Genehmigung nach GrdstVG; Jahresfrist; Wirksamkeit einer Grundbucheintragung trotz Nichterteilung der Genehmigung; Genehmigungsfiktion
letzte Aktualisierung: 13.1.2025
OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 1.7.2024 – 20 W 91/24
Genehmigung nach GrdstVG; Jahresfrist; Wirksamkeit einer Grundbucheintragung
trotz Nichterteilung der Genehmigung; Genehmigungsfiktion
Eine mindestens ein Jahr lang bestehende Grundbucheintragung macht ein bis dahin mangels
Erteilung der Genehmigung schwebend unwirksames Rechtsgeschäft voll wirksam, § 7 Abs. 3
GrdstVG. Mit Eintritt dieser Wirkung ist das Grundbuch nicht mehr unrichtig. Die Eintragung
eines Amtswiderspruchs wegen Nichterteilung der Genehmigung gemäß den
Anregung eines Dritten kommt nicht mehr in Betracht.
Gründe
I.
Im Grundbuch von Stadt1, Blatt …, war im Bestandsverzeichnis, lfd. Nr. 36, ein Grundstück in
der Gemarkung Stadt1, Flur …, Flurstück …, „Gebäude und Freifläche X“, mit einer Größe von
4.592 m² eingetragen. Als Eigentümer war seinerzeit Y eingetragen.
Mit Schreiben vom 10.11.2021 hat Notar Z, Stadt1, seine notarielle Urkunde vom
30.09.2021, UR-Nr. …, zum betroffenen Grundbuch eingereicht.Ausweislich dieser notariellen
Urkunde (Bl. 3/3 ff. d. A.), auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, sollte dieses
Grundstück aufgeteilt werden. Y hat sodann ausweislich dieser Urkunde das noch zu vermessende
neue Grundstück Flur …, Flurstück …, mit einer Größe von 978 m² seiner Tochter Q im
Wege der gemischten Schenkung überlassen. Die Vertragsbeteiligten haben insoweit die Auflassung
erklärt und die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch bewilligt und beantragt.
Notar Z hat im genannten Schreiben an das Grundbuchamt unter anderem eine Anlage
zur Fortführungsmitteilung Nr. 12/2021 des Amts für Bodenmanagement Stadt2 (Bl. 3/16 ff.
d. A.) eingereicht und unter anderem die Wahrung der Fortführungsmitteilung, die Eintragung
der neu vermessenen Grundstücke sowie die Eigentumsumschreibung beantragt. Am
26.11.2021 ist das bezeichnete neue Grundstück von Blatt … auf das hier betroffene Grundbuch
übertragen und im Bestandsverzeichnis, lfd. Nr. 3, mit der Bezeichnung “Gebäude- und
Freifläche X“ eingetragen worden. Am gleichen Tag ist Q dort aufgrund der Auflassung vom
30.09.2021 als Eigentümerin eingetragen worden.
Mit Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten vom 24.04.2024 (Bl. 3/34 ff. d. A.), auf dessen
Einzelheiten ebenfalls Bezug genommen wird, hat dieser mitgeteilt, dass bei Überprüfung
der Grundakten aufgefallen sei, dass in den Grundbuchblättern … und … ein Eigentumsübergang
im Wege des Kaufvertrags zwischen Y und Q umgesetzt worden sei, ohne dass die Genehmigung
nach dem Grundstücksverkehrsgesetz vorgelegen habe. Bereits im Jahre 1998
sei unter Beteiligung des Kreis1, Kreisausschuss, Amt für den ländlichen Raum, sowie nochmals
im Jahre 2018 unter Beteiligung des damaligen Amtsleiters versucht worden, das
Grundstück aus dem landwirtschaftlichen Betrieb herauszulösen, was seinerzeit durch den
Kreis1, Amt für den ländlichen Raum, versagt worden sei. Im Jahr 2021 sei dann der Übergabevertrag
vollzogen worden, ohne dass das Amt für ländlichen Raum beteiligt worden sei.
Der Amtsleiter des Amts für den ländlichen Raum des Kreisausschusses des Kreis1 habe auf
telefonisches Befragen mitgeteilt, dass seine Behörde zu dem Vorgang nicht konsultiert worden
sei. Der Verfahrensbevollmächtigte hat für den Beschwerdeführer in jenem Schreiben an
das Grundbuchamt sofortige Beschwerde gegen die Eigentumsumschreibung eingelegt. Die
Aktivlegitimation des Beschwerdeführers ergebe sich aus der Erbenstellung nach dem zwischenzeitlich
verstorbenen Y. Ein Erbschein sei bislang noch nicht beantragt; ein entsprechendes
Verfahren werde jedoch betrieben. Der Verfahrensbevollmächtigte hat namens des
Beschwerdeführers beantragt, den Vollzug der Eigentumsübertragung rückabzuwickeln.
Der Kreis1 - Der Kreisausschuss -, Fachbereich ländlicher Raum, hat mit Schreiben an das
Grundbuchamt vom 25.04.2024 (Bl. 3/36 d. A.) mitgeteilt, dass es bei einer Übertragung gemäß
§ 9 GrdstVG einer Genehmigung bedürfe, die nicht vorliege. Es ist angefragt worden,
auf welcher Basis die Veräußerung der Hofstelle erfolgt sei.
Das Grundbuchamt hat ausweislich seines Beschlusses vom 03.05.2024 (Bl. 3/38 ff. d. A.)
die sofortige Beschwerde als Beschwerde gemäß
eines Amtswiderspruchs gemäß
hat. Es hat sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen
ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs
nicht vorliegen würden.Das Grundbuchamt habe keine Grundbucheintragung unter Verletzung
gesetzlicher Vorschriften vorgenommen, so dass die Eintragung eines Amtswiderspruchs
ausscheide. Auf Grundlage des vorgelegten Vertrages vom 30.09.2021 und des Inhalts
des Grundbuchs sei für das Grundbuchamt kein Vorgang erkennbar bzw. erkennbar gewesen,
welcher in den Bereich des Grundstücksverkehrsgesetzes falle. Es hätten keine konkreten
Zweifel über das Bestehen einer Genehmigungsfreiheit bestanden. Auch die Genehmigungsbehörde
habe bislang nicht gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 GrdstVG ersucht, dass das Grundbuchamt
einen Widerspruch im Grundbuch eintragen solle. Unabhängig davon seien die Eintragungen
aber schon vor mehr als drei Jahren vorgenommen worden, wonach ein mögliches
genehmigungsbedürftiges und nicht genehmigtes Rechtsgeschäft nun als genehmigt gelte.
Nach Ablauf der Jahresfrist sei das Grundbuch gemäß
Nach Vorlage der Akte an den Senat hat der Beschwerdeführer auf eine Verfügung des Senats
vom 22.05.2024 (Bl. 3/42 ff. d. A.) mit Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten vom
04.06.2024 (Bl. 3/44 ff. d. A.) ergänzend zur Beschwerde Stellung genommen. Auch hierauf
wird verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist mit dem Grundbuchamt gemäß
Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs nach
statthaft, da es sich bei der hier gegenständlichen Eigentümereintragung um eine inhaltlich
zulässige Eintragung handelt, an welche sich ein gutgläubiger Erwerb anschließen kann. Ihrem
Inhalt nach unzulässig sind nur Eintragungen, die Rechte mit einem Inhalt oder in einer
Ausgestaltung verlautbaren, wie sie aus Rechtsgründen nach dem sachlichen Regelungsgehalt
der Eintragung nicht bestehen können. Dies ist hier nicht der Fall. Da davon ausgegangen
werden muss, dass der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel mit dem allein zulässigen Inhalt
einlegen wollte, ist dieses zu seinen Gunsten im oben beschriebenen eingeschränkten
Umfang zu verstehen. Der diesbezüglichen Verfügung des Senats vom 22.05.2024 ist der Beschwerdeführer
denn auch nicht entgegengetreten.
Der Senat unterstellt die Beschwerdeberechtigung des Beschwerdeführers. Zur Einlegung der
Beschwerde betreffend die Eintragung eines Amtswiderspruchs
ist allerdings nur derjenige berechtigt, der, falls die Eintragung in dem behaupteten Sinne unrichtig
wäre, in seiner Rechtsstellung beeinträchtigt wäre und deshalb nach § 894 BGB einen
Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs hätte, denn durch die Eintragung des Amtswiderspruchs
soll der Gefahr eines Rechtsverlusts - insbesondere durch gutgläubigen Erwerb - begegnet
werden. Schon nach dem Wortlaut des § 894 BGB kann Berichtigung des Grundbuchs
nur derjenige verlangen, dessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen oder durch die
Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt ist (vgl. Senat,
Beschluss vom 19.04.2011, 20 W 232/08, zitiert nach juris). Der Beschwerdeführer hat
allerdings derzeit nicht schlüssig dargelegt (vgl. zu diesem Erfordernis Demharter, GBO, 33.
Aufl., § 71 Rz. 62 m. w. N.), aus welchen Erwägungen heraus er als (Allein-?) Erbe des vorigen
Grundstückseigentümers Y und damit als dessen Rechtsnachfolger in Betracht kommt.
Darauf kommt es jedoch deshalb nicht entscheidend an, weil die Beschwerde jedenfalls in der
Sache keinen Erfolg hat.
Die Eintragung eines Amtswiderspruchs gemäß
das Grundbuchamt die Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen
hat und dadurch das Grundbuch unrichtig geworden ist. Die Gesetzesverletzung muss feststehen,
die Unrichtigkeit hingegen nur glaubhaft sein. Notwendig für die Eintragung des Widerspruchs
ist weiter, dass im Zeitpunkt seiner Eintragung die Unrichtigkeit noch fortbesteht
(vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 30.11.2017, 20 W 288/17, und
nach juris; vgl. auch BeckOK GBO/Holzer, Stand: 03.06.2024, § 53 Rzn. 25 ff. m. w. N.).
Hier kann offenbleiben, ob die beanstandete Eintragung vom 26.11.2021 durch das Grundbuchamt
unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen wurde. Jedenfalls ist nicht
glaubhaft gemacht, dass im Hinblick auf diese Eintragung das Grundbuch derzeit noch unrichtig
wäre.
Der Beschwerdeführer stützt die von ihm behauptete Grundbuchunrichtigkeit der Sache nach
auf den Umstand, dass der Grundbucheintragung eine rechtsgeschäftliche Veräußerung eines
landwirtschaftlichen und/oder forstwirtschaftlichen Grundstücks zugrunde lag, die gemäß
Veräußerung darf eine Rechtsänderung in das Grundbuch erst eingetragen werden, wenn
dem Grundbuchamt die Unanfechtbarkeit der Genehmigung nachgewiesen wird oder wenn -
im Zweifelsfalle - durch eine Entscheidung der Genehmigungsbehörde festgestellt ist, dass
Genehmigung nicht erforderlich ist,
Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rz. 4020). Eine solche Genehmigung bzw. ein solches Negativzeugnis
liegen jedenfalls nicht vor.
Zu Recht hat das Grundbuchamt aber im Nichtabhilfebeschluss auf
Besteht danach die auf Grund eines nicht genehmigten Rechtsgeschäfts vorgenommene
Eintragung einer Rechtsänderung ein Jahr, so gilt das Rechtsgeschäft als genehmigt, es
sei denn, dass vor Ablauf dieser Frist ein Widerspruch im Grundbuch eingetragen oder ein
Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs oder ein Antrag oder ein Ersuchen auf Eintragung
eines Widerspruchs gestellt worden ist.
Ungeachtet der Frage, ob es sich hier überhaupt um eine genehmigungsbedürftige Veräußerung
handelte, liegen jedenfalls diese Voraussetzungen hier vor. Wie gesagt stammt die beanstandete
Grundbucheintragung vom 26.11.2021. Die Jahresfrist ist lange abgelaufen. Einer
der gesetzlich geregelten Ausnahmefälle ist nicht gegeben. Eine mindestens ein Jahr lang bestehende
Grundbucheintragung macht - wie hier - das bis dahin mangels Erteilung der Genehmigung
schwebend unwirksame Rechtsgeschäft voll wirksam (Schöner/Stöber, a.a.O., Rz.
4020). Mit Eintritt dieser Wirkung ist das Grundbuch - wie das Grundbuchamt zu Recht angenommen
hat - nicht mehr unrichtig (Schreiber/Ruge/ Müller, Handbuch Immobilienrecht, 4.
Aufl., Kap. 7 Rz. 166).
Bei dem Genehmigungserfordernis handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Verfügungsbeschränkung,
die dem öffentlichen Interesse - Verbesserung und Kontrolle der Agrarstruktur
- dient. Auf die durch die Kontrollmöglichkeit im Genehmigungsverfahren geschaffene Einflussnahme
des Staates wird aus Gründen der Rechtssicherheit im Privatrechtsverkehr unter
den Voraussetzungen des
1981, 1957, je zitiert nach juris; Netz, GrdstVG, 9. Aufl., Rz. 1817). Die Genehmigungsfiktion
des
Vertragspartner absichtlich für den wirklich gewollten Vertrag keine Genehmigung eingeholt
haben (BGH
Heinze, BGB, Neub. 2018, Vorbem zu § 873 Rz. 74; Meikel/Grziwotz, GBO, 12. Aufl., Einl F
Rz. 115; Netz, a.a.O., Rz. 1820). Ein derartiger oder vergleichbarer Sachverhalt ist hier aber
auch nicht vorgetragen und schon gar nicht glaubhaft gemacht. Gerügt wird lediglich ein
Rechtsverstoß des Grundbuchamts.
Dass der Beschwerdeführer die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hat, ergibt
sich bereits aus der Anwendung der gesetzlichen Vorschriften,
dass es eines ausdrücklichen Ausspruchs nicht bedarf.
Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf den §§ 61Abs. 1, 46 GNotKG, wobei der
Senat für die Bestimmung des Grundstückswerts die Angabe im notariellen Vertrag vom
30.09.2021 zugrunde gelegt hat.
Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen
hierfür nicht gegeben sind,
noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Eine Nichtzulassungsbeschwerde
ist nicht gegeben, da gesetzlich nicht vorgesehen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Frankfurt a. Main
Erscheinungsdatum:01.07.2024
Aktenzeichen:20 W 91/24
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Öffentliches Baurecht
Sonstiges Öffentliches Recht
GrdstVG § 7 Abs. 3; GBO § 53