Grunderwerbsteuer: einheitlicher Erwerbsgegenstand
letzte Aktualisierung: 28.4.2021
BFH, Beschl. v. 27.5.2020 – II R 25/17
FGO §§ 100 Abs. 1 S. 1, 126 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, 135 Abs. 1; GrEStG §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 8 Abs. 1,
9 Abs. 1 Nr. 1
Grunderwerbsteuer: einheitlicher Erwerbsgegenstand
NV: Ergibt sich aus einem Rechtsgeschäft oder weiteren Vereinbarungen, die mit diesem
Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen,
dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem
Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen
einheitlichen Erwerbsgegenstand. Ein unbebautes Grundstück kann aber nur dann in bebautem
Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs sein, wenn der Veräußerer zivilrechtlich zur
Gebäudeerrichtung verpflichtet ist.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abänderung des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Auffassung des FG sind in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nur der Kaufpreis für die erworbenen Grundstücke und die Herstellungskosten des Baukörpers 5 einzubeziehen.
1. Der Gegenstand des Erwerbsvorgangs, nach dem sich gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m.
2. Ein beim Abschluss des Kaufvertrags unbebautes Grundstück kann nur dann in bebautem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs sein, wenn der Veräußerer zivilrechtlich zur Gebäudeerrichtung verpflichtet ist (vgl. BFH-Urteile vom 03.03.2015 - II R 9/14,
3. Zur Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstands genügt es nicht, dass sich der Erwerber gegenüber dem Grundstücksverkäufer verpflichtet, das Gebäude zu errichten. Allein die Bindung des Erwerbers an eine bestimmte Bebauung des Grundstücks ("Ob" und "Wie" der Bebauung) reicht für sich genommen nicht aus, wenn diese nicht gegenüber der (zur Gebäudeerrichtung verpflichteten) Veräußererseite (d.h. dem Grundstücksverkäufer oder einem mit diesem verbundenen Dritten) besteht. Denn nur dann, wenn die Veräußererseite (auch) zur Errichtung des Gebäudes verpflichtet ist, entspricht eine solche Sachverhaltsgestaltung ihrem objektiven Inhalt nach dem Abschluss eines das bebaute Grundstück umfassenden Grundstückskaufvertrags (vgl. im Einzelnen BFH-Urteil vom 16.01.2002 - II R 16/00,
4. Unter Beachtung dieser Grundsätze ist das FG zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin das Grundstück --in vollem Umfang-- im bebauten Zustand erworben hat und damit alle Bauerrichtungskosten, die Kosten für die Baugenehmigung, für die Mietverträge und für die sonstigen Projektierungsunterlagen in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben.
a) Nach den Feststellungen des FG waren weder der Veräußerer noch die Mitbeteiligte zivilrechtlich zur Herstellung der Gebäude verpflichtet.
Dass die Klägerin auf die Fertigstellung der Gebäude praktisch keinen Einfluss mehr nehmen konnte, führt nicht zu einer solchen Verpflichtung. Eine etwaige vom Erwerber geschuldete Vergütung für Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem vom Erwerber selbst herzustellenden Gebäude oder die Bereitstellung von Planungsunterlagen unterliegt nicht der Grunderwerbsteuer. Dies gilt auch dann, wenn die Veräußererseite das Grundstück sowie die sonstigen Dienst- und Sachleistungen einheitlich angeboten hatte. Schließlich begründet auch ein finanzielles Einstehen des Veräußerers für die Verwirklichung des Projekts keinen einheitlichen Erwerbsgegenstand. Zwar hat die Vorinstanz zutreffend auf die möglicherweise ungewöhnliche Risikoverteilung in den geschlossenen Verträgen hingewiesen. Eine bloß wirtschaftliche Verantwortlichkeit ersetzt bei der Prüfung des einheitlichen Erwerbsgegenstands indessen keine zivilrechtlichen Verpflichtungen.
b) Auch der Umstand, dass die Klägerin die W-KG mit der Bebauung des Grundstücks beauftragte und diese das Ingenieurbüro des S zur Erbringung der Architektenleistungen verpflichtete, schafft keine zivilrechtliche Verpflichtung der Veräußererseite.
Der vom FG zur Begründung seiner Rechtsauffassung herangezogene Fall (BFH-Urteil vom 30.04.2003 - II R 29/01, BFH/NV 2003, 1446) unterscheidet sich insoweit vom Streitfall. Denn dort hatte die Eigentümerin dem Kläger die Generalunternehmerin benannt. Diese beauftragte der Kläger dann auf der Grundlage des von der Grundstückseigentümerin ausgearbeiteten Generalübernehmerwerkvertrags, der genehmigten Bauplanung und der dem Verkaufsprospekt beigefügten Baubeschreibung mit der schlüsselfertigen Erstellung des Gebäudes auf dem Grundstück zum Festpreis. Im Streitfall fehlen Feststellungen, wonach die Klägerin an einen bestimmten Generalunternehmer --nämlich die W-KG-- verwiesen wurde.
5. Die Sache ist spruchreif.
Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 21.08.2012 ist rechtswidrig, soweit das FA in die grunderwerbsteuerrechtliche Gegenleistung auch andere Kosten als die Gegenleistung für die Übertragung von Grundbesitz und die Herstellung des Baukörpers 5 einbezogen hat. Der angefochtene Verwaltungsakt ist gemäß
6. Die Kostenentscheidung beruht auf
Entscheidung, Urteil
Gericht:BFH
Erscheinungsdatum:27.05.2020
Aktenzeichen:II R 25/17
Rechtsgebiete:Grunderwerbsteuer
Normen in Titel:FGO §§ 100 Abs. 1 S. 1, 126 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, 135 Abs. 1; GrEStG §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1