohne
Rechtspersönlichkeit unter dem Vereinsnamen ohne Zusatz der Mitglieder im Grundbuch
eingetragen werden kann. Mit § 54 Abs. 1 S. 1 BGB n. F. hat der Gesetzgeber die Verweisung
"an die schon seit langem bestehende Rechtslage" anpassen wollen (vgl. BT-Drs. 19/27635,
Seite 124). Diese ist jedoch durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH,
Beschluss vom 21.01.2016 - V ZB 19/15,
gekennzeichnet, dass die Grundbuchfähigkeit auch des nicht eingetragenen Vereins zu bejahen
ist (so OLG München, Beschluss vom 10.02.2025, a. a. O., Rn. 17). Eine Regelungslücke besteht
vor diesem Hintergrund nicht, und zwar auch nicht mit Blick darauf, dass in der
Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts die Frage
der Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit keine ausdrückliche Erwähnung
findet. Mit der Änderung des
GbR ausgegliedert und als Verein ohne Rechtspersönlichkeit dem Vereinsrecht unterstellt
worden, aus dem die Grundbuchfähigkeit zu folgern ist (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom
10.10.2024, a. a. O.; Seite 250). Da sich der Gesetzgeber in
Differenzierung zwischen wirtschaftlichem Verein und Idealverein entschieden und die Reform
von
angenommen werden. Vielmehr sind die vereinsrechtlichen Vorschriften einschließlich der
Grundbuchfähigkeit konsequent anzuwenden (vgl. Westermann/Anzinger, a. a. O., § 54 Rn.7a).
2.
Eine Kostenentscheidung ist nach
3.
Der Geschäftswert ist gemäß
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Braunschweig
Erscheinungsdatum:11.06.2025
Aktenzeichen:2 W 47/25
Rechtsgebiete:
Verein
Grundbuchrecht
Kostenrecht
GBO § 47 Abs. 2; BGB § 54 Abs. 1 S. 1