Löschung der Eintragung der Geschäftsführerabberufung im Handelsregister nach § 395 FamFG nicht allein wegen fehlerhafter Einziehung
letzte Aktualisierung: 5.5.2021
KG, Beschl. v. 17.9.2020 – 22 W 66/19
GmbHG §§ 16 Abs. 1 S. 1, 39, 46 Nr. 5;
Löschung der Eintragung der Geschäftsführerabberufung im Handelsregister nach § 395
FamFG nicht allein wegen fehlerhafter Einziehung
Ist die Eintragung der Abberufung eines Geschäftsführers in das Handelsregister auf der Grundlage
einer Prüfung nach
Eintragung nach
zugrundeliegenden Beschlusses wegen einer fehlerhaften Einziehung festgestellt wird.
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 1), eine GmbH, ist seit dem 6. Juli 2011 in das Handelsregister Abteilung B
des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Der Beteiligte zu 2) war seit diesem
Zeitpunkt als Geschäftsführer eingetragen. Am 4. Juni 2015 ist die Beendigung seiner
Geschäftsführerstellung und die Bestellung eines Herrn A H als Geschäftsführer
eingetragen worden. Ein zwischenzeitlich eröffnetes Insolvenzverfahren über das
Vermögen der Beteiligten zu 1) ist wegen Wegfall des Eröffnungsgrundes mit Beschluss
vom 2. Juli 2018 eingestellt worden.
Anregungen vom 23. Februar 2018, 23. August 2019 und 12. September 2019, die
Eintragungen vom 4. Juni 2015 als unzulässig nach
Amtsgericht mit einem Beschluss vom 16. September 2019 zurück. Der von dem Beteiligten
zu 2) rechtskräftig abgeschlossene Zivilprozess, aus dem sich ergibt, dass die der Eintragung
vom 4. Juni 2015 zugrunde liegenden Gesellschafterbeschlüsse und die Einziehung seiner
Geschäftsanteile nichtig seien, sei nicht maßgebend, weil die bekundend wirkende
Eintragung des Endes einer Geschäftsführerstellung für eine Löschung nach
zum Zeitpunkt der Löschungsentscheidung unzulässig sein müsse. Das sei hier aber nicht
der Fall, weil der Beteiligte auch mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom
2. Februar 2018 hilfsweise abberufen worden sei. Die Ausübung der Gesellschafterrechte
sei in dieser Gesellschafterversammlung durch die in der zuletzt zum Register eingereichten
Gesellschafterliste ausgewiesenen Gesellschafter erfolgt, was unabhängig von der
materiellen Rechtslage für die Wirksamkeit der Beschlussfassung maßgeblich sei. Auch die
Austragung des Herrn H sei mittlerweile erfolgt.
Hiergegen hat der Beteiligte mit einem Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom
30. September 2019 Rechtsmittel eingelegt. Diesem hat das Amtsgericht nicht abgeholfen
und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Das als sofortige Beschwerde bezeichnete Rechtsmittel ist als Beschwerde nach § 58 Abs. 1
FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerde ist innerhalb der Frist des
FamFG) wird erreicht, weil es hier um die Wiedereintragung einer Person als
Vertretungsorgan einer GmbH geht, und die eingereichte Beschwerdeschrift erfüllt die
Formalien nach
Zulässigkeit ankommt – auch durch die Ablehnung der Löschung der von ihm
angegriffenen Eintragung beschwert im Sinne des
seine Eintragung als Geschäftsführer. Diese Eintragung betrifft ihn aber unmittelbar in
eigenen Rechten. Ob der Beteiligte zu 2) auch in Bezug auf die weitere am 4. Juni 2015
erfolgte Eintragung über die Bestellung des Herrn H als Geschäftsführer beschwerdebefugt
wäre, kann dahinstehen, weil die Löschung dieser Eintragung, die im Übrigen auch
mittlerweile aufgrund einer Anmeldung erfolgt ist, nach den Ausführungen in der
Beschwerdeschrift vom 30. September 2019 im Beschwerdeverfahren nicht mehr verfolgt
wird.
Die Beschwerde hat aber keinen Erfolg. Es fehlt an der Unzulässigkeit der Eintragung vom
4. Juni 2015, weil der Kläger jedenfalls mit den Gesellschafterbeschlüssen vom 2. Februar
2018 wirksam abberufen worden ist, so dass die Voraussetzungen des
verneinen sind.
a) Auf der Grundlage der von dem Beteiligten zu 2) erstrittenen rechtskräftigen Urteile des
Landgerichts Neuruppin vom 17. Januar 2018 und des OLG Brandenburg vom 19. Juni
2019 ist zwar davon auszugehen, dass die der am 4. Juni 2015 erfolgten Eintragung über die
Beendigung der Geschäftsführerstellung des Beteiligten zu 2) zugrunde liegenden
Gesellschafterbeschlüsse nichtig sind. Die Löschung einer Eintragung – wozu auch die
Löschung einer Löschung gehört (vgl. Senat, Beschluss vom 31. Juli 2015 – 22 W 43/15 –,
juris Rdn. 4; Bork/Jacoby/Müther, FamFG, 3. Aufl., § 395 Rdn. 2; Keidel/Heinemann,
FamFG, 20. Aufl., § 395 Rdn. 12; jeweils mit weiteren Nachweisen) – kommt bei
rechtsbekundenden Eintragungen, wie der Eintragung eines Geschäftsführers oder die
Beendigung der Geschäftsführerstellung (vgl. Senat, Beschluss vom 17. Juli 2018 – 22 W
34/18 –, juris Rdn. 11 und 17; Bork/Jacoby/Müther, aaO, § 374 Rdn. 13;
Keidel/Heinemann, aaO, § 382 Rdn. 12; jeweils mit weiteren Nachweisen) nur dann in
Betracht, wenn die Eintragung (auch) zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Löschung
unrichtig ist (vgl. Bork/Jacoby/Müther, aaO, § 395 Rdn. 8; Keidel/Heinemann, aaO, § 395
Rdn. 13f.). Zum jetzigen Zeitpunkt ist aber die Eintragung der Beendigung der
Geschäftsführerstellung des Beteiligten zu 2) als zutreffend anzusehen, weil der zugrunde
liegende Beschluss vom 2. Februar 2018 wirksam gewesen ist.
Denn der Beschluss wurde durch diejenigen gefasst, die in der zum damaligen Zeitpunkt
zuletzt aufgenommenen Gesellschafterliste als Gesellschafter ausgewiesen sind. Ebenso wie
es die Legitimationswirkung des
beeinträchtigen würde, wenn man eine Berufung auf eine trotz Einziehung nicht geänderte
Liste bei einer späteren Feststellung der Wirksamkeit der Einziehung generell als treuwidrig
ansieht (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2018 – II ZR 12/17 –,
Rdn. 45), gilt entsprechendes, wenn man eine unwirksame Einziehung bei im Hinblick auf
die Einziehung geänderter Liste die Wirkung nach
würde. So liegt der Fall aber hier.
Der Beschluss der Gesellschafterversammlung über die vorsorglich erneute Abberufung des
Beteiligten zu 2) als Geschäftsführer – richtigerweise wegen der durch die
Insolvenzeröffnung eingetretene Auflösung als Liquidator – vom 2. Februar 2018 ist auf der
Grundlage der zu diesem Zeitpunkt zuletzt unter Berücksichtigung der Einziehung des
Geschäftsanteils des Beteiligten zu 2) eingereichten Gesellschafterliste durch die richtigen
Personen gefasst worden (vgl. Senat, Beschluss vom 18. März 2019 – 22 W 5/19 –, juris
Rdn. 8). Diese Wirkungen entfallen nach dem Vorstehenden nicht wegen der später
erfolgten Feststellung, dass die Einziehung unwirksam war. Aus diesem Grund kann der
Beteiligte zu 2) sich auch nicht auf Treu und Glauben berufen. Die rechtskräftige
Entscheidung über die Unwirksamkeit des Einziehungsbeschlusses ist erst nach dem
19. Juni 2019 getroffen worden. Dass hier weitere Umstände vorgelegen hätten, die
ausnahmsweise einer Anwendung des
dazu etwa BGH, Urteil vom 02. Juli 2019 – II ZR 406/17 –,
weder ersichtlich noch dargetan. Aufgrund der Wirksamkeit des Beschlusses vom 2. Februar
2018 kommt es auch nicht darauf an, dass die Anmeldung des Beschlusses erst nach diesem
Zeitpunkt erfolgt ist.
b) Nach alldem kann offenbleiben, ob eine Löschung nach
Berücksichtigung des auszuübenden Ermessens im Falle der Bejahung der Unzulässigkeit
der Eintragung hätte unterbleiben können. Dafür spräche allerdings, dass die Löschung
nach
dazu Senat, Beschluss vom 13. Mai 2020 – 22 W 73/14 –, juris Rdn. 11; OLG Zweibrücken,
Beschluss vom 13. März 2001 – 3 W 15/01 –, juris Rdn. 5 Bork/Jacoby/Müther, FamFG,
3. Aufl., § 395 Rdn. 14.2) und eine Löschung grundsätzlich nur dann in Betracht kommt,
wenn das Fortbestehen der Eintragung Schädigungen Beteiligter zur Folge hätte oder
öffentlichen Interessen widerspräche (Bork/Jacoby/Müther, aaO; Keidel/Heinemann,
§ 395 Rdn. 28), was hier schon angesichts der durch das Insolvenzverfahren eingetretenen
Auflösung nicht ersichtlich ist, so dass der Beteiligte zu 2) ohne weiteres auf
Eigenmaßnahmen hätte verwiesen werden können.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zutreffen. Die Verpflichtung zur Tragung der
Gerichtskosten ergibt sich aus dem Gesetz. Die Anordnung einer Kostenerstattung kommt
nicht in Betracht. Die Beteiligte zu 1) hat sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt. Die
Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt nicht in Betracht. Die Voraussetzungen des § 70
Abs. 2 FamFG sind nicht gegeben.
Entscheidung, Urteil
Gericht:Kammergericht
Erscheinungsdatum:17.09.2020
Aktenzeichen:22 W 66/19
Rechtsgebiete:
Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht
Aktiengesellschaft (AG)
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GmbHG §§ 16 Abs. 1 S. 1, 39, 46 Nr. 5; AktG § 241; FamFG § 395