OLG Brandenburg 07. Oktober 2024
5 W 87/24
BGB § 133; GBO §§ 18, 19, 29

Umfang einer Belastungsvollmacht bei Erwerb einer noch zu vermessenden Teilfläche; Auslegung einer Vollmacht

BGB § 133; GBO §§ 18, 19, 29
Umfang einer Belastungsvollmacht bei Erwerb einer noch zu vermessenden Teilfläche; Auslegung einer Vollmacht

1. Die Auslegung einer Vollmacht im Grundbuchverfahren erfolgt nach den allgemeinen Grundsätzen, die auch für die Auslegung von Grundbucherklärungen gelten. Führt diese Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis, so ist der geringere Umfang der Vollmacht anzunehmen, wenn der größere Umfang nicht nachgewiesen werden kann.

2. Enthält der notarielle Kaufvertrag über den Verkauf einer noch zu vermessenden Teilfläche eines Grundstücks die Verpflichtung des Verkäufers, bei der Bestellung von Grundpfandrechten zur Finanzierung des Kaufpreises an dem Kaufgegenstand mitzuwirken, und erteilt der Verkäufer dem Käufer eine Belastungsvollmacht, so kann der Belastungsvollmacht nicht mit der für das Grundbuchverfahren erforderlichen Bestimmtheit eindeutig entnommen werden, dass sie sich auf das gesamte Grundstück bezieht. Die Eintragung einer Grundschuld auf dem gesamten Grundstück bedarf daher der Zustimmung des Verkäufers als eingetragenem Eigentümer.

(Leitsätze der DNotI-Redaktion)

OLG Brandenburg, Beschl. v. 7.10.2024 – 5 W 87/24

Problem
Im Rahmen eines Grundstückskaufvertrages veräußerten die Verkäufer eine noch zu vermessende Teilfläche sowie einen Miteigentumsanteil an einer weiteren Teilfläche dieses Grundstücks. Zur Finanzierung des Kaufpreises verpflichteten sich die Verkäufer in Ziff. 7 des Vertrages, bei der Bestellung von Grundpfandrechten „am Kaufgegenstand“ mitzuwirken, und erteilten den Käufern zu diesem Zweck eine entsprechende Belastungsvollmacht. Mit dieser Vollmacht bestellten die Käufer eine Grundschuld über 347.000 € an dem (gesamten) im Grundbuch eingetragenen Grundstück. Das Grundbuchamt wies mit Zwischenverfügung darauf hin, dass die Vollmacht nur zur Belastung des Kaufgegenstandes berechtige und zur Belastung des gesamten Grundstücks die Zustimmung der Verkäufer erforderlich sei. Daraufhin erhoben die Antragsteller Beschwerde mit der Begründung, die Vollmacht berechtige zur Belastung des gesamten Grundstücks.

Entscheidung
Das OLG Brandenburg hat entschieden, dass das Grundbuchamt die Eintragung der Grundschuld zu Recht von der Genehmigung der Verkäufer abhängig gemacht habe, da sich die erteilte Vollmacht nur auf die Belastung des Kaufgegenstandes beziehe.

Für die Auslegung einer Vollmacht im Grundbuchverfahren gelten die gleichen Grundsätze wie für andere Grundbucherklärungen (juris-Rn. 7). Führe die Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis, so gelte der Grundsatz, dass im Zweifel von einem geringeren Umfang der Vollmacht auszugehen sei, es sei denn, der größere Umfang könne nachgewiesen werden. Für die Auslegung von Grundbucherklärungen gelte § 133 BGB entsprechend, allerdings mit der Einschränkung, dass die Bestimmtheit der Erklärung und das Erfordernis urkundlich belegter Eintragungsunterlagen einer Auslegung durch das Grundbuchamt Grenzen setzten. Eine Auslegung sei nur zulässig, wenn sie zu einem eindeutigen und zweifelsfreien Ergebnis führe.

Die Mitwirkungspflicht der Verkäufer nach Ziff. 7.1 des Kaufvertrages beziehe sich ausschließlich auf die Bestellung von Grundpfandrechten „am Kaufgegenstand“, also an den verkauften Teilflächen des Grundstücks. Das Gericht stellte klar, dass die Verkäufer hierdurch nicht zur Mitwirkung bei der Bestellung von Grundpfandrechten am Gesamtgrundstück verpflichtet seien (juris-Rn. 9). Eine Verpflichtung zur Belastung des gesamten Grundstücks hätte ausdrücklich im Vertrag vereinbart werden müssen, was nicht der Fall gewesen sei.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht, jedenfalls nicht mit einer für das Grundbuchverfahren hinreichenden Bestimmtheit, aus Ziff. 7.2 der Urkunde (juris-Rn. 11). Die darin erteilte Anweisung an den Notar, den Antrag auf Eintragung des Grundpfandrechts erst zu stellen, wenn sich der Grundpfandrechtsgläubiger gegenüber den Verkäufern unwiderruflich dazu verpflichtet hat, die nicht verkaufte Teilfläche des Grundstücks aus der Mithaft zu entlassen, könnte zwar darauf hindeuten, dass das gesamte Grundstück zur Finanzierung belastet werden sollte. Dem Wortlaut der Urkunde lasse sich jedoch nicht zweifelsfrei entnehmen, dass die Verkäufer ihre Mitwirkungspflicht (entgegen Ziff. 7.1 und 7.4 des Vertrages) auf das gesamte Grundstück erweitern wollten. Das Grundbuchamt habe daher zu Recht den geringeren Umfang der Vollmacht zugrunde gelegt, die lediglich eine Belastung des Kaufgegenstandes umfasste, und die Eintragung der Grundschuld auf dem gesamten Grundstück von der Zustimmung der Verkäufer abhängig gemacht.

Praxishinweis
Die Entscheidung zeigt, wie wichtig eine präzise Formulierung von Vollmachten im Hinblick auf deren Verwendung im Grundbuchverfahren für die Praxis ist. Eine Vollmacht, die nur zur Belastung eines „Kaufgegenstandes“ berechtigt, bei dem es sich um eine Teilfläche handelt, kann nach dem OLG Brandenburg ohne ausdrückliche Zustimmung des Verkäufers nicht zur Belastung des gesamten Grundstücks verwendet werden.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Brandenburg

Erscheinungsdatum:

07.10.2024

Aktenzeichen:

5 W 87/24

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht

Erschienen in:

DNotI-Report 2025, 75-76

Normen in Titel:

BGB § 133; GBO §§ 18, 19, 29