Erheblichkeit der Pflichtverletzung: Umfassende Interessenabwägung im Einzelfall; Erheblichkeit i. d. R. bei Mangelbeseitigungsaufwand von mehr als fünf Prozent des Kaufpreises
DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 16.7.2014
BGH , 28.5.2014 - VII ZR 94/13
Erheblichkeit der Pflichtverletzung: Umfassende Interessenabwägung im Einzelfall;
Erheblichkeit i. d. R. bei Mangelbeseitigungsaufwand von mehr als fünf Prozent des Kaufpreises
a) Die Beurteilung der Frage, ob eine Pflichtverletzung unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5
Satz 2 BGB ist, erfordert eine umfassende Interessen-abwägung auf der Grundlage der Umstände
des Einzelfalls (Bestätigung der Senatsurteile vom 17. Februar 2010 - VIII ZR 70/07, NJW-RR
2010, 1289 Rn. 23; vom 6. Februar 2013 - VIII ZR 374/11,
b) Bei einem behebbaren Mangel ist im Rahmen dieser Interessen-abwägung von einer
Geringfügigkeit des Mangels und damit von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung gemäß
Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises übersteigt.
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 94/13 Verkündet am:
28. Mai 2014
a) Die Beurteilung der Frage, ob eine Pflichtverletzung unerheblich
im Sinne des
auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls (Bestätigung der Senatsurteile
vom 17. Februar 2010 - VIII ZR 70/07,
vom 6. Februar 2013 - VIII ZR 374/11,
b) Bei einem behebbaren Mangel ist im Rahmen dieser Interessenabwägung
von einer Geringfügigkeit des Mangels und damit von einer Unerheblichkeit
der Pflichtverletzung gemäß
nicht mehr auszugehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag
von fünf Prozent des Kaufpreises übersteigt.
BGH, Urteil vom 28. Mai 2014 - VIII ZR 94/13 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Mai 2014 durch die Richterin Dr. Milger als Vorsitzende sowie die
Richter Dr. Achilles, Dr. Schneider, Dr. Bünger und Kosziol
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Stuttgart vom 20. März 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht
zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen
Neuwagen. Der Kläger kaufte von der Beklagten, einem Autohaus, einen
Pkw K. zum Preis von 29.953 €. Das Fahrzeug wurde dem
Kläger am 18. September 2009 übergeben. In der Folgezeit machte er mehrere
Mängel des Fahrzeugs, unter anderem eine Mangelhaftigkeit der Einparkhilfe
(Fehler der akustischen Warnfunktion aufgrund falschen Einbaus der Sensoren
sowie Fehlen einer zusätzlichen optischen Warnfunktion), geltend und suchte
deshalb wiederholt das Autohaus der Beklagten und die Werkstatt eines anderen
Autohauses auf. Mit als "letzter Nachbesserungsversuch" überschriebenem
Schreiben vom 4. Dezember 2009 rügte der Kläger insgesamt neun Mängel,
darunter die oben genannte Mangelhaftigkeit der Einparkhilfe, und setzte der
Beklagten - erfolglos - eine Frist zur Mängelbeseitigung bis zum 11. Januar
2010. Nachdem die Beklagte dem Kläger mitgeteilt hatte, die Einparkhilfe funktioniere
nach einem vorangegangenen Nachbesserungsversuch einwandfrei
und entspreche dem Stand der Technik, erklärte der Kläger mit Schriftsatz vom
29. September 2010 den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Der Kläger hat zuletzt die Zahlung von 27.257,23 € nebst Zinsen Zug um
Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs begehrt. Das
Landgericht hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens
zu den behaupteten Mängeln abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung
des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen
Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit
für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch auf Rückgewähr des
Kaufpreises gemäß
Landgericht sei aufgrund der nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen
des von ihm beauftragten Sachverständigen zutreffend davon ausgegangen,
dass der von der Beklagten verkaufte Pkw den überwiegenden Teil der
vom Kläger behaupteten Sachmängel nicht aufweise. Das Fahrzeug sei aller-
dings, was zwischen den Parteien inzwischen außer Streit stehe, insoweit mangelhaft,
als die Sensoren der Einparkhilfe in falscher Höhe und mit falschem
Abstand zueinander eingebaut seien, was dazu führe, dass die Einparkhilfe
immer wieder Warnsignale ohne erkennbares Hindernis abgebe. Der Kläger
habe darüber hinaus vorgetragen, er habe auf Anraten der Beklagten das Fahrzeug
mit einer Einparkhilfe bestellt, die zusätzlich zur akustischen Warnfunktion
über eine optische Anzeige verfüge. Nach dem Vortrag des Klägers sei mithin
eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des
getroffen worden, dass ein Fahrzeug geliefert werden solle, das mit
einer Einparkhilfe ausgestattet sei, welche sowohl über eine optische als auch
über eine akustische Warnfunktion verfüge. Entgegen der Behauptung der Beklagten
ergebe sich nicht bereits aus dem Bestellformular, dass eine Einparkhilfe
ohne optische Warnfunktion bestellt worden sei. In dem Bestellformular sei
als zusätzliche Ausstattung lediglich eine Einparkhilfe erwähnt, ohne dass diese
jedoch näher beschrieben werde.
Der Kläger habe der Beklagten erfolglos eine angemessene Frist zur
Nacherfüllung gesetzt (
2009, welches als "letzter Nachbesserungsversuch" überschrieben sei, habe er
insgesamt neun Mängel, unter anderem einen falschen Einbau und eine Fehlfunktion
der Einparkhilfe, bei der es deshalb akustische Fehlermeldungen gebe,
sowie das Fehlen der optischen Warnfunktion der Einparkhilfe, gerügt. Die Beklagte
sei der Aufforderung zur Mangelbeseitigung unstreitig nicht binnen der
ihr vom Kläger bis zum 11. Januar 2010 gesetzten Frist nachgekommen.
Der Rücktritt sei jedoch gemäß
da die in der Mangelhaftigkeit der Kaufsache liegende Pflichtverletzung
unerheblich, der Mangel also geringfügig sei. Die Beurteilung, ob eine
Pflichtverletzung unerheblich im Sinne des
dere grundsätzlich eine umfassende Interessenabwägung, wobei es auf die
Umstände des Einzelfalls ankomme. Ein - wie hier - behebbarer Mangel sei
grundsätzlich unerheblich, wenn die Kosten der Mangelbeseitigung im Verhältnis
zum Kaufpreis gering seien. Bei welchem Prozentsatz die Geringfügigkeitsgrenze
überschritten sei, sei bislang höchstrichterlich nicht geklärt. Anders als
nach früherem Recht (
des
Gewährleistungsansprüche zu versagen. Die Regelung solle vielmehr im Falle
von Bagatellmängeln, bei denen das Leistungsinteresse des Käufers nur geringfügig
beeinträchtigt sei, die für den Verkäufer regelmäßig mit einer erheblichen
finanziellen Einbuße versehene vollständige Liquidierung des Vertrages
vermeiden.
Es sei daher herrschende Meinung, der sich der Senat anschließe, dass
die Erheblichkeitsschwelle bei
sei als bei
regelmäßig bei Mangelbeseitigungskosten in Höhe von drei bis vier
Prozent des Kaufpreises angesetzt worden sei. Bereits Gründe der Systematik
legten nahe, um eine deutliche Abgrenzung zur alten Rechtslage zu erzielen,
die Beachtlichkeitsschwelle erst als überschritten anzusehen, wenn der erforderliche
Mängelbeseitigungsaufwand mehr als zehn Prozent des Kaufpreises
betrage. Auch die Höhe der heutigen Werkstattpreise spreche dafür, den
Schwellenwert bei zehn Prozent anzusetzen, um die Regelung des § 323
Abs. 5 Satz 2 BGB nicht durch eine zu niedrige Bagatellgrenze weitgehend
funktionslos zu machen. Zu berücksichtigen sei ferner, dass in der höchstrichterlichen
Rechtsprechung auch sonst im Gewährleistungsrecht - etwa bei der
Abweichung des Kraftstoffverbrauchs eines verkauften Neufahrzeugs oder bei
der Wohnflächenabweichung einer gemieteten Wohnung - regelmäßig von einer
Erheblichkeitsgrenze von zehn Prozent ausgegangen werde. In Überein-
stimmung mit der in der Literatur im Vordringen begriffenen Ansicht und mit
dem Oberlandesgericht Bamberg (OLGR 2006, 502) sei daher davon auszugehen,
dass die Erheblichkeitsschwelle des
Mangelbeseitigungsaufwand, der zehn Prozent des Kaufpreises übersteige,
und nicht, wie vom Oberlandesgericht Köln (
bereits bei einem Mangelbeseitigungsaufwand von mehr als fünf Prozent des
Kaufpreises überschritten werde.
Der Sachverständige habe für einen ordnungsgemäßen Einbau der Sensoren
der Einparkhilfe einen Gesamtaufwand von 1.958,85 € (brutto) ermittelt.
Diese Mangelbeseitigungskosten entsprächen 6,5 Prozent des Kaufpreises.
Durch die Kosten für die Beseitigung des technischen Defekts der Einparkhilfe
werde unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Gesichtspunkte die
Erheblichkeitsschwelle demnach noch nicht überschritten. Auch beim Einbau
einer Einparkhilfe mit einer zusätzlichen optischen Warnfunktion entstünden
nach den Ausführungen des Sachverständigen lediglich Kosten in Höhe von
insgesamt 2.008,85 €, so dass auch in diesem Fall die Erheblichkeitsschwelle
nicht erreicht werde.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werde allerdings bei
der Abweichung von einer Beschaffenheitsvereinbarung in der Regel die Erheblichkeit
der Pflichtverletzung indiziert. Zu berücksichtigen sei vorliegend jedoch,
dass der Kläger in der Berufungsbegründung ausschließlich auf die Fehlfunktion
der akustischen Einparkhilfe abstelle. Dies zeige, dass der Kläger kein starkes
Interesse an der optischen Warnfunktion habe, mit der Folge, dass die Indizwirkung
als widerlegt anzusehen sei. Es sei folglich auch im Falle des Fehlens
einer vertraglich vereinbarten optischen Warnfunktion der Einparkhilfe wegen
der im Verhältnis zum Kaufpreis geringen Mangelbeseitigungskosten von
einem unerheblichen Mangel auszugehen.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten
stand.
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf
Rückgewähr des Kaufpreises nach § 437 Nr. 2, §§ 440, 323 Abs. 1, § 346
Abs. 1,
Mängeln der Einparkhilfe zum Ausdruck kommende Pflichtverletzung der Beklagten
für unerheblich und den Rücktritt deshalb gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2
BGB für ausgeschlossen erachtet hat. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
ist bei einem behebbaren Sachmangel die in der Mangelhaftigkeit
der Kaufsache liegende Pflichtverletzung nicht erst dann als erheblich im Sinne
des
zehn Prozent des Kaufpreises übersteigt. Vielmehr ist bei einem behebbaren
Sachmangel die Erheblichkeitsschwelle des
Rahmen der insoweit auf der Grundlage der Einzelfallumstände vorzunehmenden
Interessenabwägung jedenfalls in der Regel bereits dann als erreicht anzusehen,
wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag von fünf Prozent
des Kaufpreises überschreitet.
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings angenommen,
dass das Fahrzeug mit einem Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2
Nr. 2 BGB behaftet ist, weil die Sensoren der Einparkhilfe in falscher Höhe und
mit falschem Abstand zueinander eingebaut sind und deshalb die Einparkhilfe
immer wieder akustische Warnsignale ohne erkennbares Hindernis abgibt.
Auch die Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger habe der Beklagten
diesbezüglich - erfolglos - eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt,
ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird von der Revision, da ihr
günstig, auch nicht angegriffen.
2. Es kann dahin stehen, ob das Berufungsgericht, wie die Revision unter
Hinweis auf von ihr als vom Berufungsgericht übergangen gerügten Vortrag des
Klägers annimmt, eine erhebliche Pflichtverletzung bereits deshalb zu Unrecht
verneint hat, weil die Parteien hinsichtlich der Ausstattung des Fahrzeugs mit
einer optischen Warnfunktion der Einparkhilfe sowie hinsichtlich der Anschlussmöglichkeit
eines iPod über die auf der Mittelkonsole vorhandene Anschlussbuchse
jeweils Beschaffenheitsvereinbarungen nach § 434 Abs. 1
Satz 1 BGB getroffen haben, welche im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung
die Erheblichkeit der Pflichtverletzung indizieren (vgl. Senatsurteile
vom 17. Februar 2010 - VIII ZR 70/07,
vom 6. Februar 2013 - VIII ZR 374/11,
Denn die Revision wendet sich jedenfalls mit Erfolg gegen die Auffassung
des Berufungsgerichts, im Streitfall scheitere die Rückabwicklung des
Kaufvertrags an der Unerheblichkeit der Pflichtverletzung gemäß § 323 Abs. 5
Satz 2 BGB.
a) § 437 Nr. 2 Alt. 1 BGB verweist bei Vorliegen eines Sachmangels auf
die den Rücktritt von gegenseitigen Verträgen betreffende Vorschrift des § 323
BGB. Nach
in der Mangelhaftigkeit der Kaufsache liegende Pflichtverletzung unerheblich
ist, das heißt, wenn der Mangel geringfügig ist (Senatsurteile vom 29. Juni 2011
- VIII ZR 202/10,
374/11, aaO). Dabei ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Käufers
abzustellen (Senatsurteile vom 15. Juni 2011 - VIII ZR 139/09,
Rn. 9 mwN; vom 6. Februar 2013 - VIII ZR 374/11, aaO Rn. 18). Die Beurtei-
lung der Frage, ob eine Pflichtverletzung unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5
Satz 2 BGB ist, erfordert nach der Rechtsprechung des Senats eine umfassende
Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls (Senatsurteile
vom 17. Februar 2010 - VIII ZR 70/07, aaO; vom 6. Februar 2013
- VIII ZR 374/11, aaO Rn. 16; vgl. auch BGH, Urteile vom 10. Juli 1953 - I ZR
162/52,
88; jeweils zur Abwägung der Gesamtumstände des Einzelfalls bei der Vorgängerregelung
in
zutreffend ausgegangen.
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass im
Rahmen dieser umfassenden Interessenabwägung bei - wie hier - behebbaren
Mängeln grundsätzlich auf die Kosten der Mängelbeseitigung und nicht auf das
Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung abzustellen ist. Dabei ist, wie das Berufungsgericht
ebenfalls richtig erkannt hat, von einer Geringfügigkeit eines behebbaren
Mangels und damit von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung in
der Regel auszugehen, wenn die Kosten der Mangelbeseitigung im Verhältnis
zum Kaufpreis geringfügig sind (Senatsurteile vom 29. Juni 2011 - VIII ZR
202/10, aaO Rn. 19 ff.; vom 23. Januar 2013 - VIII ZR 140/12,
Rn. 33).
c) Unzutreffend ist hingegen die Annahme des Berufungsgerichts, diese
Erheblichkeitsschwelle des
Mängelbeseitigungsaufwand überschritten, der zehn Prozent des Kaufpreises
übersteige.
aa) Bei welchem Prozentsatz des Kaufpreises bei einem - wie hier - behebbaren
Mangel die Geringfügigkeitsgrenze in der Regel überschritten und
deshalb nicht mehr von einer unerheblichen Pflichtverletzung gemäß § 323
Abs. 5 Satz 2 BGB auszugehen ist, hat der Senat bislang offen gelassen (Senatsurteile
vom 14. September 2005 - VIII ZR 363/04,
B II 2; vom 29. Juni 2011 - VIII ZR 202/10, aaO Rn. 19). Er hat allerdings ausgeführt,
dass jedenfalls Mängel, deren Beseitigung Aufwendungen von nur
knapp einem Prozent des Kaufpreises erfordern, ohne Zweifel als unerheblich
im Sinne des
Rücktritt nicht gestützt werden kann (Senatsurteile vom 14. September 2005
- VIII ZR 363/04, aaO; vom 29. Juni 2011 - VIII ZR 202/10, aaO; vgl. auch Senatsurteil
vom 12. März 2008 - VIII ZR 253/05,
merkantilen Minderwert beim unbehebbaren Mangel).
bb) In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur werden
zu der Frage, bis zu welchem Prozentsatz des Kaufpreises bei einem behebbaren
Mangel noch von einem geringfügigen Mangel und damit von einer
unerheblichen Pflichtverletzung gemäß
werden kann, unterschiedliche Auffassungen vertreten.
(1) Nach der einen Auffassung sind in Bezug auf die Frage der Erheblichkeit
die zur Vorgängerregelung in
Grundsätze auf
vom 15. Dezember 2004 - 9 U 120/03,
Köln, Urteil vom 27. März 2008 - 15 U 175/07, juris Rn. 57 ff.; NK-BGB/Dauner-
Lieb/Dubovitskaya, BGB, 2. Aufl., § 323 Rn. 38; NK-BGB/Büdenbender, aaO,
§ 437 Rn. 35; jeweils mwN; Schmidt in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB,
9. Aufl., § 437 Rn. 21; Erman/Grunewald, BGB, 13. Aufl., § 437 Rn. 6; Ball,
1604 mwN; Höpfner,
Andreae/Teigelack, Autokaufrecht, 5. Aufl., § 6 Rn. 118, 125).
(a) Hierfür spreche bereits der in der Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz
(BT-Drucks. 14/6040) zum Ausdruck gebrachte
Wille des Gesetzgebers (OLG Köln, Urteil vom 27. März 2008 - 15 U 175/07,
aaO Rn. 57; NK-BGB/Dauner-Lieb/Dubovitskaya, aaO; Gröschler, aaO;
Höpfner, aaO; Teigelack, aaO).
Eine Erhöhung der Erheblichkeitsschwelle in
und eine damit verbundene stärkere Einschränkung des Rücktrittsrechts sei
zudem mit Blick auf Art. 3 Abs. 6 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des
Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. EG Nr. L
171 S. 12, im Folgenden: Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) bedenklich (NK-BGB/
Dauner-Lieb/Dubovitskaya, aaO; vgl. Höpfner, aaO; vgl. auch Reinking/Eggert,
Der Autokauf, 12. Aufl., Rn. 1042, gleichwohl einen Schwellenwert von zehn
Prozent befürwortend).
(b) Nach dem von der vorgenannten Auffassung angeführten § 459
Abs. 1 Satz 2 BGB aF kamen Gewährleistungsansprüche des Käufers, sofern
der Verkäufer keine Eigenschaft zugesichert hatte, bei einer unerheblichen
Minderung des Wertes oder der Tauglichkeit der Sache nicht in Betracht (vgl.
BGH, Urteile vom 11. März 1987 - VIII ZR 203/86,
aa β; vom 27. September 2000 - VIII ZR 155/99,
24. März 2006 - V ZR 173/05,
Bearb. 1995, § 459 Rn. 59; Lorenz,
Sinne dieser Vorschrift wurde ein Mangel insbesondere dann angesehen, wenn
er mit unerheblichem Aufwand und in kurzer Zeit behoben werden kann (Senatsurteil
vom 11. Dezember 1956 - VIII ZR 61/56, aaO mwN; KG, NJW-RR
1989, 972; OLG Köln, OLGR 1999, 362, 363; Staudinger/Honsell, aaO; Palandt/
Putzo, BGB, 61. Aufl., § 459 aF Rn. 13; Schmidt-Räntsch in Festschrift für
Wenzel, 2005, S. 409, 411 f.; jeweils mwN). Hiervon ausgehend wurde in
Rechtsprechung und Literatur im Allgemeinen ein Mangel ab einer Minderung
des Wertes oder der Tauglichkeit (
vier Prozent als nicht mehr unerheblich angesehen (Schmidt-Räntsch, aaO
S. 412 und 424; Reinking/Eggert, aaO Rn. 1043).
(c) Dem entsprechend setzt die oben genannte Auffassung die Erheblichkeitsgrenze
des
(MünchKommBGB/Westermann, 6. Aufl., § 437 Rn. 12; Erman/Grunewald,
aaO; NK-BGB/Büdenbender, aaO Rn. 37; Hk-BGB/Schulze, 8. Aufl., § 323
Rn. 14; vgl. Teigelack, aaO Rn. 123, 125; vgl. auch OLG Düsseldorf [3. Zivilsenat],
Instanzgerichte (vgl. Reinking/Eggert, aaO Rn. 1034; Reinking in Festschrift
Eggert, 2008, S. 15, 26 f.) - fünf Prozent an (OLG Köln,
OLG Düsseldorf [1. Zivilsenat], Urteil vom 18. August 2008 - I-1 U 238/07, juris
Rn. 43 und 46; Palandt/Weidenkaff, BGB, 73. Aufl., § 437 Rn. 23; BeckOK
BGB/Faust, Stand März 2011, § 437 Rn. 26; vgl. auch LG Kiel, MDR 2005,
384). In der Fünfprozentgrenze wird ein verlässlicher Wert gesehen, an dem
sich die Praxis orientieren könne, zumal die Rechtsprechung der Instanzgerichte
unterhalb dieser Schwelle, sofern nicht besondere Umstände vorlägen, regelmäßig
von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung ausgehe und dem
Käufer die Rückabwicklung des Kaufvertrages versage (Reinking, aaO).
(2) Die Gegenauffassung, der sich das Berufungsgericht angeschlossen
hat, lehnt eine Übertragung der von ihr als zu streng erachteten Grundsätze zu
gewesen sei (Staudinger/Otto/Schwarze, BGB, Neubearb. 2009, § 323
Rn. C 25 mwN; MünchKommBGB/Ernst, 6. Aufl., § 323 Rn. 243a), ab und
spricht sich dafür aus, die Schwelle der Erheblichkeit bei § 323 Abs. 5 Satz 2
BGB gegenüber der Vorgängerregelung in
zu erhöhen (OLG Bamberg, OLGR 2006, 502, 504; OLG Brandenburg, NJWRR
2007, 928, 929; OLG Düsseldorf,
Ravensburg,
und 243e; Soergel/Gsell, BGB, 13. Aufl., § 323 Rn. 213 f.; Bamberger/Roth/
Grothe, BGB, 3. Aufl., § 323 Rn. 39; BeckOK BGB/Schmidt, Stand Februar
2014, § 323 Rn. 39; Staudinger/Otto/Schwarze, aaO; Schmidt-Räntsch, aaO
S. 417 f.; Reinking/Eggert, aaO Rn. 1043; Müller/Matthes, AcP 204 (2004), 732,
747; Stürner/Medicus in Prütting/Wegen/Weinreich, aaO, § 323 Rn. 41;
Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, 8. Aufl., Rn. 488; Lorenz, aaO S. 1926).
(a) Diese Erhöhung sei schon aus Gründen der Systematik geboten
(Reinking/Eggert, aaO). Zwar habe der Gesetzgeber offenbar bei der Schaffung
des
Satz 2 BGB aF im Auge gehabt; da dies allerdings zur weitgehenden Funktionslosigkeit
des
Erheblichkeit im Sinne dieser Vorschrift deutlich höher angesetzt werden als
bislang bei
aaO Rn. 213 und Fn. 874 f.; MünchKommBGB/Ernst, aaO Rn. 243e und
Fn. 456; Bamberger/Roth/Grothe, aaO; BeckOK BGB/Schmidt, aaO; vgl. auch
OLG Düsseldorf, ZGS 2007, aaO). Denn im Gegensatz zur früheren Rechtslage
beim Kauf diene die Erheblichkeitsschwelle heute nicht mehr dazu, dem Käufer
hinsichtlich des Mangels überhaupt Rechtsbehelfe zu versagen. Vielmehr würden
seit der Schuldrechtsmodernisierung selbst bei unerheblichen Mängeln der
Nacherfüllungsanspruch und die Minderung sowie - falls der Verkäufer den
Mangel zu vertreten habe - der Anspruch auf kleinen Schadensersatz gewährt.
Es gehe bei
Gewährleistungsrechten zu überschreiten, sondern um die Schwelle zur Vertragsliquidation,
die - da
satzes der Verhältnismäßigkeit der Rechtsfolgen einer Vertragsverletzung sei
(Staudinger/Otto/Schwarze, aaO Rn. 24 C f.; Bamberger/Roth/Grothe, aaO;
BeckOK BGB/Schmidt, aaO) - zwangsläufig höher liegen müsse als die Schwelle
des
aaO; Soergel/Gsell, aaO Rn. 213; MünchKommBGB/Ernst, aaO Rn. 243a und
243e; Bamberger/Roth/Grothe, aaO; BeckOK BGB/Schmidt, aaO). Hierfür
sprächen letztlich auch die heutigen Werkstattpreise und die Austauschpraxis
nach Herstellervorgaben (Reinking/Eggert, aaO).
Vereinzelt wird die Auffassung vertreten, eine deutliche Abstufung zwischen
untergeordneten und erheblichen, zur Vertragsaufhebung berechtigenden
Mängeln bei
sie eher dem UN-Kaufrechtsübereinkommen (CISG), namentlich der in Art. 49
Abs. 1 Buchst. a, Art. 25 CISG geregelten, zur Vertragsaufhebung berechtigenden
wesentlichen Vertragsverletzung entspreche (MünchKommBGB/Ernst, aaO
Rn. 243e; vgl. auch Rolland in Festschrift Schlechtriem, 2003, S. 629, 644; für
eine zurückhaltende Anlehnung an Art. 25 CISG auch Schmidt-Räntsch, aaO
S. 423; aA Soergel/Gsell, aaO Rn. 214; Lorenz, aaO; Müller/Matthes, aaO
S. 745).
(b) Zu der Frage, ab welchem Prozentsatz des Kaufpreises unter Zugrundelegung
einer gegenüber der Vorgängerregelung in § 459 Abs. 1 Satz 2
BGB aF deutlich erhöhten Erheblichkeitsschwelle in der Regel nicht mehr von
einer unerheblichen Pflichtverletzung gemäß
ist, werden innerhalb der vorgenannten Auffassung unterschiedliche Ansätze
vertreten. So wird die Erheblichkeitsschwelle teilweise bei fünf bis zehn
Prozent (Rösler, AcP 207 (2007), 564, 593), bei acht bis zehn Prozent
(Schmidt-Räntsch, aaO S. 424), bei zehn Prozent (OLG Bamberg, aaO;
Palandt/Grüneberg, aaO, § 323 Rn. 32; Reinking/Eggert, aaO Rn. 1042 f. mwN;
NK-BGB/Dauner-Lieb/Dubovitskaya, aaO Rn. 40, trotz Heranziehung der Maßstäbe
des
vom 4. April 2012 - 3 U 100/11, juris Rn. 41), bei 15 Prozent (Müller/Matthes,
aaO S. 748) oder sogar bei 20 bis 50 Prozent (MünchKommBGB/Ernst, aaO,
unter Berufung auf
S. 418 f.; Soergel/Gsell, aaO Rn. 215; Stürner/Medicus, aaO) des Kaufpreises
angesetzt.
cc) Der Senat entscheidet die umstrittene Frage nunmehr dahin, dass bei
einem behebbaren Mangel im Rahmen der nach den Umständen des Einzelfalls
vorzunehmenden Interessenabwägung von einer Unerheblichkeit der
Pflichtverletzung gemäß
auszugehen ist, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand mehr als fünf Prozent
des Kaufpreises beträgt. Eine generelle Erhöhung der Erheblichkeitsschwelle
über den vorstehend genannten Prozentsatz hinaus ist mit dem durch den Gesetzeswortlaut
und durch die Gesetzesmaterialien klar zum Ausdruck gebrachten
Willen des Gesetzgebers, dem Sinn und Zweck des § 323 Abs. 5 Satz 2
BGB sowie der Systematik der Rechte des Käufers bei Sachmängeln nicht zu
vereinbaren.
(1) Die durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. November
2001 (BGBl. I S. 3138) mit Wirkung zum 1. Januar 2002 eingeführte Vorschrift
des
maßgebliche Regelung des
nach der früheren Gesetzeslage die Gewährleistungshaftung des Verkäufers
bei Unerheblichkeit des Mangels insgesamt entfiel, wird nach heutigem
Recht lediglich die Rückabwicklung des Kaufvertrags ausgeschlossen; das
Recht auf Minderung und der Anspruch auf kleinen Schadensersatz bleiben
dem Käufer auch bei Unerheblichkeit des Mangels erhalten (BGH, Urteil vom
24. März 2006 - V ZR 173/05, aaO). Die Vorschrift des § 323 Abs. 5 Satz 2
BGB enthält eine Ausnahme von der allgemeinen Regelung des § 323 Abs. 1
BGB, die dem Gläubiger bei einer Pflichtverletzung des Schuldners generell ein
Rücktrittsrecht einräumt. Diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis liegt eine Abwägung
der Interessen des Gläubigers und des Schuldners zugrunde. Während
der Gesetzgeber bei einer mangelhaften Leistung grundsätzlich dem Rückabwicklungsinteresse
des Gläubigers den Vorrang einräumt, soll dies ausnahmsweise
bei einer unerheblichen Pflichtverletzung nicht gelten, weil das Interesse
des Gläubigers an einer Rückabwicklung bei nur geringfügigen Vertragsstörungen
in der Regel gering ist, wohingegen der Schuldner oft erheblich belastet
wird. Daher überwiegt in diesen Fällen ausnahmsweise das Interesse des
Schuldners am Bestand des Vertrags (BGH, Urteil vom 24. März 2006 - V ZR
173/05, aaO Rn. 13).
(2) Einzelheiten dazu, wann von einer unerheblichen Pflichtverletzung
gemäß
Vorschrift nicht entnehmen. Jedoch spricht bereits die Verwendung des in der
Vorgängerregelung
der Unerheblichkeit dafür, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung in § 323
Abs. 5 Satz 2 BGB an diesen Maßstab anknüpfen wollte. Dies wird - wie die
Befürworter einer eher niedrig bemessenen Erheblichkeitsschwelle hervorheben
und von der Gegenauffassung grundsätzlich nicht in Zweifel gezogen wird -
durch die Gesetzesbegründung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes bestätigt
(vgl. hierzu bereits Senatsbeschluss vom 8. Mai 2007 - VIII ZR 19/05,
Dort wird hierzu unter anderem ausgeführt:
"Dies [ein Festhalten des Gläubigers am Vertrag, wenn die Leistung Mängel
aufweist], ist nur gerechtfertigt, wenn die Pflichtverletzung unerheblich
und damit das Leistungsinteresse des Gläubigers im Grunde nicht gestört
ist." (BT-Drucks. 14/6040, S. 187, zu
"Bei einer "unerheblichen Minderung des Wertes oder der Tauglichkeit"
im Sinne des bisherigen
Vertragswidrigkeit" im Sinne des Artikels 3 Abs. 6 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie
ist der Rücktritt vom Kaufvertrag ausgeschlossen.
Dies ergibt sich jetzt aus § 323 Abs. 4 Satz 2 RE [= § 323 Abs. 5
Satz 2 BGB], der den Ausschluss des Rücktrittsrechts bei einer unerheblichen
Pflichtverletzung vorsieht." (BT-Drucks. 14/6040, S. 222 f., zu § 437
BGB-E)
Diese Erwägungen zeigen, dass der Gesetzgeber in § 323 Abs. 5 Satz 2
BGB zwar aufgrund der Neugestaltung des Systems der Rechte des Käufers
bei Sachmängeln den Anwendungsbereichs des bis dahin in § 459 Abs. 1
Satz 2 BGB aF enthaltenen Erheblichkeitserfordernisses sachlich auf das Rücktrittsrecht
einengen wollte. Anhaltspunkte dafür, dass hiermit zugleich eine Erhöhung
der Schwelle einhergehen sollte, ab der von der Erheblichkeit eines
Sachmangels auszugehen ist, sind den Gesetzesmaterialien jedoch nicht zu
entnehmen. Vielmehr machen insbesondere die letztgenannte Passage der
Gesetzesbegründung sowie die zuvor erfolgten Ausführungen, wonach eine
Pflichtverletzung unerheblich sei, wenn damit das Leistungsinteresse des Gläubigers
"im Grunde nicht gestört" sei, deutlich, dass der Gesetzgeber mit § 323
Abs. 5 Satz 2 BGB an die von der Rechtsprechung zur Vorgängerregelung entwickelten
Maßstäbe anknüpfen (vgl. hierzu bereits Senatsbeschluss vom 8. Mai
2007 - VIII ZR 19/05, aaO; vgl. auch BT-Drucks. 14/6040, S. 216 f.) und - in
Übereinstimmung mit den Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, deren
Umsetzung (auch)
Käufers keine zu hohen Anforderungen stellen wollte.
(3) Diese Beurteilung entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 323
Abs. 5 Satz 2 BGB sowie der Systematik der Rechte des Käufers bei Sachmängeln.
(a) Mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz ist zwar durch die vorbezeichnete
Einengung des Anwendungsbereichs des Erheblichkeitserfordernisses
auf das Rücktrittsrecht die Rechtsposition des Käufers insoweit verbessert
worden, als er nun auch bei einem unerheblichen Sachmangel die Nacherfüllung
verlangen und bei Erfolglosigkeit dieses Verlangens (vgl. hierzu nur Senatsurteil
vom 10. März 2010 - VIII ZR 310/08,
den Kaufpreis mindern oder kleinen Schadensersatz beanspruchen kann (vgl.
BGH, Urteil vom 24. März 2006 - V ZR 173/05, aaO Rn. 8; Ball,
51). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Rücktritt den Verkäufer im
Regelfall stärker berührt als die vorbezeichneten Rechtsbehelfe des Käufers
(vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 180, 217; Erman/Grunewald, aaO; vgl. auch
Lorenz, aaO S. 1925 f.) und dass die Rechtsfolge einer Vertragsverletzung
- und damit auch der Rücktritt - stets verhältnismäßig sein muss (vgl.
Staudinger/Otto/Schwarze, aaO Rn. C 24; Bamberger/Roth/Grothe, aaO;
BeckOK BGB/Schmidt, aaO; vgl. auch Erman/Westermann, aaO, § 323
Rn. 27).
(b) Dies rechtfertigt es jedoch nicht, die Erheblichkeitsschwelle des § 323
Abs. 5 Satz 2 BGB gegenüber der vorherigen Rechtslage in einem Maße zu
erhöhen, wie es vom Berufungsgericht und dem oben (unter II 2 c bb (2)) genannten
Teil der Instanzrechtsprechung und der Literatur vertreten wird. Denn
Sinn und Zweck des
der Verhältnismäßigkeit namentlich bei geringfügigen Mängeln (vgl. Senatsurteile
vom 29. Juni 2011 - VIII ZR 202/10, aaO Rn. 19 ff.; vom 6. Februar
2013 - VIII ZR 374/11, aaO) die für den Verkäufer in der Regel mit erheblichen
Nachteilen verbundene Rechtsfolge der Rückabwicklung des Vertrages auszuschließen.
Bei Sachmängeln in der vom Berufungsgericht angeführten Größenordnung
von bis zu zehn Prozent kann indes in der Regel nicht mehr angenommen
werden, dass das Leistungsinteresse des Käufers - wie dies in der
Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/6040, S. 187) als Rechtfertigung dafür,
den Käufer trotz Sachmangels am Vertrag festzuhalten, angeführt wird - "im
Grunde nicht gestört" ist (vgl. zu diesem Kriterium: Lorenz, aaO S. 1925;
Schmidt in Prütting/Wegen/Weinreich, aaO; BeckOK BGB/Faust, aaO Rn. 25;
Hk-BGB/Schulze, aaO; vgl. auch Soergel/Gsell, aaO Rn. 213).
(c) Von einem geringfügigen Mangel, der zwar den Rücktritt, nicht aber
die übrigen Gewährleistungsrechte ausschließt, kann hingegen in der Regel
noch gesprochen werden, wenn der Mängelbeseitigungsaufwand einen Rahmen
von fünf Prozent des Kaufpreises nicht übersteigt. Durch die vorbezeichnete
nicht starre ("in der Regel"), sondern - entsprechend den Vorstellungen des
Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 180) und der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteile vom 24. März 2006 - V ZR 173/05, aaO
Rn. 13; vom 17. Februar 2010 - VIII ZR 70/07, aaO mwN; vom 6. Februar 2013
- VIII ZR 374/11, aaO) - flexible, in eine Interessenabwägung und eine Würdigung
der Umstände des Einzelfalls eingebettete Erheblichkeitsschwelle von fünf
Prozent des Kaufpreises werden die Interessen der Kaufvertragsparteien zu
einem sachgerechten Ausgleich gebracht. Bei behebbaren Sachmängeln unterhalb
der genannten Schwelle wird es dem Käufer in der Regel zuzumuten
sein, am Vertrag festzuhalten und sich - nach erfolglosem Nachbesserungsverlangen
- mit einer Minderung des Kaufpreises oder mit der Geltendmachung
des kleinen Schadensersatzes zu begnügen. Den Verkäufer wiederum vermag
diese Lösung in ausreichendem Maße vor den für ihn wirtschaftlich meist nachteiligen
Folgen eines Rücktritts des Käufers wegen geringfügiger Mängel zu
schützen, zumal der Rücktritt - anders als dies nach altem Recht bei der Wandelung
der Fall war - zusätzlich an die Voraussetzung geknüpft ist, dass der
Käufer vom Verkäufer wegen des Sachmangels zuvor erfolglos die Nacherfüllung
verlangt hat (vgl. hierzu Senatsurteil vom 10. März 2010 - VIII ZR 310/08,
aaO mwN).
(4) Die Erheblichkeitsschwelle von (nur) fünf Prozent des Kaufpreises
steht im Einklang mit den Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.
(a) Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bezweckt hinsichtlich des Verbrauchsgüterkaufs
und der Garantien für Verbrauchsgüter die Gewährleistung
eines einheitlichen Verbraucherschutz-Mindestniveaus im Rahmen des Binnenmarkts
der Gemeinschaft (Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie). Sie ist durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz
umgesetzt worden (BT-Drucks. 14/6040, S. 1 f.,
79 ff.; BGBl. 2001 I S. 3138; MünchKommBGB/Lorenz, aaO, Vorbemerkung zu
§ 474 Rn. 2; Ball,
(b) Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie sieht für den Fall einer Vertragswidrigkeit
unter anderem das Recht des Verbrauchers auf Vertragsauflösung insbesondere
für den Fall vor, dass der Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen
Frist Abhilfe geschaffen hat (Art. 3 Abs. 2, 3 und 5 der Richtlinie). Gemäß
Art. 3 Abs. 6 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie hat der Verbraucher jedoch bei
einer geringfügigen Vertragswidrigkeit keinen Anspruch auf Vertragsauflösung.
umgesetzt worden ist (MünchKommBGB/Lorenz, aaO Rn. 13;
Müller/Matthes, aaO S. 744; Schmidt-Räntsch, aaO S. 420), ist demnach richtlinienkonform
auszulegen (vgl. nur Schmidt-Räntsch, aaO S. 413 ff.; Münch-
KommBGB/Lorenz, aaO Rn. 3 f. mwN). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es
den Mitgliedsstaaten gemäß Art. 8 Abs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie unbenommen
bleibt, durch strengere Bestimmungen ein höheres Schutzniveau für
die Verbraucher sicherzustellen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 9. November 2005
- VIII ZR 116/05,
Europäischen Union, Stand 2007, A 15, Art. 8 Verbrauchsgüterkaufrichtlinie
Rn. 8 mwN).
(c) Unter welchen Voraussetzungen eine Vertragswidrigkeit - wie hier die
Lieferung eines mangelhaften Kraftfahrzeugs - geringfügig im Sinne des Art. 3
Abs. 6 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ist, geht im Einzelnen weder aus der
Richtlinie selbst noch aus deren Materialien hervor (vgl. hierzu den Vorschlag
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Richtlinie des Europäischen
Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und Garantien
für Verbrauchsgüter, ABl. C 307 vom 16. Oktober 1996, S. 8-11, sowie
die hierauf bezogene Begründung der Kommission, BR-Drucks. 696/96; vgl.
auch Reinking/Eggert, aaO Rn. 1023).
Jedoch spricht bereits die Verwendung des Wortes "geringfügig" in Art. 3
Abs. 6 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie für eine niedrig anzusetzende Schwelle.
Diese Beurteilung wird durch die Begründung der Kommission zu ihrem
Richtlinienvorschlag bestätigt. In der darin enthaltenen Kommentierung des für
den Fall einer Pflichtwidrigkeit (unter anderem) enthaltenen Anspruchs auf Auflösung
des Vertrags (Art. 3 Abs. 4 des Richtlinienvorschlags) heißt es, ungeachtet
des Umstands, dass nach den sozioökonomischen Gegebenheiten die
Auflösung des Vertrags einerseits bei Gewerbetreibenden "nicht besonders
beliebt" sei und der Verbraucher sich in der Regel mit einer Ersatzleistung oder
einer Reparatur der fehlerhaften Sache zufrieden gebe, sei die Möglichkeit der
Auflösung des Vertrags unter anderem auch deshalb beizubehalten, weil sie für
die Verbraucher ein "wirksames Druckmittel" sei, um innerhalb kürzester Frist
Ersatzleistung oder Nachbesserung zu verlangen. Eine missbräuchliche Nutzung
dieser Möglichkeit durch die Verbraucher stehe nicht zu befürchten (BRDrucks.
696/96, S. 13).
(5) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich weder
aus der Rechtsprechung des Senats zum Kraftstoffmehrverbrauch beim Kauf
eines Neufahrzeugs noch zur Wohnflächenabweichung bei einer gemieteten
Wohnung, dass die Erheblichkeitsschwelle des
zehn Prozent liegen müsste. Gleiches gilt für den vom Berufungsgericht zusätzlich
angeführten Gesichtspunkt der Höhe der Werkstattpreise.
(a) Allerdings stellt es nach der Rechtsprechung des Senats nur eine unerhebliche
Minderung des Fahrzeugwerts im Sinne des § 459 Abs. 1 Satz 2
BGB aF und dementsprechend auch eine unerhebliche Pflichtverletzung gemäß
Neufahrzeugs um weniger als zehn Prozent von den Herstellerangaben abweicht
(Senatsbeschluss vom 8. Mai 2007 - VIII ZR 19/05, aaO Rn. 3 mwN).
Entscheidend ist dabei indes, dass ein Kraftstoffmehrverbrauch in dieser
Größenordnung nur zu einer geringen Minderung des Fahrzeugwertes führt und
deshalb nur als unerhebliche Pflichtverletzung im Sinne von § 323 Abs. 5
Satz 2 BGB anzusehen ist (Senatsbeschluss vom 8. Mai 2007 - VIII ZR 19/05,
aaO Rn. 4 mwN). Die für den Kraftstoffverbrauch angesetzte Prozentgrenze
lässt sich deshalb nicht auf die Erheblichkeitsschwelle des § 323 Abs. 5 Satz 2
BGB übertragen.
(b) Nichts anderes gilt für die vom Berufungsgericht herangezogene
Rechtsprechung des Senats zur Wohnflächenabweichung (vgl. dazu Senatsurteil
vom 10. November 2010 - VIII ZR 306/09,
Diese Rechtsprechung betrifft eine spezielle Fallgestaltung im Mietrecht, die
ebenfalls nicht auf die Auslegung des
werden kann.
(6) Schließlich kann auch aus den Regelungen in Art. 49 Abs. 1
Buchst. a, Art. 25 CISG nicht hergeleitet werden, dass die Bagatellgrenze in
(so auch Soergel/Gsell, aaO Rn. 214; Grabitz/Hilf/Magnus, aaO, Art. 3 Ver-
brauchsgüterkaufrichtlinie Rn. 76 mwN; NK-BGB/Büdenbender, aaO, § 437
Rn. 35 Fn. 21; Lorenz, aaO S. 1926; Müller/Matthes, aaO S. 745).
Gemäß Art. 49 Abs. 1 Buchst. a CISG kann der Käufer die Aufhebung
des Vertrages erklären, wenn die Nichterfüllung einer dem Verkäufer nach dem
Vertrag oder dem CISG obliegenden Pflicht eine wesentliche Vertragsverletzung
darstellt (vgl. hierzu auch BT-Drucks. 14/6040, S. 86, 181 f.). Nach der in
Art. 25 CISG enthaltenen Definition ist eine von einer Partei begangene Vertragsverletzung
wesentlich, wenn sie für die andere Partei solchen Nachteil zur
Folge hat, dass ihr im Wesentlichen entgeht, was sie nach dem Vertrag hätte
erwarten dürfen, es sei denn, die vertragsbrüchige Partei hat diese Folge nicht
vorausgesehen und eine vernünftige Person der gleichen Art hätte diese Folge
unter den gleichen Umständen auch nicht vorausgesehen.
Das CISG verfolgt damit die Tendenz, die Vertragsaufhebung zugunsten
der anderen in Betracht kommenden Rechtsbehelfe, insbesondere der Minderung
oder des Schadensersatzes, zurückzudrängen; die Rückabwicklung soll
dem Käufer nur als letzte Möglichkeit (ultima ratio) zur Verfügung stehen, um
auf eine Vertragsverletzung der anderen Partei zu reagieren, die so gewichtig
ist, dass sie sein Erfüllungsinteresse im Wesentlichen entfallen lässt (Senatsurteil
vom 3. April 1996 - VIII ZR 51/95,
etwa: schweiz. Bundesgericht, SZIER 1999, 179, 180;
OGH,
Magnus, BGB, Neubearb. 2013, Art. 49 Rn. 4 mwN; Schmidt-Räntsch, aaO
S. 421). Aus diesem das UN-Kaufrechtsübereinkommen kennzeichnenden
Grundsatz des Vorrangs der Vertragserhaltung folgt zugleich, dass der Vertrag
im Zweifel auch bei Störungen Bestand haben und die Vertragsaufhebung die
Ausnahme bilden soll (schweiz. Bundesgericht,
steht die Überlegung, dass die Rückabwicklung gerade eines internationalen
Handelskaufs in der Regel unwirtschaftlich ist (Schmidt-Räntsch, aaO; vgl. auch
Staudinger/Magnus, aaO).
Diese Maßstäbe lassen sich nicht auf
Eine solche Übertragung war, wie sowohl der unterschiedliche Wortlaut
der Art. 49 Abs. 1 Buchst. a, Art. 25 CISG sowie des Art. 3 Abs. 6 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie
und des
dass sich in den Materialien des Schuldrechtsreformgesetzes und der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie keine Hinweise für eine insoweit beabsichtigte
Anknüpfung an die Maßstäbe des CISG zeigen, auch weder vom Gesetzgeber
der Schuldrechtsreform noch vom Richtliniengeber der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie
beabsichtigt.
3. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der vom Kläger erklärte
Rücktritt vom Kaufvertrag nicht gemäß
ist. Bereits der vom Berufungsgericht rechtfehlerfrei festgestellte Mängelbeseitigungsaufwand
hinsichtlich des falschen Einbaus und der Fehlfunktion
der Einparkhilfe überschreitet mit 6,5 Prozent des Kaufpreises die oben (unter II
2 c cc) genannte Schwelle von fünf Prozent. Besondere Umstände, die Anlass
gäben, die in dem vorstehend genannten Mangel liegende Pflichtverletzung
entgegen der Regel ausnahmsweise gleichwohl als unerheblich anzusehen, hat
das Berufungsgericht nicht festgestellt. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich,
zumal der vorbezeichnete Mangel - namentlich der Umstand, dass die Einparkhilfe
infolge des falschen Einbaus immer wieder, auch während der Fahrt, akustische
Warnsignale ohne erkennbares Hindernis abgibt - nach den rechtsfehlerfreien
Feststellungen des Landgerichts, auf dessen Ausführungen das Berufungsgericht
Bezug genommen hat, auch für die Fahrsicherheit von Bedeutung
ist (vgl. hierzu Senatsurteil vom 9. März 2011 - VIII ZR 266/09,
Rn. 17; Bamberger/Roth/Grothe, aaO; BeckOK BGB/Schmidt, aaO; NK-BGB/
Büdenbender, aaO Fn. 26).
III.
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es
ist daher aufzuheben (
reif, da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus
folgerichtig - keine Feststellungen zur Höhe der vom Kläger geschuldeten Nutzungsentschädigung
getroffen hat. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung
und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1
Satz 1 ZPO).
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:28.05.2014
Aktenzeichen:VIII ZR 94/13
Rechtsgebiete:Allgemeines Schuldrecht
Normen in Titel:BGB § 323 Abs. 5 S. 2