BFH 29. November 2017
II R 14/16
ErbStG § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1; BGB §§ 873, 925

Keine Erbschaftsteuerbefreiung eines Familienheims beim Erwerb eines Anspruchs auf Eigentumsverschaffung

Keine Erbschaftsteuerbefreiung eines Familienheims beim Erwerb eines Anspruchs auf Eigentumsverschaffung

Der Erwerb von Todes wegen eines vormerkungsgesicherten Anspruchs auf Verschaffung des Eigentums an einem Familienheim durch den überlebenden Ehegatten ist nicht von der Erbschaftsteuerbefreit.(redaktioneller Leitsatz)

BFH, Urt. v. 29.11.2017 – II R 14/16, NJW 2018, 1422 = ZEV 2018 290. ErbStG § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1; BGB §§ 873, 925.

Entscheidung:

Der Kläger hatte von seiner Ehefrau aufgrund eines Vorausvermächtnisses einen durch eine Auflassungsvormerkung gesicherten Eigentumsverschaffungsanspruch bezüglich einer Eigentumswohnung erworben. Die Erblasserin und ihr Ehemann hatten die von der Ehefrau durch einen Bauträgervertrag erworbene Wohnung zum Zeitpunkt des Ablebens der Klägerin bereits bezogen. Da die letzte Kaufpreisrate jedoch noch nicht bezahlt war, war die Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt noch nicht beantragt. Nach dem Tod der Erblasserin wurde der KlägeraufderGrundlagedeszurErfüllung des Vorausvermächtnisses zwischen ihm und den übrigen Erben geschlossenen Vertrags als Alleineigentümer im Grundbuch eingetragen. Seit dem Einzug der Eheleute hat der Kläger die Wohnung ununterbrochen selbst genutzt.

In seiner Entscheidung hat der BFH die Auffassung der Vorinstanz1 bestätigt und die vom Kläger begehrte Steuerbefreiung seines Erwerbs nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG abgelehnt. Der BFH hat dies imWesentlichen damit begründet,dass der von der Vorschrift verlangte Erwerb von (Mit-)Eigentum zivilrechtlich zu interpretieren sei und voraussetze, dass bereits der Erblasser zivilrechtlicher Eigentümer oder Miteigentümer des Familienheims gewesen sein müsse. Dies sei jedoch beim Käufer einer Immobilie, dem nur ein Anwartschaftsrecht im Zeitpunkt seines Todes zustehe, nicht der Fall.

Es liege insoweit auch keine Regelungslücke vor, die eine erweiternde Auslegung der Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus rechtfertigen könne. Vielmehr entspreche es dem durch die Schaffung der Vorschrift verfolgten Ziel des Gesetzgebers, die Lenkung in Grundvermögen schon zu Lebzeiten des Erblassers zu fördern,2 wenn die Begünstigung auf den Erwerb von Wohneigentum durch den überlebenden Ehegatten beschränkt werde. Bei einem Erwerb von Todes wegen komme es gemäß§ 9Abs.1 Nr. 1 ErbStG fürdie Entstehung derSteuerund dieFrage, wann die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiungsvorschrift vorliegen müssten, grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Todes des Erblassers an. Aus diesem Grunde könnedabei dieRechtsprechung des BFH zur Bestimmung des Zeitpunkts der Ausführung einer Grundstücksschenkung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG nicht herangezogen werden. Danach ist die Schenkung eines Grundstücks im steuerlichen Sinne bereits ausgeführt, wenn die Auflassung beurkundet wurde, der Schenker die Eintragung des Eigentumswechsels bewilligt hat und der Beschenkte nach den im Schenkungsvertrag getroffenen Vereinbarungen von der Eintragungsbewilligung Gebrauch machen darf.3

Schließlich sei eine extensive Auslegung des § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG auch nicht mit Blick auf die Steuerbefreiung ehebedingter Zuwendungen eines Familienheims unter Lebenden nach §13Abs.1Nr.4aS.1ErbStG geboten,die nichtauf den Erwerb von Eigentum beschränkt sei. Denn die Einführung dieser Vorschrift durch das Jahressteuergesetz 19964 sei als Reaktion auf die vom BFH seinerzeit festgestellte Steuerbarkeit aller ehebedingten unbenannten Zuwendungen zu verstehen,5 mit der zumindest wieder die lebzeitige Zuwendung eines Familienheims von der Besteuerung ausgenommen werden sollte.

1 FG München, Urt. v. 6.4.2016 – 4 K 1868/15, EFG 2016, 1015.
2 Vgl. Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks 16/1107, 8.
3 Vgl. BFH Urt. v. 24.7.2002 – II R 33/01, ZNotP 2002, 477; BFH Urt. v. 2.2.2005 – II R 26/02, ZEV 2005, 218.
4 JStG 1996 v. 11.10.1995, BGBl I 1995, 1250.
5 BFH, Urt. v. 2.3.1994 – II R 59/92, ZEV 1994, 188.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BFH

Erscheinungsdatum:

29.11.2017

Aktenzeichen:

II R 14/16

Rechtsgebiete:

Erbschafts- und Schenkungsteuer
Sachenrecht allgemein

Erschienen in:

notar 2018, 399-400
ZEV 2018, 290

Normen in Titel:

ErbStG § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1; BGB §§ 873, 925