Kappungsgrenze für Fortbildungen und Beurkundungen bei Punktesystem für Notarbewerbung nach AVNot NRW rechtmäßig
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Dokumentnummer: notz4_08
letzte Aktualisierung: 14.4.2008
BGH, 14.4.2008 - NotZ 4/08
BNotO § 6 Abs. 3; GG Art. 12 Abs. 1, 33 Abs. 4
Kappungsgrenze für Fortbildungen und Beurkundungen bei Punktesystem für Notarbewerbung nach AVNot NRW rechtmäßig
Die in § 17 Abs. 2 Nr. 5 der Allgemeinen Verfügung des (nordrhein-westfälischen) Justizministeriums über die Angelegenheiten der Notarinnen und Notare vom 8. März 2002 (JMBl.
NRW S. 69) in der geänderten Fassung vom 4. November 2004 (JMBl. NRW S. 256) vorgesehene Kappung der für notarspezifische Fortbildungskurse und Beurkundungen anrechenbaren Punkte auf maximal 120 Punkte ist nicht zu beanstanden.
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
NotZ 4/08
vom
14. April 2008
in dem Verfahren
wegen Bestellung zum Notar
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BNotO § 6
Die in § 17 Abs. 2 Nr. 5 der Allgemeinen Verfügung des (nordrhein-westfälischen) Justizministeriums über die Angelegenheiten der Notarinnen und Notare vom 8. März 2002 (JMBl. NRW S. 69) in der geänderten Fassung vom
4. November 2004 (JMBl. NRW S. 256) vorgesehene Kappung der für notarspezifische Fortbildungskurse und Beurkundungen anrechenbaren Punkte auf
maximal 120 Punkte ist nicht zu beanstanden.
BGH, Beschluss vom 14. April 2008 - NotZ 4/08 - OLG Köln
den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richterin Dr. Kessal-Wulf, den Richter
Dr. Herrmann, die Notarin Dr. Doyé und den Notar Dr. Ebner
beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Köln
vom 28. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die dem Antragsgegner und dem weiteren Beteiligten entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Geschäftswert: 50.000 €
Gründe:
I.
Der Antragsteller bewarb sich ebenso wie der weitere Beteiligte um eine
im Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Mai 2007
(JMBl. NRW S. 111) ausgeschriebene Notarstelle im Amtsgerichtsbezirk O.
.
Das Auswahlverfahren wurde gemäß § 17 der Allgemeinen Verfügung des
Justizministeriums über die Angelegenheiten der Notarinnen und Notare vom
8. März 2002 (JMBl. NRW S. 69) in der geänderten Fassung vom 4. November
2004 (JMBl. NRW S. 256) durchgeführt. Für den Antragsteller wurde eine Ge190,75 ermittelt. Die Punkteverteilung stellte sich im Einzelnen wie folgt dar:
weiterer Beteiligter
Antragsteller
2. Staatsexamen
41,5
28,85
RA-Tätigkeit
29,25
Fortbildungen
40,5
60 (67)
79,5 (90,3)
60 (71)
6,2
190,75
185,05
Bewerber
Rang
Beurkundungen
Sonderpunkte
Summe
Im Bereich Fortbildung und Beurkundungen wurde beiden Bewerbern die
maximal erreichbare Gesamtpunktzahl (120) gutgebracht. Ohne die sich insoweit aus § 17 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 AVNot ergebende Kappungsgrenze hätte der
Antragsteller insgesamt 203,05 Punkte, der weitere Beteiligte hingegen nur
201,55 Punkte erreicht (siehe die in der Tabelle in Klammern gesetzten Werte).
Der Antragsgegner teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 4. Oktober 2007
mit, dass er beabsichtige, die Stelle dem weiteren Beteiligten zu übertragen.
Dagegen hat der Antragsteller, der insbesondere die Kappungsgrenze
von 120 Punkten für den Bereich Fortbildung und Beurkundungen für verfassungswidrig hält, Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Das Oberlandesgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige
Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein Begehren, den Antragsgegner
zu verpflichten, über seine Bewerbung neu zu entscheiden, weiterverfolgt.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß
Abs. 4 BRAO zulässig, aber in der Sache unbegründet. Die Auswahlentscheidung des Antragsgegners erweist sich unter Berücksichtigung der beschränkten Nachprüfbarkeit durch die Gerichte (vgl. Senatsbeschlüsse
330 f und vom 14. März 2005 - NotZ 27/04 -
1.
Nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des Senats ist es
auch unter Berücksichtigung der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts
vom 20. April (
zu beanstanden, dass der Antragsgegner seine Auswahlentscheidung auf der
Grundlage des in § 17 AVNot näher geregelten Punktesystems getroffen hat
(siehe nur Beschlüsse vom 26. März 2007 - NotZ 38/06 -
1131 und NotZ 39/06 -
Senat insbesondere auch keine Bedenken gegen die in § 17 Abs. 2 Nr. 3 bis 5
AVNot festgelegte Kappungsgrenze erhoben. Allerdings brauchte der Senat zu
dieser Frage bisher noch nicht abschließend Stellung zu nehmen, da ihr in den
bisher entschiedenen Fällen - anders als hier - keine ausschlaggebende Bedeutung zugekommen war.
2.
Der Senat ist in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht der Meinung, dass § 17 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 AVNot sowohl mit
mit
a) Nach den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Zugangskriterien zum Zweitberuf des Anwaltsnotars war es erforderlich, eine stärkere Ausder Examensnote - vorzunehmen. Die beiden notarspezifischen Eignungskriterien, nämlich die bei der Vorbereitung auf das angestrebte Amt gezeigten theoretischen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen müssen mit eigenständigem, höherem Gewicht als bisher im Verhältnis zu der Anwaltspraxis und dem
Ergebnis des Staatsexamens einfließen (
Anforderungen hat die Justizverwaltung dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass sie die alte Kappungsgrenze von 45 Punkten ganz erheblich, nämlich
auf 120 Punkte, heraufgesetzt hat.
Dadurch hat, wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert, die Examensnote ihren herausragenden Stellenwert verloren. Dies ändert freilich nichts
daran, dass sie immer noch ein wesentliches Qualifikationsmerkmal darstellt,
dem nach wie vor ein spezifisches Gewicht beizumessen ist. Dabei versteht es
sich, dass dieses Merkmal - wie jedes andere auch - beim individuellen Eignungsvergleich im Einzelfall den Ausschlag geben kann.
b) Für eine Kappung der für Fortbildungskurse und Beurkundungen erreichbare Punktzahl lässt sich insbesondere anführen, dass der Lern- und Vorbereitungseffekt bei der Beurkundung mit der Zahl der Urkundsgeschäfte abnimmt; überdies ist mit steigender Zahl der Urkundsgeschäfte mit einer Wiederholung der Art der Beurkundungsvorgänge zu rechnen (vgl. Senatsbeschluss vom 26. März 2007 - NotZ 38/06 -
Auch im Bereich der Fortbildungsveranstaltungen nimmt nach der Vermittlung
eines gewissen "Grundlagenwissens" der mit dem Besuch weiterer Veranstaltungen verbundene Nutzeffekt immer mehr ab.
c) Soweit der Antragsteller ins Feld führt, dass in den anderen Ländern,
in denen es das Anwaltsnotariat gibt, keine Kappungsgrenze gilt, übersieht er
zum einen, dass in Berlin die gleiche Kappungsgrenze angewendet wird (vgl.
Stellenausschreibung vom 31. März 2000, ABl. S. 1091; siehe dazu vor allem
Senatsbeschlüsse vom 14. April 2008 - NotZ 117/07 und NotZ 119/07), und
zum anderen, dass die übrigen Länder, vor allem bei den Urkundsgeschäften,
eine stark degressive Bewertung vornehmen. Nur die ersten 100 bzw. 200
berücksichtigungsfähigen Urkundsgeschäfte werden mit einem der nordrheinwestfälischen Regelung vergleichbaren Punktwert bedacht. Ab der 101. bzw.
201. Beurkundung werden nur noch deutlich weniger Punkte vergeben; in der
"Endstufe" gar nur noch ein Punkt pro volle 250 Urkunden (vgl. A II Nr. 3
Buchst. d, Doppelbuchst. ee der Hessischen AVNot in der Fassung vom
10. August 2004, JMBl. S. 323), bzw. 200 Urkunden (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4
Satz 1 Buchst. e AVNot Niedersachsen in der Fassung vom 17. Januar 2005,
Nds. Rpfl. S. 52) bzw. 100 Urkunden (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. d AVNot Schleswig-Holstein in der Fassung vom 16. Februar 2005, SchlHA S. 75). In Anbetracht der Tatsache, dass sich die Vornahme von Urkundsgeschäften nicht beliebig steigern lässt, kommt diesen Vorschriften ein der nordrhein-westfälischen
Regelung durchaus vergleichbarer Kappungseffekt zu.
3.
Was die Vergabe von Sonderpunkten betrifft, in deren Genuss allein der
Antragsteller gekommen ist, ist dem Oberlandesgericht darin zuzustimmen,
dass nicht deutlich wird, warum dem Antragsteller mehr als die zuerkannten 6,2
Punkte zugebilligt werden müssten. Die Auffassung des Antragstellers, dass
nach § 17 Abs. 2 Nr. 6 Buchst. d AVNot sowohl für Notarvertretungen einerseits
als auch für Notariatsverwaltungen andererseits 10 Punkte (also insgesamt 20
Punkte) vergeben werden könnten, geht ersichtlich fehl. Nach dem eindeutigen
Wortlaut wird zwischen den beiden Betätigungsformen Notariatsverwaltung und
insgesamt nur 10 Sonderpunkte vergeben werden.
Schlick
Kessal-Wulf
Doyé
Herrmann
Ebner
Vorinstanz:
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:14.04.2008
Aktenzeichen:NotZ 4/08
Rechtsgebiete:Notarielles Berufsrecht
Erschienen in:
DNotZ 2008, 872-873
NJW-RR 2008, 1158-1159
BNotO § 6 Abs. 3; GG Art. 12 Abs. 1, 33 Abs. 4