OLG Frankfurt a. Main 14. November 2023
20 W 155/22
GBO §§ 20, 35

Transmortale Vollmacht; Vertretung der Erben bei Handeln aufgrund transmortaler Vollmacht; denkbare Alleinerbenstellung des Bevollmächtigten

letzte Aktualisierung: 8.7.2024
OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.11.2023 – 20 W 155/22

GBO §§ 20, 35
Transmortale Vollmacht; Vertretung der Erben bei Handeln aufgrund transmortaler
Vollmacht; denkbare Alleinerbenstellung des Bevollmächtigten

1. Ergibt sich aus einer Vollmacht, dass sie von dem Bevollmächtigten nach dem Tod des
Vollmachtgebers ausgeübt werden kann, und macht der Bevollmächtigte von dieser Vollmacht nach
dem Tod des Vollmachtgebers Gebrauch, so treten die Wirkungen seiner rechtsgeschäftlichen
Erklärung in der Person des bzw. der Erben ein, die er auch nicht benennen muss.
2. Zur Frage der (fortbestehenden) Legitimationswirkung einer derartigen Vollmacht bei denkbarer
Alleinerbenstellung des Bevollmächtigten.

Gründe

I.
In Abt. I, lfd. Nr. 3, des oben aufgeführten Grundbuchs ist X als Eigentümerin des betroffenen
Grundbesitzes eingetragen. X ist am XX.XX.2021 verstorben.

Mit Schreiben vom 09.11.2021 (Bl. 9/1 ff. d. A.) hat der Verfahrensbevollmächtigte unter anderem
seine notarielle Urkunde vom 02.11.2021, UR-Nr. …, beim Grundbuchamt eingereicht.
Ausweislich dieser Urkunde, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 9/3 ff. d. A. verwiesen wird,
hat die Beschwerdeführerin, handelnd nicht im eigenen Namen, sondern aufgrund Vollmacht
vom 06.04.2021, UR-Nr. … des Verfahrensbevollmächtigten (Bl. 9/19 ff. d. A.), für X den betroffenen
Grundbesitz an Vorname1 Nachname1-Nachname2 und Vorname2 Nachname2 zum
Kaufpreis von 470.000,-- EUR verkauft. Ein Hinweis auf den Umstand, dass X an diesem Tag
bereits verstorben war, findet sich in der Urkunde nicht. Des Weiteren hat der Verfahrensbevollmächtigte
mit seinem Schreiben vom 09.11.2021 seine weitere notarielle Urkunde vom
02.11.2021, UR-Nr. …, beim Grundbuchamt eingereicht. Ausweislich dieser Urkunde, wegen
deren Einzelheiten auf Bl. 9/23 ff. d. A. verwiesen wird, haben die vorgenannten Käufer aufgrund
einer Vollmacht in Ziffer IX. des Kaufvertrags auch im Namen der X eine Buchgrundschuld
in Höhe von 325.000,-- EUR zugunsten der Bank1 AG in Stadt1 bestellt. Aufgrund der
im Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten vom 09.11.2021 gemäß § 15 GBO gestellten
Anträge ist am 27.11.2021 in Abt. II, lfd. Nr. 1, zunächst eine Eigentumsübertragungsvormerkung
(auflösend bedingt) für die Käufer eingetragen worden. Darüber hinaus ist am gleichen
Tag in Abt. II, lfd. Nr. 2, aufgrund Bewilligung im erstgenannten Vertrag vom
02.11.2021 eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Wohnungsrecht gemäß § 1093 BGB,
befristet) für X eingetragen worden. Letztendlich ist am gleichen Tag in Abt. III, lfd. Nr. 8, die
Grundschuld ohne Brief in Höhe von 325.000,-- EUR für die Bank1 AG in Stadt1 gemäß der
Bewilligung vom 02.11.2021 in der zweitgenannten notariellen Urkunde eingetragen worden.
In der Folge hat das Amtsgericht Kassel - Nachlassgericht - mit Schreiben vom 02.12.2021 in
der Nachlasssache nach X Kopien eines Eröffnungsprotokolls vom 30.09.2021 und der darin
bezeichneten Verfügungen von Todes wegen zum betroffenen Grundbuch eingereicht. Wegen
der Einzelheiten dieser - jeweils handschriftlich errichteten - Verfügungen von Todes wegen
vom 04.04.1983 und vom 07.12.2020 wird auf Bl. 10/1 ff. d. A. verwiesen.
Mit weiterem Schreiben an das Grundbuchamt vom 05.01.2022 (Bl. 11/1 d. A.) hat der Verfahrensbevollmächtigte
unter Bezugnahme auf die erstgenannte notarielle Urkunde vom
02.11.2021 namens des Verkäufers aufgrund der in diesem Kaufvertrag erteilten Vollmacht
bewilligt und für den Käufer gemäß § 15 GBO beantragt, in das Grundbuch den Eigentumsübergang
einzutragen sowie die Löschung der Vormerkung in Abt. II, lfd. Nr. 1. Er hat des
Weiteren unter Bezugnahme auf die Eintragungsbekanntmachung mitgeteilt, dass seine
handschriftlichen Änderungen unter Ziffer V. des erstgenannten Vertrags irrtümlich erfolgt
seien und das befristete Wohnungsrecht nicht dem Verkäufer zustehe, sondern der Beschwerdeführerin.
Durch Verfügung vom 14.02.2022 (Bl. 11/5 d. A.) hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen,
dass die Vollmacht vom 06.04.2021 durch den Tod der Vollmachtgeberin am
XX.XX.2021 erloschen sei und es daher der Vorlage eines Erbscheins bedürfe. Mit Schreiben
vom 22.02.2022 (Bl. 11/8 d. A.) hat der Verfahrensbevollmächtigte darauf hingewiesen, dass
die Vollmacht vom 06.04.2021 über den Tod hinaus gelte und daher fortbestehe. In der Folge
hat das Grundbuchamt durch weitere Verfügung vom 25.02.2022 (Bl. 11/9 d. A.) mitgeteilt,
dass die einem Bevollmächtigten, welcher auch Alleinerbe geworden sei, erteilte Vollmacht
über den Tod hinaus mit dem Tod des Vollmachtgebers durch Konfusion erlösche; um Vorlage
eines Erbscheins werde gebeten. Der Verfahrensbevollmächtigte hat mit Schreiben vom
14.07.2022 (Bl. 11/10 d. A.) unter Bezugnahme auf dort zitierte Literatur und Rechtsprechung
die Auffassung vertreten, die über den Tod hinaus erteilte Vollmacht sei für die Eigentumsumschreibung
völlig ausreichend.

Durch die angefochtene Zwischenverfügung, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 11/11 d. A.
Bezug genommen wird, hat das Grundbuchamt mitgeteilt, dass es bei der dortigen Rechtsauffassung
verbleibe. Die vom Verfahrensbevollmächtigten zitierte obergerichtliche Entscheidung
führe nicht zu einer Abänderung der Rechtsauffassung, dass es sich im vorliegenden
Fall um eine Alleinerbenstellung handele. Damit vertrete der Bevollmächtigte sich selbst und
dies sei rechtlich nicht möglich. Die einem Bevollmächtigten, welcher auch Alleinerbe geworden
sei, erteilte Vollmacht über den Tod hinaus erlösche mit dem Tod des Vollmachtgebers
durch Konfusion. Um Vorlage eines Erbscheins werde gebeten.

Mit an das Oberlandesgericht gerichtetem Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom
24.08.2022 (Bl. 11/22 ff. d. A.), auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, hat die Beschwerdeführerin
gegen diese Zwischenverfügung - dort als „Beschluss“ bezeichnet - Beschwerde
eingelegt. Sie vertritt nach wie vor die Auffassung, die über den Tod hinaus erteilte
Vollmacht sei für die Eigentumsumschreibung ausreichend. Für den Fall, dass das erkennende
Beschwerdegericht dieser Auffassung nicht zu folgen vermöge, hat sie beantragt, die
Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zuzulassen.

Nachdem der Senat die Beschwerdeschrift an das Grundbuchamt zur Entscheidung über die
Abhilfe zurückgereicht hatte, hat dieses durch Beschluss vom 07.09.2022 (Bl. 11/25 ff. d.
A.), auf den verwiesen wird, der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Senat zur
Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde ist gemäß den §§ 71 Abs. 1, 73 GBO statthaft und auch ansonsten zulässig,
so insbesondere formgerecht eingelegt worden. Nach der erfolgten Nichtabhilfe durch das
Grundbuchamt hat hierüber der Senat als Beschwerdegericht zu befinden, §§ 72, 75 GBO.
Die Beschwerdeführerin ist als Antragsberechtigte auch beschwerdeberechtigt.
Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg.Das in der Zwischenverfügung aufgeführte Hindernis
besteht nicht.Dabei ist darauf hinzuweisen, dass Prüfungsgegenstand im Beschwerdeverfahren
nur die vom Grundbuchamt in der Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO angenommenen
Eintragungshindernisse sind, dagegen nicht der Eintragungsantrag selbst. Über diesen
und damit auch über ggf. anderweitige Eintragungshindernisse hat vielmehr das Grundbuchamt
in eigener Zuständigkeit zu entscheiden (Senat ZMR 2023, 652, zitiert nach juris und m.
w. N.).

Das Grundbuchamt hat sein Verlangen nach Vorlage eines Erbscheins darauf gestützt, dass
die der Beschwerdeführerin erteilte Vollmacht über den Tod hinaus dennoch mit dem Tode
der Vollmachtgeberin erloschen sei, weil die Beschwerdeführerin auch deren Alleinerbin geworden
sei. Weitere Einwendungen hat das Grundbuchamt gegen die Wirksamkeit der Vollmacht
vom 06.04.2021 nicht erhoben, sondern hatte vielmehr auf dieser Grundlage zuvor -
noch in Unkenntnis des Versterbens der Vollmachtgeberin - die Grundbucheintragungen vom
27.11.2021 veranlasst.

Die gegebene Begründung des Grundbuchamts trägt die Annahme nicht, im vorliegenden
Grundbuchverfahren sei nicht vom Fortbestand der Vollmacht auszugehen.
Zutreffend ist, dass das Grundbuchamt nach § 20 GBO die Wirksamkeit der erklärten Auflassung
und damit auch die materielle Befugnis desjenigen zu prüfen hat, der über das eingetragene
Eigentum verfügt. Die Beschwerdeführerin hat ihre Erklärung in Vollmacht für die
eingetragene Eigentümerin abgegeben. Zu Recht ist das Grundbuchamt dabei davon ausgegangen,
dass es den Bestand und den Umfang der erteilten Vollmacht selbständig zu prüfen
hat, auch wenn der Urkundsnotar die Vollmacht als ausreichend angesehen hat (vgl. dazu zuletzt
Senat, Beschluss vom 19.05.2020, 20 W 18/20; FGPrax 2020, 110, je zitiert nach juris).
Eine Vollmacht kann nach anerkannter Auffassung auch in der Weise erteilt werden, dass sie
von dem Bevollmächtigten nach dem Tod des Vollmachtgebers ausgeübt werden kann. Diese
Befugnis ist hier der Beschwerdeführerin durch die Vollmacht vom 06.04.2021 ausdrücklich
erteilt worden; das Grundbuchamt zweifelt dies nicht an. Macht der jeweilige Bevollmächtigte
von dieser Vollmacht nach dem Tod des Vollmachtgebers Gebrauch, so treten die Wirkungen
seiner rechtsgeschäftlichen Erklärung in der Person des bzw. der Erben ein, die er auch nicht
benennen muss (vgl. dazu etwa die vom Grundbuchamt zitierte Entscheidung des OLG
Hamm, gemeint wohl in DNotI-Report 2013, 70 = FGPrax 2013, 148; vgl. auch Senat ZEV
2017, 719, je zitiert nach juris). Für den Vollzug der Eintragung im Grundbuch ist dann
grundsätzlich ein Nachweis in der Form des § 35 GBO nicht zu führen, weil der bzw. die Erben
durch die postmortale Vollmacht des Erblassers gebunden sind, solange diese Vollmacht
nicht widerrufen wird (OLG Hamm FGPrax 2013,148; Senat ZEV 2012, 3778, zitiert nach juris;
Meikel/Böttcher, GBO, 12. Auf., Einl E Rz. 80 m. w. N.).

In dieser Weise ist die Beschwerdeführerin hier vorgegangen. Ausweislich der oben bezeichneten
notariellen Urkunde vom 02.11.2021 hat sie bei Abgabe der beurkundeten
(Auflassungs-)Erklärungen nicht eigenen Namens, sondern aufgrund der bezeichneten Vollmacht
vom 06.04.2021 für ihre Großmutter gehandelt. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt
von demjenigen, der dem vom Grundbuchamt in Bezug genommenen Beschluss des
OLG Hamm zugrunde lag, in dem der dortige Bevollmächtigte die Legitimationswirkung der
Vollmacht dadurch aufgehoben hatte, dass er erklärt hatte, als Alleinerbe der Erblasserin berufen
zu sein (vgl. dazu auch OLG München NJW 2016, 3381, zitiert nach juris). Daraus aber
hatte das OLG Hamm den Schluss gezogen, dass die abgegebene Erklärung darauf hinauslaufe,
dass der Bevollmächtigte eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung als Vertreter abgegeben
habe, obwohl deren Wirkungen nur ihn selbst als den vertretenden Alleinerben betreffen
könnten. Dies hat das OLG Hamm für ausgeschlossen erachtet und dies aus § 164 BGB
hergeleitet, der eine Personenverschiedenheit zwischen dem Vertreter und dem rechtsgeschäftlich
Vertretenen voraussetzt; folglich müsse eine Vollmacht durch Konfusion erlöschen,
wenn der Bevollmächtigte die Vollmachtgeberin allein beerbe (Tz. 6 bei juris).

Hier kann offenbleiben, ob der umstrittenen Rechtsauffassung, die transmortale Vollmacht
erlösche durch Konfusion, wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe des Vollmachtgebers wird,
überhaupt zu folgen wäre (vgl. zum diesbezüglichen Streitstand: Demharter, GBO, 33. Aufl.,
§ 19 Rz. 81b; Münchener Kommentar/Leipold, BGB, 9. Aufl., § 1922 Rz. 103; BeckOK GBO/
Reetz, Stand: 02.01.2023, Sonderbereich „Vertretungsmacht“ Rz. 57a; Volmer in KEHE,
Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 35 Rz. 30, 36; KG FGPrax 2021, 99; OLG Stuttgart FamRZ 2019,
568, je zitiert nach juris). Teilt man diese Auffassung aber mit dem Grundbuchamt, kann
auch die sich dann daran anschließende - und vom Grundbuchamt zumindest implizit verneinte
- Frage dahinstehen, ob eine transmortale Vollmacht des eingetragenen Berechtigten
nicht auch dann zum Nachweis der (Vertretungs-)Macht des Bevollmächtigten noch genügt,
wenn dieser überdies - wie im Fall des OLG Hamm - erklärt, Alleinerbe des Vollmachtgebers
zu sein und es auch in diesem Fall keines Nachweises der Erbfolge in der Form des § 35
Abs. 1 GBO bedarf, wie allerdings weit verbreitet angenommen wird, weil die Bewilligungserklärung
nämlich dem bewilligungsbefugten Erben in jedem Fall zuzurechnen ist, entweder
dem bzw. der Handelnden aus eigener Rechtsmacht oder einer anderen Person gemäß den
§§ 164 Abs. 1, 167 Abs. 1 BGB. Eine dritte Möglichkeit ist bei dem in Rede stehenden Erlöschensgrund
nicht gegeben; es dürfen aber grundsätzlich auch im Grundbuchverfahren keine
Nachweise verlangt werden, auf die es für die Eintragung nicht ankommt (so etwa KG FGPrax
2021, 99; FGPrax 2021, 4;
Hanseatisches OLG Hamburg DNotZ 2023, 296; je zitiert nach juris; Demharter, a.a.O., § 19
Rz. 81b; BeckOK GBO/Reetz, a.a.O., Sonderbereich „Vertretungsmacht“ Rz. 60; Münchener
Kommentar/Leipold, a.a.O., § 1922 Rz. 103; vgl. auch Meikel/Böttcher, a.a.O., Einl E Rz.
80.1).

Auf diese Fragen kommt es hier deshalb nicht an, weil eine solche Fallgestaltung nicht vorliegt.
Die Beschwerdeführerin ist ausdrücklich (nur) im Namen der im Grundbuch eingetragenen
Vollmachtgeberin tätig geworden. Dass diese im Zeitpunkt der beurkundeten Erklärungen
bereits verstorben war, hat sie nicht offengelegt, eine Vorgehensweise, die im Übrigen in
der Literatur vielfach empfohlen wird (vgl. etwa die Nachweise bei Meikel/Böttcher, a.a.O.,
Einl E Rz. 80.4; Bauer/Schaub, GBO, 5. Aufl., § 35 Rz. 51; Volmer in KEHE, a.a.O., § 35 Rz.
35; Münchener Kommentar/Leipold, a.a.O., § 1922 Rz. 103). Auf die Wirksamkeit der Erklärungen
der Bevollmächtigten hat dies keine Auswirkungen, da diese wie gesagt - die Erben
nicht benennen muss (so bereits Senat, Beschluss vom 22.01.2018, 20 W 3/18, n.v.). Ist
aber ansonsten - wie vorliegend - der bzw. die Bevollmächtigte im Besitz der Vollmachtsurkunde,
hat das Grundbuchamt regelmäßig von deren Fortbestand auszugehen (vgl. die Nachweise
bei OLG Stuttgart FamRZ 2019, 568, zitiert nach juris; Demharter, a.a.O., § 19 Rz.
80). Demgemäß hat das Grundbuchamt hier auch zutreffend auf dieser Basis die Grundbucheintragungen
vom 27.11.2021 vorgenommen. Der der transmortalen Vollmacht innewohnende
Rechtsschein wurde vorliegend nicht durch eigene Erklärungen der Bevollmächtigten - der
Beschwerdeführerin - dahingehend zerstört, dass sie Alleinerbin der im Grundbuch als Eigentümerin
eingetragenen Vollmachtgeberin geworden sei.

Entgegen der offenkundigen Rechtsauffassung des Grundbuchamts gilt dieser Rechtsschein
nach wie vor. Insbesondere ändern daran die vom Nachlassgericht nachträglich mit Schreiben
vom 02.12.2021 übermittelten handschriftlich errichteten Testamente der Vollmachtgeberin
vom 04.04.1983 und vom 07.12.2020 nichts. Ob sich aus der Zusammenschau dieser beiden
Testamente überhaupt eine Allleinerbenstellung der Beschwerdeführerin ergibt, kann dahinstehen.
Unabhängig vom materiellen Erlöschen der Vollmacht - wollte man ein solches durch
Konfusion hier annehmen - ist nämlich das Außenverhältnis zum Geschäftsgegner durch die
§§ 170 bis 173 BGB geschützt, weshalb das Erlöschen der Vollmacht nicht gleichbedeutend
mit ihrer Wirkungslosigkeit ist. Auch wenn die Vollmacht also durch Konfusion erloschen sein
sollte, besteht dennoch ihre Legitimationswirkung im Außenverhältnis grundsätzlich fort, was
auch von dem Grundbuchamt zu beachten ist (vgl. die Nachweise bei OLG Stuttgart FamRZ
2019, 568; Bauer/Schaub, a.a.O., § 35 Rz. 51; BeckOK GBO/Reetz, a.a.O., Sonderbereich
„Vertretungsmacht“ Rz. 59; vgl. dazu auch Hanseatisches OLG Hamburg DNotZ 2023, 296).
Abgesehen von oben abgehandelten - hier nicht vorliegenden - eigenen Erklärungen der Bevollmächtigten
könnte der Rechtsschein allenfalls noch dann erloschen sein, wenn sich die
Bevollmächtigte als Alleinerbin mit den in § 35 GBO aufgezeigten Nachweisen legitimiert hätte;
dann bedürfte es allerdings auch der angefochtenen Zwischenverfügung nicht. Die aus
den Nachlassakten gewonnenen Erkenntnisse des Grundbuchamts bezeugen aber jedenfalls
keine Erbenstellung der Beteiligten. Eine derartige Überzeugung kann sich das Grundbuchamt
aus den beiden eigenhändigen Testamenten nämlich nicht bilden. Dies würde dem
Grundsatz der strikten Nachweisbeschränkung des § 35 GBO widersprechen. Ausgeblendet
wären auch die vielfältigen Möglichkeiten wie etwa Errichtungsmängel, Anfechtung oder Ausschlagung,
die das mutmaßliche (Allein-)Erbe der Beteiligten ausschließen könnten. Eine derartige
Prüfung ist aber dem Erbscheinsverfahren vorbehalten. Lediglich die Kenntnis der - wie
hier - eigenhändigen Testamente durchbricht deshalb nicht bereits die von der Vollmachtsurkunde
ausgehende Legitimationswirkung. In diesen Fällen ist mithinvom Fortbestand der
Vollmacht auszugehen (weitgehend einhellige Auffassung: OLG München FGPrax 2016, 205;
NJW 2016, 3381; OLG Stuttgart FamRZ 2019, 568; Bauer/Schaub, a.a.O., § 35 Rz. 51; Volmer
in KEHE, a.a.O., § 35 Rz. 33; Meikel/Böttcher, a.a.O., Einl E Rz. 80.1; BeckOK GBO/
Reetz, a.a.O., Sonderbereich „Vertretungsmacht“ Rz. 57, 59; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht,
16. Aufl., Rz. 3572a).

Ist die Beschwerde mithin erfolgreich, ist eine Entscheidung über die Tragung von Gerichtskosten
des Beschwerdeverfahrens nicht angezeigt, §§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG. Auch eine
Entscheidung zur Erstattungsfähigkeit notwendiger Aufwendungen im Beschwerdeverfahren
ist entbehrlich, da hier keine im entgegengesetzten Sinne Beteiligten vorliegen. Damit
bedarf es auch weder der Festsetzung eines Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren,
noch einer Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde; Letzteres schon deshalb
nicht, weil kein Beteiligter sie berechtigterweise einlegen könnte.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Frankfurt a. Main

Erscheinungsdatum:

14.11.2023

Aktenzeichen:

20 W 155/22

Rechtsgebiete:

Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Dienstbarkeiten und Nießbrauch

Normen in Titel:

GBO §§ 20, 35