OLG München 09. Oktober 2019
20 U 556/19
BGB §§ 311 Abs. 2, 311b Abs. 1, 434 Abs. 1 S. 1 u. 3

Anschaffungspreis einer Einbauküche als vereinbarte Beschaffenheit; vorvertragliches Verschulden

BGB §§ 311 Abs. 2, 311b Abs. 1, 434 Abs. 1 S. 1 u. 3
Anschaffungspreis einer Einbauküche als vereinbarte Beschaffenheit; vorvertragliches Verschulden

1. Als Beschaffenheit kann beim Grundstückskaufvertrag grundsätzlich nur das vereinbart sein, was zum Inhalt der Urkunde geworden ist.

2. Wird im Maklerexposé ein unzutreffender Anschaffungspreis einer Einbauküche angegeben, führt dies nicht zu einem Sachmangel, sondern zu einer Haftung gem. § 311 Abs. 2 BGB aus culpa in contrahendo. (Leitsätze der DNotI-Redaktion)

OLG München, Urt. v. 9.10.2019 – 20 U 556/19

Problem
Der Verkäufer gab in dem durch den Makler erstellten Exposé an, dass er die mitverkaufte Einbauküche einst zu einem Anschaffungspreis von 25.000 € erworben habe. Im beurkundeten Kaufvertrag fand diese Wertangabe keinen Niederschlag. Aufgenommen wurde jedoch der Anteil des Kaufpreises, der auf die Einbauküche entfallen sollte. Nach Übergabe des Grundstücks stellte sich (durch Auffinden einer entsprechenden Rechnung durch den Käufer) heraus, dass der Anschaffungspreis der Küche tatsächlich nur 12.200 € betragen hatte. Der Käufer macht nunmehr geltend, er hätte für die Einbauküche bei Kenntnis des tatsächlichen Anschaffungspreises erheblich weniger gezahlt als im Kaufvertrag veranschlagt wurde.

Entscheidung
Das OLG München stellt zunächst mit Verweis auf die jüngere Rechtsprechung des BGH klar, dass vereinbarte Beschaffenheit nur das sein könne, was in die notarielle Urkunde Eingang gefunden habe (vgl. BGH NJW 2016, 1815). Auch eine Beschaffenheit i. S. d. § 434 Abs. 1 S. 3 BGB, die der Käufer nach öffentlichen Äußerungen des Verkäufers erwarten könne, liege nicht vor, da der Anschaffungspreis einer Sache keine ihr anhaftende Eigenschaft sei. Mängelrechte könne der Käufer dementsprechend nicht geltend machen.

Der Senat bejaht jedoch einen Anspruch gem. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs 1 BGB wegen Verschuldens bei Vertragsschlusses (c.i.c.). Die vorsätzliche Angabe eines falschen Anschaffungspreises der Einbauküche im Exposé führe zu einer Offenbarungspflicht des Verkäufers. Da der Verkäufer dieser Pflicht (bzw. schon seiner Pflicht, grundsätzlich keine Falschangaben zu machen) nicht nachgekommen sei, könne der Käufer den Vertrauensschaden ersetzt verlangen. Der Geschädigte sei deshalb so zu behandeln, als habe er aufgrund Kenntnis der wahren Sachlage die Möglichkeit gehabt, den Vertrag zu einem niedrigeren Preis abzuschließen. Schaden sei demnach der Betrag, um den der Geschädigte den Kaufgegenstand im Vertrauen auf die Richtigkeit des Verkäufers zu teuer erworben habe. Das Gericht schätzte den Schaden gem. § 287 ZPO und zwar dergestalt, dass der zu zahlenden Kaufpreis im gleichen Verhältnis zum tatsächlichen Anschaffungspreis steht wie der ursprünglich vereinbarte Kaufpreis zum angeblichen Anschaffungspreis.

Dass mit solchen Falschangaben nicht „zu spaßen“ ist, zeigt ein Blick in die Entscheidungsgründe der Vorinstanz (LG Landshut BeckRS 2018, 48053). Dort wird ohne Weiteres (und soweit ersichtlich zu Recht) davon ausgegangen, dass der vorliegende Fall auch die Voraussetzungen des § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 Abs. 1 StGB erfüllt.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG München

Erscheinungsdatum:

09.10.2019

Aktenzeichen:

20 U 556/19

Rechtsgebiete:

Unternehmenskauf
Allgemeines Schuldrecht
Kaufvertrag
Beurkundungserfordernis
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Erschienen in:

DNotI-Report 2019, 173

Normen in Titel:

BGB §§ 311 Abs. 2, 311b Abs. 1, 434 Abs. 1 S. 1 u. 3